Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 14.10.2013


BPatG 14.10.2013 - 24 W (pat) 39/11

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "GEOTHERM" – keine Unterscheidungskraft – keine Verkehrsdurchsetzung – zur Beschränkung des bisherigen Warenverzeichnisses - keine täuschende Angabe


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
14.10.2013
Aktenzeichen:
24 W (pat) 39/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 399 85 363

(hier: Löschungsverfahren S 164/10)

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 14. Juni 2010, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) am 23. Juni 2010, die vollständige Löschung der am 22. Dezember 1999 angemeldeten und am 29. Juni 2000 in das beim DPMA geführte Register unter Nr. 399 85 363 eingetragenen Wortmarke

2

GEOTHERM

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beantragt. Das ursprünglich umfangreichere Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung nach vorangegangenen Löschungen noch folgende Fassung:

4

"Klasse 7: Maschinelle Geräte zur Wärmegewinnung und daraus bestehende Anlagen;

5

Klasse 9:  Steuer- und Regelgeräte;

6

Klasse 11: Heizungs- und Kühlgeräte, Wasserheizgeräte, Wärmepumpen".

7

Für die vorgenannten Waren der Klasse 11 ist die angegriffene Marke von Anfang an eingetragen gewesen.

8

Die Antragstellerin hat ihren Löschungsantrag gemäß § 50 MarkenG u. a. darauf gestützt, dass die Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei, obwohl sie für die beanspruchten Waren glatt beschreibend sei, da sie geeignet sei, auf eine bestimmte Energieform, nämlich die Geothermie hinzuweisen. Das Markenwort "GEOTHERM" sei lediglich eine allgemein verständliche Verkürzung dieses Fachbegriffes. Geothermie könne – vereinfacht - als Energiequelle der von der Antragsgegnerin noch beanspruchten Waren dienen, die Angabe werde als bloßer Sachhinweis aufgefasst und sei freihaltebedürftig. Des Weiteren mangele es der Marke aus diesen Gründen an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 27. August 2010 übersandten Löschungsantrag am 30. September 2010 widersprochen.

10

Mit Beschluss vom 9. Mai 2011 hat die Markenabteilung 3.4 des DPMA die Marke antragsgemäß gelöscht, weil sie weder zum Eintragungszeitpunkt noch im Zeitpunkt der Entscheidung über Unterscheidungskraft verfügt habe, §§ 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Zur Begründung hat die Markenabteilung – zusammengefasst - ausgeführt, "GEOTHERM" sei die Kurzform des Begriffs "geothermisch", eines geowissenschaftlichen Fachbegriffs mit der Bedeutung "die Erdwärme betreffend". Im Bereich der Energietechnik, der die von der Marke umfassten Waren zuzuordnen seien, beschreibe dieses Adjektiv den Umstand, dass so gekennzeichnete Produkte zur Energiegewinnung aus Erdwärme, sprich aus Geothermie, geeignet und bestimmt seien. Bestimmte Arten von "Wärmepumpen" seien eigens dafür vorgesehen, Erdwärme nutzbar zu machen. Für die Waren "Heizungs- und Kühlgeräte, Wasserheizgeräte", deren Betrieb keinen bestimmten Energieträger voraussetze, stelle es einen Hinweis darauf dar, dass sie mittels Erdwärme betrieben werden könnten, so dass dem Markenwort wegen des engen sachlichen Bezuges die Unterscheidungskraft abzusprechen sei.

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Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 26. Mai 2011.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke sei zu den maßgeblichen Zeitpunkten eine lexikalisch nicht nachweisbare, ungewöhnliche Wortneuschöpfung, das DPMA habe jedenfalls keine ausreichenden Feststellungen treffen können, dass die Angabe "GEOTHERM" bereits zum Zeitpunkt der Eintragung einen beschreibenden Charakter gehabt habe, der damals zum Vorliegen eines Schutzhindernisses geführt habe; die verwendeten Belegstellen seien entweder jünger oder untauglich, das Eintragungshindernis zu belegen. Es sei, so die Antragsgegnerin, weder damals noch heute üblich, den Begriff Geothermie mit "GEOTHERM" abzukürzen. Die Fundstellen seien auch nicht geeignet, eine sachlich beschreibende Verwendung dieses Begriffes für die hier in Rede stehenden Waren zu belegen, oder die Publikationen wendeten sich nicht an die von der Marke angesprochen Verkehrskreise.

13

Des Weiteren habe das DPMA zu Unrecht die Begriffe "geotherm" oder "Geotherm" herangezogen, während die Marke "GEOTHERM" geschrieben werde. Diese Angabe sei auch keinesfalls für sämtliche eingetragenen Waren beschreibend, insbesondere nicht für die von der Antragsgegnerin hergestellten und vertrieben Wärmepumpen. Zudem könne die Angabe "GEOTHERM" für Kühlgeräte nicht beschreibend sein.

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Schließlich beruft sich die Antragsgegnerin auf die Verkehrsdurchsetzung der Marke und verweist hierzu auf die im Anmeldeverfahren vorgelegten Unterlagen, die u. a. belegen könnten, dass die Marke einen Marktanteil von ca. 10 % bei Wärmepumpen in Deutschland habe.

15

Aufgrund eines von der Antragstellerin erstrittenen Urteils des Landgerichts München I vom 12. März 2012 (Az. 11 HK O 24495/09) wurde nach Einlegung der Beschwerde die Marke für die Warenklassen 7 und 9 wegen Verfalls (§ 49 MarkenG) gelöscht.

16

Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2013 das dann noch geltende Warenverzeichnis der angegriffenen Marke mit dem Ziel einer Beschränkung wie folgt gefasst:

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"Klasse 11: erdgas-, öl- und strombetriebene Heizungs- und Kühlgeräte, erdgas-, öl- und strombetriebene Wasserheizgeräte, erdgas-, öl- und strombetriebene Wärmepumpen mit Nutzung von Solar- und/oder Luftwärme".

18

Sie hat dazu die Auffassung vertreten, dass jedenfalls durch diese Spezifizierung der beanspruchten Waren ein denkbarer Bezug zur Geothermie entfalle und die Marke "Geotherm" nicht mehr als Sachangabe aufgefasst werden könne.

19

Die Antragsgegnerin hat sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. Mai 2011 aufzuheben, soweit er die jetzt noch eingetragene Marke 399 85 363 – GEOTHERM – betrifft und den Löschungsantrag insoweit zurückzuweisen.

21

Die Antragstellerin hat beantragt,

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die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

23

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

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Sie hat zur Begründung ausgeführt, der Verkehr habe in der Angabe "Geotherm" bereits lange vor Eintragung der Marke eine im Vordergrund stehende Sachaussage, nämlich den Hinweis auf Geothermie, entnommen, so dass die Unterscheidungskraft gefehlt habe und fehle. Die Antragstellerin hält auch das neugefasste Verzeichnis der Waren für nicht schutzfähig. Die zusätzlichen Merkmale "erdgas-, öl- und strombetrieben" stellten keinen Ausschluss der Primärenergiequelle Geothermie dar, anderenfalls sei die Marke "GEOTHERM" im Zusammenhang mit den so betriebenen Waren irreführend. Auch das Merkmal "mit Nutzung von Solar- und/oder Luftwärme" schließe eine Nutzung von Geothermie nicht aus.

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Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

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Die gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist erfolglos. Auf den zulässigen Löschungsantrag der Antragstellerin ist die Marke 399 85 363 "GEOTHERM" für sämtliche jetzt noch beanspruchten Waren zu löschen, §§ 50 Abs. 1, 54 MarkenG.

27

Die Antragsgegnerin hat dem innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 50 Abs. 2 S. 2 MarkenG gestellten Löschungsantrag innerhalb der in § 54 Abs. 2 S. 2 MarkenG bestimmten Frist widersprochen.

28

Nach den Feststellungen des Senates hat dem angemeldeten Markenwort "GEOTHERM" sowohl im Zeitpunkt der Eintragung der Marke als auch im Zeitpunkt dieser Entscheidung die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft gefehlt. Denn das Wort "GEOTHERM" konnte und kann entweder für die Waren der Klasse 11 als beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen oder steht zu diesen Waren in einem engen sachlichen Bezug. Die Markenabteilung 3.4 hat daher auf den Löschungsantrag zutreffend die Löschung der Marke angeordnet.

29

Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rn. 62 - Libertel). Bezeichnungen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, kommt keine Unterscheidungskraft zu, denn bei derartigen beschreibenden Angaben fehlen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (BGH WRP 2010, 1504, 1506 Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2009, 949, 951, Rn. 20 - My World; GRUR 2009, 411 Rn. 9 - STREETBALL; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006).

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Die mögliche Bedeutung einer Marke ist dabei stets im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt), die hier vor allem den Bereich der Heizungs- und Gebäudetechnik betreffen oder betreffen können und sich an den Fachverkehr mit Spezialkenntnissen auf dem Gebiet der Technologie der Erdwärmenutzung ebenso richten wie an allgemeine Verkehrskreise, etwa private Hauseigentümer mit Interesse für erneuerbare Energien.

31

Gemessen an diesen Voraussetzungen war und ist die angegriffene Marke für die beanspruchten Waren in keiner der Fassungen des Warenverzeichnisses unterscheidungskräftig.

32

Der Einwand der Markeninhaberin, wonach sich eine Verwendung der Angabe "GEOTHERM" als Abkürzung für den deutschen Begriff Geothermie jedenfalls zum ersten der hier maßgeblichen Zeitpunkte, nämlich dem der Eintragung der Marke, nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen lasse, greift nicht durch. Denn bereits zum Eintragungszeitpunkt wurde die Angabe "GEOTHERM" als gebräuchliche Abkürzung für das von dem Begriff "Geothermie" abgeleitete Adjektiv geothermisch i. S. v. die Wärmeverhältnisse im Erdkörper betreffend verwendet. Somit war dem angesprochenen Verkehr der Ausdruck "GEOTHERM" bereits damals als Abkürzung für geothermisch und als Hinweis auf die Nutzung der geothermischen Energie als Energiequelle bekannt (vgl. Duden, Das Fremdwörterbuch, 6. Aufl., 1997, S. 290; vgl. z. B. Brockhaus, Enzyklopädie, 2000, S. 1591, Stichwort Geothermik: "geotherm. Energie"; Brockhaus, Naturwissenschaft und Technik, Bd. 2, 1989, Stichwort Erdwärme: "geotherm. Energiereserven", S. 56; DER SPIEGEL, Ausg. v. 14.7.1986, S. 160 - "Geotherm-Anlagen"; Dt. Patentamt, Offenlegungsschrift DE 3930232 A1 v. 14.3.1991 -"Geotherm-Reservoir").

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Daran hat sich auch bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde nichts geändert (vgl. auch Duden, Dt. Universalwörterbuch, 7. Aufl., 2011, S. 702). Dieses Verkehrsverständnis wird vor allem auch durch den Umstand nahegelegt, dass der Begriff geothermisch von den bekannten Worten geo (= erd-, Erde-, Land, vgl. Duden, a. a. O., S. 701) und thermisch (= die Wärme betreffend, vgl. Duden a. a. O., S. 1747) abgeleitet ist, welches dem Verkehr häufig in Gestalt seiner Abkürzung "therm." begegnet und seit langem allgemein bekannt ist (vgl. z. B.: Duden; Das Wörterbuch der Abkürzungen, 2011, S. 389; Bertelsmann, Lexikon der Abkürzungen, 1994, S. 443; Koblischke, Großes Abkürzungsbuch, 1985). Es ist somit von auszugehen, dass die Verkehrskreise, selbst wenn ihnen die Bedeutung von "GEOTHERM" i. S. v. "die Erdwärme betreffend" unbekannt war, diese in Verbindung mit den konkreten Waren ohne Mühe aus der Zusammenstellung der bekannten Begriffe "geo" und "therm." für "thermisch" erkennen und erkannt haben.

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Zu diesen Feststellungen und den dazu zitierten Fundstellen aus dem Nachrichten-Magazin "DER SPIEGEL" kann insbesondere der Vortrag der Markeninhaberin kein Gegenargument sein, wonach ihre Abnehmer dieses nicht lesen würden. Der für die Frage der Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke maßgebende Verkehr beschränkt sich nicht auf die spezielle Gruppe der konkreten Abnehmer der Markeninhaberin, sondern umfasst den gesamten einschlägigen Fachverkehr und die Gesamtheit der interessierten Endabnehmer. "DER SPIEGEL" war bereits im Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke seit vielen Jahren auf dem deutschen Markt eingeführt als ein bekanntes und auflagenstarkes Nachrichten-Magazin mit einem breiten Themenspektrum, zu dem u. a. Wirtschaft und Technik gehörten und gehören. Das Magazin war im Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke und ist auch heute für die interessierte allgemeine Öffentlichkeit bestimmt und damit auch für die interessierte Öffentlichkeit im Mittelstand und im Handwerk.

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Als auf den ersten Blick erkennbare Abkürzung für das von dem Begriff "Geothermie" abgeleitete Adjektiv "geothermisch" i. S. v. "die Wärmeverhältnisse im Erdkörper betreffend" und als Hinweis auf die Nutzung der geothermischen Energie als Energiequelle konnte "GEOTHERM" als beschreibende Angabe zu den im Zeitpunkt der Eintragung beanspruchten Waren der Klasse 11 dienen oder zu diesen Waren in einem engen sachlichen Bezug stehen, da diese dazu bestimmt sein konnten, geothermische Energie, also Erdwärme – zumindest teilweise - als Energiequelle zu nutzen.

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Hierfür sprechen bereits zahlreiche, vor der Eintragung der Marke liegende Veröffentlichungen, die sich mit dieser Energieform befassen und den Zusammenhang zwischen Waren der hier in Rede stehenden Art (z. B. erdgekoppelte Wärmepumpen) und dem Begriff "geothermisch" bzw. der hier streitgegenständlichen Abkürzung "geotherm" hergestellt haben (vgl. z. B. Mitteilungsblatt der Geothermischen Vereinigung e.V.; Ausg. Juni 1992, S. 3 ff.; Ausg. März 1996, S. 27; Ausg. September 1996, S. 3; s. auch Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1981, Bd. 10, S. 113; Lexikon der Geowissenschaften, Bd. 2, 2000, 294 f.; "Trick in der Tiefe", in: DER SPIEGEL a. a. O.).

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Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin wird weder jetzt noch früher unter geothermischer Energie ausschließlich die Nutzung von Erdwärme in größerer Tiefe z. B. vulkanischen Ursprungs durch geothermische Kraftwerke verstanden, sondern auch die Nutzung der oberflächennahen Erdwärme. Der angesprochene Verkehr, der Veranlassung hat sich mit unterschiedlichen Energieträgern, u. a. erneuerbaren Energiequellen zu befassen, versteht darunter die für ihn nutzbare, im Erdreich gespeicherte Energie, unabhängig davon, ob diese – oberflächennah - aus der Bodenerwärmung durch Sonnenenergie herrührt oder aus der tiefergelegenen Erdkruste stammt. Ein verbreiteter und in Deutschland spätestens seit den 1980er Jahren breit bekannter Anwendungsbereich der Erdwärmenutzung sind erdgekoppelte Wärmepumpen, die z. B. für Wohngebäude genutzt werden, die mittels Wärmetauschern dem Erdreich Wärme bzw. Kälte entziehen und nutzbar machen (vgl. z. B. Mitteilungsblatt der Geothermischen Vereinigung, Ausg. März 1996, S. 1 ff.; Lexikon der Geowissenschaften, a. a. O., S. 295; "Oberflächennahe Geothermie – Heizen und Kühlen mit Energie aus dem Untergrund", hrsg.v. Bay. StM für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2005; siehe auch Japanisches Patentamt, Patentanmeldung Nr. 56056277 v. 16.4.1981).

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Allerdings kommt es auf diese Unterschiede nicht entscheidend an, da das streitgegenständliche Verzeichnis nicht auf Waren beschränkt ist, die nur die oberflächennahe Erdwärme nutzen, sondern auch z. B. Heizungsgeräte und Wasserheizgeräte in Form von Wärmepumpen umfasst, die tief in das Erdreich gebohrte Erdsonden verwenden können, um die dort vorhandene Wärme zu nutzen. Denn die beanspruchten Waren "Heizungs- und Kühlgeräte" und "Wasserheizgeräte" sind lediglich Oberbegriffe für die beanspruchten "Wärmepumpen", die ihrerseits sowohl als Heizungsanlagen als auch als Kühlanlagen (vgl. Anl. z. Prot. v. 25.6.2013: "Oberflächennahe Geothermie - Heizen und Kühlen mit Energie aus dem Untergrund", hrsg.v. Bay. StM für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2005, S. 6; s. bspw. auch Internetseite der Antragsgegnerin, www.vaillant.de/Produkte/Waermepumpe/ Waermequelle-Erde/produkt_vail-lant/Waermepumpensystem_geoTHERM_ exclu-siv.html:"Mit dem Wärmepumpensystem geoTHERM exclusiv erhalten Sie eine Komplettlösung, die im Winter für Wärme, im Sommer für Kühlung und jederzeit für warmes Wasser sorgt") oder als Wasserheizgeräte der Warmwasserbereitung dienen können (vgl. Anl. z. Prot. v. 25.6.2013: "Oberflächennahe Geothermie – Heizen und Kühlen mit Energie aus dem Untergrund", hrsg.v. Bay. StM für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2005, S. 3; s. auch bspw. Internetseite der Antragsgegnerin, www. vaillant.de/Produkte/ Waermepumpe/ Warmwasser/ produkt_vaillant/ geoTHERM-(Warmwasser).html: "Die Warmwasserwärmepumpe geoTHERM ist die ideale Lösung für die umweltschonende und flexible Warmwasserbereitung im Einfamilienhaus"). Die von der Antragsgegnerin noch beanspruchten Oberbegriffe umfassen auch solche als "Heizungs- und Kühlgeräte" und "Wasserheizgeräte" einsetzbare "Wärmepumpen", so dass die Möglichkeit einer beschreibenden Verwendung des Begriffes "GEOTHERM" für (erdgekoppelte) Wärmepumpen das Fehlen der Unterscheidungskraft für das gesamte Warenverzeichnis bedingt (vgl. BGH GRUR 2002, 261, 262 – AC; GRUR 2005, 578, Rz. 28 - LOKMAUS). Die Antragsgegnerin kann auch nicht damit durchdringen, dass Wärmepumpen nur zum Heizen und nicht zum Kühlen geeignet seien. Die Antragsgegnerin setzt sich mit dieser Behauptung in Widerspruch zu ihren eigenen veröffentlichten (Werbe-) Aussagen, denn sie weist in ihrer Produktwerbung ausdrücklich auf die Kühlfunktion einiger ihrer Wärmepumpensysteme hin (s. o.; siehe auch Anl. 2 - mit Vfg. v. 17.6.2013 übersandt). Tatsächlich können Wärmepumpen systembedingt bestehende Temperaturunterschiede (z. B. zwischen Erdreich und Gebäudeinnern) ausnutzen, und deshalb je nach Umweltsituation im Gebäude die Wärme abgeben oder aufnehmen, d. h. kühlen (vgl. "Oberflächennahe Geothermie - Heizen und Kühlen mit Energie aus dem Untergrund", a. a. O., S. 3).

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Ferner besteht kein Zweifel, dass auch der allgemeine Verkehr, der Endabnehmer zum Eintragungszeitpunkt den Begriff "GEOTHERM" in dieser Weise verstanden hat, ohne dass es dabei auf naturwissenschaftliche Einzelheiten ankäme, wenngleich die Wärmegewinnung im Vordergrund steht und stand. Unerheblich für das Vorliegen eines Schutzhindernisses ist – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin – dabei, ob eine beschreibende Verwendung des Begriffes "GEOTHERM" in abweichender Schreibweise, also etwa "geotherm.", "Geotherm" oder "Geotherm-" erfolgt ist, da dies auf das inhaltliche Verständnis des Publikums keine Auswirkung hat. Ebenfalls unbeachtlich für die Erkennbarkeit des begrifflichen Zusammenhangs ist, dass der Marke der übliche Abkürzungspunkt fehlt.

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Die Angabe "GEOTHERM" mit der Bedeutung geotherm. i. S. v. geothermisch war und ist somit für die Waren "Wärmepumpen" sowie die Oberbegriffe "Heizungs- und Kühlgeräte, Wasserheizgeräte" die Angabe einer Primärenergiequelle, nämlich der Erdwärme, die von diesen Geräten genutzt werden kann.

41

Die gleichen Überlegungen gelten ohne Einschränkung auch für das von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung beschränkte Warenverzeichnis, welches für die Prüfung der Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung maßgebend ist. Entgegen der von der Antragstellerin vertretenen Rechtsauffassung ist das neue Warenverzeichnis vom 25. Juni 2013 zulässig. Änderungen des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen können – ex nunc - auch in bereits anhängigen Löschungsantragsverfahren berücksichtigt werden, sofern sie vom Berechtigten vor Schluss der mündlichen Verhandlung unbedingt erklärt werden (vgl. Kirschnek in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 48 Rn. 6 ff.) und auch ansonsten zulässig, insbesondere eintragungsfähig sind. Als unzulässig zurückzuweisen sind derartige Änderungen u. a. dann, wenn durch sie ein neues absolutes Schutzhindernis geschaffen wird (vgl. Kirschnek, a. a. O., § 39 Rn. 5).

42

Die von der Markeninhaberin beanspruchte neue Fassung des Warenverzeichnisses stellt in der Sache eine Beschränkung des bisherigen Warenverzeichnisses dar, dem keine neuen Schutzhindernisse entgegenstehen, insbesondere wird die angegriffene Marke durch die Beschränkung des Warenverzeichnisses nicht zu einer täuschenden Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG. Täuschend ist nach dieser Vorschrift eine Marke dann, wenn in Bezug auf die beanspruchten Waren in jedem erdenklichen Zusammenhang die schwerwiegende Gefahr einer Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise besteht (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 574 ff.). Dies ist hier nicht der Fall, weil auch bei Geltung des beschränkten Warenverzeichnisses die Möglichkeit einer nicht irreführenden Verwendung der Marke besteht. Denn auch nach der beschränkten Fassung des Warenverzeichnisses können alle danach beanspruchten Waren in einem engen technischen Zusammenhang mit Erdwärme stehen. Aus demselben Grund bleibt die Marke nicht unterscheidungskräftig und ist deswegen unverändert nicht schutzfähig.

43

Im Einzelnen gilt Folgendes: "Erdgas-, öl- und strombetriebene Heizungs- und Kühlgeräte, erdgas-, öl- und strombetriebene Wasserheizgeräte, erdgas-, öl- und strombetriebene Wärmepumpen mit Nutzung von Solar- und/oder Luftwärme" können durch die Angabe "GEOTHERM" ebenso zutreffend beschrieben werden wie die Waren in der vorher geltenden Fassung des Verzeichnisses. Der angesprochene Verkehr wird bei den betroffenen Waren, insbesondere bei den Wärmepumpen, die mit der Angabe "GEOTHERM" gekennzeichnet sind, erwarten, dass diese die Erdwärme als ökologisch besonders vorteilhafte und technisch ausgereifte erneuerbare Energiequelle - zumindest auch - nutzen können. Er wird dagegen nicht annehmen, dass gerade diese Energieform ausgeschlossen ist und er auf die Nutzung anderer, gegebenenfalls fossiler Energieträger beschränkt ist. Unbeschadet des Umstandes, dass Wärmepumpen neben den genutzten Primärenergien zu ihrem Betrieb auch weitere (Hilfs-)Energie, meist Strom oder Gas, benötigen (vgl. "Oberflächennahe Geothermie - Heizen und Kühlen mit Energie aus dem Untergrund", a. a. O.), deutet die Sachangabe "GEOTHERM" in Verbindung mit den genannten Waren für den angesprochenen Verkehr darauf hin, dass die Waren auch im Zusammenhang mit geothermischer Energie – z. B. als (weitere) Primärenergie - stehen (können).

44

Die Neuformulierung des Warenverzeichnisses spezifiziert somit zwar die beanspruchten Waren näher, gleichzeitig werden vom Wortlaut aber auch Wärmepumpen weiterhin erfasst, die neben "Solar- und/oder Luftwärme" auch geothermische Energie nutzen können und für die – wie bereits ausgeführt - "GEOTHERM" nicht unterscheidungskräftig ist. Maßgeblich ist hierbei das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Änderung der Eintragung. Die Antragsgegnerin geht - im Fall der "erdgas-, öl- und strombetriebenen Wärmepumpen" – in ihren aktuellen Produktbeschreibungen selbst davon aus, dass diese "Solar- und/oder Luftwärme", also zwei (Primär-)Energiequellen nutzen können. Die neue Warenspezifikation "erdgas-, öl- und strombetrieben" sagt mithin nichts Abschließendes über die Art der genutzten (Primär-)Energie aus, sondern sie gibt dem Verkehr vorrangig Auskunft über die verwendete Betriebsenergie.

45

Des Weiteren schließt auch der neue Zusatz "mit Nutzung von Solar und/oder Luftwärme" die (Mit-) Nutzung von Erdwärme nicht aus. Am Markt sind zunehmend multivalente Anlagen, sogenannte Hybridgeräte, erhältlich, die alternativ oder kumulativ verschiedene regenerative Energiequellen (z. B. Erdwärme/Solarkollektoren) untereinander oder mit fossilen Energieträgern (z. B. Erdwärme/Erdgas) kombinieren (vgl. z. B. Anl. z. Prot. v. 25.6.2013: "Oberflächennahe Geothermie – Heizen und Kühlen mit Energie aus dem Untergrund", hrsg.v. Bay. StM für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2005, S. 3). Für Neubauten schreibt das Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (EEWärmeG) die anteilige Nutzung erneuerbarer Energien, etwa Geothermie (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 EEWärmeG), vor, was zukünftig die vermehrte Nutzung verschiedener Energiequellen erfordert und Entwicklung entsprechender Hybridanlagen erwarten lässt. Die Antragsgegnerin selbst bewirbt beispielsweise eigene Produkte folgendermaßen: "Mit dem "innovativen Hybridsystem können Sie jede Wärmequelle nutzen: die Außenluft, die Erde oder das Grundwasser" (vgl. dazu Internetseite der AGg.: www.vaillant.de/ Produkte/ Waermepumpe/ Hybridsystem/ produkt vaillant/ Hybridsystem.html).

46

Sogenannte bivalente Wärmepumpen, also solche, die in Heizungssysteme integriert sind, die neben der Erdwärme z. B. auch Gas- oder Öl als Energiequelle verwenden, waren auch schon vor der Eintragung der Marke bekannt (vgl. z. B. Lexikon der Geowissenschaften, a. a. O., S. 295).

47

Die beanspruchten Wärmepumpen unterfallen auch in der neuen Fassung des Verzeichnisses den Oberbegriffen "Heizungs- und Kühlgeräte" und "Wasserheizgeräte"; das für die Wärmepumpen geltende Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft betrifft daher auch die Oberbegriffe (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 308).

48

Soweit sich die Antragsgegnerin auf eine nachträgliche Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke nach § 8 Abs. 3 MarkenG beruft, liegen die Voraussetzungen dafür nicht vor. Für die Überwindung der absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG durch Verkehrsdurchsetzung ist regelmäßig ein Durchsetzungsgrad von 50% in den beteiligten Verkehrskreisen zu belegen. Eine derartige Verkehrsdurchsetzung hat die Antragsgegnerin weder nachgewiesen, etwa durch Vorlage eines demoskopischen Gutachtens, noch anderweitig ausreichend glaubhaft gemacht.

49

Selbst eine bestehende Marktführerschaft ist – für sich genommen – noch kein Indiz für einen hohen Bekanntheitsgrad (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 522 f.). Deswegen führt auch der von der Antragsgegnerin behauptete eigene Marktanteil von ca. 10% bei Wärmepumpen in Deutschland - für sich genommen – ebenso wenig weiter, wie der Vortrag, die Antragsgegnerin sei am Markt mit dem Zeichen "GEOTHERM" bzw. "geoTherm" präsent und habe so gekennzeichnete Waren verkauft, nämlich insgesamt ca. … Stück in Deutschland im Zeitraum zwischen 2000 und 2010 sowie weitere ca. … Stück in Europa zwischen 2002 und 2009. Auch in einer Gesamtschau lassen diese Umstände nicht auf einen Zuordnungsgrad von 50% in den beteiligten Verkehrskreisen schließen, der für die Durchsetzung der Marke entscheidend ist. Denn selbst umsatzstarke Marken können wenig bekannt und Marken mit geringen Umsätzen können weithin bekannt sein (s. Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, § 9 Rn. 139).

50

Weder allein noch im Zusammenhang mit anderen Umständen ist für eine Verkehrsdurchsetzung genügend, dass die Marke – im Abstand von 5 Jahren - in zwei Zeitungsartikeln, nämlich im Fachblatt "HLH Lüftung/Klima - Heizung/Sanitär - Gebäudetechnik" des VDI und in der Publikumszeitschrift "test" der Stiftung Warentest genannt wurde. Auch der Umstand, dass die angegriffene Marke bei Recherchen mit der Internetsuchmaschine Google in der Ergebnisliste die ersten Plätze belegt, besagt für die Verkehrsdurchsetzung nichts. Gerichtsbekannt ist, dass diese Rechercheergebnisse nicht allein auf objektiven Kriterien beruhen, sondern dass die Reihenfolge auf verschiedene Weise von unterschiedlichen Beteiligten beeinflusst werden kann.

51

Da der angegriffenen Marke für die im Tenor bezeichneten Waren sowohl im Eintragungszeitpunkt, als auch im Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung über den Löschungsantrag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegengestanden hat und noch entgegen steht, kann dahinstehen, inwieweit "GEOTHERM" als merkmalsbeschreibende Angabe für einige dieser Waren und Dienstleistungen zugleich freihaltebedürftig ist bzw. gewesen ist, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

52

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens besteht kein Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.