Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 07.07.2011


BPatG 07.07.2011 - 24 W (pat) 36/09

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - Festsetzung des Gegenstandswertes - Antrag auf Festsetzung des Streitwerts wird ausgelegt als Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts – zum Maßstab für die Wertfestsetzung - langjährig benutzte, werthaltige und umkämpfte Marke - Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 100.000,- EUR ist nicht überhöht


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
07.07.2011
Aktenzeichen:
24 W (pat) 36/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke …

(hier: Festsetzung des Gegenstandswertes)

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. Juli 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richter Viereck und Paetzold

beschlossen:

Der Gegenstandswert für das Löschungs-Beschwerdeverfahren wird auf 100.000,- € (einhunderttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsgegner hatte am 16. Dezember 2004 die Marke … angemeldet, die am 30. Juni 2005 in das Register eingetragen worden ist. Der Antragsteller hat die Löschung dieser Marke betrieben mit der Begründung, dass der Markeninhaber und Antragsgegner die Marke bösgläubig angemeldet hätte, § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 27. April 2009 zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat der Senat in der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2010 folgenden Beschluss verkündet:

2

„1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. April 2009 aufgehoben.

3

Die Löschung der Marke … wird angeordnet.

4

2. Dem Antragsgegner werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.“

5

Mit an das Patentamt gerichtetem Schriftsatz vom 17. Dezember 2010 hat der Antragsgegner die Löschung seiner Marke beantragt und dies dem Bundespatentgericht mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 mitgeteilt. Der Rechtspfleger des Senats hat daraufhin die Feststellung getroffen, dass sich das Beschwerdeverfahren erledigt hätte. Danach hat der Antragsteller die Kostenfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beantragt und seiner Kostenberechnung einen „Streitwert“ von € 100.000,- zugrunde gelegt. Der Antragsteller hält diesen Wert aus folgenden Gründen für angemessen: In dem vor dem Landgericht Hamburg geführten Verfahren mit dem Aktenzeichen … sei für einen Löschungsantrag gegen die seinerzeit unter der Nummer … registrierte Marke - einer Vorläuferin der im hiesigen Löschungs-Beschwerdeverfahren angegriffenen Marke - ein Streitwert von € 50.000,- angesetzt worden. Im übrigen sei der Antragsteller durch den Widerspruch, den der Antragsgegner aus der Marke … gegen eine Anmeldung des Antragstellers betrieben hat, seit Mitte 2007 bis zur Löschung der Marke … an der Nutzung seiner eigenen Marke unberechtigt gehindert gewesen. Daher stellt der Antragsteller den Antrag, den „Streitwert“ für das Beschwerdeverfahren auf € 100.000,- festzusetzen.

6

Der Antragsgegner, der seinerseits um „Streitwertfestsetzung“ durch den Senat gebeten hat, hält einen „Streitwert“ in Höhe von € 100.000,- für überhöht. Er bestreitet eine Nutzungsabsicht des Antragstellers für dessen Marke mit Nichtwissen und hat den Antragsteller dazu aufgefordert darzutun, an welcher konkreten Nutzung dieser über Jahre gehindert gewesen sein will.

7

Beide Verfahrensbeteiligten sind im Beschwerdeverfahren von Anfang an von einem Rechtsanwalt vertreten worden.

II.

8

Die Anträge beider Verfahrensbeteiligten sind dahin auszulegen, dass die Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) angestrebt wird. Denn das markenrechtliche Beschwerdeverfahren kennt keinen „Streitwert“ im Sinne des Gerichtskostengesetzes, weil die Gerichtsgebühr pauschaliert ist.

9

Der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts ist entsprechend § 33 RVG zulässig, weil beide Verfahrensbeteiligten durch einen Rechtsanwalt vertreten wurden und ein Bemessungswert fehlt, da der Geltungsbereich des Gerichtskostengesetzes (§ 1 GKG) insoweit das Verfahren vor dem Bundespatentgericht nicht erfasst (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Der Gegenstandswert ist daher nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG).

10

Anders als die Verfahrensbeteiligten meinen, ist der Maßstab für die Wertfestsetzung im Löschungs-(Beschwerde-)Verfahren nach § 50 MarkenG nicht das Interesse des Löschungsantragsstellers, sondern im Hinblick auf den Popularcharakter des Löschungsantrages das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung der zu Unrecht eingetragenen Marke (vgl. Knoll in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Auflage, § 71 Rdn. 26).

11

Im vorliegenden Fall ging es um eine langjährig benutzte, werthaltige und - auch vor Zivilgerichten - umkämpfte Marke. Der vom Antragsteller seiner Kostenberechnung zugrunde gelegte Gegenstandswert von € 100.000,- ist daher nicht überhöht. Das Interesse der Allgemeinheit, dass bösgläubig angemeldete Marken aus dem Register gelöscht werden, ist hoch zu bewerten, was in der Festsetzung des Gegenstandswerts seinen Niederschlag finden muss.