Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.12.2010


BPatG 13.12.2010 - 20 W (pat) 49/06

Patentbeschwerdeverfahren – zur Kostentragung im Einspruchsbeschwerdeverfahren – die Klärung der Existenz und Identität der Einsprechenden bedurfte einer zweiten mündlichen Verhandlung – Einsprechende trägt Kosten für erste, ergebnislose mündliche Verhandlung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsdatum:
13.12.2010
Aktenzeichen:
20 W (pat) 49/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 198 37 460

hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Werner sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein und Dipl.-Ing. Musiol

beschlossen:

Die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den Beschluss der Patentabteilung 55 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Die Einsprechende trägt die außergerichtlichen Kosten, die der Patentinhaberin durch die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2010 entstanden sind. Von den weitergehenden Koten des Verfahrens trägt jede Beteiligte ihre Kosten selbst.

Gründe

I.

1

Auf die am 19. August 1998 eingereichte Patentanmeldung wurde das Patent 198 37 460 mit der Bezeichnung „Verfahren zur Echtzeitvergebührung von Telekommunikationsverbindungen bei Aufenthalt eines Teilnehmers außerhalb seines Heimatnetzes“ erteilt. Die Patenterteilung wurde am 29. November 2001 im Patentblatt veröffentlicht. Das Patent umfasst insgesamt 8 Patentansprüche.

2

Der erteilte unabhängige Patentanspruch 1 lautet:

3

Verfahren zur Echtzeitvergebührung von Telekommunikationsverbindungen bei Aufenthalt eines Teilnehmers außerhalb seines Heimatnetzes,

4

dadurch gekennzeichnet, dass

5

der Aufbau der Telekommunikationsverbindung und die Echtzeitgebührenerfassung durch das Heimatnetz (3) erfolgen.“

6

Bezüglich des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 8 wird auf die Patentschrift verwiesen.

7

Gegen das Patent wurde am 26. Februar 2002 Einspruch erhoben, mit dem der vollständige Widerruf des Patents begehrt wurde. Der Einspruch stützt sich auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) und nennt zur Begründung die Druckschriften:

8

D1  WO 94 / 28 689 A1,

9

D2  WO 93 / 01 677 A1,

10

D3  WO 97 / 50 237 A1,

11

D4  WO 98 / 34 425 A2,

12

D5  WO 97 / 19 548 A1,

13

D6  WO 97 / 29 609 A2,

14

D7  DE 44 12 727 A1,

15

D8  WO 96 / 36 192 A1.

16

Davon waren im Prüfungsverfahren die Druckschriften D1 und D2 in Betracht gezogen worden.

17

Im Ergebnis des Einspruchsverfahrens hat die Patentabteilung 55 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent widerrufen. Sie hielt den Einspruch für zulässig und begründet.

18

Hiergegen wendet sich die Patentinhaberin mit ihrer Beschwerde.

19

Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin beantragte wie folgt:

20

Hauptantrag:

21

den Beschluss der Patentabteilung 55 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Juni 2006 aufzuheben und das Patent 198 37 460 in der Fassung des Hauptantrages aus dem Schriftsatz der Patentinhaberin vom 6. Dezember 2010 aufrechtzuerhalten;

22

hilfsweise (Hilfsanträge 1 bis 3):

23

das Patent 198 37 460 in den Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 3 (in dieser Reihenfolge) aus dem Schriftsatz der Patentinhaberin vom 6. Dezember 2010 aufrechtzuerhalten;

24

für alle vorstehenden Anträge Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

25

Kostenantrag:

26

der Einsprechenden gemäß § 80 Abs. 1 PatG die Kosten des Termins vom 11. Oktober 2010 aufzuerlegen.

27

Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin beantragte,

28

die Beschwerde und den Kostenantrag der Patentinhaberin zurückzuweisen.

29

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Aufzählungszeichen hinzugefügt) Umstellungen bei den Merkmalen M5 bis M7:

30

M1 „Verfahren zur Echtzeitvergebührung von Telekommunikationsverbindungen

31

M2 zwischen einem sich außerhalb seines Heimatmobilfunknetzes (3) im Bereich eines fremden Mobilfunknetzes (2) aufhaltenden Mobilfunkteilnehmer (1) und einem Teilnehmer (4), wobei zwischen den Betreibern der Mobilfunknetze (2; 3) ein Roaming-Abkommen besteht,

32

dadurch gekennzeichnet, dass

33

M3 bei einem eintretenden Verbindungswunsch des Mobilfunkteilnehmers (1)

34

M4 dieser zunächst ein Nachrichtentelegramm (6) über die Mobilfunknetze (2; 3) an ein spezielles Netzelement (7) im Heimatmobilfunknetz (3) sendet,

35

M5 das Nachrichtentelegramm (6) zumindest die gewünschte Zielrufnummer des Teilnehmers (4) und die Identität des Mobilfunkteilnehmers (1) enthält,

36

M6 das spezielle Netzelement (7) Telekommunikationsverbindungen (8, 9) zum Teilnehmer (4) und zum Mobilfunkteilnehmer (1) aufbaut,

37

M7 letzteres nach Prüfung der im empfangenen Nachrichtentelegramm (6) enthaltenen Daten und eines vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers (1) geschieht,

38

M8 der Aufbau der Telekommunikationsverbindung zwischen dem Mobilfunkteilnehmer (1) und dem Teilnehmer (4) und die Echtzeitvergebührung der Telekommunikationsverbindung (8; 9) vom Heimatmobilfunknetz (3) durchgeführt werden, wobei

39

M9 die Verbindungsentgelte direkt vom Heimatmobilfunknetz (3) abgerechnet und von dem vorausbezahlten Guthaben des Mobilfunkteilnehmers (1) abgebucht werden.“

40

An den geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag schließen sich abhängige Patentansprüche 2 bis 5 an, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2010 verwiesen wird.

41

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und ist um folgendes Merkmal M10 (anschließend an Merkmal M9) ergänzt (Aufzählungszeichen hinzugefügt):

42

M10 „wobei die Übertragung von gebührenrelevanten Informationen durch eine Ende-zu-Ende verschlüsselte Nachrichtenübertragung erfolgt, unter Verwendung von kryptographischen Schlüsseln, deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt.“

43

An den geltenden Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 schließen sich abhängige Patentansprüche 2 bis 5 an, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2010 verwiesen wird.

44

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht im Oberbegriff (Merkmale M1 und M2) dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag. Das Kennzeichen lautet (Aufzählungszeichen hinzugefügt; vom Hauptantrag abweichende Merkmale tragen die Nummerierung 2.x):

45

M3 „bei einem eintretenden Verbindungswunsch des Mobilfunkteilnehmers (1)

46

M2.4 dieser ein spezielles Netzelement (7), dem eine bestimmte Rufnummer zugeordnet ist, im Heimatmobilfunknetz (3) anwählt,

47

M2.5 wobei in einem Dialogverfahren die Rufnummer des gewünschten Gesprächsteilnehmers (4) vom Netzelement (7) abgefragt und über die Tastatur des Endgeräts einzugeben ist,

48

M6 das spezielle Netzelement (7) Telekommunikationsverbindungen (8, 9) zum Teilnehmer (4) und zum Mobilfunkteilnehmer (1) aufbaut,

49

M2.7 letzteres nach Prüfung der eingegebenen Daten und eines vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers (1) geschieht,

50

M8 der Aufbau der Telekommunikationsverbindung zwischen dem Mobilfunkteilnehmer (1) und dem Teilnehmer (4) und die Echtzeitvergebührung der Telekommunikationsverbindung (8; 9) vom Heimatmobilfunknetz (3) durchgeführt werden, wobei

51

M9 die Verbindungsentgelte direkt vom Heimatmobilfunknetz (3) abgerechnet und von dem vorausbezahlten Guthaben des Mobilfunkteilnehmers (1) abgebucht werden.“

52

An den geltenden Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 schließen sich abhängige Patentansprüche 2 bis 4 an, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2010 verwiesen wird.

53

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und ist um das Merkmal M10 (anschließend an Merkmal M9) ergänzt (Aufzählungszeichen hinzugefügt):

54

M10 „wobei die Übertragung von gebührenrelevanten Informationen durch eine Ende-zu-Ende verschlüsselte Nachrichtenübertragung erfolgt, unter Verwendung von kryptographischen Schlüsseln, deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt“.

55

An den geltenden Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 schließen sich abhängige Patentansprüche 2 bis 4 an, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2010 verwiesen wird.

56

Aufgabe des Streitpatents ist es, ein Verfahren zur Echtzeitvergebührung von Telekommunikationsverbindungen bei Aufenthalt eines Teilnehmers außerhalb seines Heimatnetzes vorzuschlagen, welches einfach und kostengünstig zu realisieren ist und ohne oder mit nur geringfügigen Änderungen an bestehenden Netzwerkeinrichtungen auskommt (vgl. Streitpatent [0006]).

57

Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin ist der Auffassung, der Gegenstand des Patentanspruches 1 nach Hauptantrag sei gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, jedenfalls gelte dies für die jeweiligen Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3.

58

Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 jeweils gegenüber dem angegebenen Stand der Technik nicht erfinderisch seien.

59

Der Senat hat im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 13. August 2010 zusätzlich die Druckschrift

60

 D9 DE 196 19 521 A1

61

eingeführt.

62

In der ersten mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2010 stellte sich auf Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Patentinhaberin heraus, dass sich die Existenz der Einsprechenden, deren gesellschaftliche Verfasstheit und deren Firma nicht sicher feststellen ließen. Aus diesem Grund hat der Vorsitzende des Senats Termin zur Durchführung einer neuen mündlichen Verhandlung für den 13. Dezember 2010 anberaumt. Zu den näheren Einzelheiten wird Bezug genommen und auf das Sitzungsprotokoll vom 11. Oktober 2010 und auf den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden vom 12. Oktober 2010 sowie auf die Anlagen dazu.

63

In der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2010 erklärte die Patentinhaberin, dass der im Schriftsatz vom 24. Oktober 2006 erhobene Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht weiter verfolgt werde.

64

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

65

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sowohl in der Fassung des Hauptantrags als auch jeweils in den Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).

66

1. Als für die Beurteilung der Lehre der Anmeldung zuständigen Fachmann sieht der Senat - in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin - einen Fachhochschul-Ingenieur, der mit den Technologien und Verfahren zum Aufbau von Telekommunikationsverbindungen sowie zugehörigen Abrechnungsfragen vertraut ist.

67

2. Zum Hauptantrag

68

Die Beschwerde konnte bezüglich des Hauptantrages keinen Erfolg haben, weil der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

69

In der Druckschrift D6 (WO 9 / 29 609 A2) ist als Aufgabe angegeben, „ein Verfahren … dahingehend weiterzubilden, dass insbesondere im Falle einer eingeschränkten Subskription eines Teilnehmers eines Mobilfunknetzes bei Bedarf eine erweiterte Nutzung des Mobilfunktelefons ermöglicht wird.“ (S. 2, Z. 26 -29).

70

Die D6 führt hierzu aus: „…insbesondere aber für Teilnehmer mit eingeschränkter Subskription, die nicht beliebige Gesprächspartner direkt anrufen können, lässt sich die erfindungsgemäße Einrichtung auch dadurch vorteilhaft nutzen, dass über diese Einrichtung eine Gesprächsverbindung mit einem Gesprächspartner aufgebaut werden kann, die im Sinne eines telefonischen Rückrufs zustande kommt“ (S. 6, Z. 26 - 31).

71

Der Druckschrift D6 ist weiter entnehmbar, dass der gewünschte Gesprächspartner in einem anderen Mobilfunknetz erreichbar sein kann als der initiierende (rufenden) Teilnehmer (S. 6, Z. 31 - 34). Die Beschwerdeführerin sieht hierin einen Hinweis an den Fachmann, die D6 gehe von einem rufenden Teilnehmer aus, der sich in seinem Heimatnetz aufhalte. Der Senat legt indes die in Bezug genommene Stelle („… an den gewünschten Gesprächspartner, der möglicherweise sogar in einem anderen Mobilfunknetz erreichbar ist als der Teilnehmer.“; S. 6, Z. 33 und 34) dergestalt aus, dass hiermit dem Fachmann lediglich mitgeteilt wird, dass der rufende und der gerufene Teilnehmer sich in demselben oder in verschiedenen Netzen aufhalten können. Ob eines der Netze dabei das Heimatnetz des rufenden Teilnehmers darstellt, spielt ersichtlich keine Rolle, die Druckschrift D6 macht jedenfalls keine Einschränkung. Vielmehr wird der Fachmann aufgrund der Aufgabenstellung der Druckschrift D6 (vgl. wiederum S. 2, Z. 26 -29) durchaus die Situation eines Mobilfunkteilnehmers in einem Fremdnetz in den Blick nehmen, stellt doch der Aufenthalt außerhalb des Heimatnetzes einen dem Fachmann geläufigen Grund für eine Subskriptionseinschränkung dar.

72

Der Fachmann entnimmt daher der Druckschrift D6 ohne weiteres als einen möglichen Anwendungsfall der dortigen Lehre, dass ein Mobilfunkteilnehmer, der sich außerhalb seines Heimatnetzes, also in einem Fremdnetz, befindet und deshalb (dort) nur über eine eingeschränkte Subskription verfügt, eine Servicezentrale gemäß der D6 (vgl. dort S. 2, Z. 26 - S. 3, Z. 20) nutzt, die in seinem Heimatnetz arbeitet.

73

Damit offenbart die D6 dem Fachmann ein

74

M1tlw. Verfahren zur EchtzeitVergebührung von Telekommunikationsverbindungen (S. 3, Z. 15 - 18; S. 7, Z. 5 - 8)

75

M2 zwischen einem sich außerhalb seines Heimatmobilfunknetzes im Bereich eines fremden Mobilfunknetzes aufhaltenden Mobilfunkteilnehmer und einem Teilnehmer (S. 6, Z. 26 - 34), wobei zwischen den Betreibern der Mobilfunknetze ein Roaming-Abkommen besteht (dem Fachmann aufgrund von S. 6, Z. 31 - 34 unmittelbar klar; sonst könnte der Teilnehmer auch den Datenkanal im Fremdnetz nicht nutzen),

76

wobei

77

M3 bei einem eintretenden Verbindungswunsch des Mobilfunkteilnehmers (S. 3, Z. 5 - 10)

78

M4 dieser zunächst ein Nachrichtentelegramm (SMS) über die Mobilfunknetze an ein spezielles Netzelement (Servicezentrale) im Heimatmobilfunknetz sendet (S. 3, Z. 5 - 10 und S. 6, Z. 31 - S. 7, Z. 5 i. V. m. Patentanspruch 2),

79

M5 das Nachrichtentelegramm zumindest die gewünschte Zielrufnummer des Teilnehmers und die Identität des Mobilfunkteilnehmers (ergibt sich für den Fachmann implizit aus S. 3, Z. 10 - 15 und S. 6, Z. 34 - S. 7, Z. 1 und aus der Eigenschaft einer SMS [Identität des Senders enthalten] enthält),

80

M6 das spezielle Netzelement Telekommunikationsverbindungen zum Teilnehmer und zum Mobilfunkteilnehmer aufbaut (S. 3, Z. 10 - 18 und S. 7, Z. 1 - 5),

81

M7tlw. dies nach Prüfung der im empfangenen Nachrichtentelegramm enthaltenen Daten und eines vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers geschieht (jedenfalls die übersandten Telefonnummern werden vor ihrer weiteren Verwendung zum Verbindungsaufbau in dem Fachmann offensichtlicher Weise semantisch überprüft werden, z. B. ob ihr Aufbau offensichtlich unrichtig ist),

82

M8tlw der Aufbau der Telekommunikationsverbindung zwischen dem Mobilfunkteilnehmer und dem Teilnehmer und die EchtzeitVergebührung der Telekommunikationsverbindung vom Heimatmobilfunknetz durchgeführt werden (S. 3, Z. 10 - 18; S. 7, Z. 1 - 8 i. V. m. S. 6, Z. 33 - 34), wobei

83

M9tlw. die Verbindungsentgelte direkt vom Heimatmobilfunknetz (nämlich der Servicezentrale, vgl. ebenda) abgerechnet und von dem vorausbezahlten Guthaben des Mobilfunkteilnehmers abgebucht werden (vgl. S. 3, Z. 15 - 17).

84

Im Vergleich zur Lehre der D6 besteht der Überschuss des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags lediglich darin, dass

85

● eine Echtzeitvergebührung (M1Rest und M8Rest) und

86

● eine Prüfung bzw. Abbuchung des vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers (M7Rest und M9Rest))

87

vorgenommen werden.

88

In der Praxis stellt sich dem Fachmann ausgehend von der Lehre der D6, die auf Einzelheiten der Vergebührung nicht weiter eingeht, die Aufgabe, eben diese Einzelheiten der Vergebührung auszugestalten und hierbei auf eine finanzielle Absicherung des Netzbetreibers gegen Betrug bzw. Missbrauch hinzuwirken, schon aus wirtschaftlichen Gründen von selbst.

89

Der Stand der Technik weist ihn in Form der für Abrechnungsfragen in Mobilfunknetzen einschlägigen Druckschrift D7 (DE 44 12 727 A1) nun speziell auf den Vorteil der besseren finanziellen Absicherung hin, die durch Einsatz des Vorvergebührungs-(Prepaid)-Verfahrens nach der Druckschrift D7 gegenüber den Standardverfahren erzielt werden kann und betont, dass es sich um eine Ergänzung zu Standardverfahren handelt (vgl. D7, Sp. 6, Z. 16 - 20).

90

Explizit wird hierbei in der Druckschrift D7 ausgeführt, dass die Vergebührung synchron, folglich die Gebührenerfassung und Abbuchung eines vorausbezahlten Guthabens in Echtzeit erfolgt (vgl. D7, Sp. 6, Z. 21 - 24 und PA 8; Merkmale M1Rest, M8Rest und M9Rest) und vor Gewährung eines Gesprächswunsches das vorausbezahlte verfügbare Guthaben des Mobilfunkteilnehmers überprüft wird (vgl. D7, Sp. 6, Z. 34 - 43 und 52 - 59 i. V. m. Sp. 1, Z. 52 - 56 und Sp. 2, Z. 8 - 12; Merkmale M7Rest).

91

Damit lag für den Fachmann eine Veranlassung vor, bei der notwendigen Ausgestaltung der Vergebührung das System gemäß der Druckschrift D6 um die bekannte Möglichkeit eines sicheren Prepaid-Verfahrens gemäß der Druckschrift D7 zu ergänzen, indem die Servicezentrale gemäß der Druckschrift D6 um die Funktionalitäten eines Debitzentrums (bzw. eine Schnittstelle zu diesem) erweitert wird.

92

Dieser eine Schritt brachte den Fachmann in überschaubarere Weise - ohne jedes überraschende Ergebnis - zu einer Lösung der Aufgabe und dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag. Das Vorgehen des Fachmanns verlässt den Bereich planmäßigen fachmännischen Handelns hierbei nicht.

93

3. Zum Hilfsantrag 1

94

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von demjenigen des Hauptantrags durch die zusätzliche Merkmalsgruppe M10:

95

M10 wobei die Übertragung von gebührenrelevanten Informationen durch eine Ende-zu-Ende verschlüsselte Nachrichtenübertragung erfolgt, unter Verwendung von kryptographischen Schlüsseln, deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt.

96

Die Merkmale dieser Merkmalsgruppe können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, da die Verschlüsselung von im Mobilfunk übertragenen Daten unter Zuhilfenahme von Parametern deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt zum Anmeldezeitpunkt im vorliegenden Zusammenhang bekannt war (vgl. hierzu D7, Sp. 5, Z. 5 - 7 und 19 - 23). Im Übrigen ergab sich auch zum Anmeldetag die Notwendigkeit der Verschlüsselung von Abrechnungsdaten bereits aus Datenschutzgründen. Für die Vergabe der Schlüssel die abrechnende Stelle, die ja die Daten wieder entschlüsseln können muss, vorzusehen, lag dem Fachmann unmittelbar nahe.

97

4. Zum Hilfsantrag 2

98

Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

99

Die Druckschrift D9 (DE 196 19 521 A1) beschreibt ein Verfahren zum Aufbau von temporären Telekommunikationsverbindungen (vgl. Titel). Mit diesem Verfahren soll die gebührenmäßige Richtungsabhängigkeit von Telekommunikationsverbindungen genutzt werden, indem sich ein rufender Teilnehmer automatisch zurückrufen lassen kann (vgl. PA 1 und Sp. 1, Z. 21 - 26).

100

Soweit die Beschwerdeführerin zu bedenken gibt, die Druckschrift D9 gehe stets von einer Rückruf-Einrichtung im Fremdnetz aus, steht dem der klare Wortlaut der Druckschrift D9 entgegen (vgl. dort Sp. 5, Z. 7- 20). Zudem erhält der Fachmann durch die mit der D9 gelehrte Nutzung einer gebührenmäßigen Richtungsabhängigkeit von Telekommunikationsverbindungen die Anregung, die Rückruf-Einrichtung im Heimatnetz eines Mobilfunkteilnehmers zu platzieren, da ihm bekannt ist, dass ein Mobilfunkteilnehmer für den Rufaufbau in seinem Heimatnetz üblicherweise die günstigsten Konditionen findet.

101

Der Fachmann entnimmt daher der Druckschrift D9 ohne weiteres als einen möglichen Anwendungsfall der dortigen Lehre, dass ein Mobilfunkteilnehmer, der sich außerhalb seines Heimatnetzes befindet, eine Wähl- und Vermittlungseinrichtung gemäß der D9 anruft, die in seinem Heimatnetz arbeitet, so dass er die günstigen Heimattarife nutzen kann.

102

Damit offenbart die D9 dem Fachmann ein

103

M1tlw Verfahren zur EchtzeitVergebührung von Telekommunikationsverbindungen (vgl. PA 19 sowie Sp. 4, Z. 62 - Sp. 5, Z. 3)

104

M2 zwischen einem sich außerhalb seines Heimatmobilfunknetzes im Bereich eines fremden Mobilfunknetzes aufhaltenden Mobilfunkteilnehmer und einem Teilnehmer (Sp. 1, Z. 21 - 39), wobei zwischen den Betreibern der Mobilfunknetze ein Roaming-Abkommen besteht (dem Fachmann aufgrund von Sp. 1, Z. 50 - 52 unmittelbar klar; sonst könnte keine Anwahl der Wähl- und Vermittlungseinrichtung stattfinden),

105

wobei

106

M3 bei einem eintretenden Verbindungswunsch des Mobilfunkteilnehmers (vgl. Sp. 1, Z. 33 - 39 und Sp. 5, Z. 24 - 25)

107

M2.4 dieser ein spezielles Netzelement (Wähl- und Vermittlungseinrichtung), dem eine bestimmte Rufnummer zugeordnet ist, im Heimatmobilfunknetz (vgl. Sp. 1, Z. 33 - 39 und Sp. 5, Z. 32 - 33) anwählt,

108

M2.5 wobei in einem Dialogverfahren die Rufnummer des gewünschten Gesprächsteilnehmers vom Netzelement abgefragt und über die Tastatur des Endgeräts einzugeben ist (vgl. Sp. 1, Z. 50 - 65 und Sp. 5, Z. 30 -31),

109

M6 das spezielle Netzelement Telekommunikationsverbindungen zum Teilnehmer und zum Mobilfunkteilnehmer aufbaut (vgl. Sp. 1, Z. 60 - Sp. 2, Z. 3 sowie Sp. 5, Z. 63 - Sp. 6, Z. 10),

110

M2.7tlw letzteres nach Prüfung der eingegebenen Daten (vgl. PA 8 sowie Sp. 1, Z. 42 - 62 und Sp. 5, Z. 57 - 62) und eines vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers, geschieht,

111

M8tlw der Aufbau der Telekommunikationsverbindung zwischen dem Mobilfunkteilnehmer und dem Teilnehmer und die EchtzeitVergebührung der Telekommunikationsverbindung vom Heimatmobilfunknetz durchgeführt werden (vgl. Sp. 5, Z. 7 - Sp. 6, Z. 6 i. V. m. PA 19 sowie Sp. 4, Z. 62 - Sp. 5, Z. 3), wobei

112

M9 tlw die Verbindungsentgelte direkt vom Heimatmobilfunknetz abgerechnet und von dem vorausbezahlten Guthaben des Mobilfunkteilnehmers abgebucht werden (nämlich durch die Wähl- und Vermittlungseinrichtung; vgl. PA 19 sowie Sp. 4, Z. 62 - Sp. 5, Z. 3).

113

Im Vergleich zur Lehre der D9 besteht der Überschuss des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 lediglich darin, dass

114

● eine Echtzeitvergebührung (M1Rest und M8Rest) und

115

● eine Prüfung bzw. Abbuchung des vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers (M2.7Rest und M9Rest)) durchgeführt wird.

116

Wie zum Hilfsantrag 1 ausgeführt, werden dem Fachmann diese Merkmale im vorliegenden Zusammenhang mit der D7 nahegelegt.

117

5. Zum Hilfsantrag 3

118

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von demjenigen des Hilfsantrags 2 durch die zusätzliche Merkmalsgruppe M10:

119

M10 wobei die Übertragung von gebührenrelevanten Informationen durch eine Ende-zu-Ende verschlüsselte Nachrichtenübertragung erfolgt, unter Verwendung von kryptographischen Schlüsseln, deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt.

120

Die Merkmale dieser Merkmalsgruppe können jedoch - wie oben zum Hauptantrag ausgeführt - eine erfinderische Tätigkeit im vorliegenden Zusammenhang nicht stützen.

121

6. Hinsichtlich der abhängigen Patentansprüche ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Bei dieser Sachlage konnte der Senat daher nur über die zur Entscheidung gestellten Sätze von Patentansprüchen entscheiden und die Beschwerde war aus den dargetanen Gründen zurückzuweisen.

122

7. Die Auferlegung der Kosten für die Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2010 zu Lasten der Einsprechenden folgt aus § 80 Abs. 1 PatG. Grundsätzlich trägt im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht jeder Beteiligte seine Kosten selbst. Von diesem Grundsatz ist dann abzuweichen, wenn Billigkeitsgründe dies erfordern. Ein solcher Fall liegt hier vor. Hier konnten in der ersten mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2010 die Existenz der Einsprechenden und deren Identität nicht geklärt werden, was die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2010 notwendig gemacht hat. Da die rechtzeitige Klarstellung ihrer Existenz, ihrer gesellschaftsrechtlichen Verfasstheit und ihrer Firma zu den Obliegenheiten der ausländischen Einsprechenden gehörte, hat die Einsprechende die eingetretene Verfahrensverzögerung zu vertreten. Daher ist es billig, ihr die Kosten aufzuerlegen, die durch die Durchführung der ersten, ergebnislosen mündlichen Verhandlung vom11. Oktober 2010 verursacht worden sind. Im Zivilprozessrecht ist diese Billigkeitserwägung ausdrücklich im § 95 ZPO festgeschrieben.