Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 23.06.2016


BVerwG 23.06.2016 - 2 WD 21/15

Sexuelle Belästigung von Rekrutinnen; Verleiten zur Falschaussage


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
2. Wehrdienstsenat
Entscheidungsdatum:
23.06.2016
Aktenzeichen:
2 WD 21/15
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2016:230616U2WD21.15.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Truppendienstgericht Süd, 23. Juli 2015, Az: S 3 VL 25/14, Urteil
Zitierte Gesetze

Tatbestand

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1. Das Verfahren ist mit dem Soldaten am 5. Mai 2014 ausgehändigter Verfügung des Kommandeurs Kommando ... vom 15. April 2014 eingeleitet worden. Zuvor war er nach Eröffnung der Stellungnahme der Vertrauensperson angehört worden. Am 19. August 2014 erfolgte nach ordnungsgemäßer Belehrung seine abschließende Anhörung.

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2. Auf der Grundlage der dem Soldaten am 1. Oktober 2014 zugestellten Anschuldigungsschrift vom 10. September 2014 hat die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd mit Urteil vom 23. Juli 2015 gegen den Soldaten ein Beförderungsverbot für 40 Monate verhängt.

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a) Ihrer Entscheidung legte sie folgende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:

"Der Soldat war zu den in der Anschuldigungsschrift dargestellten Tatzeiträumen in der ... als Führer der ... Gruppe eingesetzt. Dieser Zug ist komplett im Gebäude .. der ...-Kaserne in ... untergebracht. Die Kompanieführung befindet sich im Gebäude ...

Am 1. Juli 2013 begann ein neuer Durchlauf von Rekrutinnen und Rekruten in der allgemeinen Grundausbildung. Die Kompaniechefin, Frau Hauptmann A, hatte festgelegt, dass die Zug- und Gruppenführer von den neu eingetroffenen Rekrutinnen und Rekruten Lebensläufe anfordern, in denen diese besonders auf persönlich belastende Umstände aufmerksam machen sollten. Dies tat der Soldat dann auch weisungsgemäß.

Die Zeugin B gab in ihrem Lebenslauf an, dass sie eigentlich mehr auf Druck und Drängen ihrer Eltern zur Bundeswehr gekommen sei und nicht aus eigenem Antrieb, während die Zeugin Fähnrich C als damalige Rekrutin angab, dass ihre Eltern eigentlich gegen eine Karriere bei der Bundeswehr eingestellt gewesen seien und es lieber gesehen hätten, wenn sie ein Studium aufgenommen hätte. Der Soldat nahm diese Darstellungen in den Lebensläufen der Rekrutinnen zum Anlass, persönliche Gespräche mit ihnen zu führen.

Mit der Zeugin B führte der Soldat dieses Gespräch am 3. Juli 2013 am Morgen, zwischen 08:00 und 10:00 Uhr. Hierzu hatte er die Zeugin in sein Dienstzimmer bestellt. Die Zeugin erzählte ihm von ihren Bedenken hinsichtlich ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit und eventuellen Problemen die sie im Hinblick auf ihre Fähigkeiten, insbesondere bei körperlichen Anforderungen, auf sich zukommen sah. Der Soldat beruhigte die Zeugin und erklärte ihr, sie werde das schon schaffen. Hierbei war es so, dass die Zeugin auf einem aus Sicht eines Eintretenden gesehen links befindlichen Sofa saß, während der Soldat einige Meter weiter hinten im Raum auf einem Drehstuhl an seinem Schreibtisch Platz genommen hatte. Während des Gespräches rückte der Soldat näher mit seinem Stuhl an das Sofa und die Zeugin heran. Er erklärte ihr wie hübsch sie doch sei und dass er sie am liebsten küssen wolle. Er begann die Wange der Zeugin mit der Hand zu streicheln und fragte, ob er sie küssen dürfe. Die Zeugin verneinte dies. Der Soldat bat dann, die Zeugin wenigstens auf die Wange küssen zu dürfen. Auch dies verneinte die Zeugin. Danach wollte der Soldat die Zeugin zum Essen einladen, was von der Zeugin aber ebenfalls abgelehnt wurde.

Der Soldat fasste die Zeugin an der Wange und versuchte ihren Kopf zu ihm hinzuziehen. Die Zeugin konnte dies und einen offenbar beabsichtigten Kuss durch den Soldaten jedoch durch Abwenden des Kopfes vereiteln. Der Soldat umarmte die Zeugin dann und ließ dann von ihr ab, nachdem diese klar geäußert hatte, er solle nun aufhören.

Anlässlich eines Gesprächs am Vortag hatte der Soldat bereits mit der Zeugin über deren Probleme bei der Bundeswehr gesprochen und ihr seine Handynummer gegeben mit der Maßgabe, sie könne ihn jederzeit anrufen, wenn sie Probleme habe.

Die Zeugin war wegen des Verhaltens des Soldaten geschockt und musste sich erst eine Weile sammeln, bevor sie sich auf den Weg zur Kompaniechefin, der Zeugin Hauptmann A, machte. Dort erklärte sie, sie wolle die Bundeswehr wieder verlassen. Aus Angst vor einer Drohung des Soldaten, die dieser zum Ende des Gespräches gegen sie ausgesprochen hatte, wagte sie nicht sein Verhalten als - zumindest einen der Gründe - anzugeben, weshalb sie die Bundeswehr verlassen wollte, sondern erklärte lediglich, dass sie nicht zurecht käme und den Anforderungen ihrer Meinung nach nicht gewachsen sei. Die Zeugin B machte auf die Zeugin A einen durchaus gefassten Eindruck, sie konnte keine Erschütterung oder eine besondere Aufgeregtheit bei der Zeugin erkennen.

In der Nacht gegen 02:00 Uhr rief die Zeugin B dann ihre Mutter, die Zeugin D, an und erklärte ihr, sie könne nicht länger bei der Bundeswehr bleiben und käme nach Hause. Die Zeugin D war durchaus beunruhigt, da die Tochter am Telefon auch geweint hatte. Am Abend sei sie dann zu Hause eingetroffen. Danach habe sie das Verhalten des Soldaten geschildert und erklärt, sie werde nicht mehr dorthin zurückgehen. Ihre Tochter, die Zeugin B, habe Probleme sich alleine aus dem Haus zu wagen und habe die Begebenheit noch immer nicht völlig verarbeitet. Sie sei sensibel und habe nach wie vor stark darunter zu leiden. Es sei auch nicht richtig, dass sie als Eltern ihre Tochter, die Zeugin B, zur Bundeswehr 'gedrängt' hätten. Vielmehr sei es so gewesen, dass die Zeugin, die ein Hundenarr sei, überlegt habe, ob sie nicht Hundeführerin bei der Bundeswehr werden könne. Dies habe sie versuchen wollen. Nach ihrer, der Zeugin Ds Meinung, sei der Auslöser für die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses das Verhalten des Soldaten gewesen.

Das Gespräch mit der Zeugin Fähnrich C fand am 11. Juli 2013 statt. Der Soldat bestellte die Zeugin gegen 22:00 Uhr auf sein Dienstzimmer, weil er mit ihr über ihre Angaben im persönlichen Lebenslauf sprechen wolle. Der Soldat hat in der Hauptverhandlung selbst eingeräumt, dass diese Uhrzeit für ein solches Gespräch durchaus unüblich war. Nachdem die Zeugin in seinem Dienstzimmer eingetroffen war, nahm sie auf dem Sofa Platz, der Soldat befand sich auf dem Drehstuhl am Schreibtisch. Die Zeugin Fähnrich C wunderte sich, dass der Soldat sie so spät noch auf sein Dienstzimmer bestellte. Sie sei aber erst in der zweiten Dienstwoche gewesen und habe sich nicht getraut zu widersprechen, als ein Kamerad sie ins Gruppenführerbüro befohlen habe. Der Soldat habe sich dann mit ihr über Probleme mit den Eltern unterhalten wollen. Ihre Eltern seien nicht gerade begeistert gewesen, dass sie Soldatin werden wollte.

Während des Gesprächs fing der Soldat dann an, der Zeugin Komplimente zu machen, sie sei hübsch und er freue sich sie zu sehen und wolle sie gerne näher kennenlernen. Er rückte näher und setzte sich schließlich neben die Zeugin auf das Sofa, nachdem er der Zeugin ein Bier angeboten hatte. Er begann auch dort weiter ihr Komplimente zu machen, wobei sich die Zeugin für die ersten Komplimente noch bedankte, jedoch auf die Frage, ob er sie näher kennenlernen könne, ausweichend antwortete. Der Zeugin war die Situation sehr unangenehm, aber sie traute sich im Hinblick auf das Über-Unterordnungsverhältnis nicht, das Gespräch von sich aus zu beenden bzw. dem Gruppenführer zu sagen, er solle sein Verhalten ändern.

Plötzlich beugte sich der Soldat zur Zeugin herüber und küsste dieser auf den Mund. Diese war überrascht und geschockt und wich sofort zurück. Sie sprang dann auf und erklärte, dass sie sofort gehen werde. Danach verließ sie das Dienstzimmer des Soldaten.

Im Nachhinein müsse sie sagen, dass sie sich eigentlich nicht zur Wehr gesetzt habe, da sie zum einen durch die ganze Situation sehr überrascht gewesen sei, zum anderen aber auch gar nicht gewusst habe, wie sie sich dem Vorgesetzten gegenüber verhalten solle. Sie habe den Soldaten aber auch in keiner Weise zu einem derartigen Verhalten ermutigt oder eingeladen, da ihr dieses auch definitiv unangenehm war und vollständig gegen ihren Willen stattfand.

Am nächsten Tag sollte die Zeugin durch die Kompaniechefin Frau Hauptmann A zum Vorfall mit der Rekrutin B vernommen werden. Auf dem Weg in deren Büro sah sie den Soldaten im Türrahmen eines angrenzenden Nebenzimmers stehen, wobei dieser sie sehr leise sprechend darauf hinwies, dass sie nichts von dem Vorabend erzählen solle. Dies untermauerte er mit entsprechenden Gesten seiner Hände. Bei der Zeugin Hauptmann A wurde die Zeugin Fähnrich C dann zum Vorfall zwischen dem Soldaten und der Zeugin B befragt.

In dieser Befragung log sie vorsätzlich, da sie den Soldaten nicht beschuldigen wollte. Sie fürchtete, wenn sie ihren Gruppenführer belasten würde, wäre dies das Ende ihrer Karriere bei der Bundeswehr. Letztere war ihr jedoch so wichtig, dass sie sich entschloss, den Vorfall zwischen ihr und dem Soldaten am Vorabend für sich zu behalten.

Sie sagte auch nichts darüber, dass die Zeugin B, mit der sie eine Stube bewohnte, am Vortag ihres Weggangs von der Bundeswehr weinend in der Stube gesessen habe. Die Zeugin Fähnrich C konnte, da sie zum Antreten musste, den Grund für dieses Verhalten der Zeugin B nicht nachfragen. Als sie zurückkam, hatte die Zeugin B die gemeinsame Stube und die Bundeswehr bereits verlassen.

Trotz der Tatsache, dass die Zeugin Fähnrich C den Vorfall mit dem Soldaten für sich behalten hatte, wurde dieser aufgrund der Vorkommnisse mit der Zeugin B als Gruppenführer abgelöst und in einen anderen Bereich der Kompanie umgesetzt.

Einige Tage danach traf sich die ... Gruppe abends im Kasernengebäude und man beratschlagte, wie man den Gruppenführer wieder zurückbekommen könne. Hierbei ging es darum einen Brief zu schreiben, der von allen Rekrutinnen und Rekruten unterzeichnet werden sollte. Die Zeugin, den Vorfall zwischen ihr und dem Soldaten bedenkend, war alles andere als erpicht darauf, dass der Soldat wiederum als Gruppenführer in ihrer Gruppe eingesetzt würde. Sie war daher nicht bereit, sich an der entsprechenden Petition zu beteiligen, wollte jedoch auch nicht negativ auffallen. Deshalb verließ sie den Raum, was vom Zeugen Fähnrich E bemerkt wurde. Er fragte die Zeugin Fähnrich C was denn los sei und wieso sie weglaufe. Nunmehr erzählte die Zeugin dem Zeugen Fähnrich E über den Vorfall mit dem Soldaten. Sie war nach Angaben des Zeugen Fähnrich E sehr aufgelöst, da sie ja bei ihrer Kompaniechefin, der Zeugin Hauptmann A, gelogen hatte. Nun wusste sie nicht mehr ein noch aus. Er, der Zeuge Fähnrich E, habe ihr dann geraten, dies auf jeden Fall der Kompaniechefin zu melden. Die Zeugin Fähnrich C traute sich jedoch noch nicht den Sachverhalt richtig zu stellen. Erst als sie mit dem Zeugen Fähnrich F gesprochen hatte, und auch dieser ihr dringend geraten hatte, die Sache jedenfalls dem zuständigen Zugführer zu melden, was die Zeugin Fähnrich C dann nach weiterem Zögern schließlich auch tat.

Am 2. August 2013 erzählte sie dann ihrer Kompaniechefin im Rahmen einer Vernehmung von dem Vorfall zwischen ihr und dem Soldaten. ..."

16

b) Das Verhalten des Soldaten stelle sich als vorsätzliches Dienstvergehen dar. Indem er sich der Zeugin B gegen deren Willen genähert, sie angefasst und versucht habe, sie zu küssen, habe er seine Dienstpflichten verletzt, für seine Untergebenen zu sorgen, die Würde und die Ehre von Kameraden zu achten sowie sich so zu verhalten, dass er der Achtung und dem Vertrauen gerecht werde, die sein Dienst als Soldat erforderten. Ferner habe er dadurch, dass er die Zeugin C in sein Dienstzimmer befohlen habe, gegen seine Dienstpflicht verstoßen, Befehle nur zu dienstlichen Zwecken zu erteilen. Zudem habe er gegen die Pflichten, für seine Untergebenen zu sorgen, die Würde und die Ehre von Kameraden zu achten sowie sich so zu verhalten, dass er der Achtung und dem Vertrauen gerecht werde, die sein Dienst als Soldat erfordere, dadurch verstoßen, dass er sie gegen ihren Willen angefasst und auf den Mund geküsst habe. Schließlich habe er gegen seine Dienstpflichten, für seine Untergebenen zu sorgen, die Würde und die Ehre von Kameraden zu achten sowie sich so zu verhalten, dass er der Achtung und dem Vertrauen gerecht werde, die sein Dienst als Soldat erforderten, dadurch verstoßen, dass er der Zeugin C vor deren Vernehmung durch die Kompaniechefin erklärt habe, nichts von dem Vorfall der vergangenen Nacht zu erwähnen. Zudem habe er durch sein Verhalten gegenüber beiden Zeuginnen gegen § 3 Abs. 4, § 7 Abs. 2 SoldGG verstoßen.

17

Das Dienstvergehen wiege schwer. Der Soldat habe sich wiederholt fehl verhalten. Das Dienstvergehen habe sich negativ auf die Personalplanung ausgewirkt. Das Bekanntwerden der Verfehlungen bei den Ermittlungsbehörden sei nachteilig zu berücksichtigen, weil es ein schlechtes Licht auf den Ruf der Bundeswehr werfe. Milderungsgründe in den Umständen der Tat seien nicht gegeben. Zwar bestünden Zweifel, ob das Verhalten des Soldaten von rein sexuellen Absichten getragen gewesen sei, jedoch handele es sich um eine grobe Distanzlosigkeit.

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Bei einer ehrverletzenden oder entwürdigenden Behandlung Untergebener durch einen Vorgesetzten sei grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung um einen oder mehrere Dienstgrade verwirkt. Das konkrete Fehlverhalten wiege nach Intensität und Umfang aber deutlich geringer als der "Normalfall". Der Soldat habe beiden Rekrutinnen keine sexuellen Avancen gemacht oder von ihnen sexuelle Praktiken verlangt. Er habe lediglich ein denkbar distanzloses Verhalten gezeigt, dass die beiden Rekrutinnen geschockt und ihr Vertrauensverhältnis zu ihm als Vorgesetzten stark beeinträchtigt hätte. Deshalb bilde nicht die Dienstgradherabsetzung den Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung, sondern lediglich eine laufbahnhemmende Maßnahme. Im Hinblick auf seine guten dienstlichen Leistungen, seine Auszeichnungen und Ehrenzeichen, seine fehlende straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung und die überschaubaren Folgen des Dienstvergehens für die Rekrutinnen sei diese unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze mit 40 Monaten zu bemessen. Eine weitere Reduzierung des Beförderungsverbotes sei jedoch nicht möglich, weil der Soldat keine Einsicht und Reue gezeigt habe.

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3. Die Wehrdisziplinaranwaltschaft hat gegen das ihr am 10. September 2015 zugegangene Urteil am 7. Oktober 2015, beschränkt auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme, Berufung eingelegt und beantragt, den Soldaten in den Dienstgrad eines Feldwebels herabzusetzen.

20

Das Truppendienstgericht habe das Verhalten des Soldaten unzutreffend als lediglich grobe Distanzlosigkeit unterhalb der Schwelle einer sexuellen Belästigung gewertet. Dies widerspreche § 3 Abs. 4 SoldGG. Insbesondere seien sowohl der Kuss auf den Mund der Zeugin C wie der Kussversuch bei der Zeugin B deshalb keine bloßen Distanzlosigkeiten mehr. Darüber hinaus habe der Soldat seine Stellung als Gruppenführer besonders schutzbedürftigen Rekrutinnen gegenüber missbraucht.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig und begründet.

22

Das von der Wehrdisziplinaranwaltschaft zuungunsten des Soldaten eingelegte Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt. Der Senat hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen (1.) und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden (2.).

23

1. Das Truppendienstgericht hat festgestellt, dass der Soldat durch das unter II 2. a) dargelegte Verhalten vorsätzlich ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG begangen hat. Die Schuldfeststellungen des Truppendienstgerichts sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit grundsätzlich bindend. Ob sie vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom Senat grundsätzlich nicht mehr überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt.

24

2. Das Urteil des Truppendienstgerichts ist im Disziplinarmaß abzuändern, weil allein eine Dienstgradherabsetzung (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 WDO i.V.m. § 62 WDO) eine tat- und schuldangemessene Sanktion des festgestellten Dienstvergehens darstellt.

25

Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2014 - 2 WD 11.13 - juris Rn. 61). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

26

a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d. h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen, dessen Schwerpunkt in der sexuellen Belästigung von Untergebenen liegt, ungeachtet einer etwaigen strafrechtlichen Relevanz (BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2005 - 2 WD 33.04 - juris Rn. 69), schwer.

27

aa) Der Soldat hat gegen mehrere soldatische Pflichten von hohem Gewicht verstoßen.

28

Durch die vom Truppendienstgericht bindend festgestellte sexuelle Belästigung untergebener Soldatinnen im Sinne von § 7 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 4 SoldGG hat der Soldat die Verpflichtung zur Wahrung der Intimsphäre von Kameraden missachtet. Das hohe Gewicht dieses Verstoßes ergibt sich schon daraus, dass der Gesetzgeber dieses Verhalten ausdrücklich untersagt und selbst zur Dienstpflichtverletzung erklärt.

29

Hinzu tritt der Verstoß gegen die Fürsorgepflicht nach § 10 Abs. 3 SG. Sie gehört zu den vornehmsten Pflichten eines Vorgesetzten gegenüber seinen Untergebenen, die das berechtigte Gefühl haben müssen, vom Vorgesetzten nicht nur als Befehlsempfänger betrachtet, sondern in ihrer Würde geachtet und mit menschlicher Rücksichtnahme behandelt zu werden. Der Vorgesetzte hat die Pflicht, sich bei allen Handlungen und Maßnahmen von Wohlwollen gegenüber seinen Untergebenen leiten zu lassen und zu bemühen, diese vor Schäden und unzumutbaren Nachteilen zu bewahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2007 - 2 WD 4.06 - Buchholz 449 § 10 SG Nr. 56 Rn. 38 m.w.N.). Im militärischen Über- und Unterordnungsverhältnis sind Untergebene besonders schutzbedürftig.

30

Der weitere Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht nach § 12 Satz 2 SG ist nicht minder bedeutsam, denn der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht wesentlich auf Kameradschaft. Die dienstlichen Aufgaben erfordern im Frieden und in noch höherem Maße im Verteidigungsfall gegenseitiges Vertrauen sowie das Bewusstsein, sich bedingungslos aufeinander verlassen zu können. Ein Vorgesetzter, der die Rechte, die Ehre oder die Würde seiner Kameraden verletzt, untergräbt den dienstlichen Zusammenhalt, stört den Dienstbetrieb und beeinträchtigt damit letztlich auch die Einsatzbereitschaft der Truppe (BVerwG, Urteil vom 17. März 2004 - 2 WD 17.03 - NZWehrr 2005, 38 m.w.N.). Dabei ist es unerheblich, ob der Soldat vorliegend die Absicht hatte, die Rekrutinnen zu beleidigen, zu demütigen oder zu verletzen. Denn das Gebot, die Würde, die Ehre und die Rechte von Kameradinnen und Kameraden oder zivilen Mitarbeiterinnen zu achten, besteht nach dem Soldatengesetz nicht nur um der Soldaten willen, sondern soll Handlungsweisen verhindern, die schon objektiv geeignet sind, den militärischen Zusammenhalt, mithin das gegenseitige Vertrauen und die Bereitschaft zum gegenseitigen Einstehen, zu gefährden (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 2000 - 2 WD 30.99 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 42 S. 14 f.).

31

Auch die Verletzung der nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 SG bestehenden Wohlverhaltenspflicht wiegt schwer. Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat, insbesondere - wie hier - ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - juris Rn. 27 m.w.N.). Das war vorliegend der Fall.

32

Auch der unter Verstoß gegen § 10 Abs. 4 SG erteilte Befehl zu nichtdienstlichen Zwecken wiegt schwer, weil damit eine zentrale Dienstpflicht eines Vorgesetzten in Rede steht (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2013 - 2 WD 25.11 - juris Rn. 68). Die Befehlsautorität des Vorgesetzten und die Gehorsamsbereitschaft des Untergebenen sind ohne ein Vertrauensverhältnis zwischen ihnen nicht denkbar (BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 1989 - 2 WDB 4.89 - BVerwGE 86, 188 <194 f.>). Um dieses Vertrauensverhältnis zu begründen und zu erhalten, muss der Vorgesetzte jederzeit Gewähr dafür bieten, die rechtsstaatlichen Grenzen seiner Befehlsautorität zu wahren.

33

bb) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden ferner dadurch bestimmt, dass der Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Oberfeldwebel und auch seiner Dienststellung als Gruppenführer zum Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzungen Vorgesetzter der beiden Rekrutinnen war (§ 1 Abs. 3 Satz 1 SG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Mit seinem Verhalten gab der Soldat indes ein außerordentlich schlechtes Beispiel.

34

cc) Der Verstoß gegen soldatische Pflichten erfolgte zudem nicht vereinzelt, sondern mehrfach und dies zudem nach einem vergleichbaren Begehungsmuster sowohl hinsichtlich der Tatausführung als auch hinsichtlich der Motivlage.

35

dd) Der dadurch begangene Verstoß gegen die Fürsorgepflicht erlangt noch zusätzlich besonderes Gewicht dadurch, dass sich die Rekrutinnen B und C erst seit wenigen Tagen im Dienst der Bundeswehr befanden und der Soldat als Gruppenführer ihr Ausbilder war. Die Rekrutinnen verfügten weder über Erfahrungen mit den Schutzmechanismen gegen Übergriffe von Vorgesetzten noch über ein hinreichendes Selbstbewusstsein zur Durchsetzung ihrer Rechte. Mit den Möglichkeiten, sich gegen Fehlverhalten von Vorgesetzten zur Wehr zu setzen (Meldung, Wehrbeschwerde, etc.), waren sie noch nicht vertraut und durch die Sorge über etwaige nachteilige Folgen einer Meldung eingeschüchtert (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 2 WD 4.13 - juris Rn. 58).

36

b) Das Dienstvergehen hatte nachteilige Auswirkungen für die geschädigten Rekrutinnen und für den Dienstbetrieb.

37

Die sexuellen Belästigungen der Rekrutinnen haben diese jedenfalls kurzfristig erschüttert. Dies folgt aus den durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführten erstinstanzlichen Aussagen der Rekrutinnen B und C. Danach war das Fehlverhalten des Soldaten bei der Rekrutin B zumindest mitursächlich für deren Entschluss, den Dienst in der Bundeswehr nach nur wenigen Tagen wieder zu quittieren. Gegen den Soldaten spricht auch, dass sein Verhalten geeignet ist, jüngere Frauen von einer Bewerbung für den Dienst in den Streitkräften abzuschrecken. Die Pflichtverletzungen begründen eine abstrakte Gefahr, dass sich derartige Vorfälle in der Öffentlichkeit herumsprechen, wenn etwa die Zeugin B über ihre Erlebnisse bei der Bundeswehr berichtet, und dass sich so Vorurteile über den Dienst in den Streitkräften verfestigen. Der erstinstanzlichen Aussage der Zeugin C ist schließlich zu entnehmen, dass ihr insbesondere ihre durch den Soldaten veranlassten unwahren Angaben gegenüber der damaligen Disziplinarvorgesetzten zu schaffen gemacht haben. Diese Belastung wird dadurch bestätigt, dass nach der durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführten erstinstanzlichen Aussage des Zeugen F die Zeugin C "recht aufgelöst" war, weil sie nicht gewusst habe, welche Folgen sich für sie ergeben würden, wenn sie das Verhalten des Soldaten melden würde.

38

Das Dienstvergehen hatte ferner negative Auswirkungen auf die Personalplanung, weil der Soldat nach dem Bekanntwerden seines Übergriffs gegenüber der Rekrutin B auf einen anderen Dienstposten versetzt wurde. Das Dienstvergehen wurde zudem in der Einheit bekannt, auch wenn dies dort nicht zu Störungen der Betriebsabläufe führte. Dass die Pflichtverletzungen bei den Strafverfolgungsbehörden bekannt wurden, ist dem Soldaten hingegen nicht anzulasten (BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2015 - 2 WD 13.14 - juris Rn. 29).

39

c) Das Maß der Schuld des uneingeschränkt schuldfähigen Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Milderungsgründe in den Umständen der Tat liegen nicht vor.

40

d) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen für den Soldaten seine überdurchschnittlichen Leistungen, die ihm von allen früheren Disziplinarvorgesetzten und insbesondere vom aktuellen Disziplinarvorgesetzten bescheinigt werden.

41

aa) Die Beurteilungen des Soldaten und die Aussagen der (früheren) Disziplinarvorgesetzen zu dessen Leistungen bilden auch die Grundlage für die Annahme einer Nachbewährung. Zum einen hat sich der Soldat im Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von (im Jahr 2013) "6,90" auf (im Jahr 2015) "7,00" gesteigert; zum anderen hat der aktuelle Disziplinarvorgesetzte den Soldaten aktuell und weiterhin ganz oben im oberen Drittel vergleichbarer Soldaten eingeordnet, während er sich nach Aussage des früheren Disziplinarvorgesetzten, Oberstleutnant G, im Jahr 2014 leistungsmäßig noch im oberen Mittelfeld bzw. im unteren Bereich des oberen Drittels bewegt hat.

42

Der Nachbewährung steht auch nicht entgegen, dass nach der Aussage der früheren Disziplinarvorgesetzten A beim Soldaten nach den Vorfällen ein Leistungseinbruch eingetreten ist. Dieser war nur vorübergehend und stand im Zusammenhang mit familiären Problemen. Der Soldat hat diese Phase nach den Bekundungen der weiteren Leumundszeugen zwischenzeitlich überwunden und seine Leistungen danach bis zur Berufungshauptverhandlung kontinuierlich gesteigert.

43

bb) Einer Nachbewährung steht ebenso wenig entgegen, dass der Soldat, nachdem die Pflichtverletzungen aufgedeckt worden waren, an einem "Saufgelage" teilgenommen hat und dadurch negativ in Erscheinung getreten ist. Eine Nachbewährung setzt neben einer Leistungssteigerung zwar zusätzlich auch eine tadelfreie Führung voraus (BVerwG, Urteile vom 29. November 2012 - 2 WD 10.12 - juris Rn. 48 und vom 21. Januar 2016 - 2 WD 6.15 - juris Rn. 34), mit der er dokumentiert, dass er die Zweifel an seiner charakterlichen Integrität und fachlichen Eignung durch besonders korrekte Pflichterfüllung ausräumen will (BVerwG, Urteil vom 18. Februar 2016 - 2 WD 19.15 - juris Rn. 58). Da das allein von Hauptmann H monierte Verhalten des Soldaten jedoch folgenlos blieb, es insbesondere keine disziplinarische Ahndung oder eine erzieherische Maßnahme nach sich zog (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 2015 - 2 WD 12.14 - juris Rn. 60), geht der Senat nach dem Zweifelsgrundsatz davon aus, dass dem Soldaten in diesem Zusammenhang eine Pflichtverletzung nicht nachgewiesen werden konnte.

44

cc) Soweit der Soldat die Pflichtverletzungen durch seine nur teilweisen Einlassungen nicht grundsätzlich anerkannt hat, ist sein Aussageverhalten nicht maßnahmeerschwerend zu bewerten, weil für ihn keine Verpflichtung besteht, sich selbst zu belasten, und er insoweit von der Wahrheitspflicht gemäß § 13 Abs. 1 SG entbunden ist (BVerwG, Urteil vom 23. April 2015 - 2 WD 7.14 - juris Rn. 46 m.w.N.). Sein Aussageverhalten steht jedoch einer günstigen Persönlichkeitsbeurteilung des Inhalts entgegen, er habe Einsicht gezeigt und sich mit dem Dienstvergehen kritisch auseinander gesetzt (BVerwG, Urteil vom 12. März 2015 - 2 WD 3.14 - juris Rn. 76 m.w.N.).

45

e) Die Beweggründe sprechen gegen ihn. Soweit der Soldat erklärt, sich den Rekrutinnen aus Fürsorgegründen zugewandt zu haben, kaschiert er damit, dass er Fürsorge vorgab, um ihnen gegenüber aus sexuellen, mithin eigennützigen Gründen übergriffig werden zu können.

46

f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände trägt der erstinstanzliche Ausspruch lediglich eines Beförderungsverbotes den Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und der Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts nicht angemessen Rechnung.

47

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung von einem zweistufigen Prüfungsschema aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - juris Rn. 45):

48

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Bei sexuellen Belästigungen von Untergebenen durch Vorgesetzte im Dienst, wie sie vorliegend durch das Truppendienstgericht festgestellt worden sind, bildet eine Dienstgradherabsetzung den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Juni 2011 - 2 WD 21.10 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 56 Rn. 49 m.w.N. und vom 13. Februar 2014 - 2 WD 4.13 - juris Rn. 72).

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bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, - wie vorliegend - einen Spielraum eröffnet.

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze bewegt sich die den Schwerpunkt des einheitlich zu ahndenden Dienstvergehens (§ 18 Abs. 2 WDO) bildende sexuelle Belästigung der Rekrutinnen vom Spektrum möglicher Belästigungsformen her im mittleren Bereich. Der Soldat hat sich nicht auf verbale Übergriffe beschränkt, sondern die Rekrutinnen körperlich bedrängt und dies zusätzlich in intimer Weise dadurch, dass er sie gegen ihren Willen küsste bzw. zu küssen versuchte (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2011 - 2 WD 21.10 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 56 Rn. 35).

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Wie die Vorinstanz selbst bindend für den Senat und zutreffend feststellt, stellt das Verhalten des Soldaten eine sexuelle Belästigung dar. Jede sexuelle Belästigung ist eine besonders gravierende Form der groben Distanzlosigkeit. Die Qualifizierung als grobe Distanzlosigkeit rechtfertigt daher nicht schon die Annahme eines minderschweren Falls, zumal wenn wie hier körperliche Übergriffe Teil der Pflichtverletzung sind.

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Auch die Nachbewährung des Soldaten verlangt nicht, vom Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen abzuweichen. Das Gewicht dieses Milderungsgrundes wird durch den erschwerenden, nicht bereits beim Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen einbezogenen Umstand aufgewogen, dass der Soldat die Rekrutin C zusätzlich pflichtwidrig zu einer Falschaussage veranlasst und sie dadurch - zumal als Offizieranwärterin - in massive Loyalitätskonflikte gestürzt hat.

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Die Herabsetzung in den Dienstgrad eines Feldwebels ist auch deshalb geboten, weil der Soldat nicht nur Vorgesetzter, sondern auch Ausbilder von Rekrutinnen war, die sich erst seit wenigen Tagen im Dienst der Bundeswehr befanden und somit besonders schutzbedürftig waren. Zudem war sein Verhalten auch mitursächlich für die Entscheidung der Rekrutin B, aus der Bundeswehr wieder auszuscheiden. Sein Verhalten war damit in besonderer Weise geeignet, das Außenbild der Bundeswehr zu beschädigen und potentielle Bewerber für den Dienst in der Bundeswehr in einer dem Interesse seines Dienstherrn eklatant zuwiderlaufenden Weise abzuschrecken. Nur seine guten Leistungen, seine Nachbewährung und sein - wie von den Zeugen A, I und J bestätigt - nunmehr korrektes Verhalten Soldatinnen gegenüber rechtfertigten, die Herabsetzung auf einen Dienstgrad zu beschränken.

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Angesichts dieser erheblichen Folgen besteht auch kein Anlass zu einer Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist nach § 62 Abs. 3 Satz 3 WDO.

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3. Da die Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft Erfolg hat, sind die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WDO dem Soldaten aufzuerlegen. Anlass, ihn aus Billigkeitsgründen (§ 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WDO) ganz oder teilweise davon oder von den ihm im Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen (§ 140 Abs. 3 Satz 3 WDO) zu entlasten, besteht nicht.