Entscheidungsdatum: 29.10.2012
Die statthafte, fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Weder beruht die Entscheidung des Truppendienstgerichts auf den gerügten Verfahrensmängeln (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO) noch kommt der Sache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO). Die behauptete Divergenz (§ 22a Abs. 2 Nr. 2 WBO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt.
Nach der Rechtsprechung der Wehrdienstsenate des Bundesverwaltungsgerichts sind an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 22b Abs. 2 Satz 2 WBO dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie von den Revisionssenaten des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gefordert werden (Beschlüsse vom 1. Juli 2009 - BVerwG 1 WNB 1.09 - Buchholz 450.1 § 22a WBO Nr. 1 = NZWehrr 2009, 258 und vom 15. Juli 2009 - BVerwG 2 WNB 1.09 -).
1. Danach reicht es für die Annahme eines Verfahrensfehlers nicht aus, dass ein angebotener Zeugenbeweis nicht wahrgenommen wurde. Die ordnungsgemäße Darlegung der von der Beschwerde erhobenen Aufklärungsrüge setzt unter anderem die Angabe voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Truppendienstgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären und inwiefern die angegriffene Entscheidung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann (Beschlüsse vom 28. Oktober 2009 - BVerwG 2 WNB 4.09 - und vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 <628>). Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde ist der Auffassung, eine erneute Vernehmung der Zeugen sei auch unabhängig von einem insoweit gestellten Antrag erforderlich gewesen, weil der Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdeverfahrens den in der Disziplinarmaßnahme zugrunde gelegten Sachverhalt anders dargestellt hatte, nämlich dahingehend, dass nicht er das besagte Foto der Zeugin H. gezeigt, sondern diese unbeabsichtigt das Foto selbst aufgerufen habe. Zudem habe er ausdrücklich einen entsprechenden Beweisantrag gestellt.
Der allgemeine Hinweis auf angeblich bestehende Unklarheiten musste das Truppendienstgericht nicht veranlassen, von Amts wegen die Zeugen erneut zu vernehmen. Zu weiteren Aufklärungen verpflichtende Unklarheiten über den Sachverhalt liegen jedenfalls dann nicht darin, dass der Beschwerdeführer den Sachverhalt anders darstellt als die Zeugen, wenn seine abweichenden Einlassungen schon für sich genommen nicht glaubhaft sind. Hier durfte die Vorinstanz ohne Verletzung der Amtsermittlungspflicht von einer erneuten Vernehmung der Zeugen absehen, weil sie ohne Verfahrensfehler den von den Zeugenaussagen abweichenden Vortrag des Beschwerdeführers als unglaubhaft würdigte. Die Beurteilung als "unbeachtliche Schutzbehauptung" begründet die mangelnde Glaubhaftigkeit willkürfrei mit dem inkonsistenten Aussageverhalten des Beschwerdeführers im Laufe des Verfahrens. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte für die Behauptung der Beschwerde, das Truppendienstgericht habe von einer Zeugenvernehmung aus Kostengründen abgesehen, weil die Zeugen im Ausland seien. Dem Beweisantrag musste das Truppendienstgericht nicht nachkommen. Der Beschwerdeführer hatte im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22. November 2011 die erneute Anhörung der Zeugen H. und S. lediglich mit dem allgemeinen Hinweis auf bestehende Unklarheit über den tatsächlichen Sachverhalt beantragt. Er hat weder ein konkretes Beweisthema benannt, noch dargelegt, welche Aussage eine erneute Vernehmung der Zeugen ergeben sollte oder dass diese auf Grund seiner nachträglich geänderten Darstellung des Geschehensablaufs ihre Aussagen in ihren Vernehmungen ebenfalls ändern würden.
Soweit die Beschwerde einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das Truppendienstgericht das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe der Zeugin H. das Foto nicht selbst gezeigt, als bloße Schutzbehauptung darstelle, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung durch das Truppendienstgericht. Damit kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht erreicht werden, denn die Beweiswürdigung ist eine Frage des sachlichen Rechts und kann deswegen regelmäßig nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen werden (vgl. dazu Beschlüsse vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 <628> und vom 14. März 2006 - BVerwG 8 B 111.05 - Rn. 4 jeweils m.w.N.). Die in der Entscheidung des Senats vom 13. Januar 2009 - BVerwG 2 WD 5.08 - konkretisierten Anforderungen an die Darlegung der Beweiswürdigung in den Entscheidungsgründen sind nicht verletzt.
Sollte in der Behauptung der Beschwerde, das Truppendienstgericht habe die Darstellung des Beschwerdeführers ohne nähere Ausführungen als Schutzbehauptung abgetan, die Rüge fehlender Begründung der Entscheidung zu sehen sein, ist darauf zu verweisen, dass die angefochtene Entscheidung sich ausdrücklich damit auseinandersetzt, dass der Beschwerdeführer sowohl in seiner Vernehmung als auch in seinem Schreiben an Oberst S. und im Schriftsatz seines Verteidigers vom 11. Februar 2011 jeweils von dem vom Truppendienstgericht zugrunde gelegten Sachverhalt ausgegangen sei und erstmals mit Schriftsatz vom 12. Mai 2011 vorgetragen habe, dass nicht er selbst das beanstandete Foto gezeigt, sondern die Zeugin dieses unbeabsichtigt aufgerufen habe. Das ist als Begründung ausreichend.
Auch der gerügte Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer sieht diesen Grundsatz als verletzt an, weil das Truppendienstgericht seinen Tatsachenvortrag als Schutzbehauptung abgetan habe, ohne ihm hierzu zuvor einen rechtlichen Hinweis zu geben. Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer die Anforderungen, die der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs stellt. Dieser erfordert nicht, dass das Gericht vor Erlass der Entscheidung seine Rechtsauffassung oder seine beabsichtigte Entscheidung den Beteiligten darlegt. Dass das Gericht den neuen Sachvortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen hat, ergibt sich aus seiner oben dargelegten Begründung und seiner Argumentation, dass es sich nach seiner Überzeugung um eine unbeachtliche Schutzbehauptung handele. Damit hat das Gericht den Tatsachenvortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Mehr erfordert der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht.
Soweit sich die Beschwerde in Form einer Berufungsbegründung dagegen wendet, dass das Truppendienstgericht die Hinzuziehung eines Anwalts für nicht notwendig erachtet hat, verkennt sie die Voraussetzungen, unter denen eine Rechtsbeschwerde zugelassen werden kann.
Darüber hinaus entscheidet gemäß § 16a Abs. 5 Satz 3 WBO der Vorsitzende der Truppendienstkammer über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten endgültig. Eine Rechts- oder Nichtzulassungsbeschwerde (§§ 22a, 22b WBO) ist dagegen nicht statthaft (vgl. Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, § 16a Rn. 21). Dennoch weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
Entgegen der Auffassung der Beschwerde liegt auch insoweit kein Verstoß gegen das rechtliche Gehör vor. Da eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im beschwerderechtlichen Vorverfahren durch das Truppendienstgericht zwingend ist, war es Sache des Bevollmächtigten, seine Rechtsauffassung hierzu im truppendienstgerichtlichen Verfahren umfassend darzulegen. Die Tatsache der Entscheidung konnte für den Beschwerdeführer nicht überraschend sein. Wie bereits ausgeführt, ist das Truppendienstgericht auch nicht verpflichtet, seine zu erwartende Entscheidung oder seine Rechtsauffassung den Beteiligten vorab mitzuteilen.
2. Die Rechtsbeschwerde kann auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO und des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Rechtsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 22b Abs. 2 Satz 2 WBO, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), das heißt näher ausgeführt werden (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18), dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten Rechtsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahren zu erwarten ist (vgl. auch Beschluss vom 24. Januar 2008 - BVerwG 6 BN 2.07 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 85 Rn. 14).
Die von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,
ob ein Sachverhalt nur deshalb, weil er erst später in das Verfahren eingeführt wurde, als Schutzbehauptung abgetan werden kann,
erfüllt diese Voraussetzung nicht, weil sie einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Die Frage, ob ein Sachverhalt als Schutzbehauptung bewertet werden kann, ist eine Frage des Einzelfalles, die sich einer grundsätzlichen Klärung entzieht. Im Übrigen würde sich diese Frage in einem Rechtsbeschwerdeverfahren hier nicht stellen, weil das Truppendienstgericht die geänderte Sachdarstellung des Beschwerdeführers nicht abgelehnt hat, weil sie erst nachträglich in das Verfahren eingeführt wurde, sondern weil der Beschwerdeführer vorher mehrfach den vom Truppendienstgericht zugrunde gelegten Sachverhalt bestätigt hatte.
Die weitere von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,
unter welchen Voraussetzungen die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in Disziplinarbeschwerdesachen notwendig ist,
ist einer Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zugänglich, weil die Rechtsbeschwerde insoweit gemäß § 16a Abs. 5 Satz 3 WBO - wie bereits oben dargelegt - nicht statthaft ist.
3. Die mit der Beschwerde erhobene Divergenzrüge (§ 22a Abs. 2 Nr. 2 WBO) ist nicht prozessordnungsgemäß dargelegt.
Nach ständiger Rechtsprechung der Revisionssenate des Bundesverwaltungsgerichts setzt die gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche Bezeichnung des Zulassungsgrundes der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in einer genau bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz, der sich auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht, widersprochen hat (vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 11, vom 20. November 2007 - BVerwG 7 BN 4.07 - juris Rn. 9, vom 28. August 2009 - BVerwG 8 B 42.09 - juris Rn. 9 und vom 4. September 2009 - BVerwG 7 B 8.09 - juris Rn. 15 f., jeweils m.w.N.). Diese Anforderungen gelten auch für die Vorschriften über die Divergenzrüge in § 22a Abs. 2 Nr. 2 WBO und § 22b Abs. 2 Satz 2 WBO (Beschluss vom 6. Januar 2010 - BVerwG 1 WNB 7.09 - Buchholz 450.1 § 22a WBO Nr. 3 = NZWehrr 2010, 160).
Daran fehlt es hier. Die Beschwerde bezeichnet zwar eine Entscheidung des 2. Wehrdienstsenats, rügt aber ausschließlich, dass das Truppendienstgericht die dort aufgestellten Maßstäbe nicht eingehalten habe. Damit wird nur eine vermeintlich fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorgetragen, was nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führen kann.
4. Soweit die Beschwerde mit einem nachgereichten Schriftsatz rügt, die Vernehmung der Zeugin H. im Februar 2011 sei verfahrensfehlerhaft erfolgt, weil der damalige Schriftführer befangen gewesen sei, kann dies von vornherein im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht werden. Mängel des vorgerichtlichen Verfahrens können mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerügt werden. Da nach § 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen ist, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung (des Truppendienstgerichts) beruhen kann, können nur Verfahrensmängel des gerichtlichen Verfahrens zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führen (vgl. Beschlüsse vom 15. Juli 2009 - BVerwG 2 WNB 1.09 - und vom 26. Mai 2010 - BVerwG 2 WNB 6.10 -; zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO: Beschluss vom 27. Juni 1994 - BVerwG 6 B 17.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziffer 3 VwGO Nr. 3; Pietzner/Buchheister in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 132 Rn. 95).