Entscheidungsdatum: 07.12.2010
Vorrichtung zur Detektion von Wasser in Brennstofftanks von Flugzeugen
1. Wird eine Patentanmeldung im Beschwerdeverfahren geteilt, führt dies nicht dazu, dass die Teilanmeldung im Beschwerdeverfahren anfällt. Die Rechtsfigur der Prozesstrennung nach § 145 ZPO kann auf diese Teilung nicht angewendet werden.
2. Aufgrund der Teilungserklärung entsteht gemäß § 39 Abs. 1 S. 3 PatG eine neue Anmeldung, für die Prüfungsantrag gestellt worden ist. Diese ist gegenüber der Stammanmeldung ein neuer Verfahrensgegenstand.
3. Da die Anfallwirkung (der Devolutiveffekt) einer Beschwerde alleine den Streitgegenstand der erstinstanziellen Entscheidung erfasst, kann Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens auch nur der Inhalt der Stammanmeldung sein, nicht die Teilanmeldung, über die mangels Existenz im Zeitpunkt des Zurückweisungsbeschlusses nicht entschieden worden ist.
4. Für eine derartige Teilungsanmeldung ist der Rechtsweg zum Deutschen Patent- und Markenamt eröffnet. Die Anmeldung muss daher gemäß §§ 13, 17a Abs. 2 S. 1 GVG zur weiteren Bearbeitung an das allein zuständige Deutsche Patent- und Markenamt verwiesen werden.
BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2004 064 100.5
hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 7. Dezember 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl. Phys. Dr. Winterfeldt und der Richter Baumgärtner, Dipl. Phys. Dr. Morawek und Dipl.-Phys. Dr. Müller
beschlossen:
Das Bundespatentgericht ist für die Prüfung der Patentanmeldung 10 2004 064 100.5 nicht zuständig. Das Anmeldeverfahren wird zur weiteren Bearbeitung an das Deutsche Patent- und Markenamt verwiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die Anmelderin hat am 3. November 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt Antrag auf Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung "Vorrichtung und System zur Detektion von Wasser in Brennstofftanks von Flugzeugen sowie Wasserablassventil für Flugzeugtragflächen" gestellt. Die Anmeldung, die beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 10 2004 053 645.7 geführt wird, und die insgesamt 17 Patentansprüche aufwies, ist mit Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 F vom 11. Juni 2007 zurückgewiesen worden, da der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der JP 59135322 A nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der der Zurückweisung zugrunde liegende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Vorrichtung zur Detektion von Wasser in Brennstofftanks von Flugzeugen, die in einen Brennstofftank integrierbar oder integriert ist, gekennzeichnet durch einen vertikal verschiebbaren Schwimmkörper (11) zur Positionierung im Brennstofftank, der derart ausgestaltet ist, dass er in einer Grenzschicht zwischen Wasser und Brennstoff schwebt, eine Linse (13) für einen von außen einfallenden Messlichtstrahl (14) und einen Spiegel (15), der an dem Schwimmkörper (11) angeordnet ist, wobei der Messlichtstrahl (14) in Abhängigkeit von der vertikalen Position des Schwimmkörpers (11) unterschiedlich stark nach außen hinreflektiert wird."
Gegen den ihr am 28. Juni 2007 zugestellten Zurückweisungsbeschluss hat die Anmelderin am 4. Juli 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr entrichtet. Mit der per Telefax am 20. Juli 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt hierzu eingegangenen Beschwerdebegründung vom 18. Juli 2007 hat die Anmelderin neue Ansprüche 1 bis 14 vorgelegt.
Darüber hinaus hat sie in dieser Beschwerdebegründung die Teilung der Anmeldung erklärt und für die Teilungsanmeldung Patentansprüche 1 bis 17, eine Beschreibung mit den Seiten 1 bis 13 sowie 2 Blatt Zeichnungen mit den Figuren 1a, 1b und 2 bis 4 eingereicht. Zu dieser Teilungsanmeldung hat sie eine Beschwerdebegründung vorgelegt, in der sie ausführt, dass Gegenstand der Teilanmeldung entsprechend dem bisherigen Titel eine "Vorrichtung und System zur Detektion von Wasser in Brennstofftanks von Flugzeugen sowie Wasserablassventil für Flugzeugtragflächen" sei und die Teilanmeldung bis auf die Aufnahme des Standes der Technik nach den im Prüfungsverfahren (der Stammanmeldung) genannten Entgegenhaltungen mit der ursprünglichen Anmeldung übereinstimme, die in der Beschwerde einer Überprüfung unterzogen werden solle. Ausweislich des Perforationsstempels sind die Unterlagen für die Teilungsanmeldung im Original beim Deutschen Patent- und Markenamt am 24. Juli 2007 eingegangen. Am 25. Juli 2007 hat die Anmelderin einen Antrag auf Erteilung eines Patents auf dem Formblatt P 2007 mit der Erklärung eingereicht, dass es sich um eine Teilung aus der Anmeldung 10 2004 053 645.7-52 handle. Sie hat Prüfungsantrag gestellt und für die Anmelde-, die Prüfungs- und die 3. Jahresgebühr in Höhe von insgesamt 480,-- € eine Einzugsermächtigung erteilt. Außerdem hat sie die Zusammenfassung vorgelegt.
Mit Verfügung vom 14. August 2007 hat die Prüfungsstelle für Klasse G 01 F der Beschwerde nicht abgeholfen und die die Anmeldung 10 2004 053 645.7 betreffenden Akten dem Bundespatentgericht vorgelegt.
In einem an das Deutsche Patent- und Markenamt gerichteten Schreiben vom 24. September 2007 hat die Senatsrechtspflegerin ausgeführt, dass die Anmelderin mit ihrer Erklärung vom 18. Juli 2007, die am 20. Juli 2007 eingegangen sei, den Gegenstand der Anmeldung 10 2004 053 645.7 wirksam geteilt habe. Infolgedessen sei die Teilungserklärung beim Bundespatentgericht anhängig geworden. Es werde gebeten, im Wege der Amtshilfe eine Trennakte anzulegen, den fristgerechten Eingang der Unterlagen und der Gebühren festzustellen und anschließend die Akten der Stamm- und die der Teilungsanmeldung zur Fortführung des Verfahrens an das Bundespatentgericht zurückzusenden.
Mit Verfügung vom 8. Oktober 2007 hat die Prüfungsstelle für Klasse G 01 F veranlasst, dass für die Teilanmeldung eine Akte angelegt und ein Aktenzeichen vergeben wird; die Teilanmeldung führt danach das Aktenzeichen 10 2004 064 100.5.
Am 13. Februar 2008 hat die Prüfungsstelle der Anmelderin mitgeteilt, dass die für die Teilanmeldung fällig gewordenen Gebühren nicht fristgemäß entrichtet worden seien, so dass die Teilungserklärung als nicht abgegeben gelte. Die Anmelderin ist dem in einem Schreiben vom 25. Februar 2008 mit dem Hinweis entgegen getreten, dass sämtliche Gebühren durch eine Einzugsermächtigung vom 25. Juli 2007 entrichtet worden seien und Kopien der Unterlagen vom 25. Juli 2007 beigefügt. Auf dem Schreiben der Anmelderin hat ein Mitarbeiter des Deutschen Patent- und Markenamts am 4. März 2008 vermerkt, dass dem Antragsteller empfohlen worden sei, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, weshalb das Schreiben als Wiedereinsetzungsantrag gewertet werde. Ein Beschluss über die Wiedereinsetzung ist nicht ergangen. Vielmehr wurden die Akten der Teilanmeldung dem Bundespatentgericht aufgrund einer weiteren Anforderung vom 5. März 2008 übersandt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Das Bundespatentgericht ist für die Prüfung der Patentanmeldung 10 2004 064 100.5 nicht zuständig. Sie ist als Teilungsanmeldung aufgrund der vor dem Deutschen Patent- und Markenamt am 20. Juli 2007 eingegangenen Teilungserklärung wirksam entstanden. Die Teilungserklärung gilt nicht wegen fehlender Gebührenzahlung nach § 39 Abs. 3 PatG als nicht abgegeben, da die Gebühren fristgemäß entrichtet worden sind. Ein Fall der Wiedereinsetzung liegt somit nicht vor.
Durch die Teilungserklärung vom 20. Juli 2007 ist die Teilungsanmeldung weder in der Beschwerde noch beim Bundespatentgericht angefallen. Die Rechtsfigur der Prozesstrennung nach § 145 ZPO kann auf diese Teilung nicht angewendet werden.
Aufgrund der Erklärung ist gemäß § 39 Abs. 1 S. 3 PatG eine neue Anmeldung entstanden, für die Prüfungsantrag gestellt worden ist, nachdem in der Stammanmeldung Prüfungsantrag gestellt worden war. Für eine derartige Teilungsanmeldung ist der Rechtsweg zum Deutschen Patent- und Markenamt eröffnet. Die Anmeldung muss daher gemäß §§ 13, 17a Abs. 2 S. 1 GVG zur weiteren Bearbeitung an das allein zuständige Deutsche Patent- und Markenamt verwiesen werden.
1. Bereits mit Abgabe der Teilungserklärung hat die Anmelderin für die Teilungsanmeldung Ansprüche, eine Beschreibung und Zeichnungen vorgelegt. Am 25. Juli 2007 hat die Anmelderin dann den Antrag auf Erteilung eines Patents auf dem Formblatt P 2007 mit der Erklärung eingereicht, dass es sich um eine Teilung aus der Anmeldung 10 2004 053 645.7-52 handle. Sie hat Prüfungsantrag gestellt sowie die Zusammenfassung vorgelegt. Damit waren innerhalb der 3-Monatsfrist des § 39 Abs. 3 PatG die nach dieser Vorschrift für die Teilungsanmeldung erforderlichen Unterlagen vollständig vorhanden. Außerdem hat die Anmelderin für die Anmelde-, die Prüfungs- und die 3. Jahresgebühr in Höhe von insgesamt 480,-- € eine Einzugsermächtigung erteilt. Dass dieser Betrag aus nicht ermittelbaren Gründen erst am 3. April 2008 eingezogen worden ist, wie sich aus der Stammakte ergibt, schadet nicht. Vielmehr gilt nach § 2 Nr. 4 PatKostZV als Zahlungstag der 25. Juli 2007. Damit ist auch die Gebührenzahlung innerhalb der 3-Monatsfrist des § 39 Abs. 3 PatG erfolgt. Mangels Fristversäumnis kommt daher eine – im Übrigen von der Anmelderin weder ausdrücklich noch konkludent beantragte – Wiedereinsetzung nicht in Betracht.
2. Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über die Teilungsanmeldung unter keinem Gesichtspunkt zuständig.
2.1. Entgegen der in der gerichtlichen Verfügung vom 24. September 2007 geäußerten Auffassung ist die Teilungsanmeldung nicht infolge der rechtswirksam abgegebenen Teilungserklärung beim Bundespatentgericht "anhängig" geworden.
Bei Abgabe der Teilungserklärung war das Verfahren über die Stammanmeldung noch beim Deutschen Patent- und Markenamt anhängig. Wie sich aus § 73 Abs. 2 S. 1 PatG ergibt, ist die Beschwerde beim Deutschen Patent- und Markenamt einzulegen, d. h. dort anhängig zu machen. Anhängigkeit bedeutet lediglich, dass ein Vorgang bei einer Behörde oder einem Gericht aktenmäßig vorhanden ist und bearbeitet werden kann. Die in § 73 Abs. 3 S. 1 und S. 3 PatG geregelte Entscheidungsbefugnis über eine (Nicht-)Abhilfe setzt erkennbar eine Anhängigkeit beim Deutschen Patent- und Markenamt voraus. Sie endet erst, wenn die Akten dem Bundespatentgericht gemäß § 73 Abs. 3 S. 3 PatG vorgelegt worden sind. Bei Abgabe der Teilungserklärung waren die Akten dem Bundespatentgericht noch nicht vorgelegt worden, ohne dass es darauf ankommt, ob die per Telefax am 20. Juli 2007 eingegangene Teilungserklärung mangels Schriftform unwirksam war, da die Teilungserklärung nicht fristgebunden ist. Denn die Originale sind am 24. Juli 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen und damit noch vor der Aktenvorlage an das Bundespatentgericht, die am 14. August 2007 verfügt worden ist.
2.2. Allerdings ist die verfahrensgegenständliche Teilungsanmeldung durch die Übersendung der Akten nunmehr beim Bundespatentgericht anhängig geworden.
Weder dieser Umstand noch die Tatsache, dass die Teilung nach Einlegung der Beschwerde erklärt wurde, kann nach Auffassung des erkennenden Senats dazu führen, dass das Gericht für die Prüfung der Teilungsanmeldung zuständig ist. Die gegenteilige Auffassung beruht auf der Annahme, dass es sich bei der Teilung nach § 39 Abs. 1 PatG um einen der Prozesstrennung nach § 145 ZPO vergleichbaren Vorgang handelt (vgl. BGH GRUR 1999, 574 ff. - Mehrfachsteuersystem; GRUR 1998, 458, 460 - Textdatenwiedergabe; jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; amtl. Begründung zu § 26d PatG a. F., BlfPMZ 1979, 284). Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr entsteht bei einer Teilung nach § 39 PatG ein neuer Verfahrensgegenstand, der im bisherigen Erteilungsverfahren bis zur Erklärung der Teilung keine Rolle gespielt hat. Dementsprechend fällt der Gegenstand der Teilungsanmeldung auch nicht in der Beschwerde an. Denn der Beurteilung durch das Beschwerdegericht unterliegt ein Rechtsschutzbegehren nur insoweit, als darüber in der Vorinstanz entschieden wurde. Nur in diesem Umfang kommt einer Beschwerde Devolutiveffekt zu (sog. Anfallwirkung). Sie ist das Mittel, um angegriffene Entscheidungen in der höheren gerichtlichen Instanz nachprüfen zu lassen. Entscheidend ist, dass das Rechtsmittelgericht alleine über das prozessuale Schicksal des erstinstanziellen Streitgegenstandes entscheidet (vgl. Bay VGH NVwZ 2000, 210 f. m. w. N.).
2.2.1. Zur Begründung der Annahme, dass bei einer Teilungserklärung im Beschwerdeverfahren auch die Teilungsanmeldung im Beschwerdeverfahren angefallen ist, kann nach Auffassung des erkennenden Senats nicht auf die in den genannten Entscheidungen "Mehrfachsteuersystem" und "Textdatenwiedergabe" in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs GRUR 1972, 472, 473 f. – Zurückverweisung; GRUR 1972, 474, 475 – Ausscheidungsanmeldung; GRUR 1977, 209 – Tampon oder GRUR 1967, 413 ff. – Kaskodeverstärker zurückgegriffen werden. Diese Entscheidungen betreffen ausschließlich Ausscheidungen aufgrund Uneinheitlichkeit.
Teilung und Ausscheidung sind aber zwei verschiedene Institute mit unterschiedlichen Voraussetzungen und unterschiedlichem Ziel. Die Regelung in § 39 PatG ist auf die freie Teilung zugeschnitten und passt nicht auf die Ausscheidung, die einen Sachverhalt betrifft, der der Weiterverfolgung in einer Anmeldung entgegensteht. Anders als die Teilung setzt die Ausscheidung an der Grenzlinie der Einheitlichkeit abgrenzbare Teile der Anmeldung begrifflich voraus (vgl. Busse, PatG 6. Aufl. 2003, § 39 Rn. 40).
In den Fällen der Ausscheidung ist der Vergleich mit einer Verfahrenstrennung entsprechend § 145 ZPO daher zutreffend: Die zivilprozessuale Prozesstrennung setzt voraus, dass mehrere prozessuale Ansprüche in einer Klage erhoben worden sind. Bei einer uneinheitlichen Anmeldung werden Erfindungen beansprucht, die in keinem technischen Zusammenhang, in keiner technischen Wechselwirkung zueinander stehen und keiner Gesamtaufgabe untergeordnet werden können. Der übereinstimmende Erteilungsantrag ("Klageantrag") beruht daher auf unterschiedlichen "Lebenssachverhalten", so dass in den Fällen der Uneinheitlichkeit im Erteilungsbegehren bereits mehrere Streitgegenstände vorhanden sind, die einer "Prozesstrennung" zugänglich sind. Bei der Ausscheidung wird der Teil der ursprünglichen Anmeldung ("Stammanmeldung"), der sich auf eine im Sinne des § 34 Abs. 5 PatG (= § 26 Abs. 1 Satz 2 a. F. PatG) "andere" Erfindung bezieht, aus dieser herausgenommen ("ausgeschieden"), in ein selbständiges Erteilungsverfahren übergeleitet und es werden die erforderlichen Unterlagen eingereicht. Der mit der Abtrennung verbundene Vorgang stellt sich dann sachlich nicht als eine neue Anmeldung, sondern als Verselbständigung eines Teils der bereits erfolgten Anmeldung dar; der Anspruch auf Patenterteilung wird für diesen Teil nunmehr in einem besonderen Verfahren weiterverfolgt, das rechtlich insoweit als Fortsetzung des bereits anhängig gewordenen Erteilungsverfahrens erscheint (BGH GRUR 1971, 565 ff. - Funkpeiler). Dies setzt sich entsprechend auch in einem Beschwerdeverfahren fort, in dem die uneinheitlichen Erfindungen, also die unterschiedlichen Streitgegenstände, bereits in der ersten Instanz vorhanden und daher Inhalt der im Beschwerdeverfahren zur Überprüfung stehenden Entscheidung waren.
2.2.2. Demgegenüber liegt bei einer freien Teilung nach § 39 Abs. 1 PatG zunächst eine (einheitliche) Anmeldung mit einem – unbeschadet bestehender Gestaltungsmöglichkeiten – einzigen Erteilungsbegehren vor. Der Begriff der Teilung ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rein verfahrensbezogen und nicht materiell als Realteilung zu verstehen (Busse a. a. O., Rn. 16 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Bei einer Teilung nach § 39 Abs. 1 PatG liegt damit eine rein verfahrensrechtliche Aufspaltung des bisher einheitlichen Anmeldeverfahrens in mehrere vor. Daher wird bei der Prüfung der Wirksamkeit der Teilung noch keine Prüfung vorgenommen, auf welches Rechtsschutzziel die Teilungserklärung über die Einleitung eines weiteren Verfahrens hinaus gerichtet ist. Damit besteht die Möglichkeit, in der aus der Teilung entstandenen Anmeldung (und sogar in mehreren) auf den gesamten ursprünglichen Offenbarungsgehalt zurückzugreifen, so, als ob dieselbe Erfindung vom Anmelder mit übereinstimmenden Unterlagen zeitgleich mehrfach angemeldet worden wäre (Busse a. a. O., Rn. 16). Mit Eingang einer formell wirksamen Teilungserklärung entsteht daher eine gegenüber der Stammanmeldung selbständige Teilanmeldung. Die Teilung der Anmeldung hat zur Folge, dass in einem weiteren, zweiten Prüfungsverfahren die vom Anmelder in diesem Verfahren zur Entscheidung gestellten Patentansprüche auf die Patentfähigkeit ihrer Gegenstände überprüft werden (vgl. BGH GRUR 2009, 657 ff. – Blendschutzbehang). Damit wird (werden) durch die Teilungserklärung(en) aus dem ursprünglichen Erteilungsverfahren ein weiteres Erteilungsverfahren (oder mehrere) generiert. Dort ist jeweils für sich die Frage zu prüfen, ob den in ihnen gestellten Erteilungsanträgen zu entsprechen ist, weil sie durch die ursprünglichen Unterlagen der Stammanmeldung gedeckt sind und auch die übrigen Patentierungserfordernisse erfüllen. Insofern liegt bei einer Teilung letztlich keine Aufspaltung des ursprünglichen Erteilungsbegehrens, sondern eine Vervielfältigung vor.
2.2.3. Aufgrund der Teilungserklärung entsteht also ein neuer, weiterer Verfahrensgegenstand, der mit dem der Stammanmeldung nicht identisch ist, sondern neben ihn tritt, was auch daraus deutlich wird, dass erst am Ende des unabhängigen Prüfungsverfahrens der aus der Teilung entstandenen Anmeldung feststeht, welcher Gegenstand dort beansprucht wird. Einer weiteren Prüfung der Teilungsanmeldung durch die Prüfungsstelle steht vorliegend daher auch der Umstand, dass die Anmelderin mit ihr den ursprünglich mit der Stammanmeldung beanspruchten und von der Prüfungsstelle zurückgewiesenen Gegenstand unverändert weiterzuverfolgen scheint, weder unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses noch aus sonstigen Gründen entgegen. Der Bundesgerichtshof stellt zwar darauf ab, dass im Verfahren über die aus der Teilung entstandene Anmeldung kein Gegenstand beansprucht werden kann, über den in der Stammanmeldung bereits abschließend sachlich entschieden worden ist (BGH GRUR 2000, 688 - Graustufenbild; GRUR 2003, 47 - Sammelhefter I.). Dies lässt sich daraus ableiten, dass der Erteilungsanspruch des Anmelders bei einer abschließenden Entscheidung verbraucht ist. Eine solche abschließende Entscheidung über den Gegenstand der Stammanmeldung liegt aber bisher nicht vor, ebenso wenig eine Entscheidung der Prüfungsstelle über die Teilungsanmeldung.
2.2.4. Die Anfallwirkung der Beschwerde erfasst alleine den Streitgegenstand der erstinstanziellen Entscheidung (Bay VGH a. a. O.). Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens kann danach alleine der Inhalt der Stammanmeldung sein (als "Lebenssachverhalt" im Sinne des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs), in Verbindung mit dem zurückgewiesenen konkreten Erteilungsantrag, wie er sich in den geltenden Patentansprüchen der Stammanmeldung widerspiegelt. Nur über ihn wurde in dem angegriffenen Zurückweisungsbeschluss entschieden. Dementsprechend kann aufgrund einer Teilungserklärung im Beschwerdeverfahren die Teilanmeldung nicht vom Devolutiveffekt der Beschwerde erfasst werden, da mangels Existenz der Teilungsanmeldung im Zeitpunkt des Zurückweisungsbeschlusses über sie nicht entschieden worden ist.
2.2.5. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetzeswortlaut unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung zu § 26d PatG a. F. (BlfPMZ 1979, 284). Zutreffend ist zwar insoweit, dass in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass die abgetrennte Anmeldung anknüpfend an den Zustand bei der zivilprozessualen Prozesstrennung und in Übereinstimmung mit der bestehenden Rechtspraxis in dem Verfahrensstadium weiterbehandelt werden soll, das vor der Teilung für die ursprüngliche Anmeldung erreicht war. Um den objektiven Willen des Gesetzgebers zu erfassen, können die Gesetzesmaterialien herangezogen werden, jedenfalls soweit sie auf den objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die Vorarbeiten eines Gesetzes für dessen Auslegung aber mit einer gewissen Zurückhaltung, in der Regel bloß unterstützend, zu verwerten (BVerfGE 11, 126 ff. m. w. N.). Sie dürfen nicht dazu verleiten, die Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen. Der Wille des Gesetzgebers kann bei der Auslegung des Gesetzes nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (BVerfG a. a. O. m. w. N.).
Hieran fehlt es aber vorliegend, der Gesetzeswortlaut regelt nämlich abweichend von den Ausführungen in der Begründung nur, dass die Teilungsanmeldung als Anmeldung gilt, für die Prüfungsantrag gestellt worden ist, wenn die Teilung erklärt werde, nachdem in der Stammanmeldung Prüfungsantrag gestellt worden ist. Von einem über die Situation nach Stellung des Prüfungsantrags hinausgehenden Erhalt der Verfahrenssituation in dem Sinn, dass jedes Verfahrensstadium der Stammanmeldung auch für die Teilungsanmeldung gelten solle, ist im Gesetz an keiner Stelle die Rede.
Unabhängig davon sind aber die Vorstellungen des Gesetzgebers bei Abfassung der Begründung vorliegend auch deshalb mit Zurückhaltung zu betrachten, weil sich die in der Gesetzesbegründung als Anknüpfungspunkt angesprochene Rechtspraxis im Jahr 1979 nur auf die Ausscheidungsproblematik bezogen hat. Insofern konnte der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Unterschiede zwischen der freien Teilung und der Ausscheidung nicht berücksichtigten, wonach es sich bei der Teilung nicht um eine Realteilung im Sinne der Ausscheidung handelt, bei der konkret formuliert beanspruchte, nicht kompatible Erfindungen in verschiedenen Verfahren behandelt werden. Dass der Gesetzgeber bei Einführung der freien Teilung vor dem Hintergrund der bisherigen Praxis grundsätzlich eine Realteilung im Auge hatte, ergibt sich im Übrigen auch aus den Ausführungen zu § 35b Abs. 1 S. 4 PatG a. F. (= § 60 Abs. 1 S. 4 PatG, aufgehoben) wonach die Wirkungen des abgetrennten und in das Prüfungsverfahren zurückfallenden Teils des Patents als nicht eingetreten fingiert wurden (BlfPMZ 1979, 287) und dies durch einen ausdrücklichen Widerruf des Patents insoweit auszusprechen gewesen wäre § 12a Abs. 3 S. 2, 2. Halbsatz PatG a. F. (= § 21 Abs. 3 S. 2, 2. Halbsatz, aufgehoben): "In den Fällen der Teilung des Patents im Einspruchsverfahren wird das Patent teilweise widerrufen, da ein Teil herausgenommen und Gegenstand einer gesonderten Anmeldung wird" (BlfPMZ a. a. O., 281).
Abgesehen von diesem für die freie Teilung nicht zutreffenden Ausgangspunkt der Realteilung kann darüber hinaus ohne Stütze im Gesetz nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber beispielsweise beabsichtigt hat, bei einer Teilung nach Erteilung, aber vor Rechtskraft eines Erteilungsbeschlusses innerhalb der Beschwerdefrist und ohne dass Beschwerde eingelegt wird (vgl. BGH GRUR 2000, 688 f. – Graustufenbild), die Teilanmeldung in das Stadium eines erteilten Patents zu überführen. Insoweit bliebe im Übrigen unklar, in welchem Verfahrensstadium sich eine Teilungsanmeldung befindet, wenn die Erteilung nicht nach Haupt-, sondern nach Hilfsantrag erfolgt ist. Auch kann nicht gewollt gewesen sein, nach Zurückweisung einer Anmeldung bei Teilung vor Rechtskraft des Zurückweisungsbeschlusses innerhalb der Beschwerdefrist, und ohne dass Beschwerde eingelegt wird, die Teilungsanmeldung in das Stadium einer zurückgewiesenen Anmeldung oder nach Zurückweisung der Beschwerde bei einer Teilung vor Rechtskraft des Beschlusses innerhalb der Rechtsbeschwerdefrist die Teilungsanmeldung in das Stadium einer zurückgewiesenen Beschwerde zu überführen (siehe auch Anders, GRUR 2009, 200 ff., 203).
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber durch die Normierung des freien und jederzeit - also auch im Beschwerdeverfahren - ausübbaren Teilungsrechts für die im Beschwerdeverfahren entstandenen Neuanmeldungen eine "erstinstanzielle" Prüfungs- und Erteilungskompetenz des Bundespatentgerichts schaffen wollte. Einer solchen Annahme stünden verfassungsrechtliche Bedenken jedenfalls im Hinblick auf Art. 20 Absatz 2 GG entgegen (a. A. Busse-Keukenschrijver 6. Aufl. 2003, § 39 Rn. 20, unter Bezugnahme auf die allerdings auf der Ausscheidung basierenden Rechtsprechung).
3. Die erstmalige Prüfung von Patentanmeldungen ist grundsätzlich Sache des Deutschen Patent- und Markenamts als Verwaltungsbehörde, also der Exekutive. Etwas anderes folgt auch nicht aus der im Rahmen von § 79 PatG anerkannten Befugnis des Bundespatentgerichts, Patente zu erteilen. Diese Regelung beinhaltet zwar eine Durchbrechung des Gewaltenteilungsprinzips. Sie besteht aber nur im Rahmen eines gerichtlichen Beschwerdeverfahrens, also im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle von Verwaltungshandeln. Aus dem Prinzip der Gewaltenteilung folgt, dass keine Gewalt der für die Erfüllung ihrer verfassungsgemäßen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeiten beraubt werden darf (BVerfGE 9, 268 ff., 279). Diese liegen für Patentanmeldungen aber beim Deutschen Patent- und Markenamt. Eine originäre Zuständigkeit des Bundespatentgerichts zur Prüfung von im Beschwerdeverfahren durch Teilungserklärung entstandener Anmeldungen, die in ihrem konkreten Schutzbegehren noch nicht Gegenstand einer patentamtlichen Prüfung waren, würde darüber hinaus das Verfahrensgrundrecht des Artikels 19 Absatz 4 GG unterlaufen.
Da die Frage, ob das Bundespatentgericht oder das Deutsche Patent- und Markenamt als Verwaltungsbehörde für die Bearbeitung eines Antrags auf Patenterteilung zuständig ist, nicht die sachliche Zuständigkeit betrifft, sondern die Entscheidung über den hierfür gegebenen Rechtsweg, ist eine Verweisung durch Beschluss gemäß § 17 a Abs. 2 i. V. m. § 13 GVG, 39 Abs. 1 S. 3 PatG auszusprechen.
§ 17 Abs. 1 S. 1 GVG steht dem nach dem oben Gesagten nicht entgegen. Unabhängig davon, dass der Begriff der Rechtshängigkeit im patentrechtlichen Anmeldeverfahren nicht einschlägig ist – insbesondere zeigt die Vorschrift des § 39 PatG, dass durch ein Anmeldeverfahren keine § 17 Abs. 1 S. 2 GVG, § 261 Abs. 3 ZPO vergleichbare Sperrwirkung bezüglich weiterer Anmeldungen eintritt – findet bezüglich der Teilungsanmeldung nach Beschwerdeeinlegung, wie dargestellt, kein Veränderung "nach Rechtshängigkeit" statt, die sich auf die Zulässigkeit des Rechtswegs i. S. v. § 17 Abs. 1 GVG auswirken könnte. Außerdem hindert die Vorschrift das Gericht aber nicht, bei einer Mehrheit prozessualer Ansprüche für einen dieser Ansprüche die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges zu verneinen (vgl. BGHZ 114, 1 ff., RnG m. w. N.).
III.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nach § 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG erforderlich, da der Senat von der bisherigen Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs abweicht (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl. 2008, § 100 Rn. 24).