Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 12.04.2012


BPatG 12.04.2012 - 21 W (pat) 17/11

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
21. Senat
Entscheidungsdatum:
12.04.2012
Aktenzeichen:
21 W (pat) 17/11
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent …

(hier: Verfahrenskostenhilfe)

hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. April 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt, des Richters Dipl.-Phys. Dr. Müller und der Richterinnen Hartlieb und Dipl.-Phys. Zimmerer

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Patentinhaber hat am 25. Mai 2005 ein Patent für ein "…" angemeldet und mit der Anmeldung Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren beantragt, die ihm mit Beschluss der Patentabteilung 1.23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Oktober 2005 bewilligt worden ist.

2

Das Patent wurde mit Beschluss vom 9. November 2006 erteilt und am 15. März 2007 veröffentlicht. In der Folgezeit wurde dem Patentinhaber antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe für die dritte, die vierte und die fünfte Jahresgebühr jeweils mit Beschluss vom 24. Mai 2007, 3. Juni 2008 und 23. Juni 2009 bewilligt. Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2010 hat der Patentinhaber Verfahrenskostenhilfe für die 6. Jahresgebühr beantragt und erklärt, seine wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich seit dem Beschluss vom 28. Oktober 2005 nicht verändert. Nachdem der Patentinhaber die angeforderte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt hat, hat die Patentabteilung 09 den Antrag mit Beschluss vom 27. Oktober 2010 zurückgewiesen und die Verfahrenskostenhilfe verweigert. Mit Schriftsatz vom 9. November 2010 hat der Patentinhaber eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und entsprechende Belege beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht.

3

Gegen den Beschluss der Patentabteilung 09 vom 27. Oktober 2010 hat der Patentinhaber Beschwerde eingelegt und beantragt,

4

der Beschwerde abzuhelfen und die Verfahrenskostenhilfe für die 6. Jahresgebühr zu gewähren.

5

Mit entsprechendem Hinweis vom 17. Juni 2011 hat der Senat dem Patentinhaber aufgegeben, durch Vorlage geeigneter Belege nachzuweisen, inwieweit er sich seit der Erteilung des verfahrensgegenständlichen Patents ernsthaft um dessen wirtschaftliche Verwertung bemüht habe. Mit Schreiben vom 28. Juni 2011 hat der Patentinhaber zum Nachweis der Verwertung des Patents lediglich eine Firmen- sowie eine Privatadresse mitgeteilt. Auf weiteren Hinweis des Senats vom 11. Juli 2011 hat der Patentinhaber Kopien seines Anfrageschreibens - datiert vom 1. August 2011 und mit gleichem Inhalt gerichtet an sechs verschiedenen Firmen - sowie ein undatiertes handschriftliches Schreiben vorgelegt. Mit Zwischenverfügung des juristischen Mitglieds des Senats vom 17. August 2011 wurde dem Anmelder mitgeteilt, dass Patentverwertungsversuche, die erst nach dem Hinweis des Senats vom 11. Juli 2011 in die Wege geleitet worden sind, voraussichtlich nicht ausreichen, die Mutwilligkeit i. S. v. § 114 auszuräumen.

6

Mit Schriftsatz vom 29. November 2011 hat der Patentinhaber als weitere Belege für seine Verwertungsversuche zwei Antwortschreiben ablehnenden Inhalts sowie ein weiteres Anfrageschreiben vom 19. Oktober 2011 vorgelegt.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

8

Die Beschwerde ist gebührenfrei (Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zu § 2 Abs. 1 PatKostG) und gemäß § 135 Abs. 3 PatG statthaft sowie auch im Übrigen zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Patentabteilung hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen.

9

1. Einem Patentinhaber kann auf Antrag gemäß § 130 Abs. 1 S. 2 PatG Verfahrenskostenhilfe für die gemäß § 17 Abs. 1 zu entrichtenden Jahresgebühren gewährt werden. Dafür gelten die gleichen Voraussetzungen wie für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren. Bei der Entscheidung über die Bewilligung ist § 114 ZPO entsprechend anzuwenden. Demnach wird Verfahrenskostenhilfe gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Einschränkungen sind erforderlich, um den Einsatz öffentlicher Mittel zur Verfahrensführung nur in rechtlich und wirtschaftlich sinnvollen Fällen zu gewährleisten. Denn das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet es nur, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes einander anzunähern. Verfassungsrechtlich ist keine vollständige Gleichstellung geboten, sondern nur eine weitgehende Angleichung.

10

Ob Mutwilligkeit im Sinne des § 114 ZPO vorliegt, entscheidet sich danach, ob auch eine nicht bedürftige Person bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage ihr Recht im Verfahren in derselben Weise wahrnehmen würde wie der Antragsteller (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 130 Rn. 34 m. w. N.; Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 130 Rn. 54; vgl. auch BPatG BlPMZ 1997, 443 m. w. N.). Mutwilligkeit ist danach ein unbestimmter Rechtsbegriff, der nicht von einem fest umrissenen Sachverhalt ausgefüllt wird, sondern stets fallbezogen wertend überprüft werden muss. Kann auf Grund der vorliegenden Tatsachen nicht angenommen werden, dass ein vermögender Patentanmelder, wie der Beschwerdeführer handeln würde, ist in wertender Erkenntnis auf das Vorliegen mutwilligen Verhaltens zu schließen. Ein exakter Nachweis ist dabei nicht erforderlich, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung "nicht mutwillig erscheint" ergibt (BPatG a. a. O. m. w. N.).

11

2. Wie bereits mit Hinweis des juristischen Mitglieds des Senats vom 17. Juni 2011 mitgeteilt, geht es im Fall der Jahresgebühren um den weiteren Bestand des Schutzrechts, so dass sich die Frage, ob die Beantragung von Verfahrenskosten mutwillig erscheint oder nicht, danach beurteilt, wie sich ein nicht bedürftiger Patentinhaber bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich seines Schutzrechts während dessen bisheriger Laufzeit verhalten hätte. Ziel eines technischen Schutzrechts ist in erster Linie dessen wirtschaftliche Verwertung. Dies spiegelt sich z. B. auch in der Schutzvoraussetzung der gewerblichen Anwendbarkeit (§ 5 PatG) und in den mit der Veröffentlichung der Erteilung verbundenen Benutzungs- und Verbietungsrechten (§§ 9 ff., 139 ff. PatG) wieder. Dementsprechend kann Verfahrenskostenhilfe für die Jahresgebühren nur dann gewährt werden, wenn sich der Antragsteller nach Erteilung des Patents ernsthaft und mit einer konkreten Aussicht auf Erfolg um dessen wirtschaftliche Nutzung bemüht hat. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass ein vermögender Patentinhaber bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage weitere Mittel einsetzen würde, um ein Patent aufrecht zu erhalten, von dem keinerlei wirtschaftliche Vorteile zu erwarten sind und bei dem deswegen die Jahresgebühren von vornherein verlorene Kosten wären. Daher wird sich ein nicht hilfsbedürftiger Patentinhaber insbesondere in der ersten Zeit nach Eintragung seines Schutzrechts ernsthaft um dessen Vermarktung bemühen.

12

3. Dass der Beschwerdeführer dies getan hat, lässt sich seinen Eingaben nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen. Bei den im Beschwerdeverfahren eingereichten Belegen zu angeblichen Verwertungsversuchen des Patentinhabers handelt es sich vielmehr lediglich um Anfrageschreiben, die der Patentinhaber erst im August 2012 nach wiederholter Aufforderung durch den Senat verfasst hat. Das kurze Angebotsschreiben, die geringe Anzahl der adressierten Firmen sowie die fehlende bzw. ablehnende Reaktion hierauf lassen zudem erkennen, dass es sich hierbei um einen ungeeigneten Versuch zur Verwertung des Patents gehandelt hat. Zeitpunkt und Art des angeblichen Verwertungsversuchs legen die Intention einer ernsthaften wirtschaftlichen Verwertung des Patents durch den Patentinhaber nicht nahe.

13

Für die im Schreiben vom 28. Juni 2011 genannte Firma "und die genannte Privatperson wurde weder Zeitpunkt noch Umfang des Verwertungsversuchs dargelegt. Damit ist auch kein ernsthafter Versuch einer wirtschaftlichen Verwendung erkennbar.

14

Angesichts dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein vermögender Patentinhaber bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage weitere Mittel einsetzen würde, um das Patent aufrecht zu erhalten, da die insoweit eingesetzten Gelder mit hoher Wahrscheinlichkeit verlorene Kosten sein würden. Allein für die bloße weitere Existenz des Patents kann Verfahrenskostenhilfe nicht beansprucht werden. Die weitere Aufrechterhaltung des Patents durch den Beschwerdeführer erscheint daher als mutwilliges Verhalten im Sinne von § 114 ZPO.

15

Daher war die Beschwerde gegen die Versagung der Verfahrenskostenhilfe zurückzuweisen.