Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.06.2014


BPatG 26.06.2014 - 24 W (pat) 51/13

Markenbeschwerdeverfahren – "Lotusan/LOTUSAN" – zur Warenähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – unmittelbare Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
26.06.2014
Aktenzeichen:
24 W (pat) 51/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 005 456

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juli 2012 und vom 14. Oktober 2013 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 397 54 484 in Bezug auf die Waren „Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel, Putzmittel, Seifen, alle vorgenannten Waren nur für die Anwendung im Haushalt für Bad- und Glasflächen, nicht für Fassaden“ zurückgewiesen wurde.

2. Wegen des Widerspruchs aus der Marke 397 54 484 wird die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 005 456 angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 28. Januar 2010 angemeldete, am 9. Juni 2010 eingetragene und am 9. Juli  2010 veröffentlichte Wortmarke Nr. 30 2010 005 456

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Lotusan

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beansprucht nach Abgabe einer Erklärung zur Beschränkung des Warenverzeichnisses durch den Markeninhaber im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2014 zuletzt noch Schutz für die folgenden Waren:

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Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel, Putzmittel, Seifen, alle vorgenannten Waren nur für die Anwendung im Haushalt für Bad- und Glasflächen, nicht für Fassaden.

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Gegen diese - ursprünglich für die Waren „Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen“ eingetragene - Marke ist Widerspruch erhoben worden aus der seit 26. Januar 1998 eingetragenen Wortmarke 397 54 484

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LOTUSAN,

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welche Schutz für folgende, in den Klassen 2, 1, 17 und 19 eingetragenen Waren genießt:

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Kunstharze, Silikone, Wasserglas; Farbanstrichmittel, Grundiermittel, Farben, all diese Waren mit Ausnahme flüssiger, unpigmentierter und ungefüllter Beschichtungsstoffe; Isolieranstrichmittel, Kunstharzdispersionen, Spachtelmassen; Mörtel, Putze, Kalk, Zement, alle oben genannten Waren nicht zur Verwendung in Verbindung mit Automobilen.

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In zwei Beschlüssen, von denen einer am 24. Juli 2012 und der andere am 14. Oktober 2013 im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, dass zwischen den Kollisionszeichen nicht die Gefahr von Verwechslungen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Die Markenstelle ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und von klanglich identischen Zeichen ausgegangen. Eine Verwechslungsgefahr hat sie jedoch ausgeschlossen, weil die einander gegenüberstehenden Waren keine für die Annahme einer Verwechslungsgefahr zwischen den Kollisionszeichen hinreichende Ähnlichkeit aufwiesen. Die Waren der Klasse 3 der angegriffenen Marke dienten im Vergleich zu denjenigen Waren, für die die Widerspruchsmarke Schutz beanspruche, unterschiedlichen Zwecken, würden von verschiedenen Adressaten erworben, von unterschiedlichen Unternehmen hergestellt, an anderen Vertriebsstellen angeboten und bestünden aus unterschiedlichen Materialien. Es handele sich auch nicht um Komplementärwaren. Während die in Klasse 3 von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren zum alltäglichen Gebrauch im Haushalt dienten, fänden die von der Widersprechenden beanspruchten Waren im Bauwesen und in der Produktion von Gegenständen Verwendung.

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Ursprüngliche Widersprechende war die S… AG in S…. Diese ist nach Beschwerdeeinlegung im Wege des Rechtsformwechsels in die S… SE & Co. KGaA umgewandelt worden, welche das Beschwerdeverfahren aufseiten der Widersprechenden fortgeführt hat.

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Die Widersprechende ist der Auffassung, dass die angegriffene Marke den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke angesichts von Warenähnlichkeit bei schriftbildlicher und klanglicher Zeichenidentität nicht einhalte. Dabei geht sie von einer kraft Benutzung gesteigerten, zumindest am oberen Rand des Durchschnitts liegenden Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Die einander gegenüberstehenden Waren begegneten sich im Vertrieb und zählten zum typischen Warensortiment von Baumärkten. Die von der Markeninhaberin beanspruchten Reinigungsmittel kämen u. a. zur Erledigung von Reinigungsarbeiten durch Heim- und Handwerker zum Einsatz; ihre Anwendung gehe einem fachgerechten Farbauftrag regelmäßig voraus. Seifen und Reinigungsmittel verfügten über eine einander ähnliche Konsistenz. Wasch- und Bleichmittel würden von den hier angesprochenen Verkehrskreisen, professionellen Malern sowie Hobby-Handwerkern, regelmäßig zur Reinigung von Waren benutzt, die, wie Pinsel, Lappen oder Rollen, im Zusammenhang mit dem Farbauftrag eingesetzt würden. Die Widersprechende selbst biete unter der Dachmarke „Sto“ ein Lösungs-, Verdünnungs- und Reinigungsmittel an. Die angegriffene Marke nutze in unlauterer Weise die Wertschätzung der Widerspruchsmarke, welche zur Kennzeichnung hochpreisiger Qualitätsprodukte verwendet werde.

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Zur Frage einer kraft Benutzung gesteigerten Kennzeichnungskraft ihrer Marke hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung ihres Leiters Strategisches Marketing und Markenmanagement, G…, vom 17. Januar 2014 vorgelegt und vorgetragen, sie und ihre Rechtsvorgängerin, die I… GmbH, hätten in den fünf Jahren vor Anmeldung der Widerspruchsmarke in der Bundesrepublik Deutschland Umsätze von … Euro/Jahr mit ihren mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten Produkten erwirtschaftet. Seit ihrer Markteinführung im Jahre 1999 sei die Widerspruchsmarke mit einem Werbeaufwand i. H. v. insgesamt rund … Euro beworben worden. Die Marke werde seitdem durchgehend benutzt.

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Die Widersprechende beantragt,

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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des DPMA vom 24. Juni 2012 und vom 14. Oktober 2013 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Marke 397 54 484 die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 005 456 anzuordnen.

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Der Markeninhaber beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

17

Er schließt sich im Ergebnis der von der Markenstelle vertretenen Rechtsauffassung an. Zur Frage der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke weist er darauf hin, dass seit ihrer Markteinführung im Jahre 1999 keine wesentliche Erhöhung von Umsätzen erkennbar sei.

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Ergänzend wird auf die Verfahrensakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2014 Bezug genommen. Zusammen mit der Ladung hat der Senat den Verfahrensbeteiligten mit Gelegenheit zur Stellungnahme Belege zum Warenangebot zweier Farbhersteller und zur Zusammensetzung von Waschmitteln übersandt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Widersprechenden verschiedene Internetauszüge überreicht, zu denen auch Nachweise zu der in einem Baumarkt angebotenen Produktpalette eines Reinigungsmittelherstellers und zur Konsistenz von Seife zählen.

II.

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Die gem. § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Ausgehend von einer schriftbildlichen und klanglichen Markenidentität sowie von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke besteht - auch unter Berücksichtigung der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2014 erklärten Beschränkung des Warenverzeichnisses - zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Daher waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben, soweit der Widerspruch in Bezug auf die zuletzt noch beschwerdegegenständlichen Waren „Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel, Putzmittel, Seifen, alle vorgenannten Waren nur für die Anwendung im Haushalt für Bad- und Glasflächen, nicht für Fassaden“ zurückgewiesen worden war, und die Löschung der angegriffenen Marke insgesamt anzuordnen, da die Marke zum Zeitpunkt der Entscheidung auch nur noch für die vorgenannten Waren geschützt war, §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.

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Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933, Tz. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098, Tz. 44 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Tz. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040, Tz. 25 - pjur/pure; GRUR 2013, 833, Tz. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343, Tz. 48 – Il Ponte FinanziariaSpa/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Tz. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040, Tz. 25 - pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rdn. 40 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u.a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

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Mit „Lotusan“ und „LOTUSAN“ stehen einander klanglich identische Wortmarken gegenüber. Auch schriftbildlich sind die Kollisionszeichen identisch, denn bei Wortmarken ist neben der eingetragenen auch jede andere verkehrsübliche Wiedergabeform vom Schutzgegenstand erfasst (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2011, Rn. 196, 252 zu § 9).

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Die Widerspruchsmarke verfügt originär über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Der Umstand, dass die beanspruchte Wortkombination „LOTUSAN“ auf einen „Lotuseffekt“ von Oberflächen anspielen könnte, führt nicht zu einer originären Kennzeichnungsschwäche. Denn zur Annahme einer solchen wäre zumindest ein deutlicher beschreibender Anklang der Widerspruchsmarke erforderlich (vgl. BGH GRUR 2008, 903. SIERRA ANTIGUO). Die angesprochenen Verkehrskreise, hier der Fachverkehr für Kunstharze, Silikone, Wasserglas, Maler- und Bauhandwerkerbedarf sowie der allgemeine, angemessen informierte und durchschnittlich aufmerksamen Endverbraucher mit Interesse für Heimwerkerbedarf, werden einen derart beschreibenden Anklang des Gesamtbegriffs „LOTUSAN“ im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Waren jedoch nicht ohne mehrere gedankliche Zwischenschritte erkennen. Der Gesamtbegriff „Lotusan“ erlaubt gerade keine Trennung seiner Wortbestandteile in Einzelelemente mit einem für sich genommen sinngebenden Begriffsgehalt wie beispielsweise „Lotus-“ und „-san“. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Widerspruchsmarke daher als Phantasiewort mit originär durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auffassen.

23

Andererseits hat die Widersprechende auch keine erhöhte Kennzeichnungskraft ihrer Marke belegt. Erforderlich ist insoweit, dass die Widerspruchsmarke als Herkunftshinweis für die hier einschlägigen Waren und Dienstleistungen eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit genießt (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2011, Rn. 137 zu § 9 m. w. N.). Insoweit kann die Bekanntheit eines mit der jeweiligen Widerspruchsmarke übereinstimmenden Unternehmenskennzeichens berücksichtigt werden (BGH GRUR 2009, 484, Rn. 29 – METROBUS). Hierbei sind alle relevanten Fallumstände zu berücksichtigen, neben den der Widerspruchsmarke von Haus aus zukommenden Eigenschaften insbesondere der von der Widerspruchsmarke gehaltene Marktanteil, Intensität, geographische Verbreitung und Dauer der Markenverwendung, die dafür aufgewendeten Werbemittel und die dadurch erreichte Bekanntheit innerhalb der beteiligten Verkehrskreise (Ströbele/Hacker, MarkenG, a. a. O, Rn. 138 zu § 9 m. w. N.). Die in der eidesstattlichen Versicherung des Herrn G… vom 17. Januar 2014 genannten Umsatzzahlen und Werbeaufwendungen legen jedoch keine erhöhte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke nahe. Die genannten Zahlen sind für sich allein genommen nicht aussagekräftig. Wie der Senat den Verfahrensbeteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2014 erläutert hat, liegen ihm weder demoskopische Befragungen zur Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke, noch Angaben zu Marktanteilen, Umsatzzahlen und Werbeaufwendungen von Konkurrenten der Widersprechenden vor, welche vergleichende Aussagen zur Positionierung der mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten Produkte im Markt und zur Bekanntheit der Widerspruchsmarke im Vergleich zu anderen, von Konkurrenzunternehmen derselben Branche verwendeten Markenzeichen ermöglichen könnten.

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Den angesichts dessen unter Berücksichtigung einer zumindest durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke zur Überzeugung des Senats nicht ein; denn entgegen der von der Markenstelle - noch zu ursprünglich beanspruchten Warenverzeichnis - geäußerten Rechtsansicht können sich die Kollisionszeichen auf einander in relevanter Weise ähnlichen Waren begegnen.

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Für die Beurteilung der Warenähnlichkeit ist die durch den Markeninhaber im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2014 geänderte Fassung seines Warenverzeichnisses maßgeblich. Denn durch seine im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebene Erklärung hat der Markeninhaber das Warenverzeichnis seiner Marke 30 2010 005 456 „Lotusan“ nach Maßgabe des § 39 Abs. 1 MarkenG wirksam beschränkt.

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Die vom Markeninhaber in Klasse 3 nun noch beanspruchten „Wasch- und Bleichmittel, Putzmittel, Seifen, alle vorgenannten Waren nur für die Anwendung im Haushalt für Bad- und Glasflächen, nicht für Fassaden“ richten sich an den betreffenden Fachverkehr ebenso wie an den allgemeinen, angemessen informierten und durchschnittlich aufmerksamen. Beide Verkehrskreise begegnen diesen Waren des täglichen Bedarfs regelmäßig mit einer im Vergleich zum Durchschnitt leicht verminderten Aufmerksamkeit. Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung trägt auch dieser Umstand dazu bei, dass zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr in diesem Fall ein deutlicher Warenabstand erforderlich ist.

27

Als einander ergänzende Waren sind die vom Markeninhaber nunmehr konkret noch beanspruchten Waren „Wasch- und Bleichmittel, Putzmittel, Seifen, alle vorgenannten Waren nur für die Anwendung im Haushalt für Bad- und Glasflächen, nicht für Fassaden“ als im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinreichend ähnlich zu den Waren „Farbanstrichmittel, Grundiermittel, Farben, all diese Waren mit Ausnahme flüssiger, unpigmentierter und ungefüllter Beschichtungsstoffe, Isolieranstrichmittel, Kunstharzdispersionen“ zu erachten, für welche die Widerspruchsmarke Schutz beansprucht.

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Bei fachgerechter Anwendung geht einem Auftrag der von der Widersprechenden beanspruchten „Farbanstrichmittel, Grundiermittel“ und „Farben“ regelmäßig eine Reinigung der anzustreichenden, einzufärbenden oder zu grundierenden Oberflächen voraus. Durch den im Warenverzeichnis des Markeninhabers enthaltenen Zusatz „alle vorgenannten Waren nur für die Anwendung im Haushalt für Bad- und Glasflächen, nicht für Fassaden“ trifft dies auf die von ihm beanspruchten „Wasch- und Bleichmittel, Putzmittel, Seifen, alle vorgenannten Waren nur für die Anwendung im Haushalt für Bad- und Glasflächen, nicht für Fassaden“ in gleicher Weise zu. All diese Produkte dienen der Oberflächenbehandlung im Haushalt für Bad- und Glasflächen im Sinne eines reinigenden bzw. aufhellenden Prozesses. Zu ihnen zählen neben den typischen Haushaltsreinigern auch Fugenaufheller, Holzseifen, Wasch- bzw. Reinigungsmittel für textile Oberflächen zum Einsatz in Bädern, Feinsteinzeug-, Fugen-, Duschkabinen und Kunststoffreiniger, Kalk- und Rostlöser. All diese Produkte können der Vorbehandlung anzustreichender, einzufärbender oder zu grundierender Oberflächen im Haushalt für Bad- und Glasflächen dienen. Sie werden am Markt von denselben Herstellern angeboten; ein Beispiel hierfür stellt die in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2014 von der Widersprechenden überreichte, über die Baumarktkette O… GmbH & Co. Deutschland KG vertriebene Produktpalette der M… GmbH aus B… dar. Die durch den Senat zusammen mit der Ladungsverfügung übersandten Nachweise belegen, dass die Hersteller von Farben und Grundierungen wie die B… GmbH & Co. KG und die B1… GmbH gleichzeitig zur Anwendung im Haushalt bestimmte Grundierungen, Lacke, Farbanstrichmittel, Farben und Reinigungsmittel verschiedener Art zum Kauf anbieten. Zu den Vertriebswegen der B1… GmbH gehören dabei Lebensmitteldiscounter wie die N… L… & Co. KG. Als einander in ihrer Anwendung ergänzende Produkte, die sich jeweils an dasselbe Publikum richten (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10.  Aufl. 2011, Rn. 91, 92 zu § 9), stehen die hier von den Kollisionszeichen konkret beanspruchten Waren daher in einem engen, funktionellen Zusammenhang mit der Folge, dass die Annahme gemeinsamer oder miteinander verbundener Ursprungsstätten zumindest nahe gelegt wird (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2011, Rn. 91 Fn. 199 zu § 9; u. a. unter Verweis auf BPatG GRUR 2002, 345 – ASTRO BOY/Boy; Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 16. Aufl. 2013, S. 225, Stw. „Putz- und Poliermittel“). Dies führt im Ergebnis zur Annahme einer zumindest durchschnittlichen Warenähnlichkeit aller im Verzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen Waren zu den von der Widersprechenden beanspruchten Waren.

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Angesichts dessen hält die angegriffene Marke im Rahmen der zur Beurteilung einer Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gebotenen Gesamtbetrachtung bei Zeichenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft gebotenen weiten Abstand von der Widerspruchsmarke insgesamt nicht ein. Somit war die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen, §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.

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Auf die im Laufe des Verfahrens zusätzlich aufgeworfene Frage einer möglichen Ähnlichkeit zwischen den vom Markeninhaber beanspruchten „Wasch- und Bleichmitteln, alle vorgenannten Waren nur für die Anwendung im Haushalt für Bad- und Glasflächen“ zu den im Warenverzeichnis der Widersprechenden ebenfalls enthaltenen „Silikonen“ kam es somit nicht mehr entscheidungserheblich an.

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Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.