Entscheidungsdatum: 12.02.2015
1. Bei einem eigenmächtigen Fernbleiben eines Soldaten vom Truppendienst über acht Tage ist die Dienstgradherabsetzung Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.
2. Eine Dienstgradherabsetzung kann auch in den Dienstgrad eines Oberstabs- oder Stabsgefreiten erfolgen.
Der 26 Jahre alte Soldat wurde nach dem erweiterten Realschulabschluss und einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann mit Wirkung vom 1. August 2008 unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum Stabsunteroffizier ernannt. Seine auf acht Jahre verlängerte Dienstzeit endet mit Ablauf des 31. März 2016.
Er hatte verschiedene Dienstposten bei der .../Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst und der .../Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst in L. inne. Vom 8. Oktober 2010 bis zum 31. März 2011 war der Soldat zum Einsatzverband ISAF nach Mazar-e-Sharif/Afghanistan kommandiert. Dort war er als Materialbewirtschaftungsfeldwebel eingesetzt und hatte die Verantwortung für die Versorgung der Sanitätskompanie mit NVG und EVG, war Materialverantwortlicher und logistischer Berater des Kompaniechefs der Sanitätskompanie, führte die Waffenkammer und bewirtschaftete die Munition. Nach seiner Rückkehr zu seiner Stammeinheit nach L. war er als Materialnachweisunteroffizier eingesetzt, bis er zum 1. September 2014 zum Logistikbataillon ... nach B. versetzt und in der S 4-Stabsabteilung verwendet wurde.
Der Soldat wurde noch nicht planmäßig beurteilt.
Der Beurteilungsbeitrag für die besondere Auslandsverwendung vom 9. März 2011 bewertete die Erfüllung der Anforderungen mit der Höchstnote “D“. Stabsunteroffizier ... sei ein junger engagierter, äußerst loyaler und leistungsfähiger Unteroffizier, der sich uneingeschränkt mit dem Soldatenberuf identifiziere. Er habe alle seine Aufträge stets zuverlässig und zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erledigt. Durch sein bereits jetzt sehr umfangreiches Fachwissen und seine hervorragende physische und psychische Belastbarkeit habe er auch schwierige und für ihn neue Situationen stets beherrschen können. In seinem breit gefächerten Verantwortungsbereich habe Stabsunteroffizier ... stets vorausschauend gehandelt und seine sehr guten Fachkenntnisse effektiv eingesetzt. Diese habe er durch großes persönliches Interesse an seinem Auftrag ständig aktualisiert und erweitere sie fortwährend. Darüber hinaus verfüge Stabsunteroffizier ... über hervorragende Vorschriftenkenntnisse, welche er konsequent im Sinne der übergeordneten Führung nutze, und sei dabei ein hoch geschätzter Berater für Untergebene, Gleichgestellte und Vorgesetzte. Er habe die Kompanie auch außerhalb seines direkten Verantwortungsbereiches stets beispielhaft tatkräftig unterstützt und so zu einem reibungslosen Erfüllen des Kompanieauftrages beigetragen.
Die Sonderbeurteilung vom 25. April 2014 bewertete die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Schnitt mit “7,80“.
Der beurteilende Vorgesetzte hob die fachliche Leistungsfähigkeit und die Sozialkompetenz des Soldaten hervor, der seine physische und psychische Belastbarkeit wiederholt unter Beweis gestellt habe. Er verwies vor allem auf die Integrität, Teamfähigkeit und Empathiefähigkeit des Soldaten. Er solle und müsse in die Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee übernommen werden.
Der Stellung nehmende weitere Vorgesetzte beschrieb den Soldaten als Unteroffizier, der aus der Menge der Kameradinnen und Kameraden deutlich positiv hervorsteche. Er sei sehr fleißig, loyal, effizient und von tadellosem Auftreten, zeige außergewöhnlich hohe und gute Leistungen mit entsprechenden Ergebnissen und solle in die Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee übernommen werden.
Der frühere Disziplinarvorgesetzte des Soldaten, Hauptmann F., hat diesen in seiner in der Berufungshauptverhandlung verlesenen Aussage vor dem Truppendienstgericht als ruhigen, bescheiden auftretenden, sehr guten Kameraden beschrieben, der stets höflich und zuvorkommend sei. Durch seine extrem ruhige Art sei die Stimmungslage des Soldaten schwer einzuschätzen. Ihm sei er aber durchweg positiv aufgefallen. Im Einsatz habe der Soldat einen fordernden Job im Umgang mit Waffen und Munition gehabt und für seine Tätigkeit eine sehr positive Bewertung erhalten.
Der frühere Fachvorgesetzte, Hauptmann M., dessen Aussage beim Truppendienstgericht in der Berufungshauptverhandlung ebenfalls verlesen worden ist, hat ausgeführt, der Soldat sei immer pünktlich gewesen und habe auch freiwillig über die Dienstzeit hinaus Arbeiten angeboten. Der alte Leistungsstand sei durch das Verfahren nicht gefährdet worden. Ob eine Leistungssteigerung vorgelegen habe, könne er nicht sagen. Der Soldat habe im Laufe der Zeit an Erfahrung gewonnen und insofern auch seine Leistungen gesteigert. Er sehe ihn im oberen Leistungsdrittel.
Der gegenwärtige Disziplinarvorgesetzte des Soldaten in B., Hauptmann B., hat in seiner mit Einverständnis der Beteiligten verlesenen schriftlichen Stellungnahme vom 17. Dezember 2014 den Soldaten als aufgeweckten, reifen, nachdenklichen und verantwortungsbewussten Soldaten charakterisiert, der die Pflichtverletzung sehr bereue. Der gegenwärtige Fachvorgesetzte des Soldaten schätze ihn aufgrund seines Auftretens als sehr korrekt, menschlich und ehrlich ein.
Der Soldat ist Träger der Einsatzmedaillen der Bundeswehr und der NATO für den ISAF-Einsatz.
Der Disziplinarbuchauszug vom 14. Januar 2015 enthält keine Eintragung. Die Auskunft aus dem Zentralregister vom 7. Januar 2015 verweist auf das teilweise sachgleiche Urteil des Amtsgerichts L. vom 21. November 2011, rechtskräftig seit dem 29. November 2011, durch das wegen eigenmächtiger Abwesenheit nach § 15 WStG vom 4. bis 11. Juli 2011 eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40 € verhängt worden ist.
Der Soldat ist ledig und kinderlos. Nach der Auskunft des Bundesverwaltungsamtes vom 7. Januar 2015 erhält er Bezüge in Höhe von 2 285,95 € brutto. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge werden ihm tatsächlich 1 943,79 € ausgezahlt.
In der Berufungshauptverhandlung hat der Soldat ergänzend ausgeführt, er habe keine Schulden. Seit Januar 2015 nehme er im Rahmen des Berufsförderungsdienstes an einer Schulung zum Wirtschaftsfachwirt teil. Anschließend plane er ein Praktikum und eventuell ein Studium oder eine Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt.
1. Das Verfahren ist nach Anhörung des Soldaten am 20. Februar 2012 mit Verfügung des Befehlshabers des Sanitätsführungskommandos vom 14. März 2012, dem Soldaten ausgehändigt am 20. März 2012, eingeleitet worden. Die Vertrauensperson ist am 28. Februar 2012 angehört, ihre Stellungnahme dem Soldaten bekannt gegeben worden.
Nach Verzicht auf die Gewährung des Schlussgehörs hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft zunächst nach einer Neufassung der Anschuldigungsvorwürfe dem Soldaten erneut Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und ihm dann mit Anschuldigungsschrift vom 23. Mai 2012, zugestellt am 12. Juni 2012, ein Dienstvergehen zur Last gelegt.
2. Mit Beschluss vom 6. Mai 2013 wurde dem Soldaten gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 WDO für das Verfahren vor dem Truppendienstgericht ein Verteidiger bestellt.
Die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Nord hat den Soldaten mit Urteil vom 3. Dezember 2013 wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Hauptgefreiten herabgesetzt.
Die Kammer hat die folgenden Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils des Amtsgerichts L. vom 21. November 2011 zugrunde gelegt:
"Vom 04.07.2011 bis zum 11.07.2011 blieb der Angeklagte seiner in L. stationierten Truppe der Bundeswehr als Soldat wissentlich und willentlich unentschuldigt fern."
Ergänzend hat die Kammer auf der Grundlage der geständigen Einlassung des Soldaten und der Zeugenaussagen Folgendes festgestellt:
“Zu Anschuldigungspunkt 1:
Dem Soldaten war gemäß Tagesdienstplan vom 21. September 2010 für die 27. Kalenderwoche befohlen, den Dienst in seiner Einheit, der .../Kdo SES Stabsquartier in ... L., am Montag, 4. Juli 2011 um 07:00 Uhr zu beginnen. Er erschien an diesem und den folgenden Tagen bis zu seiner Rückkehr am Montag, 11. Juli 2011 gegen 16:30 Uhr ohne rechtfertigenden Grund nicht zum Dienst bei seiner Einheit in der ...-Kaserne in L. . Er meldete sich erst am darauf folgenden Dienstag, dem 12. Juli 2011 zum Dienstbeginn um 07:00 Uhr bei seiner Einheit.
Zu Anschuldigungspunkt 2:
Zu Beginn seiner eigenmächtigen Abwesenheit am Montag, dem 4. Juli 2011, hatte der Soldat seiner Einheit zwar telefonisch mitgeteilt, dass er sich krank melden werde, setzte dies aber anschließend nicht um. Da er bei seiner Rückkehr zur Einheit am 12. Juli 2011 den für eine Krankmeldung erforderlichen Krankenmeldeschein nicht vorlegen konnte, wurde er von Hauptmann A. zum Dienstbeginn am Dienstag, dem 12. Juli 2011 unter Hinweis auf seine Wahrheitspflicht zum Vorwurf der unerlaubten Abwesenheit - allerdings nur bezogen auf den 11. Juli 2011 - vernommen. In dieser Vernehmung gab er unter anderem an, er habe sich am 4. Juli 2011 beim Truppenarzt im Sanitätszentrum (SanZ) B. krank gemeldet. Er sei dann zum Zahnarzt überwiesen und durch Dr. med. H. in M. bis zum 8. Juli 2011 krankgeschrieben worden. Tatsächlich hatte sich der Soldat aber weder bei Ärzten vorgestellt noch wurde er krankgeschrieben, sondern befand sich in der Zeit vom 4. Juli 2011 bis 11. Juli 2011 zu Hause.“
Der Soldat habe damit vorsätzlich die Treuepflicht aus § 7 SG verletzt, zu der es gehöre, seinen militärischen Dienst zu leisten. Der Tagesdienstplan sei ein Befehl, dem der Soldat durch das Fernbleiben vom Dienst nicht nachgekommen sei, sodass auch die Gehorsamspflicht aus § 11 Abs. 1 Satz 1 SG verletzt sei. Im Rahmen der Vernehmung vom 12. Juli 2011 sei der über die Wahrheitspflicht belehrte Soldat verpflichtet gewesen, seinem Disziplinarvorgesetzten, der noch nicht im Auftrag der Wehrdisziplinaranwaltschaft ermittelt habe, die Wahrheit zu sagen. Daher verletzten die unwahren Angaben die Wahrheitspflicht aus § 13 Abs. 1 SG. Insgesamt habe der Soldat auch die Wohlverhaltenspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 2. Alt SG verletzt und hafte als Vorgesetzter nach § 10 Abs. 1 SG verschärft.
Das Dienstvergehen wiege sehr schwer. Das Schwergewicht liege in der zentralen Pflicht zum treuen Dienen. Der Soldat habe durch das Fernbleiben vom Dienst nicht nur seine soldatische Pflicht zur Dienstleistung verletzt, sondern auch kriminelles Unrecht im Sinne von § 15 Abs. 1 WStG begangen und damit im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt. Dies berühre die Einsatzbereitschaft der Truppe und erschüttere die Grundlagen des Dienstverhältnisses. Grundsätzlich wiege die Verletzung der Wahrheitspflicht ebenfalls schwer. Hier sei aber die emotionale Stresssituation bei der Aussage mildernd zu berücksichtigen. Diese Pflichtverletzung wirke sich nicht entscheidend zu Lasten des Soldaten aus. Schwer wiege aber die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen, die funktionalen Bezug zur Erfüllung des Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebes habe. Das Maß der Schuld werde durch den Vorsatz bestimmt. Der Soldat sei voll schuldfähig. Bei kürzerer unerlaubter Abwesenheit sei eine Dienstgradherabsetzung, bei länger dauernder, wiederholter eigenmächtiger Abwesenheit oder Fahnenflucht die Höchstmaßnahme Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Bei einem Fernbleiben von elf Tagen sei jedenfalls von einer länger dauernden Abwesenheit auszugehen, während bei fünf Tagen noch von einer “kürzeren“ unerlaubten Abwesenheit gesprochen werden könne. Vorliegend erstrecke sich die eigenmächtige Abwesenheit auf acht Tage. Die Grenze zum strafrechtlich relevanten Fehlverhalten nach § 15 Abs. 1 WStG sei deutlich überschritten. Ein Zusammenhang mit einer Maßnahme der Berufsförderung am Dienstzeitende bestehe nicht. Die Einleitung von Nachforschungen habe der Soldat zudem durch den Hinweis auf den angeblich geplanten Arztbesuch verzögert. Von der Verhängung der Höchstmaßnahme könne aber abgesehen werden. Der Soldat habe nicht wegen einer grundsätzlich negativen Haltung gegenüber seinen Dienstpflichten gehandelt. Er habe sich in einer neuen Verwendung unterfordert gefühlt. Ihm sei zwar vorzuwerfen, dass er mit seinen Vorgesetzten nicht über die ihn belastende Unterforderung gesprochen habe. Dies sei aber seinem eher ruhigen Charakter zuzuschreiben. Der Soldat dürfe aber nicht selbst über die Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben entscheiden. Die Auswirkungen der Tat seien gering. Der Soldat hätte Urlaub nehmen können. Die Kammer sehe keine gravierenden Defizite der persönlichen Integrität des Soldaten, die zu einem endgültigen Vertrauensverlust führen würden. Die Verfehlung sei ein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Ereignis, aber keine Augenblickstat. Für ihn sprächen die Unrechtseinsicht und sein Geständnis sowie die gleichbleibende Leistungshöhe während des Disziplinarverfahrens. Das Absehen von einer Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG zeige, dass noch Vertrauen in den Soldaten bestehe. Eine Dienstgradherabsetzung sei geboten, aber auch ausreichend. Ein Vorgesetztendienstgrad könne dem Soldaten aber nicht belassen werden. Die Dienstgrade des Oberstabsgefreiten und Stabsgefreiten müssten tadelfreien, besonders bewährten Mannschaftsdienstgraden vorbehalten bleiben, sodass der Soldat in den Dienstgrad eines Hauptgefreiten herabzusetzen sei. Die Wiederbeförderungssperre könne verkürzt werden.
3. Gegen das ihm am 15. Januar 2014 zugestellte Urteil hat der Soldat am Montag, den 17. Februar 2014 beschränkt auf die Maßnahmebemessung Berufung eingelegt.
Die Kammer habe eine zu harte Maßnahme verhängt, weil sie die Schwere des Dienstvergehens schematisch an die Dauer des Fernbleibens geknüpft und die Umstände nicht hinreichend gewürdigt habe. Die Degradierung um zwei Dienstgrade in einen Mannschaftsdienstgrad sei nicht zwingend aus Eigenart und Schwere des Dienstvergehens herzuleiten. Den personenbezogenen Zumessungskriterien komme besondere Bedeutung zu. Die Kammer habe viele für den Soldaten sprechende Umstände angeführt, diese aber nur zur Begründung des Abweichens von der Höchstmaßnahme genutzt, die sie gar nicht in Betracht gezogen habe. Bei angemessener Berücksichtigung dieser Umstände müsse die Maßnahme milder ausfallen. Es handele sich um eine persönlichkeitsfremde Fehlleistung, die nicht Folge einer charakterlichen Prägung oder einer negativen Einstellung zu den Dienstpflichten sei. Vielmehr sei der Soldat überdurchschnittlich leistungsstark. Er habe Unrechtseinsicht und Reue gezeigt und ein Geständnis abgelegt. Seine Leistungen seien auch nach dem Vorfall dem oberen Drittel seiner Vergleichsgruppe zuzurechnen. Der Soldat habe in einer psychischen Ausnahmesituation gehandelt, weil er nach einer anspruchsvollen höherwertigen Verwendung im Auslandseinsatz nach seiner Rückkehr zu seinem Stammtruppenteil durch eine “faktische Verwendungslosigkeit“ aus der Bahn geschleudert worden sei.
Mit Beschluss vom 16. April 2014 ist Rechtsanwalt H. für das Berufungsverfahren zum Verteidiger des Soldaten bestellt worden.
Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet.
Das von dem Soldaten eingelegte Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt worden. Der Senat hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbotes (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 331 StPO) über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
1. Das Truppendienstgericht hat festgestellt, dass der Soldat wissentlich und willentlich entgegen dem Befehl eines Tagesdienstplans vom 4. Juli 2011 bis zum 11. Juli 2011 dem militärischen Dienst ferngeblieben ist. Außerdem habe er in einer Vernehmung nach Hinweis auf seine Wahrheitspflicht bewusst wahrheitswidrig angegeben, er habe sich am 4. Juli 2011 beim Truppenarzt krankgemeldet, sei zum Zahnarzt überwiesen und durch diesen bis zum 8. Juli 2011 krankgeschrieben worden. Dies hat das Truppendienstgericht als vorsätzliche Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG), der Gehorsamspflicht (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SG), der Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) und der Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. SG) gewürdigt.
Diese Schuldfeststellungen sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit bindend. Ob die Tat- und Schuldfeststellungen vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom Senat nicht überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt.
2. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr", vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Juni 2008 - 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 Rn. 23 m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen. Hiernach ist die vom Truppendienstgericht verhängte Dienstgradherabsetzung in ihrem Umfang zu mildern.
a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen schwer.
Das Schwergewicht der Verfehlung liegt in der Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG). Sie gehört zu den zentralen Pflichten eines Soldaten, deren Verletzung von erheblicher Bedeutung ist. Der besondere Unrechtsgehalt des Dienstvergehens folgt daraus, dass der Soldat nicht nur gegen seine soldatische Pflicht zur Dienstleistung, sondern auch gegen seine Pflicht zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung, vor allem der Beachtung der Strafgesetze, in erheblichem Umfang verstoßen und kriminelles Unrecht im Sinne von § 15 Abs. 1 WStG begangen hat. Ein Soldat, der der Truppe unerlaubt fernbleibt, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten. Die Bundeswehr kann die ihr obliegenden Aufgaben nur dann hinreichend erfüllen, wenn nicht nur das innere Gefüge der Streitkräfte so gestaltet ist, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen ist, sondern auch ihre Angehörigen im erforderlichen Maße jederzeit präsent und einsatzbereit sind. Der Dienstherr muss sich darauf verlassen können, dass jeder Soldat seinen Pflichten zur Verwirklichung des Verfassungsauftrages der Bundeswehr nachkommt und alles unterlässt, was dessen konkreter Wahrnehmung zuwiderläuft. Dazu gehören insbesondere die Pflichten zur Anwesenheit und gewissenhaften Dienstleistung (vgl. BVerwG, z.B. Urteile vom 26. Januar 2006 - 2 WD 2.05 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 50 und vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 6). Die Verletzung der Pflicht zur militärischen Dienstleistung berührt nicht nur die Einsatzbereitschaft der Truppe, sie erschüttert auch die Grundlagen des Dienstverhältnisses selbst (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2009 - 2 WD 17.08 - BVerwGE 134, 379).
Der Gehorsamsverstoß wiegt schwer (BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 2 WD 16.12 - juris Rn. 48). Die Pflicht zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 SG) gehört zu den zentralen Dienstpflichten eines jeden Soldaten. Alle Streitkräfte beruhen auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam. Vorsätzlicher Ungehorsam stellt daher stets ein sehr ernstzunehmendes Dienstvergehen dar (BVerwG, Urteil vom 16. März 2011 - 2 WD 40.09 - Rn. 52 m.w.N.). Fehlt die Bereitschaft zum Gehorsam, kann die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr in Frage gestellt sein.
Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sind auch durch die Verletzungen der dienstlichen Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) gekennzeichnet (vgl. dazu insb. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2011 - 2 WD 4.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 7 Rn. 23). Ein Soldat, der gegenüber Vorgesetzten und Dienststellen der Bundeswehr in dienstlichen Angelegenheiten unwahre Erklärungen abgibt, büßt hierdurch allgemein seine Glaubwürdigkeit ein. Die Bedeutung der Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) kommt schon darin zum Ausdruck, dass diese - anders als z.B. bei Beamten - für Soldaten gesetzlich ausdrücklich geregelt ist. Eine militärische Einheit kann nicht ordnungsgemäß geführt werden, wenn sich die Führung und die Vorgesetzten nicht auf die Richtigkeit abgegebener Meldungen, Erklärungen und Aussagen Untergebener verlassen können. Denn auf ihrer Grundlage müssen im Frieden und erst recht im Einsatzfall gegebenenfalls Entschlüsse von erheblicher Tragweite gefasst werden (stRspr, vgl. BVerwG, u.a. Urteil vom 11. Juni 2008 - 2 WD 11.07 - m.w.N.
Aber auch die Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) wiegt schwer. Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat, insbesondere - wie hier - ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (stRspr, BVerwG, z.B. Urteile vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - juris Rn. 27 - m.w.N. - und vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - juris Rn. 29
Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden hier des Weiteren dadurch bestimmt, dass der Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Stabsunteroffizier in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2009 - 2 WD 7.08 - m.w.N. -, vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - Rn. 28 und vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - juris Rn. 30
b) Das Dienstvergehen hatte nachteilige Auswirkungen für den Dienstherrn, dem für den Zeitraum des Fernbleibens die Arbeitskraft des Soldaten nicht zur Verfügung stand, obwohl er dessen Bezüge zahlte.
Der finanzielle Schaden des Bundes ist durch die nach den glaubhaften Angaben des Soldaten in der Berufungshauptverhandlung erfolgte Rückzahlung der Bezüge für den fraglichen Zeitraum wiedergutgemacht worden, war aber eingetreten.
Nach den in der Berufungshauptverhandlung verlesenen Aussagen des Fachvorgesetzten Hauptmann M. ist das Dienstvergehen im Kameradenkreis bekannt geworden, hat dort aber nicht zur Beschädigung des Ansehens des Soldaten, sondern zu Unverständnis, Sorge und Mitleid geführt. Von Unruhe, Störungen des Dienstbetriebs oder Beschädigungen des Ansehens des Soldaten ist in keiner Aussage eines Zeugen die Rede gewesen, auch nicht im Verhältnis zum Vorgesetzten.
c) Die Beweggründe des früheren Soldaten sprechen nicht für ihn.
Nach eigenen Angaben war er nach seiner Rückkehr aus dem Auslandseinsatz, in dem er sich auf einem höherwertigen Dienstposten sehr gut bewährt hatte, deutlich unterfordert, weil er mangels eines SAP-Lehrganges im Wesentlichen nur mit der aus seiner Sicht sinnlosen und seiner bisherigen Verwendung und Ausbildung nicht entsprechenden Führung eines IT-Bestandsverzeichnisses beschäftigt werden konnte. Die Frustration über diese Situation mag nachvollziehbar sein. Es zeugt aber von einer nicht altersangemessenen Unreife, hierauf mit dem Fernbleiben vom Dienst zu reagieren, zumal der Soldat nach eigenen Angaben von der Möglichkeit, seine Vorgesetzten auf seine Unterforderung anzusprechen und um die Zuweisung zusätzlicher Aufgaben zu bitten, gar keinen Gebrauch gemacht hatte.
d) Das Maß der Schuld des voll schuldfähigen Soldaten wird durch sein vorsätzliches Handeln bestimmt.
aa) Ein Milderungsgrund in den Umständen der Tat, der die Schuld des Soldaten mindert (BVerwG, vgl. z.B. Urteil vom 23. September 2008 - 2 WD 18.07 m.w. N.), liegt im Hinblick auf die Wahrheitspflichtverletzung durch das freiwillige Offenbaren des Fehlverhaltens (BVerwG, Urteil vom 9. März 1995 - 2 WD 1.95 - BVerwGE 103, 217 <218> m.w.N.) vor.
Freiwillig ist die Offenbarung eines Fehlverhaltens, wenn sie ohne äußeren oder inneren zwingenden Anlass erfolgt und wenn das Verhalten des Soldaten erkennbar von Einsicht oder Reue bestimmt ist (objektiv nachträgliche Prognose). Der Soldat ist einen Tag nach der Falschaussage während der Vernehmung erneut bei seinem Disziplinarvorgesetzten erschienen und hat noch vor einer Nachfrage beim zuständigen Truppenarzt und dem von ihm benannten Zahnarzt und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem er noch nicht durch Beweismittel überführt war, die Falschaussage richtiggestellt. Daher wertet der Senat sein Geständnis als freiwillig.
bb) Zur Überzeugung des Senates hat der Soldat trotz der für ihn unbefriedigenden dienstlichen Situation nach seiner Rückkehr aus dem Auslandseinsatz nicht unter dem Eindruck einer psychischen Ausnahmesituation versagt.
Das Handeln in einer seelischen Ausnahmesituation kann zwar einen Milderungsgrund in den Umständen der Tat begründen (vgl. dazu BVerwG, z.B. Urteil vom 16. Oktober 2002 - 2 WD 23.01, 32.02 - BVerwGE 117, 117 <124> = Buchholz 236.1 § 13 SG Nr. 9 S. 16 f. m.w.N.).
Die Belastungsfaktoren, auf die sich der Soldat vorliegend beruft, begründen aber keine außergewöhnlichen Besonderheiten seiner Situation zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlungen. Diese Umstände erreichen hier nämlich keinen so hohen Grad an Zuspitzung, dass ein normgemäßes Verhalten kaum noch erwartet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2014 - 2 WD 10.13 - Rn. 78).
Der Soldat war nach seinen eigenen Ausführungen in der Berufungshauptverhandlung nicht ohne jede Beschäftigung. Vielmehr hatte er mit der Führung des IT-Bestandsverzeichnisses und mit der Bearbeitung von Schadensfällen eine Aufgabe erhalten, die seine Dienstzeit auch ausfüllte. Dass er selbst diese Tätigkeit nicht für sinnvoll hielt und sie auch nicht den Aufgaben entsprach, die er zuvor erledigt hatte, begründet keine schwere psychische Belastung. Vielmehr muss von einem Soldaten erwartet werden, dass er die ihm übertragenen Aufgaben auch dann erfüllt, wenn er dadurch deutlich weniger gefordert wird als bisher und er selbst der Einschätzung seiner Vorgesetzten zum Sinn der Aufgabe nicht folgen kann. Mit Phasen geringerer Arbeitszufriedenheit muss jeder Angehörige des öffentlichen Dienstes rechnen. Diese Umstände begründen keine außergewöhnlichen Besonderheiten. Da der Soldat nach seinen eigenen Angaben mehrfach truppenärztlich untersucht worden ist, ohne dass eine psychische Erkrankung diagnostiziert werden konnte, liegt es auch fern, dass die Fortdauer der subjektiv als unbefriedigend empfundenen Situation gravierende psychische Beeinträchtigungen mit sich gebracht hätte.
Auch eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat liegt im Hinblick auf das Fernbleiben vom Dienst nicht vor, weil die Dauer der Tat ein Augenblicksversagen ausschließt.
Dass ein “klassischer“ Milderungsgrund in den Umständen der Tat nicht erfüllt ist, schließt es allerdings nicht aus, die genannten Umstände des beruflichen Umfeldes - wenn auch mit geringerem Gewicht - zugunsten des Soldaten bei der Bemessung zu würdigen (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 WD 14.13 - Rn. 28). Der Senat berücksichtigt zugunsten des Soldaten, dass sein Fehlverhalten angesichts seiner durch den Beurteilungsbeitrag, die Sonderbeurteilung und die Zeugenaussagen dokumentierten Zuverlässigkeit und seines Diensteifers persönlichkeitsfremd war.
e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien “Persönlichkeit“ und “bisherige Führung“ sind dem Soldaten seine guten dienstlichen Leistungen vor der Tat zugute zu halten, die insbesondere durch den Beurteilungsbeitrag für den Auslandseinsatz, aber auch durch die Bekundungen des Disziplinar- und des Fachvorgesetzten belegt sind. Hiernach hat er sich sowohl bei seiner Stammeinheit im Inland als auch im Auslandseinsatz auf höherwertigen Dienstposten überzeugend bewährt und damit deutlich überdurchschnittliche Leistungen erbracht.
Er hat sich nach dem unüberlegten, ersten Verschleierungsversuch geständig eingelassen und schon in der zweiten Vernehmung auch die Bereitschaft zur Wiedergutmachung bekundet. Diese hat er nach seinen glaubhaften Angaben in der Berufungshauptverhandlung und den in dieser verlesenen Aussagen seines Fachvorgesetzten auch durch die Bereitschaft zur Übernahme von Aufgaben am Wochenende und über die reguläre Dienstzeit hinaus dokumentiert. An Reue und Unrechtseinsicht hat der Senat daher keine Zweifel.
Der Senat hält dem Soldaten auch eine Nachbewährung (zu den Anforderungen vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 WD 10.12 - Rn. 48.) zugute. Nach den Äußerungen seines Fachvorgesetzten beim Truppendienstgericht mag diese noch fraglich gewesen sein. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich erstellte Sonderbeurteilung ist eine deutliche Leistungssteigerung, in der maßgeblich der Wille zum Ausdruck kommt, Zweifel an der Leistungsbereitschaft und Zuverlässigkeit des Soldaten auszuräumen, zur Überzeugung des Senats jedoch nachgewiesen. Die Leistungssteigerung wird nicht nur durch die sehr gute Benotung der erbrachten Leistungen dokumentiert, sondern vor allem dadurch, dass sich der beurteilende und der weitere Vorgesetzte nachdrücklich für eine Übernahme des Soldaten in die Feldwebellaufbahn ausgesprochen haben.
Für ihn spricht auch die fehlende disziplinäre und strafrechtliche Vorbelastung, auch wenn diesem Umstand kein großes Gewicht zukommt, da der Soldat hiermit nur die Mindesterwartungen seines Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt, aber keine Leistung erbringt, die ihn aus dem Kreis der Kameraden heraushebt.
f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts eine Dienstgradherabsetzung um zwei Dienstgrade erforderlich und angemessen.
Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2010 - 2 WD 9.09 - juris Rn. 35 ff.) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:
aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".
Das Truppendienstgericht geht mit Recht davon aus, dass der Schwerpunkt des Fehlverhaltens im Fernbleiben vom Dienst über den Zeitraum von acht Tagen liegt.
Für Fälle des (vorsätzlichen) eigenmächtigen Fernbleibens eines Soldaten von der Truppe ist aus spezial- und generalpräventiven Gründen bei kürzerer unerlaubter Abwesenheit Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung, gegebenenfalls bis in den Mannschaftsdienstgrad; bei länger dauernder, wiederholter eigenmächtiger Abwesenheit oder Fahnenflucht ist das Dienstvergehen so schwerwiegend, dass es regelmäßig die Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder den Ausspruch der sonst gebotenen Höchstmaßnahme indiziert (vgl. BVerwG, Urteile vom 4. September 2009 - 2 WD 17.08 - juris m.w.N.
Bei einem eigenmächtigen Fernbleiben über acht Tage ist die Dienstgradherabsetzung Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.
Von einer Entfernung aus dem Dienstverhältnis als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen auszugehen, setzt voraus, dass durch das in Rede stehende Dienstvergehen regelmäßig die Vertrauensgrundlage zwischen dem Dienstherrn und dem Soldaten unheilbar zerstört ist und dem Dienstherrn deshalb die Fortsetzung des Dienstverhältnisses grundsätzlich nicht mehr zugemutet werden kann. Wird ein solches Gewicht des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst allein aus seiner Dauer abgeleitet, dann muss diese für einen objektiven Beobachter den äußeren Anschein begründen, der Soldat habe sich innerlich vom Dienstherrn und seinen Dienstpflichten gelöst. In diesem Fall indiziert nämlich die reine Dauer des Fernbleibens eine Haltung eines Soldaten, die der die Strafbarkeit als Fahnenflucht begründenden Absicht an Schwere gleichkommt und deshalb auch in gleicher Weise das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Integrität eines Soldaten zerstört.
Bemessungserwägungen sind nicht schematisch an Tatbestandselemente des Strafrechts anzuknüpfen (vgl. BVerwG, auch Urteil vom 30. Oktober 2012 - 2 WD 28.11 - BVerwGE 145, 31 = Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 41 Rn. 53). Die Einstufung eines Verhaltens als Wehrstraftat indiziert nicht bereits die disziplinarische Ahndung mit der Verhängung der Höchstmaßnahme. Das Überschreiten der zeitlichen Grenze der Einstufung als Wehrstraftat nach § 15 Abs. 1 WStG ist für die Abgrenzung der kürzeren von der längeren Dauer im Sinne der o.g. Bemessungserwägungen nicht ausschlaggebend. Ob bei einem Fernbleiben über elf Tage hiernach von einem länger dauernden Fernbleiben gesprochen werden kann (so das BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 WD 6.11 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 35 Rn. 30), bedarf hier keiner Entscheidung. Ein Fernbleiben über acht Tage ist jedenfalls noch nicht als länger dauernd zu werten. Denn ein Fernbleiben über einen Zeitraum, der über den regulären Urlaubsanspruch ohne Weiteres abgedeckt werden könnte, dokumentiert in aller Regel bei objektiver Betrachtung noch keine Abkehr vom Dienstherrn, weil dies eine Zeitspanne ist, nach der ein Soldat typischerweise wieder zurückkommt.
bb) Auf der zweiten Stufe ist dann zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet.
Die Verhängung einer der Art nach anderen Maßnahme als eine Dienstgradherabsetzung ist nicht geboten:
Zu der den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bestimmenden Verletzung der zentralen Dienstleistungspflicht aus § 7 SG treten mit der Gehorsamspflichtverletzung und der Wahrheitspflichtverletzung weitere gewichtige Verletzungen soldatischer Kernpflichten hinzu. Diese schließen trotz der angeführten Milderungsgründe in der Person des Soldaten eine Milderung der Maßnahmeart aus. Wegen der Milderungsgründe ist es aber auch nicht erforderlich, im Hinblick auf die weiteren Pflichtverletzungen die Höchstmaßnahme in Betracht zu ziehen.
Hier verlangen die erschwerenden Umstände, namentlich die bei der Bestimmung des Ausgangspunktes der Zumessungserwägungen noch nicht berücksichtigten Verletzungen der Wahrheits- und der Gehorsamspflicht, zwar eine Herabsetzung um mehr als einen Dienstgrad, sodass dem Soldaten ein Vorgesetztendienstgrad nicht mehr belassen werden kann. Die für ihn sprechenden, mildernden Umstände, insbesondere die freiwillige Offenbarung der unwahren Angaben wie die in seiner Person und den Tatumständen liegenden Aspekte, wiegen das Gewicht der erschwerenden Umstände aber soweit auf, dass die Herabsetzung auf zwei Dienstgrade beschränkt werden kann.
Ist eine Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad tat- und schuldangemessen, sind die Dienstgrade des Stabs- und Oberstabsgefreiten nicht von der Betrachtung ausgenommen. Soweit der Senat in der Vergangenheit eine andere Auffassung vertreten hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1995 - 2 WD 3.95 - BVerwGE 103, 246 <248>), hält er hieran nicht fest (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 24. April 2014 - 2 WD 39.12 - Rn. 49 ff.).
Das verfassungsrechtlich verankerte Schuldprinzip verlangt, die Sanktion tat- und schuldangemessen festzusetzen. Ist nach dem Gewicht von Tat und Schuld die Herabsetzung in einen Spitzendienstgrad der Mannschaften geboten, widerspräche es dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, stattdessen in einen niedrigeren Mannschaftsdienstgrad zu degradieren. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende und auch für das Disziplinarrecht geltende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet die Verhängung einer schwereren Disziplinarmaßnahme als die nach den Bemessungsfaktoren des § 38 Abs. 1 WDO gebotenen Maßnahme. Bei der Dienstgradherabsetzung sind die Gerichte nur an die Beschränkungen gebunden, die ihnen die Wehrdisziplinarordnung auferlegt; es kommt nicht darauf an, ob der zu degradierende Soldat die Voraussetzungen für die Erlangung des neuen Dienstgrades nach der Soldatenlaufbahnverordnung erfüllt (BVerwG, Urteil vom 19. November 1973 - 2 WD 52.72 - S. 11 f. des Urteilsabdruckes, Dau § 62 WDO, Rn. 3). Daher ist auch unerheblich, ob der Soldat den Dienstgrad, in den er herabzusetzen ist, zuvor innegehabt hatte. Hinzu kommt, dass nach den vom Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwaltes in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Informationen schon faktisch die Spitzendienstgrade der Mannschaftslaufbahn nicht mehr nur in besonderen Einzelfällen erreicht werden, vielmehr entsprechende Beförderungen regelmäßig ausgesprochen werden.
Weder § 16 Abs. 1 WDO noch § 17 Abs. 2 bis 4 WDO stehen einer Dienstgradherabsetzung entgegen.
Die Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme ist auch nicht mit Rücksicht auf die teilweise sachgleiche strafrechtliche Verurteilung des Soldaten geboten. Steht im Einzelfall - wie hier - § 16 WDO der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer Kriminalstrafe oder sonstigen Strafsanktion für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, entweder durch eine erzieherische Maßnahme zu künftig pflichtgemäßem Verhalten mahnt oder ihn aus dem Dienstverhältnis entfernt bzw. die sonst gebotene Höchstmaßnahme ausspricht (vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - juris m.w.N. und vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - juris Rn. 51
3. Da das Rechtsmittel des Soldaten Erfolg hatte, sind die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 139 Abs. 1 Satz 1 WDO, die dem Soldaten im Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen gemäß § 140 Abs. 4 WDO dem Bund aufzuerlegen.