Entscheidungsdatum: 06.08.2012
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2006 038 411.3
…
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung vom 6. August 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse H 04 L - hat die am17. August 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Empfänger und Verfahren zum Empfangen eines ein Kanalprofil
aufweisenden Datensignals“
durch Beschluss vom 23. August 2007 zurückgewiesen.
Der Zurückweisung lagen die Patentansprüche vom Anmeldetag zugrunde.
Die Zurückweisung der Patentanmeldung hat die Prüfungsstelle damit begründet, dass Patentanspruch 1 aus den Gründen des § 34 Abs. 4 PatG nicht gewährbar sei, da es ihm an einer klaren technischen Lehre fehle. Die Prüfungsstelle führte u. a. aus, dass ein dem Erfordernis der ausführbaren Offenbarung nicht genügender Anspruch nicht gewährbar sei und verwies zur Erläuterung dieser Ansicht auf den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 22. Mai 2006 - Neurodermitis-Behandlungsgerät (21 W (pat) 42/04 - BlPMZ 2006, 419 ff.)
Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat die Anmelderin mit Schreiben vom 16. Januar 2008, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 22. Januar 2008, Beschwerde eingelegt. Mit der mit Schreiben vom 11. März 2009 eingereichten Begründung, eingegangen am Bundespatentgericht am 17. März 2009, verfolgt die Anmelderin und Beschwerdeführerin ihre Anmeldung mit geänderten Ansprüchen weiter. Diese hat sie mit Schreiben vom 1. August 2012, eingegangen als Faxeingabe beim Bundespatentgericht am selben Tage, erneut geändert durch Einreichung eines neuen Hauptantrags und zweier Hilfsanträge 1 und 2. Mit einer letzten Eingabe am Tag vor der mündlichen Verhandlung, dem 5. August 2012, ist ein weiterer Hilfsantrag („Hilfsantrag 0“) zur Gerichtsakte gelangt.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Anmelderin beantragt in der mündlichen Verhandlung,
den Beschluss der Prüfungsstelle der Klasse H 04 L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. August 2007 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
Bezeichnung:
Empfänger zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals
Patentansprüche:
Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 9 vom 1. August 2012
Hilfsantrag 0 mit Patentansprüchen 1 bis 8 vom 5. August 2012
Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 bis 9 vom 1. August 2012
Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1 bis 8 vom 1. August 2012
Beschreibung:
Beschreibungsseiten 1, 2, 4 bis 18 vom 17. August 2006
Beschreibungsseite 3 aus der Eingabe vom 3. April 2007
Beschreibungsseiten 3a, 19 aus der Beschwerdebegründung vom 17. März 2009
Zeichnungen:
Figuren 1 bis 5 vom 25. Oktober 2006.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
„1. Empfänger zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals mit
- einem Entzerrer (203), dem das Datensignal zuführbar ist, wobei der Entzerrer (203) eine Vielzahl von Filtern (303, 304, 305, 306) und eine an die Filter (303, 304, 305, 306) gekoppelte Schaltvorrichtung (206) aufweist,
- einer Auswahlvorrichtung (205), die derart eingerichtet ist, dass sie in Abhängigkeit des Kanalprofils eine erste Zahl aus einer ersten Anhäufung des Datensignals und eine zweite Zahl aus einer zweiten Anhäufung des Datensignals ermittelt,
- einem Speicherelement (302), das an den Entzerrer (203) gekoppelt ist und derart eingerichtet ist, dass das Datensignal abschnittsweise im Speicherelement (302) hinterlegbar ist,
- wobei die Schaltvorrichtung (206) derart eingerichtet ist, dass sie eine der ersten Zahl entsprechende Anzahl von linearen Filtern (303, 304, 305, 306) zu einem ersten Gesamtfilter verbindet und eine der zweiten Zahl entsprechende Anzahl
von linearen Filtern (303, 304, 305, 306) zu einem zweiten Gesamtfilter verbindet.“
Hieran schließen sich die Unteransprüche 2 bis 9 gemäß Hauptantrag an, zu deren Wortlaut auf die Gerichtsakte verwiesen wird.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 0 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterstrichen oder durchgestrichen):
„1. Empfänger zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals mit
- einem Entzerrer (203), dem das Datensignal zuführbar ist, wobei der Entzerrer (203) eine Vielzahl von Filtern (303, 304, 305, 306) und eine an die Filter (303, 304, 305, 306) gekoppelte Schaltvorrichtung (206) aufweist,
- einer Auswahlvorrichtung (205), die derart eingerichtet ist, dass sie in Abhängigkeit des Kanalprofils eine erste Zahl aus einer ersten Anhäufung des Datensignals und eine zweite Zahl aus einer zweiten Anhäufung des Datensignals ermittelt,
- einem Speicherelement (302), das an den Entzerrer (203) gekoppelt ist und derart eingerichtet ist, dass das Daten-signal abschnittsweise im Speicherelement (302) hinterlegbar ist,
- wobei die Schaltvorrichtung (206) derart eingerichtet ist, dass sie eine der ersten Zahl entsprechende Anzahl von linearen Filtern (303, 304, 305, 306) zu einem ersten Gesamtfilter verbindet und eine der zweiten Zahl entsprechende Anzahl von linearen Filtern (303, 304, 305, 306) zu einem zweiten Gesamtfilter verbindet,
- und wobei das Datensignal abschnittsweise im Speicherelement (302) hinterlegbar und anschließend dem ersten Gesamtfilter zuführbar ist, wobei die Daten aus dem Speicherelement (302) beliebig auslesbar sind und somit dem ersten Gesamtfilter und dem zweiten Gesamtfilter zu beliebigen Zeitpunkten zuführbar sind.“
Hieran schließen sich die Unteransprüche 2 bis 8 gemäß Hilfsantrag 0 an, zu deren Wortlaut auf die Gerichtsakte verwiesen wird.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterstrichen):
„1. Empfänger zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals mit
- einem Entzerrer (203), dem das Datensignal zuführbar ist, wobei der Entzerrer (203) eine Vielzahl von Filtern (303, 304, 305, 306) und eine an die Filter (303, 304, 305, 306) gekoppelte Schaltvorrichtung (206) aufweist,
- einer Auswahlvorrichtung (205), die derart eingerichtet ist, dass sie in Abhängigkeit des Kanalprofils eine erste Zahl aus einer ersten Anhäufung des Datensignals und eine zweite Zahl aus einer zweiten Anhäufung des Datensignals ermittelt,
- einem Speicherelement (302), das an den Entzerrer (203) gekoppelt ist und derart eingerichtet ist, dass das Datensignal abschnittsweise im Speicherelement (302) hinterlegbar ist, wobei das Speicherelement (203) als Ringspeicher oder als dynamischer Zugriffsspeicher ausgelegt ist,
- wobei die Schaltvorrichtung (206) derart eingerichtet ist, dass sie eine der ersten Zahl entsprechende Anzahl von linearen Filtern (303, 304, 305, 306) zu einem ersten Gesamtfilter verbindet und eine der zweiten Zahl entsprechende Anzahl von linearen Filtern (303, 304, 305, 306) zu einem zweiten Gesamtfilter verbindet.“
Hieran schließen sich die Unteransprüche 2 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1 an, zu deren Wortlaut auf die Gerichtsakte verwiesen wird.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterstrichen oder durchgestrichen):
„1. Empfänger zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals mit
- einem Entzerrer (203), dem das Datensignal zuführbar ist, wobei der Entzerrer (203) eine Vielzahl von Filtern (303, 304, 305, 306) ein erstes Filter (303), ein zweites Filter (304), ein drittes Filter (305) und ein viertes Filter (306) und eine an die Filter (303, 304, 305, 306) gekoppelte Schaltvorrichtung (206) aufweist,
- einer Auswahlvorrichtung (205), die derart eingerichtet ist, dass sie in Abhängigkeit des Kanalprofils eine erste Zahl aus einer ersten Anhäufung des Datensignals und eine zweite Zahl aus einer zweiten Anhäufung des Datensignals ermittelt,
- einem Speicherelement (302), das an den Entzerrer (203) gekoppelt ist und derart eingerichtet ist, dass das Datensignal abschnittsweise im Speicherelement (302) hinterlegbar ist,
- ein Entzerrereingang (301), welcher mit dem Speicherele-ment (302) verbunden ist,
- ein Addierer (310), mit welchem die Filter (303, 304, 305, 306) ausgangsseitig verbunden sind und welcher die Aus-gangssignale der Filter (303, 304, 305, 306) addiert
- ein Entzerrerausgang (311), an welchem das addierte Signal von dem Addierer (310) bereitgestellt wird,
- wobei die Schaltvorrichtung (206) derart eingerichtet ist, dass sie eine der ersten Zahl entsprechende Anzahl von linearen Filtern (303, 304, 305, 306) zu einem ersten Gesamtfilter verbindet und eine der zweiten Zahl entsprechende Anzahl von linearen Filtern (303, 304, 305, 306) zu einem zweiten Gesamtfilter verbindet,
- wobei die Schaltvorrichtung (206) ein erstes Schaltelement (307), ein zweites Schaltelement (308) und ein drittes Schaltelement (309) aufweist, der Datenspeicher (302) mit einem ersten Filter (303), dem ersten Schaltelement (307), dem zweiten Schaltelement (308) und dem dritten Schaltelement (309) verbunden ist, das erste Schaltelement (307) mit dem ersten Filter (303) und einem zweiten Filter (304) verbunden ist, wobei je nach einem gewählten Zustand des ersten Schaltelements (307) das zweite Filter (304) eingangsseitig entweder mit dem Datenspeicher (302) oder mit dem ersten Filter (303) verbunden ist, das zweite Schaltelement (308) mit einem dritten Filter (305) und dem zweiten Filter (304) verbunden ist, wobei je nach einem Schaltzustand des zweiten Schaltelements (308) das dritte Filter (305) eingangsseitig mit dem Datenspeicher (302) oder dem zweiten Filter (304) verbunden ist, das dritte Schaltelement (309) mit einem vierten Filter (306) und dem dritten Filter (304) verbunden ist, wobei je nach einem Schaltzustand des dritten Schaltelements (309) das vierte Filter (306) eingangsseitig entweder mit dem Datenspeicher (302) oder mit dem dritten Filter (305) verbunden ist.“
Hieran schließen sich die Unteransprüche 2 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2 an, zu deren Wortlaut ebenfalls auf die Gerichtsakte verwiesen wird.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin hält die Erfindung in der Anmeldung für so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Im Übrigen seien die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen 0, 1 und 2 patentfähig, da sie neu seien und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Anmeldung enthält in der im Beschwerdeverfahren beanspruchten Fassung nach Hauptantrag wie auch in den Fassungen nach den Hilfsanträgen 0, 1 und 2 nicht beseitigte Mängel i. S. d. § 45 Abs. 1 i. V. m. § 38 und § 34 Abs. 4 PatG, die einer Patenterteilung entgegenstehen. Die Zurückweisung der Anmeldung durch die Prüfungsstelle ist daher im Ergebnis zu Recht erfolgt (§ 48 PatG).
1. Die Anmeldung betrifft laut Ursprungsunterlagen Seite 1, Absatz 2 bis Seite 3, Absatz 3 einen Empfänger sowie ein Verfahren zum Empfangen eines Datensignals, das ein so genanntes Kanalprofil aufweist. Insbesondere in Mobilfunksystemen würden von einem Sender zu einem Empfänger übertragene Datensignale Einflüssen des physikalischen Übertragungskanals unterliegen, wie er beispielsweise durch die zwischen Sender und Empfänger befindliche Topographie der Freiluftübertragungsstrecke verwirklicht sei. Hierbei könne es zur so genannten Mehrwege-Ausbreitung des Datensignals kommen, da beispielsweise durch Reflektion, Streuung oder Beugung an Hindernissen - wie an Bergen oder an Gebäuden – das Datensignal auf unterschiedlichen Wegen zum Empfänger gelange, was zu mehreren zeitlich verschobenen, unterschiedlich gedämpften und sich überlagernden Empfangsversionen des ausgesandten Datensignals am Eingang des Empfängers führe. Das empfangene Datensignal sei folglich im Vergleich zum ausgesandten zeitlich dispergiert und ein Symbol des Datensignals störe seine Nachbarsymbole, so dass Signalverzerrungen im empfangenen Datensignal auftreten würden. Dieser Effekt werde als Intersymbol-Interferenz (ISI) bezeichnet.
Dem werde im Stand der Technik beispielsweise durch den Einsatz von so genannten Rake-Empfängern entgegengewirkt, die energiereiche Empfangsversionen jeweils in einzelnen Korrelationsempfängern getrennt auswerten würden und die Ergebnisse zur Rekonstruktion des ursprünglichen Datensignals nutzen könnten (S. 2, Abs. 3 bis S. 3, Abs. 1). Ein weiteres hiermit kombiniert eingesetztes Verfahren setze zur Reduzierung derartiger Störungen, anstatt nur einen Übertragungskanal vorzusehen, auf die Nutzung so genannter paralleler logischer Kanäle, auch Code-Kanäle genannt. Auch die Verwendung von Entzerrern, die einen linearen Filter mit variablen Filterkoeffizienten aufweisen würden, sei in diesem Zusammenhang bekannt (S. 3, Abs. 2).
Nachteilig an den genannten Vorgehensweisen sei, dass Rake-Empfänger etwa nur bei einer niedrigen Anzahl von parallelen logischen Kanälen einsetzbar seien (vgl. S. 3, Abs. 1) und die Rechenkomplexität bei der Bestimmung der Filterkoeffizienten im Rahmen der vorgeschlagenen Entzerrer schnell sehr groß werde. Grund hierfür sei, dass zur Berechnung der Filterkoeffizienten, die die Eigenschaften eines Übertragungskanals berücksichtigten, ein Koeffizientenalgorithmus erforderlich sei, der eine Matrixinversion beinhalte. Die Rechenkomplexität wachse kubisch mit der Dimension der Matrix, die der Länge des linearen Filters entspreche. Technologisch seien der Matrixdimension Grenzen gesetzt, da die Inversion der Matrix in einem bestimmten Zeitraum erfolgen müsse (vgl. S. 3, Abs. 2).
Es sei daher Aufgabe der Erfindung (S. 3, Abs. 4), einen Empfänger bzw. ein Verfahren bereitzustellen, mit dem trotz der Mehrwege-Ausbreitung und daraus resultierender Intersymbolinterferenz eine hohe Übertragungsqualität erreichbar sei, selbst wenn hohe Datenübertragungsraten erwünscht seien (also vergleichsweise wenig Zeit für eine komplexe Signalverarbeitung zur Verfügung stehe).
2. Der für die Beurteilung der Lehre der Anmeldung zuständige Fachmann ist nach Überzeugung des Senats ein Diplom-Ingenieur der Nachrichtentechnik mit Universitätsabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der digitalen Sende- und Empfangstechnik insbesondere der Optimierung des Empfangs von Signalen im Mobilfunkbereich.
3. Einige der im Streitpatent verwendeten Begriffe bedürfen nach Ansicht des Senats ausgehend vom Verständnis dieses Fachmanns der näheren Erläuterung. Der Senat legt diesen Begriffen jeweils folgendes Verständnis zu Grunde:
Ein Datensignal, das mit einer charakteristischen Signalenergie von einem Sender zu einem Empfänger gesandt wird, ist ein binäres (digitales) Signal, das sich aus mehreren einzelnen Symbolen zusammensetzt, die aus einem oder mehreren Bits aufgebaut sind.
Das empfangene Datensignal weist aufgrund der Mehrwegeausbreitung, d. h. aufgrund der unterschiedlichen Laufzeit, die ein Datensignal auf den verschiedenen Ausbreitungswegen benötigt, um jeweils vom Sender zum Empfänger zu gelangen, ein Kanalprofil auf. Dieses Kanalprofil beschreibt im Rahmen eines x-y-Koordinatensystems die Verteilung der Signalenergie eines Symbols des Datensignals am Empfänger (y-Achse) als Funktion seiner jeweiligen Laufzeit vom Sender zum Empfänger oder in Abhängigkeit vom Empfangszeitpunkt am Empfänger (x-Achse). Charakteristisch für ein Kanalprofil ist im vorliegenden Fall, dass sich die Signalenergie eines Symbols des Datensignals um zeitlich verschiedene Punkte im Koordinatensystem häuft.
Diese Häufungen der Signalenergie eines Symbols des Datensignals um die genannten Zeitpunkte im Koordinatensystem werden als Anhäufungen bezeichnet, die im Koordinatensystem aufgrund der Mehrwegeausbreitung für jedes Symbol eine für die jeweilige Laufzeit-/Ausbreitungsgeschichte des einzelnen Symbols kennzeichnende geometrische Breite aufweisen.
4. Hauptantrag
Der Empfänger zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags wird durch folgende Merkmale beschrieben (mit Merkmalsgliederung, ohne Angabe von Bezugszeichen):
M1 Empfänger zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals mit
M2 einem Entzerrer, dem das Datensignal zuführbar ist, wobei der Entzerrer eine Vielzahl von Filtern und eine an die Filter gekoppelte Schaltvorrichtung aufweist,
M3 einer Auswahlvorrichtung, die derart eingerichtet ist, dass sie in Abhängigkeit des Kanalprofils eine erste Zahl aus einer ersten Anhäufung des Datensignals und eine zweite Zahl aus einer zweiten Anhäufung des Datensignals ermittelt,
M4 einem Speicherelement, das an den Entzerrer gekoppelt ist und derart eingerichtet ist, dass das Datensignal abschnittsweise im Speicherelement hinterlegbar ist,
M5 wobei die Schaltvorrichtung derart eingerichtet ist, dass sie eine der ersten Zahl entsprechende Anzahl von linearen Filtern zu einem ersten Gesamtfilter verbindet und eine der zweiten Zahl entsprechende Anzahl von linearen Filtern zu einem zweiten Gesamtfilter verbindet.
Die Lehre des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hauptantrag erweist sich in der Anmeldung als nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 34 Abs. 4 PatG).
Eine Erfindung ist ausführbar offenbart, wenn die in der Patentanmeldung enthaltenen Angaben dem fachmännischen Leser so viel an technischer Information vermitteln, dass er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen. Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist demnach gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 - Xa ZR 126/07, GRUR 2010, 916 - Klammernahtgerät m. w. N.). Dies ist hier nicht gegeben.
Die Merkmale des Anspruchs 1 sollen einen Empfänger zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals beschreiben; jedoch wirft zumindest eines der zur Charakterisierung des Empfängers angeführten Merkmale im Lichte der ursprünglichen Offenbarung, der Funktionalität und der Funktionsfähigkeit Fragen auf, die für den Fachmann mit Hilfe der Anmeldungsunterlagen und seinen Fachkenntnissen nicht geklärt werden können.
Der maßgebliche Fachmann versteht die Merkmale M1 und M2 im Licht der ursprünglichen Offenbarung auf Seite 1, Zeilen 31 bis 33 und auf Seite 5 Absatz 3 dergestalt, dass einem Entzerrer ein Datensignal zugeführt wird, das aus einzelnen Symbolen zusammensetzt ist, und dass dieser Entzerrer für die Verarbeitung dieses symbolbasierten Datensignales eine Vielzahl von Filtern und eine an die Filter gekoppelte Schaltvorrichtung aufweist. Er vermag auch noch der ursprünglichen Beschreibung zusammen mit seinem Fachwissen die Funktionalität des Merkmals M3 zu entnehmen (ebenfalls Seite 1, Zeilen 31 bis 33 und Seite 5 Absatz 3), nämlich dass mittels einer Auswahlvorrichtung Zahlen ermittelt werden, die sich - da das Datensignal der Mehrwegeausbreitung unterliegt - aus der Anhäufung der Signalenergie jeweils eines Symbols auf der Zeitachse des Koordinatensystems des Kanalprofils des Datensignals um zeitlich verschiedene Punkte ergeben. Hier im speziellen, dass eine erste Zahl aus einer ersten Anhäufung der Signalenergie eines Symbols des Datensignals (aufgrund der Signalausbreitung desselben auf einem ersten Ausbreitungsweg) und eine zweite Zahl aus einer zweiten Anhäufung der Signalenergie desselben Symbols des Datensignals (aufgrund der Signalausbreitung desselben auf einem zweiten Ausbreitungsweg) ermittelt wird.
Der Fachmann versteht auch die konjunktivischen Formulierungen der Merkmale M2 und M4, denen gemäß „das Datensignal zuführbar“ (M2) und „das Datensignal … hinterlegbar“ (M4) ist, im Merkmalskontext dergestalt, dass der beanspruchte Gegenstand so ausgebildet sein muss, dass er für die angegebenen Zwecke verwendbar ist (vgl. BGH - Urteil vom 24. Januar 2012 - X ZR 88/09 – Elektronenstrahltherapiesystem, Tz. 17).
Das Merkmal M4, mit dem beansprucht wird, dass ein Speicherelement, das an den Entzerrer gekoppelt ist, derart eingerichtet sein soll, dass das „Datensignal abschnittsweise im Speicherelement“ hinterlegt wird, kann der Fachmann den Ursprungsunterlagen zwar wörtlich (Seite 7, Zeilen 3 bis 5 und Zeilen 6 bis 8; Seite 14, Zeilen 20 bis 26), jedoch in seinem tatsächlichen Bedeutungsgehalt und Wirkzusammenhang mit den anderen Merkmalen auch auf Grund seines Fachwissens nicht entnehmen. Insbesondere ist für ihn auch mit Hilfe seines Fachkönnens nicht nacharbeitbar, welche Maßnahme mit dem Begriff „abschnittsweise“ im gegebenen Zusammenhang mit dem Datensignal konkret umfasst sein soll; denn zum einen ist ursprünglich nicht offenbart, ob es sich hierbei um signalenergiepegelmäßige oder zeitliche Unterteilungen des Datensignals in abgegrenzte Abschnitte handelt, zum anderen ist den Ursprungsunterlagen nichts darüber zu entnehmen, welche konkreten Kriterien für die Bildung derartiger Abschnitte zugrunde zu legen sind. Greift sich der Fachmann beispielsweise den Zeitbereich heraus, d. h. unterteilt er ein empfangenes Datensignal zeitlich in einzelne Abschnitte, bleibt für ihn ungeklärt, ob beispielsweise eine „Anhäufung“ im Kanalprofil als eigener Abschnitt des Datensignals in einer Reihe von weiteren im Kanalprofil existenten Anhäufungen von einem oder von mehreren Symbolen gewertet und weiterverarbeitet werden soll, oder ob beispielsweise eine nach nicht weiter bestimmten Kriterien ausgewählte einzelne „Anhäufung“ eines einzelnen Symbols selbst entweder im Zeit- oder im Signalenergiepegelbereich in Abschnitte unterteilt und weiteren Verfahrensschritten zugeführt werden soll.
Zur Überzeugung des Senats wird der Fachmann somit auch unter Heranziehung seines Fachwissens und Fachkönnens nicht in die Lage versetzt, aus den in der Patentanmeldung enthaltenen Angaben so viel an technischer Information zu ziehen, dass er den Empfänger zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags mit der als erfindungswesentlich erachteten so genannten „abschnittsweisen“ Speicherung gemäß Merkmal M4 des aus einzelnen Symbolen bestehenden Datensignals erfolgreich ausführen kann. Vielmehr müsste der Fachmann durch erfinderisches Tätigwerden diese fehlenden Festlegungen in den ursprünglichen Unterlagen ergänzen.
Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob auch das Merkmal M5 des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag für den Fachmann in den ursprünglichen Unterlagen so deutlich und vollständig offenbart ist, dass er es im gegebenen Zusammenhang erfolgreich ausführen kann.
Mit dem mängelbehafteten Anspruch 1 gemäß Hauptantrag fallen auch die auf diesen rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 des Hauptantrags, da das Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt ist (BGH, Beschluss vom 26. September 1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - elektrisches Speicherheizgerät m. w. N.).
5. Hilfsantrag 0, 1 und 2:
Da sich das für die mangelnde Nacharbeitbarkeit des Empfängers zum Empfangen eines ein Kanalprofil aufweisenden Datensignals des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag maßgebliche Teilmerkmal M4 auch in den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 0, 1 und 2 in der Sachaussage identisch wiederfindet, gilt das zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag Ausgeführte entsprechend, nämlich dass deren Gegenstände jeweils im Kontext der Anmeldungsunterlagen nicht so offenbart sind, dass ein Fachmann sie auch unter Hinzuziehung seiner Fachkenntnisse erfolgreich ausführen kann.
Mit den mängelbehafteten Ansprüchen 1 gemäß Hilfsantrag 0, 1 und 2 fallen auch alle anderen Ansprüche der jeweiligen Anspruchsfassungen (Ansprüche 2 bis 8 gemäß Hilfsantrag 0, Ansprüche 2 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1 und Ansprüche 2 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2), da ein Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt ist (BGH, Beschluss vom 26. September 1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - elektrisches Speicherheizgerät mit weiteren Nachweisen).
6. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob der Anmeldungsgegenstand in den verschiedenen Antragsfassungen den Anforderungen der §§ 3 und 4 PatG genügt.