Entscheidungsdatum: 02.07.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 068 347.6
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 2. Juli 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Nach vorangegangener Beanstandung hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung der Wortmarke 30 2011 068 347
Wir führen Wissen
für die Dienstleistungen
„Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen“
durch eine Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen vermittle „Wir führen Wissen“ ausschließlich einen Sachhinweis darauf, dass der Anbieter der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen Wissen im Angebot habe und dieses verkaufe.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Da sich das Wort „führen“ allein auf körperliche Gegenstände beziehe und für die Übertragung von „Wir führen Wissen“ auf immaterielle Güter ein gedanklicher Zwischenschritt erforderlich sei, erschließe sich dem Verkehr die Bedeutung des angemeldeten Slogans nicht ohne weiteres. Selbst dann, wenn der Slogan so interpretiert werden könne, dass die Anmelderin Wissen im Bestand habe, seien bei der Interpretation des Zeichens zwei gedankliche Zwischenschritte erforderlich. Der Verkehr müsse in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen zunächst interpretieren, dass Wissen durch Bücher verkörpert werde und diese Bücher im Bestand der Anmelderin seien. Zum anderen müsse der Umstand, dass Bücher Wissen verkörpern, mit dem Angebot wissenschaftlicher Dienstleistungen im Kontext stehen. Dies sei jedoch nicht der Fall, da es bei diesen Dienstleistungen regelmäßig um die Erstellung von Gutachten und um die Forschung gehe.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juni 2012 aufzuheben.
Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere nach § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, denn das angemeldete Zeichen steht zu sämtlichen beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 in einem engen beschreibenden Zusammenhang, es ist deshalb nicht unterscheidungskräftig. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH, GRUR 2004, 428, 429 f., Rn. 30, 31 - Henkel; BGH, GRUR 2012, 1143 (Rn. 7) - Starsat). Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen. Allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan verstanden wird, reicht - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 (Rn. 44) - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Entscheidend ist, ob die Marke zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wahrgenommen wird (EuGH GRUR 2010, 228 (Rn. 45) - VORSPRUNG DURCH TECHNIK, GRUR Int. 2011, 255, 257 (Rn. 52) - BEST BUY, GRUR Int. 2012, 914, 916 (Rn. 29) - Wir machen das Besondere einfach).
Wie bei anderen Markenkategorien auch, ist bei Slogans die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft allerdings zu verneinen, sofern der Verkehr einer Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (BGH 2006, 850, 854, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt wird (BGH GRUR 2012, 1143, 1144 (Rn. 9) - Starsat, GRUR 2006, 850, 854, Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Gemessen an diesen Voraussetzungen hat die Wortfolge „Wir führen Wissen“ für die beanspruchten Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft, weil die Marke für alle beanspruchten Dienstleistungen jedenfalls in einem engen beschreibenden Bezug zu ihnen steht.
Die Wortfolge „Wir führen Wissen“ ist sprachüblich gebildet. Innerhalb der angemeldeten Wortkombination setzt das Verb „führen“ die Kombination eines Personalpronomens, „wir“, mit einem Nomen, „Wissen“, dergestalt zueinander in Beziehung, dass der deutsche Hauptsatz „Wir führen Wissen“ entsteht. Da der Begriff „führen“ u. a. „im Warenangebot haben“ bedeutet (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, S. 649), kommt dem beanspruchten Slogan die Bedeutung „Wir haben Wissen im Angebot“ zu.
Mit dieser Bedeutung weist „Wir führen Wissen“ objektiv lediglich auf die in Klasse 42 beanspruchten Dienstleistungen, jedoch nicht auf deren Herkunft hin. Der Slogan erschöpft sich in der sachbezogenen Aussage, dass die Anbieter dieser Dienstleistungen Wissen im Angebot haben, ihren Kunden also bei Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen ihr Wissen, z. B. technisches Know-How, zur Verfügung stellen. Der Umstand, dass Anbieter ihren Kunden bei Erbringung wissenschaftlicher und technologischer Dienstleistungen ihr fachspezifisches Wissen zur Verfügung stellen, hat auf deren Qualität, wie allgemein bekannt ist, maßgeblichen Einfluss. Handelt es sich beispielsweise um ergänzende logistische Kenntnisse, kann sich Wissen zusätzlich auf die Schnelligkeit und Zuverlässigkeit auswirken, mit welcher die beanspruchten Dienstleistungen erbracht werden. Somit fehlt „Wir führen Wissen“ die Eignung, auf ein bestimmtes Herkunftsunternehmen hinzuweisen, deren Dienstleistungen der Verkehr gerade aufgrund einer Kennzeichnung mit dem beanspruchten Slogan von vergleichbaren Dienstleistungen, die Wettbewerber der Anmelderin erbringen, unterscheiden könnte.
Dieser Umstand unterscheidet den hiesigen Sachverhalt von derjenigen Fallkonstellation, die der von der Anmelderin zitierten Entscheidung BPatG 27 W (pat) 84/12, B. v. 15. Januar 2013 - My Sportsworld - Wir bewegen Dich - zugrunde lag. Ein objektiv schutzbegründender Überschuss, durch welchen die Verbindung der genannten Wortbestandteile einen eigenständigen Gesamteindruck bewirkte, der sich nicht in der bloßen Summenwirkung seiner Elemente erschöpfte (vgl. EuGH GRUR 2004, 678, Rn. 98-100 - Postkantoor; GRUR 2006, 229, 230, Rn. 31 - BioID; EuGH GRUR-RR 2008, 47, Tz. 43 - 47 - Map & Guide; EuGH GRUR 2010, 534, Tz. 43, 44 - PRANAHAUS; BGH GRUR 1998, 394, 396 - Active Line; Ströbele, in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., Rn. 415 zu § 8) kommt „Wir führen Wissen“ i. S. v. „Wir haben Wissen im Angebot“ nicht zu. Eines gedanklichen Zwischenschritts dergestalt, dass der Verkehr in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen zunächst interpretieren müsste, dass Wissen durch Bücher verkörpert werde und diese Bücher im Bestand der Anmelderin seien, bedarf es entgegen der von der Anmelderin vertretenen Auffassung nicht, um dem Slogan die genannte Bedeutung zu entnehmen. Denn wer wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen erbringt sowie Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen anbietet, vermag seinen Kunden Wissen unabhängig davon anzubieten, ob dieses Wissen durch Bücher verkörpert wird, die sich im Bestand der Anmelderin befinden.
Auch die Behauptung der Anmelderin, dass sich das Wort „führen“ allein auf körperliche Gegenstände beziehe, erweist sich als nicht tragfähig. Wie die Beispiele „Wir führen eine Beziehung“, „Wir führen Sie“ und „Wir führen Krieg“ zeigen, wird „führen“ im Deutschen als transitives Verbum mit verschiedenen Akkusativen verwendet, die gerade keine körperlichen Gegenstände bezeichnen.
Mit ähnlicher Begründung haben der Gerichtshof der Europäischen Union (Az. C-311/11, Entsch. v. 12. Juli 2012 - „Wir machen das Besondere einfach“) sowie verschiedene Senate des Bundespatentgerichts bereits zuvor vergleichbaren Slogans wie „Wir sind Innovation!“ (BPatG 28 W (pat) 522/10, B. v. 23. Juni 2010); „Bitterfeld Wolfen - Wir haben den Bogen raus“ (29 W (pat) 124/10, B. v. 18. April 2012); „Wir machen Kinderlachen“ (29 W (pat) 45/11, B. v. 28. November 2012); „We Are Pioneering Solutions“ (BPatG 28 W (pat) 127/09, B. v. 27. Oktober 2010) und „We do more“ (28 W (pat) 76/11, B. v. 16. Januar 2013) die Schutzfähigkeit für die dort beanspruchten Waren und Dienstleistungen versagt.
Aus diesen Gründen hatte die Beschwerde der Anmelderin keinen Erfolg.