Entscheidungsdatum: 16.06.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 060 032.5
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 16. Juni 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Angemeldet als Marke wurde am 3. November 2011 unter Nr. 30 2011 060 032.5 die Bezeichnung
Schwalm
zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Dienstleistungen der Klassen 35, 40 und 41. Nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses im Beschwerdeverfahren verfolgt die Anmelderin die Anmeldung noch in Bezug auf die folgenden Dienstleistungen weiter:
Klasse 40: Druckarbeiten, insbesondere lithografische Druckarbeiten, Offsetdruckarbeiten, Schablonendruckarbeiten.
Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 40 hat mit Beschluss vom 5. April 2012 die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle als geografische Angabe für sämtliche angemeldeten Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz, sie sei zudem für diese Dienstleistungen eine beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und auch insoweit von der Eintragung ausgeschlossen.
Die Markenstelle hat dazu ausgeführt, die Angabe „Schwalm“ bezeichne u. a. eine bestimmte Region im Kurhessischen Bergland, die zum nordhessischen „Schwalm-Eder-Kreis“ gehöre. Die Bezeichnung sei daher geeignet, einen beschreibenden Hinweis auf den Erbringungsort der Dienstleistungen zu geben. Der angesprochene Konsument oder Interessent werde nur wahrnehmen, dass die beanspruchten Dienstleistungen in der nordhessischen Region „Schwalm“ angeboten und/oder erbracht würden. Es handele sich daher lediglich um einen Hinweis auf eine Geschäftsstätte in einem konkret abgrenzbaren geografischen Gebiet und somit um eine schutzunfähige merkmalsbeschreibende Angabe. Als geografische Herkunftsangabe sei sie nicht in der Lage, die Dienstleistungen nach der betrieblichen Herkunft zu individualisieren und so auf einen ganz bestimmten Betrieb hinzuweisen.
Hiergegen wendet sich - im vorgenannten Umfang - die Beschwerde der Anmelderin.
Zur Begründung führt sie aus, dass der maßgebliche Verkehr bei Dienstleistungen der noch in Rede stehenden Art den Ort der Erbringung als beliebig ansehen würde. Die bloße Möglichkeit, dass eine Dienstleistung an einem Ort erbracht werden könne, reiche nicht aus, um solche Angaben als Merkmalsbeschreibung anzusehen. Dies sei nur ausnahmsweise anders, wenn z. B. die Ortsangabe auf eine bestimmte Qualität hinweise.
Die Anmelderin beruft sich ferner darauf, dass nach den bislang vorgelegten Nachweisen nicht davon ausgegangen könne, dass die Angabe „Schwalm“ dem Verkehr als Bezeichnung einer bestimmten Region ausreichend bekannt sei, es bestehe auch kein Bezug zu den noch beanspruchten Dienstleistungen. Die Angabe „Schwalm“ könne auch nicht mit den politischen Bezeichnungen „Schwalm-Eder-Kreis“ oder „Schwalmstadt“ gleichgesetzt werden, da der Verkehr von derartigen Städte- bzw. Kreisnamen nicht auf den Namen der jeweiligen Region schließe. Das Gleiche gelte auch für die Bezeichnung „Schwälmer“, die nicht mit der Angabe „Schwalm“ gleichzusetzen sei.
Schließlich könne es der Anmelderin nicht verwehrt werden, ihre Firma sowie den gleichlautenden Namen der geschäftsführenden Gesellschafter markenrechtlich schützen zu lassen.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 40 vom 5. April 2012 aufzuheben und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin nicht gestellt.
II.
Die zulässige, insbesondere nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Einer Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, denn das angemeldete Zeichen beschreibt ohne Weiteres die geographische Herkunft der angemeldeten und noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen im Sinne dieser Vorschrift. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der MarkenRL zurückzuführende Bestimmung verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten (EuGH GRUR 2008, 503 (Rn. 22, 23) – ADIDAS II). Sie dürfen nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Rn. 25)
- Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 31 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674 (Rn. 54, 56) - Postkantoor; GRUR 2004, 680 (Rn. 35, 36) - BIOMILD; vgl. auch Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 265 m. w. N.).
Bei der Prüfung von Eintragungshindernissen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Rn. 65) - Henkel), hier also sowohl die Fachverkehrskreise für die Dienstleistungen der Klasse 40, als auch die allgemeinen, angemessen informierten und durchschnittlich aufmerksamen Endverbraucher.
Zu den in § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angeführten freihaltebedürftigen Angaben zählen als Bezeichnung der geographischen Herkunft u. a. solche Angaben, die den Ort, an dem die in Rede stehenden Dienstleistungen erbracht oder angeboten werden können, benennen. Dazu gehören als beschreibende Herkunftsangaben auch Namen von Flüssen, Seen oder Bergen, die nicht ohne Weiteres selbst als konkrete Angaben über die geographische Herkunft von Waren/Dienstleistungen anzusehen sind, wenn sie zugleich die angrenzenden Gebiete, Regionen oder Landschaften hinreichend deutlich bezeichnen (EuGH GRUR 1999, 723
- Chiemsee; vgl. auch Ströbele/Hacker MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 358).
So ist es hier. Die Angabe „Schwalm“ bezeichnet - in Anlehnung an den gleichnamigen Fluss - u. a. eine naturräumliche Region in Hessen (vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl., 2006, Bd. 24 S. 552; s. auch Kartenausschnitt ADAC Autoatlas Deutschland 2013/2014, S. 162; der Anm. mit Vfg. v. 7.3.2014 übersandt) mit dem Hauptort Schwalmstadt (ca. 18.000 Ew.). Zugehörig ist die Region dem Schwalm-Eder-Kreis mit der Kreisstadt Homburg (Efze) (ca. 180.000 Ew.) Die Angabe „Schwalm“ wird dabei als übergeordnete Bezeichnung verwendet, die mehrere Ortschaften in der als „Schwalm“ bezeichneten Region umfasst (vgl. z. B. „Schwalm Touristik“, „Schwälmer Tracht“ - die als Vorbild für die Märchenfigur Rotkäppchen gilt, vgl. Wikipedia-Auszug; Schwälmer Mundart, der Anm. mit Vfg. v. 7.3.2014 übersandt). Die Region Schwalm hat als Teil des nordhessischen Berglands auch eine gewisse touristische Bedeutung, so als ein mutmaßlicher Ursprungsort der Grimm´schen Märchen (vgl. Fiat, Die schönsten Freizeitziele Deutschlands, S. 51, der Anm. mit Vfg. v. 7.3.2014 übersandt), so dass eine ausreichende Bekanntheit in einem ausreichend großen Teil des angesprochenen Verkehrs angenommen werden kann. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass diese Bezugnahme irrtümlich oder ohne wissenschaftlichen Nachweis erfolgt. Allein der Umstand, dass die Region Schwalm sich - wenngleich aus vorrangig touristischen Gründen - als Herkunft dieser weithin bekannten Märchengestalten berühmt, genügt, um eine relevante Bekanntheit beim inländischen Verkehr anzunehmen. Für einen hinlänglichen Bekanntheitsgrad spricht auch, dass die Bezeichnung „Schwalm“ Eingang in die Ortsbezeichnungen „Schwalmstadt“ und „Schwalm-Eder-Kreis“ gefunden hat. Entgegen der Auffassung der Anmelderin macht es für die Eignung der Angabe „Schwalm“ als Bezeichnung für eine bestimmte Region auch keinen Unterschied, dass die Bezeichnung in den Fundstellen des Öfteren als Adjektiv, nämlich „Schwälmer“ verwendet wird, weil der angesprochene Verkehr dies ohne Weiteres als korrekte Ableitung von „Schwalm“ und als Hinweis auf eine geografische Angabe erkennt. Hauptwort und Adjektiv sind in dieser Hinsicht grundsätzlich gleich zu behandeln. (vgl. dazu z. B. BPatG, B. v. 05.12.2012, 28 W (pat) 573/11 - ILMTALER; B. v. 17.09.2012, 28 W (pat) 16/11 - Ahrtaler).
Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist bei der Prüfung des beschreibenden Charakters von Ortsangaben nicht nur auf ein aktuelles Freihaltungsbedürfnis abzustellen, sondern auch die Möglichkeit zu erörtern, ob eine beschreibende Verwendbarkeit der fraglichen Angabe vernünftigerweise in der Zukunft zu erwarten ist, so dass die Angabe zur Bezeichnung der geographischen Herkunft dienen kann. In diesem Zusammenhang weist der EuGH ausdrücklich darauf hin, dass das Verbot der Eintragung geographischer Herkunftsangaben insoweit nicht voraussetzt, dass „ein konkretes, aktuelles oder ernsthaftes Freihaltungsbedürfnis … besteht“ (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 35)
- Chiemsee). Wenngleich es sich bei der Region Schwalm um ein eher landwirtschaftlich geprägtes Gebiet handelt, können dort auch Dienstleistungen der in Rede stehenden Art angeboten werden. Durchgreifende Gesichtspunkte, die gegen die Eignung des Namens „Schwalm“ als Angabe der geografischen Herkunft aus der Region um Schwalmstadt sprechen, sind nicht ersichtlich. Ein entgegenstehender Umstand könnte vor allem sein, wenn gegenwärtig dort keine Waren und/oder Dienstleistungen der fraglichen Art hergestellt bzw. angeboten werden und damit nach der Vorstellung der beteiligten Verkehrskreise in der Zukunft auch nicht zu rechnen ist. Die beanspruchten Dienstleistungen „Druckarbeiten, insbesondere lithografische Druckarbeiten, Offsetdruckarbeiten, Schablonendruckarbeiten“ stellen hauptsächlich handwerkliche Leistungen dar, die in der Region Schwalm ohne Weiteres angeboten bzw. erbracht werden können. Ferner sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte gegeben, dass die beteiligten Verkehrskreise es als ausgeschlossen oder als völlig unwahrscheinlich ansehen, dass die Region „Schwalm“ als Sitz von Anbietern derartiger Dienstleistungen dient oder dienen kann. Vielmehr handelt es sich bei den beanspruchten Dienstleistungen um solche, die uneingeschränkt an jedem Ort erbracht werden können, somit ist auch eine Erbringung an Orten mit bis zu 20.000 Einwohner, die in der Region Schwalm anzutreffen sind, sehr wahrscheinlich (vgl. dazu z. B.: BPatG, B. v. 05.12.2012, 26 W (pat) 563/11 - Gagny).
Soweit die Anmelderin argumentiert, der Ort der Erbringung der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen sei für den Verkehr unerheblich, ändert dies nichts daran, dass die Bezeichnung „Schwalm“ freihaltebedürftig ist, weil sie die so gekennzeichneten Dienstleistungen objektiv als aus einem bestimmten Ort, nämlich aus der Region Schwalm mit dem Hauptort Schwalmstadt, stammend beschreiben kann und nicht nach ihrer betrieblichen Herkunft. Zudem ist es nach wie vor möglich und gerade nicht fernliegend, dass die Abnehmer der Dienstleistungen „Druckarbeiten, insbesondere lithografische Druckarbeiten, Offsetdruckarbeiten, Schablonendruckarbeiten“ diese bei ortsansässigen Unternehmen in Auftrag geben (wollen), so dass die Ortsangabe durchaus für den angesprochenen Verkehr von Bedeutung ist.
Ihrer Eignung, als geografische Herkunftsangabe zu dienen, steht auch nicht entgegen, dass die Bezeichnung „Schwalm“ mehrfach gebraucht wird, also als Name für verschiedene Ortsangaben bzw. Flüsse dient (vgl. dazu u. a. BPatG, B. v. 30.09.2009, 26 W (pat) 38/09 - Grafenau), so etwa auch für einen Fluss im deutsch-niederländischen Grenzgebiet.
Auch der Umstand, dass das angemeldete Zeichen zugleich (Firmen-)Name der Anmelderin und der Familienname der derzeitigen Geschäftsführer ist, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Eine ansonsten schutzunfähige Angabe kann nicht allein deshalb Markenschutz erlangen, weil sie mit dem Namen des Anmelders identisch ist. Es genügt für das Eintragungshindernis, dass die insoweit mehrdeutige angemeldete Bezeichnung in einer ihrer möglichen Bedeutungen beschreibend ist (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 348). Dies ist auch deshalb sachgerecht, weil das Markenrecht nicht an die Person des Inhabers gebunden ist und der angesprochene Verkehr regelmäßig die Eigentumsverhältnisse nicht kennt. Insofern wird der Träger eines (für bestimmte Waren/Dienstleistungen schutzunfähigen) Namens aus sachlichen Gründen anders behandelt als Personen, deren Namen für die betroffenen Waren und/oder Dienstleistungen keine beschreibende Bedeutung hat. Soweit die Anmelderin auf das Recht der Gleichnamigen abstellt, ist dieses für die hier maßgebliche, allein markenrechtlich zu beurteilende Frage der absoluten Schutzhindernisse nicht von Belang.
Ein Anlass, aus Billigkeitsgründen die Erstattung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG anzuordnen, besteht nicht (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 10. Aufl., § 71 Rn. 43).