Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 23.04.2013


BPatG 23.04.2013 - 24 W (pat) 125/10

Markenbeschwerdeverfahren – "BIOPHEN/BIONSEN (Gemeinschaftsmarke)" – zur rechtserhaltende Benutzung einer Gemeinschaftsmarke – Warenidentität und -ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
23.04.2013
Aktenzeichen:
24 W (pat) 125/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 15 EGV 207/2009

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 302 57 127

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatengerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. August 2010 aufgehoben.

Die Marke Nr. 302 57 127 – BIOPHEN - wird wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke Nr. 1093566 - BIONSEN - gelöscht.

Gründe

I.

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Die Wortmarke

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BIOPHEN

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ist am 22. November 2002 angemeldet und am 24. April 2003 unter der Nummer 302 57 127 für folgende Waren in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden:

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„Klasse 3: Seifen, nämlich Badeseifen, Toilettenseifen und Gesichtsseifen, Parfümeriewaren; Eau de Cologne; Kosmetika aller Art, nämlich kosmetische Cremes, kosmetische Badezusätze, kosmetische Hautpflegepräparate, kosmetische Pomaden, kosmetische Präparate für die Augenwimpern, kosmetische Watte, kosmetische Reinigungswasser, Färbemittel für Toilettenzwecke; ätherische Öle; Körperlotion; Rasierwasser; Sonnengel als kosmetisches Mittel; Shampoo, Schaumbad; Mundwasser (nicht medizinisch); Haarwässer; Zahnputzmittel“

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Die Veröffentlichung erfolgte am 30. Mai 2003. Gegen diese Marke ist am 7. August 2003 Widerspruch erhoben worden aus der am 3. März 1999 angemeldeten und am 8. Mai 2000 ohne vorherigen Widerspruch eingetragenen Gemeinschaftswortmarke Nr. 001093566

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BIONSEN

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die nach einer Teillöschung im Jahr 2007 gegenwärtig Schutz genießt für folgende Waren:

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Klasse 3: Seifen; Kosmetika; Haarwässer; Deodorants für den persönlichen Gebrauch; Bade- und Duschzusätze“.

9

Mit Erstbeschluss der Markenstelle für Klasse 3 des DPMA vom 7. März 2005 ist auf den Widerspruch die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden. Die Markeninhaberin hat im Erinnerungsverfahren mit Schriftsatz vom 28. Juni 2005 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die Widersprechende hat in der Folge Unterlagen zu den Akten gereicht, die der Glaubhaftmachung der ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke für Waren der Klasse 3, insbesondere für „Seifen“ und „Bade- und Duschzusätze“ dienen sollen.

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Mit Erinnerungsbeschluss vom 23. August 2010 ist der Widerspruch zurückgewiesen worden. Zur Begründung hat die Markenstelle für Klasse 3 ausgeführt, auch nachdem die Widersprechende auf die Einrede der Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke innerhalb der Gemeinschaft für bestimmte Waren ausreichend glaubhaft gemacht habe, bestehe keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr zwischen den Kollisionszeichen. Zwar begegneten sich beide Marken auf hochgradig ähnlichen Waren des kosmetischen Warensektors, die einander gegenüberstehenden Zeichen seien aber klanglich und schriftbildlich nicht verwechselbar ähnlich.

11

Hiergegen hat die Widersprechende am 5. Oktober 2010 Beschwerde eingelegt.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei bestehender Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien die Kollisionszeichen klanglich und schriftbildlich so hochgradig ähnlich, dass der markenrechtlich erforderliche Abstand von der angegriffenen Marke nicht eingehalten werde. Die schriftbildlichen Unterschiede zwischen „ph“ und „sn“ in Kleinschreibung bzw. „PH“ und „SN“ in Großschreibung in der weniger beachteten Wortmitte seien bei dem Grad der Aufmerksamkeit, die der Verkehr bei den hier streitgegenständlichen Waren an den Tag lege, nicht ausreichend. Die Wortlänge sei ebenso identisch wie die Vokalfolge „i-o-e“. Die Konsonanten in der (jeweiligen) Wortmitte „ph“ bzw. „sn“ würden zudem überhört, während hingegen der Klang am Wortanfang und –ende gleich sei, dies führe zu einer erheblichen klanglichen Ähnlichkeit.

13

Die Widersprechende hat beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. August 2010 aufzuheben und die Marke Nr. 302 57 127 – BIOPHEN - wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke Nr. 1 093 566 – BIONSEN – zu löschen.

15

Die Markeninhaber hat den Antrag gestellt,

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die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

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Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss. Die Markeninhaberin vertritt die Auffassung, dass die von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsunterlagen für eine Glaubhaftmachung einer ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke in Deutschland nicht ausreichten.

18

Zur Frage der Verwechslungsgefahr ist die Markeninhaberin der Auffassung, dass die gegenüberstehenden Zeichen einen ausreichenden Abstand einhielten. Schriftbildlich bestehe aufgrund der abweichenden Konsonanten „p“ und „h“ bzw. „n“ und „s“ in der Wortmitte ein erheblicher Unterschied. Auch in klanglicher Hinsicht wiesen, so die Markeninhaberin, die Vergleichszeichen erhebliche Unterschiede auf. Die Widerspruchsmarke werde dreisilbig „Bi-on-sen“ ausgesprochen, die angegriffene Marke aber nur zweisilbig, in ihr würden die Mittelkonsonanten „ph“ wie „f“ ausgesprochen. Auch begrifflich seien die Markenzeichen unähnlich, so bedeute das Wort „bi“ im Japanischen übersetzt „schön, Schönheit“ und „onsen“ bedeute übersetzt „Vulkan-, Thermalquelle“, während der angegriffenen Marke kein Sinngehalt zugeordnet werden könne. Weil das Zeichen „BIONSEN“ von der Widersprechenden, wie die vorgelegten Benutzungsnachweise zeigten, stets im Zusammenhang mit japanischen Schriftzeichen verwendet werde, könne dieser Umstand beim für den Zeichenvergleich bedeutsamen Verkehrsverständnis nicht außer Acht gelassen werden, da der Verbraucher nicht nur auf die Markenzeichen, sondern auch auf die sonstige Gestaltung der Ware achte und deshalb bei der Widerspruchsmarke aufgrund der gestalterischen Anlehnung der Warenverpackung an japanische Produkte eine japanisch oder asiatische Aussprache der Widerspruchsmarke mit „SEN“ am Ende bevorzuge.

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Schließlich wirke verwechslungshemmend, dass der Durchschnittsverbraucher aufgrund der allgemein ungünstigen wirtschaftlichen Lage auch bei Waren aus der Klasse 3 besonders sensibilisiert sei, besonders sorgfältig auswähle und den Kennzeichen deshalb mit erhöhter Aufmerksamkeit begegne.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil zwischen den Kollisionszeichen eine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr besteht, deswegen der den Widerspruch abweisende Erinnerungsbeschluss der Markenstelle für Klasse 3 des DPMA aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen ist, §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42, 43 Abs. 2 S. 2, 125b, 165 Abs. 2 MarkenG.

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Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei sind zunächst - und zwar unabhängig voneinander - Feststellungen zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, zur Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sowie zur Ähnlichkeit der Vergleichszeichen zu treffen. Bei einer abschließenden Entscheidung ist zu berücksichtigen, dass die vorgenannten Faktoren in einem Verhältnis der Wechselwirkung zu einander stehen, so dass ein geringerer Grad des einen Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, 345 (Nr. 48) - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2008, 905, 905 (Nr. 12) - Pantohexal).

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Die Markeninhaberin hat mit Schriftsatz vom 28. Juni 2005 zulässig, aber vergeblich die unbeschränkte Einrede der Nichtbenutzung gemäß §§ 43 Abs. 1, 125b Nr. 4 MarkenG i. V. m. Art. 15 GMV erhoben. Die Widersprechende hat die erforderliche ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren „Bade- und Duschzusätze“ für die maßgeblichen Benutzungszeiträume, nämlich 24. April 1998 bis 23. April 2003 (§ 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG), bzw. 23. April 2008 bis 22. April 2013 (§ 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG), ausreichend glaubhaft gemacht.

24

Eine Marke wird gemäß Art. 15 GMV ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, d. h. der Garantierung der Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann; dazu gehören insbesondere eine Nutzung, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (EuGH, GRUR 2006, 582 – VitaFruit/VitaFrut; GRUR 2003, 425 - Ansul), wobei die Grenzen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten ausser Betracht zu lassen sind (EuGH, GRUR 2013, 182 – Onel/Omel).

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Diese Voraussetzungen sind für die Waren „Schaumbäder“ und „Duschgels“ erfüllt. Ein Jahresumsatz von mehr als … Euro in vier EU-Mitgliedstaaten reicht aus, um eine ernsthafte Benutzung der Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft gemäß § 125b Nr. 4 MarkenG i. V. m. Art. 15 GMV glaubhaft zu machen. Mit den eidesstattlichen Versicherungen des Vorstandsvorsitzenden der Widersprechenden, Herrn G…, vom 23. November 2005, vom 20. Oktober 2008 sowie seiner mit Schriftsatz vom 22. März 2013 eingereichten eidesstattlichen Versicherung wird die Verwendung der Widerspruchsmarke „BIONSEN“ glaubhaft dargelegt, und zwar unter Bezugnahme auf die zugleich eingereichten Rechnungen aus dem Zeitraum 2004 bis 2013 sowie Verpackungsmuster und Warenproben für die Waren „Schaumbäder“ und „Duschgels“.

26

Für diese Waren wurde für den Zeitraum 2000 bis 2004 ein Gesamtumsatz in Italien von ca. … Euro an Eides statt versichert sowie Rechnungskopien und Werbemittel vorgelegt, die die Art und Weise der Verwendung der Widerspruchsmarke in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten dokumentieren. Mit zwei weiteren eidesstattlichen Versicherungen wurde ein jährlicher Umsatz mit Waren, die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet waren, in den EU-Mitgliedsstaaten Italien, Großbritannien, Slowenien und Ungarn für den Zeitraum von 2008 bis 2012 von jeweils über … Euro jährlich glaubhaft gemacht, einschließlich des bisherigen Umsatzes für das Jahr 2013 wurde für diesen Zeitraum ein Gesamtumsatz von ca. …. Euro glaubhaft gemacht. Wegen der Aufteilung des Gesamtumsatzes auf die genannten Geschäftsjahre und des Anteils der verschiedenen Mitgliedsstaaten daran wird auf die Anlage zum Schriftsatz vom 22. März 2013 verwiesen. Des Weiteren wurde durch die mit Schriftsatz vom 6. November 2008 vorgelegten Unterlagen, mithilfe der bereits genannten eidesstattlichen Versicherung und ergänzenden Belegen (Rechnungsabdrucke, Ablichtungen der Warenverpackungen etc.) für die Jahre 2004 bis September 2008 ein Umsatz von insgesamt ca. … Euro, verteilt auf verschiedene EU-Mitgliedsstaaten, darunter Großbritannien, Italien, Ungarn und Slowenien und die Art und Weise der Verwendung glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Aufteilung des Gesamtumsatzes auf die genannten Geschäftsjahre und des Anteils der verschiedenen Mitgliedsstaaten daran wird auf die Anlage 4 zum Schriftsatz vom 6. November 2008 verwiesen. Die Verpackungen für die Waren wurden nach den Angaben in der eidesstattlichen Versicherung mit dem Schriftzug „Bionsen“ gekennzeichnet, hinsichtlich des Erscheinungsbildes wird auf die von der Widersprechenden eingereichten Bilder (Anlage 4 zum Schriftsatz vom 6. November 2008), Katalogauszüge (Anl. z. Schr. vom 2. Februar 2006) und Muster der Warenverpackungen (Anl. 6 z. Schr. vom 22. März 2013) verwiesen.

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Die Waren „Schaumbäder“ und „Duschgels“ unterfallen den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Warenkategorie „Bade- und Duschzusätze“, die identisch oder mindestens durchschnittlich ähnlich sind zu sämtlichen Waren der angegriffenen Marken. Dies gilt nicht nur für (auch) der Hautpflege oder -reinigung dienenden (kosmetischen) Waren, sondern ebenfalls für die nicht für die Hautpflege bestimmten Waren „Mundwasser (nicht medizinisch); Zahnputzmittel“. Die Vergleichswaren werden über identische Wege vertrieben und dienen unterschiedslos dem gleichen übergeordneten Verwendungszweck, nämlich der Körperpflege. Sie werden im Rahmen der Zweckbestimmung üblicherweise nebeneinander verwendet. Der von den hier beanspruchten Waren der Klasse 3 angesprochene Verkehr ist auch daran gewöhnt, dass im Markt Waren der in Rede stehenden Art häufig unter einheitlichen Kennzeichen als Teil eines umfassendes Sortiments für die Körperpflege auftreten. Deshalb geht er davon aus, dass diese aus denselben Herkunftsunternehmen stammen.

28

Der für die Widerspruchsmarke maßgebliche Verkehr setzt sich aus dem Fachverkehr und den Endabnehmern zusammen. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Der von den Markeninhaberin angenommene Assoziation der Widerspruchsmarke mit dem in der Warenklasse 3 sachlich beschreibenden Begriff „Bio“ (= biologisch, Biologie, Vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., 2011, S. 321) ist im Zusammenhang mit der hier zur Beurteilung stehenden Gesamtmarke fernliegend und vorliegend nicht geeignet, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu schwächen. Zwar kann die Vorsilbe „BIO“ bei Waren der Klasse 3 in der Verkehrswahrnehmung eine sachliche Beschreibung der jeweiligen Waren beinhalten, weil es in diesen Marktsegment bedeutenden Teilen des angesprochen Verkehr auf biologisch unbedenkliche oder auch vorteilhafte Eigenschaften der Waren ankommt, für welche die Angabe „Bio“ schlagwortartig steht. In solchen Fällen ist eine Übereinstimmung der Vergleichzeichen im beschreibenden Begriff „Bio“ hinsichtlich der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr von untergeordneter Bedeutung. So liegt der Fall hier aber nicht. Der maßgebliche inländische Verkehr, der Marken gewöhnlich als Ganzes wahrnimmt und keine analysierende und zergliedernde Betrachtung vornimmt, ist vorliegend nach Überzeugung des Senates bei schriftbildlicher, vor allem aber bei klanglicher Wahrnehmung gehindert, in der Widerspruchsmarke „BIONSEN“ die ihm vertraute Vorsilbe „BIO“ getrennt von den restlichen Bestandteilen als beschreibende Sachangabe für die gekennzeichneten Waren zu bemerken, weil wegen der nachfolgenden Buchstaben „NSEN“ nach den Ausspracheregeln der deutschen Sprache das Markenwort nur „Bion-sen“ bzw. „Bi-on-sen“ ausgesprochen werden kann. Da sich diese Regeln auch auf die (schrift-)bildliche Wahrnehmung durch den Verkehr auswirken, kann auch in dieser Wahrnehmungsrichtung nicht von der Lesart „Bio-nsen“ ausgegangen werden.

29

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Endabnehmer der hier in Rede stehenden Mittel zur Körper- und Schönheitspflege über nennenswerte Kenntnisse der japanischen Sprache verfügt, um die Bedeutung des japanischen Ausdruckes „bi onsen“ (= schöne Quelle) selbst im Zusammenhang mit den konkreten Waren zu erkennen. Mangels Kenntnis von der Bedeutung des japanischen Begriffes „ONSEN“ besteht für den Endverbraucher auch kein Anlass, in der Silbe „BI“ ein Hinweis auf das lateinische Zahlwort „bi“ (= zwei, zweifach, doppelt, vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., 2011, S. 313) zu sehen.

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Andere Anhaltspunkte für eine geschwächte oder gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden.

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Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin kann auch nicht von einer gesteigerten Aufmerksamkeit des Verkehrs beim Kauf von Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege ausgegangen werden. Es mag sein, dass die Endverbraucher dieser Waren vermehrt auf Kosten achten, diese Aufmerksamkeit bezieht sich aber auf den Preis, nicht auf die Marke und das mit ihr womöglich verbundene Qualitätsversprechen. Zudem wird auf dem Markt für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege seit jeher ein bedeutender Anteil der Waren als niedrigpreisige Massenware unter verschiedenen Marken angeboten.

32

Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, teilweiser Identität und im Übrigen mindestens durchschnittlicher Ähnlichkeit der Vergleichswaren muss die jüngere Marke einen deutlichen Abstand zu der prioritätsälteren Widerspruchsmarke halten. Diese Anforderung erfüllt die angegriffene Marke nicht, vielmehr kommt sie der Widerspruchsmarke schriftbildlich und auch klanglich verwechselbar nahe. Zu beachten ist hierbei auch der Umstand, dass der Verkehr die Marken regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und sie deswegen nicht genau miteinander vergleichen kann. Die Verwechslungsgefahr entsteht, wenn der Verkehr eine Marke nur undeutlich in Erinnerung hat und sie in einer anderen Marke wiederzuerkennen glaubt (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 10. Aufl., § 9 Rn. 220 m. w. N.).

33

Besonders im Schriftbild sind die beiden Wortmarken, die in fünf von sieben Buchstaben, nämlich „BIO“ am Anfang und „EN“ am Wortende, übereinstimmen, sehr ähnlich, zumal beim schriftbildlichen Vergleich neben den registrierten Markenformen auch alle anderen verkehrsüblichen Schreibweisen zu berücksichtigen sind (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rn. 252). Jedenfalls in der für beide Vergleichszeichen angemeldeten Großschrift fallen ihre hervorstechendsten schriftbildlichen Unterschiede, nämlich die Ober- bzw. Unterlänge der inmitten der angegriffenen Wortmarke „Biophen“ platzierten Buchstaben „p“ und „h“ weg. Die Gemeinsamkeiten am erfahrungsgemäß besonders beachteten Wortanfang und am Wortende überwiegen im maßgeblichen Gesamteindruck jedenfalls in üblicher Großschreibung die vorhandene Verschiedenartigkeit der Kollisionszeichen bei dem Konsonanten in der Wortmitte.

34

Ebensowenig ist die unterschiedliche Aussprache der eher klangschwachen Konsonanten „PH“ bzw. „NS“ in der weniger beachteten Wortmitte dazu geeignet, die klangliche Verwechslungsgefahr auszuräumen.

35

Schließlich führen auch begriffliche Unterschiede der Vergleichsmarken nicht dazu, dass der Verkehr die vorhandenen Unterschiede schneller und besser erfasst (vgl. BGH GRUR 2010, 235,236 – AIDA/AIDU; EuG, GRUR Int. 2004, 850,853 – Picasso/Picaro). Weder die angegriffene Marke noch die Widerspruchsmarke enthalten einen Sinngehalt, der ohne weitergehenden Denkvorgang vom Verkehr erkannt wird, sondern beide Markenwörter erscheinen für den Endverbraucher, der japanisch nicht versteht, als Phantasiewort. Dagegen spricht auch nicht der Vortrag der Markeninhaberin, dass die Widerspruchsmarke stets im Zusammenhang mit Hinweisen auf Japan (japanische Schriftzeichen, Angabe „Japanese“ etc.) verwendet wird. Allein der Umstand, dass der Verkehr aufgrund dieser tatsächlichen Begleitumstände möglichweise auf die japanische Herkunft der Angabe „BIONSEN“ hingewiesen wird, vermittelt ihm nicht die Kenntnis, welche inhaltliche Bedeutung die Widerspruchsmarke in japanischer Sprache hat.

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Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es auf die Frage nicht mehr an, ob die für den Endverbraucher festgestellte Verwechslungsgefahr auch für den Fachverkehr gilt. Bei dem Fachverkehr einerseits und dem Endverbraucher andererseits handelt es sich um objektiv von einander abgrenzbare Verkehrskreise. In einem solche Fall reicht es für die Bejahung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr aus, wenn diese nur bei einem der angesprochenen Verkehrskreise besteht (vgl. BGH GRUR 2012, 64 (Rz. 9) - Maalox/Melox-GRY; s. auch EuGH GRUR Int. 2007, 718 (Rz. 88 ff.) – TRAVATAN/ TRAVISTAN).

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Die angegriffene Marke ist deshalb wegen Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke Nr. 001 093 566 zu löschen.

38

Für die Auferlegung von Verfahrenskosten aus Billigkeitsgründen besteht kein Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.