Entscheidungsdatum: 31.03.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 026 987.7
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
31. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Angemeldet wurde am 25. April 2012 unter Nr. 30 2012 026 987.7 die Wortmarke
Farbverstand
für die folgenden Dienstleistungen:
Klasse 37: Bauwesen, Reparaturwesen, Installationsarbeiten,
Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2012 der Anmeldung die Eintragung mit der Begründung versagt, dass es ihr im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die angemeldete Marke „Farbverstand" setze sich aus den Bestandteilen „Farb“ und „Verstand“ zusammen. Diese Begriffsbildung stelle sich in ihrer Gesamtheit als sprach- und werbeüblicher Hinweis dahingehend dar, dass die so gekennzeichneten Dienstleistungen von jemandem erbracht würden, der die Gescheitheit, Klugheit, Urteilsfähigkeit bzw. Urteilskraft besitze, um über Farben, deren Wirkung, deren Verarbeitung usw. urteilen zu können, somit Farben mit Verstand einsetze. In seiner Gesamtheit stelle sich das angemeldete Zeichen somit als Werbeaussage oder als Qualitätsangabe über die besonderen Kenntnisse des Anbieters der Dienstleistungen hinsichtlich Farben, deren Zusammenstellungen, Auswahl, Verarbeitung usw. dar und sei deshalb schutzunfähig.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders.
Er ist der Auffassung, die Angabe „Farbverstand“ sei unterscheidungskräftig, es handele sich nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache und sei auch nicht lexikalisch belegbar, allenfalls sei der Begriff vereinzelt im Zusammenhang mit Farbgestaltung verwendet worden. Die Rechercheergebnisse des DPMA bezögen sich überwiegend auf den Anmelder selbst, so dass dem Zeichen die Eignung als Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden könne.
Der Begriff erschöpfe sich auch nicht in einer bloßen Sachaussage, sondern sei vielmehr originell und prägnant sowie interpretationsfähig.
Schließlich bestehe auch kein Freihaltebedürfnis.
Der Anmelder beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Oktober 2012 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Einer Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, denn das angemeldete Zeichen ist für die angemeldeten Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH - Maglite; BGHZ 159, 57 - Farbige Arzneimittelkapsel; BGH, GRUR 2005, 417 - BerlinCard, m. w. N.). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt (EuGH, GRUR Int. 2005, 135 - Maglite; GRUR Int. 2005, 42 - Nichols; GRUR 2005, 763 - Nestlé/Mars). Dabei ist insbesondere auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2005, 44 (Rz. 24) - SAT 2; GRUR Int. 2005, 135 (Rz. 35) - Maglite).
Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Denn bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGHZ 167, 278 (Rz. 19) - FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (vgl. vgl. BGHZ 167, 278 (Rz. 19, 28) - FUSSBALL WM 2006).
So liegt der Fall hier. Die Bedeutung des sprachüblich gebildeten Begriffs „Farbverstand“ erschließt sich den angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen aus sich heraus und ohne Schwierigkeiten als Beschreibung einer geistigen Fähigkeit, die Wirkung und Möglichkeiten von Farben beurteilen zu können.
Die angemeldete Bezeichnung ist, wie bereits das DPMA zutreffend festgestellt hat, aus den Begriffen „Farb“ von „Farbe“ und „Verstand“ zusammengesetzt. Der Umstand, dass diese Wortkombination noch nicht gebräuchlich ist, ändert nichts an ihrer fehlenden Unterscheidungskraft. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob das Wort „Farbverstand“ lexikalisch nachweisbar ist, sondern es reicht aus, wenn die Eignung für eine beschreibende Verwendung festgestellt werden kann. Der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Er nimmt diese Wortneuschöpfungen erfahrungsgemäß als Sachaussage wahr und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis (vgl. Ströbele/ Hacker MarkenG 10. Aufl., § 8 Rn. 139). Unerheblich ist ebenfalls, ob der Begriff neben einer sachlich beschreibenden Bedeutung noch weitere, möglicherweise nicht beschreibende Bedeutungen annehmen kann. Für eine Schutzversagung reicht es bereits aus, wenn ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 (Rz. 21) - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 (Rz. 32) - Doublemint, MarkenR 2004, 99, 109 (Rz. 97) - Postkantoor; MarkenR 2004, 111, 115 (Rz. 38) - Biomild). Beide Begriffe, nämlich „Farb[e] - auch i. S. v. färbende Substanz, Mittel zum Färben - und Verstand i. S. einer intellektuellen Fähigkeit werden vielfach sprachüblich zu unterschiedlichen Begriffspaaren kombiniert (z. B. Farbfoto, Farblehre, Farbpunkt, Farbstoff, Farbsymbolik bzw. Kunstverstand, Menschenverstand, Sachverstand). Der Verkehr wird daher auch den Begriff „Farbverstand“ als bloße Sachangabe auffassen, nämlich als Hinweis auf eine intellektuelle Fähigkeit in Bezug auf Farben.
Mit dieser Bedeutung wird die angemeldete Marke in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen, die auch eine farbliche Gestaltung beinhalten können, ausschließlich als Sachhinweis auf eine besondere Kompetenz irgendeines Anbieters der Dienstleistung hinsichtlich dieser Gestaltung verstehen, nicht hingegen als Hinweis auf ein konkretes Herkunftsunternehmen.
Als Sachangabe weist das angemeldete Wort auch keine besondere Originalität oder Prägnanz auf.