Entscheidungsdatum: 27.10.2011
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 102 18 538.7-34
…
hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt sowie der Richter Dr. Kortbein, Dipl.-Ing. Veit und Dipl.-Ing. Univ. Schmidt-Bilkenroth
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 R des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Januar 2006 wird als unzulässig verworfen.
I.
Am 25. April 2002 hat die Anmelderin, ein Unternehmen mit Sitz in den V…-…, eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Vorrichtung und Verfahren zur Überwachung des Leistungsverlustes eines Magneten in einem Motor sowie Hybrid-Elektrofahrzeug" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht, die dort unter dem Aktenzeichen 102 18 538.7 geführt wird. Auf dem Anmeldeformular (Antrag auf Erteilung eines Patents, Formblatt P 2007) sind als Vertreter Dipl.-Ing. M. B… und Dipl.-Phys. J. B…(B… & B… Patentanwälte, K… Straße inM…) benannt. Eine schriftliche Vollmacht wurde nicht eingereicht und vom Deutschen Patent- und Markenamt auch nicht angefordert.
Mit Beschluss vom 12. Januar 2006 hat die Prüfungsstelle für Klasse G 01 R die Anmeldung wegen mangelnder Neuheit zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die durch Patentanwalt Dipl.-Phys. J. … unterzeichnete Beschwerde, mit der die Anmelderin ihren Erteilungsantrag mit den mit Schriftsatz vom 30. August 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Unterlagen weiter verfolgt.
In einem Zusatz zur Ladung zur mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2011 sind die als Vertreter auftretenden Patentanwälte B… & B… darauf hingewiesen worden, dass die Anmelderin als in den V…… ansässiges Unternehmen gemäß § 25 Abs. 1 PatG einen Inlandsvertreter mit einer Vollmacht im gesetzlich bestimmten Umfang benötige und eine solche bisher nicht vorgelegt worden sei. Mit E-Mail vom 25. Oktober 2011 hat Patentanwalt Dipl.-Phys. J. B… mitgeteilt, dass entsprechend der Weisung der Anmelderin an der mündlichen Verhandlung niemand teilnehmen werde. Eine Vollmacht ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht zur Akte gelangt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nicht zulässig, da die Anmelderin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die Bestellung eines Inlandsvertreters nicht nachgewiesen hat.
Gemäß § 25 Abs. 1 PatG muss ein Anmelder, der im Inland weder einen Sitz noch eine Niederlassung hat, einen im Umfang dieser Vorschrift bevollmächtigten Rechts- oder Patentanwalt als Inlandsvertreter bestellen, um am Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Bundespatentgericht teilnehmen zu können.
1. Die Anmelderin mit Sitz in den V… hat weder vor-getragen, noch ist aus der Akte oder den sonstigen dem Gericht zur Verfügung stehenden Quellen ersichtlich, dass sie im Inland eine Niederlassung hat. Hierbei handelt es sich um den Ort, an dem in D… eine Fabrik, eine Handlung oder ein anderes Gewerbe betrieben wird und von dem aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden (vgl. § 21 Abs. 1 ZPO). In K… ist zwar die F…-Werke GmbH ansässig, bei der es sich um eine Tochtergesellschaft der F… Company mit Sitz in D1… in den V…handelt (vgl. Wikipedia, Stichworte "F… D…" und "F…"). Diese ist je-doch nicht mit der ebenfalls dort ansässigen Anmelderin, der F… Technologies, LLC, identisch. Vielmehr handelt es sich bei letztgenannter ebenfalls um ein Tochterunternehmen der F… Company, das für diese gewerbliche Schutzrechte verwaltet und verwertet (vgl. "F… Technologies, LLC" unter "http://investing.businessweek.com/research/stocks/…"). Für die Annahme einer Niederlassung reicht es nicht aus, dass eine selbständige deutsche Kapitalgesellschaft, hier die F…-Werke GmbH, zum gleichen Konzern wie das auswärtige Unternehmen, hier die Anmelderin, gehört (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Auflage, § 25, Rdnr. 9). Demzufolge liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die F… Technologies, LLC, im Inland ein Gewerbe betreibt.
2. Demzufolge hätte die Anmelderin im Inland einen Patent- oder Rechtsanwalt als Vertreter mit einer Vollmacht bestellen müssen, die den Anforderungen des § 25 Abs. 1 PatG entspricht. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen. Die Bevollmächtigung gemäß § 25 Abs. 1 PatG der bereits vor dem Deutschen Patent- und Markenamt als Vertreter auftretenden Patentanwälte B… & B… ist zu keiner Zeit nachgewiesen worden. Bis zur Entscheidung über die Beschwerde wurde trotz Hinweis des Senats die hierfür erforderliche schriftliche Vollmachtsurkunde nicht eingereicht (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage, § 25, Rdnr. 34).
Von der Vorlage konnte auch nicht deshalb abgesehen werden, weil als Bevollmächtigte Patentanwälte aufgetreten sind und deshalb gemäß § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG der Mangel der Vollmacht nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist (vgl. BPatG 21 W (pat) 1/07 und 21 W (pat) 10/08). Nach § 97 Abs. 1 Satz 2 PatG bleibt § 25 PatG unberührt, wodurch die Notwendigkeit der Bestellung eines Inlandsvertreters im Verfahren vor dem Bundespatentgericht zum Ausdruck gebracht wird (vgl. Schulte, a. a. O., § 97, Rdnr. 3). Da der Hinweis auf § 25 PatG zudem gleich zu Beginn des § 97 PatG erfolgt, wird deutlich, dass die Regelungen zum Inlandsvertreter von den weiteren Absätzen des § 97 PatG ebenfalls nicht berührt werden. Insofern geht § 25 PatG als "lex specialis" auch der allgemeinen Regelung des § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG vor.
Auch im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt gilt der Vorrang des § 25 PatG, so dass nach derzeitiger Rechtslage unabhängig von der als Vertreter auftretenden Person eine von dem Auswärtigen unterzeichnete Vollmacht einzureichen ist. § 97 PatG gilt zwar nur für Verfahren vor dem Bundespatentgericht und eine dem § 97 Abs. 1 Satz 2 PatG entsprechende Vorschrift ist weder in den, das Verfahren vor dem Patentamt regelnden §§ 34 bis 64 des Patentgesetzes noch in der DPMAV, insbesondere den §§ 13 bis 15 DPMAV, die die Vertretung vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zum Gegenstand haben, zu finden.
Darauf kommt es aber auch nicht an, da die DPMAV, die in § 28 PatG ihre Rechtsgrundlage hat, nachrangig anzusehen ist und § 25 Abs. 1 PatG explizit für die im Patentgesetz geregelten Verfahren vor dem Patentamt das Erfordernis eines Inlandsvertreters vorschreibt. Demzufolge hätte im vorliegenden Fall bereits vom Deutschen Patent- und Markenamt eine dem § 25 PatG entsprechende Vollmacht angefordert müssen.
Der Umstand, dass der Mangel der Vollmacht bereits im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt vorgelegen hat und dort nicht berücksichtigt worden ist, führt jedoch - abweichend vom Beschluss des Bundespatentgerichts vom 18. Mai 1979 (GRUR 1979, 699) - nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde. In diesem Beschluss vom 18. Mai 1979 ist trotz Fehlens der Inlandsvertretervollmacht die Zulässigkeit der Beschwerde ausnahmsweise bejaht worden, weil es sich um ein zweiseitiges Verfahren handelte, das aus Gründen des Schutzes des Vertrauens weiterer Beteiligter nicht mit einem Mangel behaftet sein darf, der die Rechtmäßigkeit und damit die Rechtskraft in Frage stellt.
In der vorliegenden Beschwerdesache handelt es sich aber um ein einseitiges Verfahren, so dass der oben genannte Beschluss hier nicht zu anzuwenden ist.
Die unterlassene Bestellung eines Inlandsvertreters führt damit zur Unzulässigkeit der Beschwerde, so dass diese gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 PatG zu verwerfen war (vgl. auch BPatG 32 W (pat) 144/04 - GRÜNE HARMONIE).