Entscheidungsdatum: 18.04.2013
1. Von einem Zugriff auf einen einem Soldaten anvertrauten Gegenstand ist nur dann auszugehen, wenn dieser sich bei gewöhnlichem Ablauf regulär im Arbeitsbereich des Soldaten befindet und der Soldat sich auch faktisch gewöhnlich mit der Verwahrung und Verwaltung von derartigen Gegenständen befasst.
2. Das Verleiten zu einer Pflichtverletzung durch einen Vorgesetzten ist maßnahmemildernd zu berücksichtigen, wenn ein Soldat durch die Ausnutzung der besonderen Autorität des Vorgesetzten oder der Befehlsgewalt zur Überwindung von Zweifeln oder Widerständen und durch Umstände in seiner Person unter außergewöhnlichem Druck steht, der Versuchung nachzugeben.
Der 30 Jahre alte frühere Soldat absolvierte nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und leistete Grundwehrdienst. Zum ... 2005 wurde er in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seine Dienstzeit wurde auf acht Jahre festgesetzt und endete mit dem ... 2012. Der frühere Soldat wurde im ... 2006 zum Stabsunteroffizier befördert.
Seinen Dienst trat er als Unteroffizier bei der .../...bataillon ... in R. an, wo er als Geräteunteroffizier verwendet wurde. Vom ... bis zum ... 2008 wurde der frühere Soldat zum Einsatzverband ISAF kommandiert und bei der ...kompanie PRT F. als Geräteunteroffizier verwendet. 2009 wurde sein Dienstposten nach B. verlegt und er dorthin versetzt.
Seine Leistungen wurden in der planmäßigen Beurteilung vom 15. Dezember 2005 einmal mit "6", und achtmal mit "5" bewertet.
In der freien Beschreibung heißt es, er sei ein noch junger und leistungsbereiter Unteroffizier, der seine Vorgesetzten überzeuge, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Unauffällig erledige er ihm anvertraute Aufträge mit sehr viel Engagement, Übersicht und stets hoher Qualität. Dabei sei zu bemerken, dass er mit den ihm anvertrauten Aufgaben wachse. Trotz der noch fehlenden Ausbildung beherrsche er das Verfahren der dezentralen Beschaffung von Ersatzteilen und bringe sich in diese Aufgabe voll und ganz ein. Vor allem in den vergangenen drei Monaten habe Unteroffizier ... sich diesbezüglich stark entwickelt. Seine Arbeitsweise sei bei der Buchführung sehr ordentlich, übersichtlich und jederzeit nachvollziehbar. Im Umgang mit den zivilen Vertragspartnern zeige er immer mehr Verhandlungsgeschick, sei höflich und dennoch konsequent. Gegenüber seinen Kameraden sei er kameradschaftlich und hilfsbereit. Vorgesetzten zolle er stets den angemessenen Respekt und sei loyal. Für unbequeme Aufträge und Dienste, selbst wenn diese kurzfristig zu erledigen seien und einer schnellen Entscheidung bedürften, stehe er bereitwillig zur Verfügung. Dabei zeige sich seine Flexibilität und erneut seine hohe Einsatzbereitschaft. Außerdem sei sein Ehrgeiz zu erkennen, den größten Teil der Arbeit in seiner Hand zu behalten und persönlich zu erledigen. Hier müsse Unteroffizier ... noch lernen, Teilaufgaben zu delegieren und so alle ihm zur Verfügung stehenden Kräfte und Mittel zur Auftragserfüllung zu nutzen. Er sei psychisch sowie physisch voll belastbar, zeige gute sportliche Leistungen und zähle aufgrund seiner hohen Leistungsbereitschaft und -fähigkeit zur oberen Halbgruppe der Unteroffiziere ohne Portepee der Kompanie.
Der stellvertretende Bataillonskommandeur stimmte der Beurteilung des Kompaniechefs zu. Unteroffizier ... sei ein motivierter, junger Unteroffizier ohne Portepee, der trotz der noch ausstehenden Ausbildung durch die hohe Qualität seiner Arbeitsergebnisse besteche. Vom Naturell her eher zurückhaltend, erfülle er die an ihn gestellten Anforderungen eigenständig und zur vollen Zufriedenheit seiner Vorgesetzten. Er sei teamfähig und wisse, sich angemessen durchzusetzen. Unteroffizier ... zeige eine gute physische und psychische Belastbarkeit. Er solle zunächst die Ausbildung für den Dienstposten des Geräteunteroffiziers abschließen und danach auf diesem Dienstposten verbleiben, um sich weiterhin positiv zu entwickeln. Über die in Ansätzen schon erkennbare Eignung für die Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee solle erst nach ausreichender Bewährungszeit geurteilt werden.
Ein Beurteilungsbeitrag des Kompaniechefs der ...kompanie des PRT in F. vom 21. Oktober 2008 führt als wesentliche Aufgaben des früheren Soldaten den Empfang, die Prüfung, Lagerung, Bereitstellung, Ausgabe und Rücklieferung von NVG/EVG einschließlich Austauschteilen sowie dezentral beschafftem Material, die Ausgabe von Material, das in der Materialgruppe gelagert worden sei, sowie die Verwaltung und Bewirtschaftung der Bettwäsche an.
Stabsunteroffizier ... habe durch seine herausragende Leistungsfähigkeit und persönliche Einsatzbereitschaft bestochen. Auf ihn sei jederzeit Verlass und er arbeite die umfassenden Aufträge stets zeitnah, vollumfänglich und zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten ab. Seine Fachkompetenz sei beispielhaft ausgeprägt, sein Antrieb vorbildlich entwickelt und seine Dienstauffassung als vorzüglich zu bezeichnen. Er gehöre in der Materialgruppe zu den absoluten Leistungsträgern, der durch großes Engagement, Fähigkeit zur Priorisierung und Schwerpunktbildung, positive Gelassenheit und ausgesprochen bemerkenswerte Loyalität gegenüber Auftrag und Vorgesetzten zu überzeugen vermocht habe. Er habe die an ihn gestellten Erwartungen bei weitem übertroffen, was mit einem Bestpreis gewürdigt worden sei. Stabsunteroffizier ... sei den Herausforderungen eines Einsatzes in N. aufgrund seiner hohen physischen und psychischen Belastbarkeit vollauf gewachsen und habe sich herausragend bewährt. Die Erfüllung der Aufgaben wurde mit der Höchstnote "D" bewertet.
Die Sonderbeurteilung vom 8. März 2012 bewertete die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Durchschnitt mit "5, 25".
Sowohl der beurteilende Vorgesetzte als auch der nächsthöhere Vorgesetzte haben klar gestellt, dass sie den seit dem 1. Dezember 2011 die Bundeswehrfachschule in H. besuchenden früheren Soldaten nicht persönlich kennen und ihre Bewertungen auf die Beurteilungen und Beiträge früherer Disziplinarvorgesetzter stützen würden.
In der Berufungshauptverhandlung hat der frühere Disziplinarvorgesetzte, Hauptmann S., als Leumundszeuge zu Person und Führung des früheren Soldaten ausgeführt, abgesehen von dem Vorfall habe der frühere Soldat gute bis sehr gute Arbeit insbesondere im Bereich der dezentralen Beschaffung geleistet. Probleme habe es mit ihm nie gegeben. Es sei alles reibungslos gelaufen. Der frühere Soldat habe sehr oft einen dienstlich abwesenden Oberfeldwebel vertreten müssen und dies auch gut bewältigt. In seiner Vergleichsgruppe sei er einer der Besten, wenn auch nicht der Beste. Unregelmäßigkeiten oder disziplinarisch relevante Auffälligkeiten habe es nie gegeben. Wenn er den früheren Soldaten im Jahr 2010 noch hätte beurteilen müssen, hätte er die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Schnitt mit "7" bewertet.
Der frühere Soldat ist Träger u.a. der Schützenschnur Stufe III und der Einsatzmedaille ISAF für den Afghanistan-Einsatz in Bronze.
Der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 20. April 2010 und die Auskunft aus dem Zentralregister vom 23. Januar 2013 enthalten keinen Eintrag.
Das mit diesem Verfahren sachgleiche Strafverfahren wurde am 17. Mai 2010 nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
Der frühere Soldat ist ledig und hat keine Kinder. Nach der Auskunft der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 6. Februar 2013 wird die mit 12 346, 20 € brutto errechnete Übergangsbeihilfe wegen des laufenden Verfahrens nicht ausgezahlt. Hiernach stehen dem früheren Soldaten bis zum 3. Januar 2014 Übergangsgebührnisse zu, die mit monatlich 1 544,03 brutto € errechnet werden.
In der Berufungshauptverhandlung hat der Soldat ergänzend zu seiner persönlichen Situation erläutert, er habe den Realschulabschluss erworben und befinde sich in einer betriebswirtschaftlichen Ausbildung, die er voraussichtlich Anfang Juli 2013 abschließen werde. Die von ihm in der Hauptverhandlung beim Truppendienstgericht angegebenen Verbindlichkeiten habe er zwischenzeitlich beglichen. Er lebe noch bei seinen Eltern und zahle diesen keine Miete.
1. Nach ersten Ermittlungen in Afghanistan zur Unterschlagung von Ausrüstungsgegenständen im PRT F. durch den Hauptfeldwebel K. und andere, darunter den früheren Soldaten, sind auf der Grundlage eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses des Truppendienstgerichts Nord vom 2. Dezember 2008 am Standort des früheren Soldaten im Inland seine Gepäckstücke aus Afghanistan durchsucht, eine Oakley-Brille mit Etui und Austauschgläsern gefunden und beschlagnahmt worden.
Der Bundesminister der Verteidigung hat am 13. Mai 2009 den Kommandeur der ...division zur zuständigen Einleitungsbehörde unter anderem in dem Verfahren gegen den früheren Soldaten bestimmt. Das Verfahren ist nach Anhörung des früheren Soldaten mit Verfügung des Kommandeurs der ...division vom 22. Februar 2010 eingeleitet worden. Die Vertrauensperson ist angehört und ihre Stellungnahme dem früheren Soldaten bekannt gegeben worden.
Dem Verteidiger des früheren Soldaten ist Einsicht in die Ermittlungsakte und im Rahmen des Schlussgehörs nach Mitteilung der gegenüber der Einleitungsverfügung modifizierten Vorwürfe Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gewährt worden, von der er auch Gebrauch gemacht hat.
Daraufhin hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten mit Anschuldigungsschrift vom 3. Januar 2011 die Annahme einer Einsatzbrille zu privaten Zwecken ohne Unterschrift in einer Materialausgabeliste, die Annahme zweier dienstlicher GPS-Geräte zu privaten Zwecken ohne Unterschrift in einer Materialausgabeliste sowie die gemeinsam mit einem Oberbootsmann durchgeführte Entsorgung von 25 funktionstüchtigen GPS-Geräten auf einem Müllabladeplatz in F. als Dienstvergehen zur Last gelegt. Mit einer in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht ausgehändigten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 2. November 2011 sind zusätzlich hilfsweise der Vorwurf bezüglich der Annahme der Einsatzbrille hinsichtlich des Tatzeitpunktes und der Vorwurf bezüglich der Entsorgung von funktionstüchtigen GPS-Geräten hinsichtlich der Anzahl der entsorgten Geräte modifiziert worden.
Durch Beschluss des Vorsitzenden der Truppendienstkammer vom 18. Oktober 2011 sind die Verfahren gegen den früheren Soldaten und den an der Entsorgung der GPS-Geräte auf einem afghanischen Müllabladeplatz beteiligten Oberbootsmann zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.
In der unter Beteiligung eines Fregattenkapitäns und eines Hauptfeldwebels als ehrenamtliche Richter am 1. und 2. November 2011 durchgeführten Hauptverhandlung hat die Truppendienstkammer auf eine Rüge der fehlenden Zuständigkeit der Einleitungsbehörde und einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens am 1. November 2011 die Fortsetzung des Verfahrens und die Zurückweisung der Besetzungsrüge der Verteidiger der angeschuldigten Soldaten beschlossen.
2. Die 7. Kammer des Truppendienstgerichts Nord hat mit Urteil vom 2. November 2011 den damals noch aktiven Soldaten in den Dienstgrad eines Unteroffiziers herabgesetzt.
Ihrer Entscheidung legt die Kammer folgende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:
"Zu Anschuldigungspunkten 2 und 3 betreffend den Soldaten zu 2. (StUffz ...):
Aufgrund eines Buchungsfehlers außerhalb der Materialgruppe kam es zu einem größeren rechnerischen Überbestand an GPS-Geräten 'GARMIN Typ 72' in dem vom Zeugen zu führenden Lagerbereich. Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen etwa Anfang ... und Mitte ... 2008, wahrscheinlich in der 2. ...woche 2008, kam der Zeuge HptFw K. auf die Idee, aus diesem Überbestand heraus 'Leistungsprämien' als 'Dankeschön' insbesondere an die ihm unterstellten Soldaten, 'an seine Mannschaft', zu verteilen. Zusammen mit wenigstens noch einem weiteren Angehörigen der MatGrp begab er sich deshalb zu einem der Lagercontainer, entnahm einige Kartons mit GPS-Geräten und kehrte mit seinem Begleiter in den Aufenthaltsbereich der MatGrp zurück, wohin er die ihm unterstellten Soldaten 'zusammengetrommelt' hatte, um ihnen jeweils einen GPS-Empfänger zu überreichen oder durch seinen Helfer überreichen zu lassen. Die Verteilung erfolgte wie von K. geplant, wobei er sinngemäß äußerte: 'Weil ihr gute Arbeit gemacht habt, könnt ihr die behalten, die sind für euch!'.
Neben einer Reihe von Kameraden erhielt auch der Soldat zu 2. ein solches GPS-Gerät 'geschenkt'. Darüber hinaus erbat er sich vom Zeugen HptFw K., nach seiner Schilderung nicht allzu lange danach, einen weiteren GPS-Empfänger, den er auch wunschgemäß vom Zeugen erhielt, um ihn für sich zu behalten und sei es auch nur dergestalt, dass er ihn ggf. als lagerinternes Tauschobjekt nutzen könnte.
Das zuerst von K. erhaltene Navigationsgerät gab der Soldat zu 2. an einen 'guten Kumpel', einen Stabsunteroffizier (StUffz) H., der 'als Sani oft draußen auf "Long Time Patrol"' war, ohne buchungsmäßige Erfassung weiter.
Der Soldat zu 2. hat sich eingelassen, er habe einen GPS-Empfänger überhaupt nicht brauchen können, er könne damit nicht einmal umgehen, er sei kein Bergsteiger oder ähnliches. Er habe deshalb das bei ihm verbliebene Gerät originalverpackt in einer Schublade im NVG/EVG-Lager verstaut, sich keine weiteren Gedanken darüber gemacht und sich insbesondere auch nichts Böses dabei gedacht. Was die Überlassung eines GPS-Empfängers an den StUffz H. anbelange, habe er sich gedacht, 'dem tue ich was Gutes'. Es sei ja nicht verkehrt, wenn ein zusätzlicher Mann bei einer solchen Patrouille über ein GPS-Gerät verfüge. Was damit dann später passieren sollte, habe ihn in diesem Augenblick überhaupt nicht beschäftigt, daran habe er keinen Gedanken verschwendet. Er habe zudem zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht erkannt gehabt, dass es sich um dienstliche Geräte gehandelt habe.
Die Kammer hat dem Soldaten zu 2. nicht abgenommen, er sei hinsichtlich des an StUffz H. weitergegebenen GPS-Empfängers davon ausgegangen, es hätte sich nicht um ein dienstlich geliefertes Gerät aus dem Bestand des Bundes gehandelt. Dass der Soldat zu 2. geglaubt haben will, sein TEFhr habe auf eigene Kosten für die ihm unterstellten Soldaten für mehrere hundert Euro GPS-Empfänger beschafft, um diese als Anerkennung für geleistete Unterstützung damit zu beschenken, konnte die Kammer als völlig lebensfremd nicht nachvollziehen. Der Soldat zu 2. hat sich auch insoweit 'festgelogen', als er einerseits vorgab, an einem GPS-Gerät gar kein Interesse gehabt zu haben, aber andererseits nach der Weggabe des zuerst von K. im Rahmen der Verteilaktion empfangenen Gerätes diesen wegen eines zweiten GPS angesprochen und daraufhin ein weiteres Gerät erhalten hat.
Der Kammer ist insoweit nicht entgangen, dass ein GPS-Empfänger nicht nur zur Positionsbestimmung sondern auch als Tausch- oder Verkaufsobjekt genutzt werden kann."
"Zu den unter 1. gegen die Soldaten in den verfügenden Teilen der Anschuldigungsschriften bzw. der Nachtragsanschuldigungsschriften erhobenen Vorwürfen ('Schutzbrillen'):
Ungefähr in der Mitte der Stehzeit der Soldaten in Afghanistan wurden in der MatGrp ballistische Schutzbrillen der Marke OAKLEY angeliefert, die für diejenigen Angehörigen des Folgekontingents bestimmt waren, die aufgrund ihrer Aufgaben, z.B. in der Sicherungstruppe, erhöhten Gefahren ausgesetzt waren. Diese 'OAKLEY SIM-Frame-Array-Brillen' dienen u.a. dem Schutz des Augenlichts vor kleinen Granat- und Sekundärsplittern und konnten seinerzeit wegen Lieferengpässen nicht in ausreichendem Maße an die Truppe ausgegeben werden. Vor diesem Hintergrund kam etwa Mitte/Ende ... 2008 ein Soldat auf den Zeugen HptFw K. zu und fragte, 'ob er eine der OAKLEY-Brillen ohne Unterschrift bekommen könnte'. Der Zeuge ging daraufhin u.a. mit dem Soldaten zu 1. zum entsprechenden Lagercontainer, öffnete vorsichtig einige Kartons, entnahm jeweils eine geringe Menge von Brillen und verschloss die Kartonagen so, dass die Manipulationen kaum zu bemerken waren. Von den über zehn auf diese Weise entwendeten Brillen gab der Zeuge dem Bittsteller eine und verteilte später (aber noch am selben Tag) den Rest wie gehabt: Er rief die ihm unterstellten Soldaten zusammen und kommentierte die von ihm vorgenommene Verteilung sinngemäß mit den Worten: 'Es handelt sich um ein Bonbon für die gute Arbeit, die geleistet wurde, die könnt ihr behalten.'
Auch die beiden Soldaten erhielten bei dieser Verteilaktion jeweils eine solche Brille, obwohl sie als 'Nachschieber' nur selten das Feldlager und seinen Nahbereich, wie das Flugfeld, verließen und deshalb nicht zu den Soldaten gehörten, welche auf die Brillen wegen der Gefährlichkeit ihrer Einsatzaufgaben besonders angewiesen waren.
(...)
Der Soldat zu 2. verschickte die Brille am Ende seiner Stehzeit mit seinem sogenannten 'unbegleiteten Gepäck' in die Heimat. Er hat angegeben, wie auch den anderen Kameraden habe der Zeuge HptFw K. ihm das Etui mit der Brille zugeworfen, weitere Details seien ihm nicht erinnerlich. Für ihn habe es sich um eine normale Sonnenbrille gehandelt, wie man sie auch auf dem Markt der Afghanen innerhalb des Feldlagers für 10,00 € erhalte, von ihrer besonderen Funktion, ihrer Schutzwirkung, habe er keine Kenntnis gehabt. Eine Gravur 'BUND' oder Ähnliches habe er nicht bemerkt. Er habe sich keine weiteren Gedanken gemacht, woher die Brillen stammten; es sei ein Geschenk gewesen und gut. Auf Nachfrage bestätigte er, die Vorschriftenlage über die Nachweisführung sei ihm bekannt gewesen. Die vom Soldaten zu 2. behauptete, ja geradezu zur Schau gestellte Gutgläubigkeit hat ihm die Kammer auch hier nicht abgenommen. So großzügig auf eigene Kosten an Untergebene Geschenke verteilende Vorgesetzte sind nämlich der Kammer bislang noch nicht untergekommen. Und dass der Soldat zu 2. - ein durchaus wacher junger Mann - die Gravur nicht bemerkt haben will, erscheint nicht als plausibel. Ganz davon abgesehen, dass es sich mit Blick auf den Vorlauf hinsichtlich der GPS-Empfänger etc., aber auch auf die versorgungsdienstliche und soldatische Berufserfahrung des Mannes für ihn geradezu aufdrängen musste: 'Die Sache stinkt!'"
"Zu Hilfsanschuldigungspunkt 3 (OBtsm T.) bzw. Hilfsanschuldigungspunkt 4 (StUffz ...) - Komplex 'Entsorgung von GPS-Geräten':
Gegen Ende der Stehzeit der Soldaten und des Zeugen in Afghanistan wurde seitens der J4-Leiste im Einsatzland plötzlich nach den GPS-Empfängern gesucht. Als die Nachforschungen keinen Erfolg hatten, wurde seitens der Vorgesetzten der Druck erhöht, bis schließlich sogar der 'J4', ein Oberstleutnant H., den Zeugen und die noch im Einsatzland verbliebenen Angehörigen der MatGrp intensiv nach dem Verbleib des Materials befragte.
Da der Zeuge HptFw K. und die beiden Soldaten wussten, dass aufgrund der 'Schenkungsaktion' die in die MatGrp gelieferten Empfänger nicht mehr vollzählig waren und eine zügige Rückholung der verteilten Geräte nicht möglich war, weil ein Teil der 'Beschenkten' bereits in die Heimat zurückgekehrt war, beratschlagten sie, wie sie vermeiden könnten, 'dass das Fehlen der verschenkten GARMINS aufkommt'.
Der Zeuge HptFw K. hat den Hintergrund dieser Beratung wie folgt gekennzeichnet: 'Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bild' ich einen Arbeitskreis.' Man habe hin- und herüberlegt, die gemeinsam gefundene Lösung sei gewesen, die 'Dinger' beiseite zu schaffen. Das Problem habe darin bestanden, sie so zu verstecken, dass sie nicht gefunden werden, weshalb sie schließlich auf die Idee verfallen seien, die verbliebenen GPS-Geräte, etwa ein Dutzend, über den Müll zu entsorgen. Er, K., habe dann hierzu das Startsignal gegeben.
Die beiden Soldaten holten daraufhin mit einem Gabelstapler die Boxpalette mit den GPS-Empfängern von einem Containerdach, wohin sie vorübergehend aus dem Blickfeld geräumt worden waren, herunter, packten sie in baue Müllsäcke und warfen sie in einen nahe der MatGrp befindlichen Müllcontainer.
Einige Zeit nach dessen Leerung durch eine Vertragsfirma des Bundes meldete sich der afghanische Aufseher der örtlichen Müllkippe bei den Feldjägern und machte sie auf die von ihm entdeckten, größtenteils noch originalverpackten Geräte aufmerksam, wodurch sieben GPS-Empfänger zurückgeführt werden konnten, und die vorliegenden Verfahren mit ausgelöst wurden.
Beide Soldaten haben die 'Entsorgungsaktion' eingeräumt, jedoch den vom Zeugen HptFw K. beschriebenen 'Kriegsrat' bestritten. Sie hätten von HptFw K. nur den Befehl erhalten, die GPS-Geräte über den Müll zu entsorgen und diesen Befehl hätten sie ohne weitere Nachfrage, ohne sich dabei etwas zu denken, ausgeführt.
Die Kammer hat diese Einlassungen als nicht glaubhafte Schutzbehauptungen gewertet. Dass ein erfahrener Portepeeunteroffizier und ein erfahrener Stabsunteroffizier 'nagelneue', zum Teil originalverpackte, voll funktionstüchtige GPS-Geräte aus Beständen der Bundeswehr auf Befehl ihres Teileinheitsführers, eines Portepeeunteroffiziers, ohne Not und widerspruchslos, sogar ohne jegliche nähere Nachfrage, vernichtet haben wollen, ist völlig fernliegend. Beide Soldaten sind nämlich alles andere als intellektuell minderbegabt oder von Schüchternheit geprägt. Im Gegenteil, sind sie doch durchaus selbstbewusst und aufgeweckt vor der Kammer aufgetreten.
Der Zeuge HptFw K. hat ferner ohne jeglichen Belastungseifer, ruhig und sachlich ausgesagt, sein eigenes Fehlverhalten nicht beschönigt, seine Verantwortung als Impulsgeber für die den Soldaten zur Last liegenden Sachverhalte eingeräumt und insbesondere erklärt, er habe nach der Beratung mit den beiden Soldaten das Startsignal zur Entsorgung der GPS-Geräte gegeben.
Der Zeuge hatte darüber hinaus auch kein Motiv für eine Falschaussage, denn wie er durchaus treffend ausgeführt hat, sei er unabhängig von seiner Aussage 'doch so oder so fällig'. Er habe zunächst, zu Beginn seiner Vernehmungen, alles auf sich genommen, um seine Leute soweit als möglich zu decken. Erst nach einem Gespräch mit dem Militärpfarrer habe er 'reinen Tisch' gemacht und eine weitere Vernehmung initiiert. Umfang und Tragweite der Sache wäre bei so vielen Beteiligten ohnehin nicht zu verbergen gewesen."
Der Soldat habe damit ein Dienstvergehen begangen. Durch die Weitergabe eines GPS-Gerätes an Stabsunteroffizier H. und die Entgegennahme eines weiteren Gerätes für sich jeweils ohne die befohlene Nachweisführung habe er vorsätzlich die Pflichten zum treuen Dienen, zum Gehorsam und die Wohlverhaltenspflicht verletzt. Die Annahme der ballistischen Schutzbrillen ohne die befohlene Nachweisführung verletze ebenfalls vorsätzlich die Pflichten zum treuen Dienen, zum Gehorsam und die Wohlverhaltenspflicht. Durch die Mitwirkung an der "Entsorgung" von mindestens sieben GPS-Geräten habe der Soldat vorsätzlich gegen die Pflichten zum treuen Dienen und zu dienstlichem Wohlverhalten verstoßen.
Zur Bemessung der Maßnahme führt das Truppendienstgericht im Wesentlichen Folgendes aus: Der Vernichtung von für den Einsatz vorgesehenen Wehrmaterials komme besondere Bedeutung zu. Die Materialien seien dem Soldaten zwar nicht anvertraut gewesen, als langjährigem Angehörigen der Versorgungsdienste habe er aber eine Garantenstellung inne gehabt. Der Soldat habe das Vertrauen in seine persönliche Integrität durch den Zugriff auf Eigentum des Dienstherrn und die Vereitelung einer einsatzgemäßen Ausstattung von Kontingentsangehörigen erheblich beschädigt. Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen sei eine Dienstgradherabsetzung in den Mannschaftsstand. Als Milderungsgrund sei die Veranlassung zum Tun durch einen Vorgesetzten zu werten, zumal der Soldat über lange Jahre ansprechende Leistungen erbracht habe. Eine Herabsetzung um einen Dienstgrad sei daher ausreichend. Dass andere beteiligte Soldaten nur mit einer einfachen Disziplinarmaßnahme gemaßregelt worden seien, verlange kein Absehen von dieser Maßnahme, da es keine Gleichheit im Unrecht gebe. Ob die Differenzierungen zwischen einzelnen Fällen von Beteiligung verschiedener Soldaten angemessen sei, sei daher unerheblich.
3. Gegen das ihr am 27. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft am 23. Januar 2012 beschränkt auf die Bemessung der Maßnahme zu Ungunsten des früheren Soldaten Berufung eingelegt.
Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen sei die Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad. Der Soldat habe als Angehöriger der Versorgungsdienste im Einsatzgebiet Verantwortung für die angemessene Ausstattung der Kontingentsangehörigen und ein Näheverhältnis zum Material gehabt. Diese Nähe habe er für den Zugriff ausgenutzt und eine angemessene Ausstattung der Kontingentsangehörigen konterkariert. Die Veranlassung durch einen Vorgesetzten sei kein anerkannter Milderungsgrund und gelte nicht für alle Anschuldigungspunkte. Der frühere Soldat sei von dem Vorgesetzten nicht gedrängt oder genötigt worden. Das Dienstvergehen sei besonders verwerflich, weil das Vermögen des Dienstherrn vorsätzlich geschädigt und in einem gefährlichen Einsatz besonders gefährdeten Patrouillesoldaten wichtige Ausrüstungsgegenstände entzogen worden seien. Zudem sei durch die Entsorgung von GPS-Geräten die Gefahr ihres Missbrauches durch Aufständische geschaffen worden. Die unverhältnismäßige Milde zeige der Vergleich mit dem Urteil gegen den weniger intensiv beteiligten, aber in gleichem Umfang degradierten Oberbootsmann.
Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Maßgabe dient der Klarstellung des Entscheidungstenors im Hinblick auf das nach dem Urteil der Vorinstanz erreichte Dienstzeitende des früheren Soldaten.
Das von der Wehrdisziplinaranwaltschaft eingelegte Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt. Der Senat hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
1. Das Truppendienstgericht hat festgestellt, dass der frühere Soldat zwei GPS-Geräte, die - wie er gewusst habe - aus dem Bestand des Bundes stammten, bewusst ohne listenmäßige Erfassung als Geschenk für gute Arbeit angenommen, und eines der Geräte an einen Kameraden weitergegeben, das andere für sich behalten habe. Damit habe er vorsätzlich die Pflichten aus §§ 7, 11 Abs. 1 und 17 Abs. 2 Satz 1 SG verletzt. Weiter habe der Soldat auch eine ballistische Schutzbrille, die - wie er gewusst habe - aus dem Bestand des Bundes stamme, bewusst ohne die befohlene Nachweisführung als Geschenk angenommen. Damit habe er vorsätzlich die Pflichten aus §§ 7, 11 Abs. 1 und 17 Abs. 2 Satz 1 SG verletzt. Schließlich habe der Soldat gemeinsam mit dem Oberbootsmann und nach Absprache mit dem dieses Vorgehen initiierenden Hauptfeldwebel K. weitere mindestens sieben GPS-Geräte aus dem Bestand des Bundes in einem Müllcontainer entsorgt. Damit habe er vorsätzlich die Pflichten aus §§ 7 und 17 Abs. 2 Satz 1 SG verletzt.
Diese Schuldfeststellungen sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit bindend. Ob die Tat- und Schuldfeststellungen vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom Senat nicht überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt.
Der Senat ist allerdings nicht gehindert, zusätzliche für die Maßnahmebemessung erhebliche Feststellungen zum Tathergang zu treffen, solange dies weder im Widerspruch zu den Tat- und Schuldfeststellungen der Truppendienstkammer steht noch dadurch deren rechtliche Würdigung in Frage gestellt wird. Dies betrifft vorliegend die Frage des "Anvertrautseins" der in Rede stehenden Zugriffsobjekte. Die tatsächlichen Feststellungen des Truppendienstgerichts und seine diesbezügliche rechtliche Würdigung sind Teil der Bemessungserwägungen und daher für den Senat nicht bindend.
2. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr", vgl. dazu Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 Rn. 23 m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen. Hiernach ist das Dienstvergehen durch eine Dienstgradherabsetzung angemessen, durch eine Herabsetzung zum Unteroffizier aber auch ausreichend sanktioniert.
a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen, dessen Schwerpunkt im Zugriff auf bzw. in der unberechtigten Entsorgung von im Eigentum des Dienstherrn stehenden Ausrüstungsgegenständen liegt, schwer.
aa) § 7 SG umfasst auch die Pflicht, das Vermögen des Dienstherrn zu schützen. Für einen im Bereich der Materialverwaltung eingesetzten Soldaten handelt es sich um eine Kernpflicht, deren Verletzung durch den eigen- oder fremdnützigen Zugriff auf Objekte im Eigentum des Dienstherrn oder deren Vernichtung bzw. unberechtigte Entsorgung schwer wiegt.
Auch die mit den Zugriffsdelikten zugleich verwirklichte Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) wiegt schwer. Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat, insbesondere - wie hier - ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (stRspr, z.B. Urteile vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 27 - m.w.N. - und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris - Rn. 29). Dies war hier der Fall.
bb) Das Gewicht der Pflichtverletzung wird aber nicht dadurch erhöht, dass die fraglichen Objekte dem früheren Soldaten anvertraut gewesen wären.
aaa) Anvertraut ist ein Objekt einem Soldaten, wenn diesem dafür eine besondere dienstliche Schutz- und Verwendungspflicht und damit auch eine Garantenstellung übertragen worden ist. Denn Anvertrauen ist - im Wehrdisziplinarrecht nicht anders als im Strafrecht - die Hingabe oder das Belassen einer Sache durch den Eigentümer oder sonst Berechtigten zum Verwalten und Verwenden in dem Vertrauen, der Besitzer werde mit der ihm überlassenen Sache ausschließlich i.S.d. Anvertrauenden verfahren, sie also nur in seinem Sinne aufbewahren, verwenden und sie schützen. Eine demjenigen Soldaten vergleichbare Vertrauensposition, dem Material dienstlich zur Verwahrung und Verwaltung anvertraut ist, hat auch derjenige, der dafür Sorge zu tragen hat, dass Material ausschließlich zu dienstlichen Zwecken angefordert und verwendet wird (Urteil vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 25). Allein die Möglichkeit des Zugriffs auf diese Gegenstände reicht für eine Feststellung des Anvertrautseins nicht aus (vgl. Urteil vom 13. Januar 2011 a.a.O. Rn. 23 m.w.N.).
Von einem Zugriff auf einen einem Soldaten anvertrauten Gegenstand ist nur dann auszugehen, wenn er sich bei gewöhnlichem Ablauf regulär im Arbeitsbereich des Soldaten befindet und dieser sich auch faktisch gewöhnlich mit der Verwahrung und Verwaltung von derartigen Gegenständen befasst. Dass eine Befassung mit dem fraglichen Objekt aufgrund von Einzelweisungen im Bedarfsfall nicht auszuschließen ist, rechtfertigt dagegen die mit der Feststellung des Anvertrautseins regelmäßig verbundene höhere Sanktionsdrohung nicht.
bbb) Hiernach war im Ergebnis der Beweisaufnahme in der Berufungshauptverhandlung nicht feststellbar, dass dem früheren Soldaten seitens des Dienstherrn eine Pflichtenstellung übertragen worden war, die bei einem Versagen die Verhängung der Höchstmaßnahme gerechtfertigt hätte.
Nach der Einlassung des früheren Soldaten befand sich sein Arbeitsplatz innerhalb des Tornadozeltes in einem abgetrennten Bereich, in dem aus Metallkisten Ausgabefächer errichtet worden waren, in die er die für die einzelnen Teileinheiten angeforderten Verbrauchsmaterialien einzusortieren und an diese auszugeben hatte. Dort hätten sich auch Regale mit Schubladen für Mengenverbrauchsgüter (MVG) befunden. In diesen Schubläden habe er auch mehrere GPS-Geräte vorgefunden, ohne dass diese dort allerdings korrekt einsortiert worden seien. Außerhalb des Zeltes hätten sich Container befunden. Der Container mit der Bettwäsche habe regelmäßig offengestanden und er habe - wie andere Kameraden der Materialgruppe auch - Bettwäsche hieraus ausgegeben. Was sich in den verschlossenen Containern im Umfeld des Bürocontainers des Leiters der Materialgruppe befunden habe, habe er nicht genau gewusst. Einen Schlüssel für diese Container habe er nicht gehabt.
Weder der damalige Fachvorgesetzte, der Zeuge Oberstleutnant H., noch der für ihn regelmäßig Aufgaben der Dienstaufsicht über die Materialgruppe wahrnehmende Zeuge Stabsfeldwebel a.D. R., haben sich an die konkrete Aufgabenverteilung innerhalb der Materialgruppe erinnern können. Beide haben daher auch nicht bestätigen können, dass der frühere Soldat mit der Verwaltung oder Verteilung von ballistischen Schutzbrillen oder GPS-Geräten befasst war. Sie haben darauf verwiesen, dass die konkrete Aufgabenverteilung dem Leiter der Materialgruppe, dem Zeugen Hauptfeldwebel K., oblegen habe, wobei allerdings unter den Bedingungen eines Auslandseinsatzes jeder in der Materialgruppe beschäftigte Soldat in die Erledigung aller schnell zu erledigenden Aufgaben eingebunden worden sei, wenn Sachzwänge dies erforderten.
Der Zeuge Hauptfeldwebel K. hat in der Berufungshauptverhandlung den Arbeitsplatz des früheren Soldaten als eine abgetrennte Ecke im hinteren Bereich des Tornadozeltes im MVG/EVG-Lager beschrieben, in dem kleinteilige Verbrauchsgüter unterschiedlichster Art gelagert worden seien. Die ballistischen Schutzbrillen und die GPS-Geräte seien in den verschlossenen Containern außerhalb des Tornadozeltes gelagert gewesen. Er selbst habe Schlüssel zu diesen Containern gehabt. Weitere Schlüssel hätten sich in seinem im - tagsüber regelmäßig unverschlossenen - Bürocontainer befindlichen Schlüsselkasten befunden, dessen Schlüssel dort im Schloss gesteckt habe. Jeder Mitarbeiter der Materialgruppe habe Zugang zu seinem Bürocontainer gehabt. Im Arbeitsbereich des früheren Soldaten hätten sich normalerweise weder Brillen noch GPS-Geräte befinden sollen. Wenn GPS-Geräte dort in Schubladen aufgefunden worden seien, seien sie vermutlich von dem Oberfeldwebel Kl. in Vorbereitung einer Verteilung solcher Geräte an die Kameraden der Materialgruppe dort hingelegt worden.
Der Senat glaubt dem früheren Soldaten die Darstellung seines Zuständigkeitsbereichs innerhalb der Materialgruppe des PRT F. deshalb, weil sie in Übereinstimmung mit den Angaben der Zeugen steht und weil der frühere Soldat auch ein für ihn ungünstiges Faktum - das Vorhandensein einzelner GPS-Geräte in Schubladen innerhalb des Tornadozeltes - eingeräumt und damit deutlich gemacht hat, dass er an einer wahrheitsgemäßen Aufklärung des Sachverhaltes uneingeschränkt mitwirken will.
Hiernach ist nicht feststellbar, dass ballistische Schutzbrillen und GPS-Geräte nach der Organisation des Materiallagers durch den Materialverantwortlichen, den Zeugen Hauptfeldwebel K., regulär innerhalb des Tornadozeltes aufbewahrt werden sollten. Die insoweit übereinstimmenden Angaben der Zeugen und des früheren Soldaten sind auch deshalb plausibel, weil nachvollziehbar ist, dass in dem gegen unberechtigten Zugriff von außen schlecht zu sichernden Zelt gewöhnlich nicht sicherheitsempfindliche und nicht besonders wertvolle Verbrauchsgüter aufbewahrt waren, während wertvollere Ausrüstungsgegenstände in den verschließbaren Containern gelagert wurden. Damit ist unerheblich, dass sich einzelne GPS-Geräte irregulär in Schubladen des MVG/NVG-Lagers befanden.
Es ist auch nicht festzustellen, dass der frühere Soldat auf seinem Dienstposten regelmäßig mit den fraglichen Zugriffsobjekten befasst war. Der Senat geht vor dem Hintergrund der insoweit übereinstimmenden Aussagen aller Zeugen davon aus, dass die Aufgabenbeschreibung aus dem Beurteilungsbeitrag für den Auslandseinsatz des früheren Soldaten unrichtig ist, soweit er von einer Zuständigkeit für "NVG" spricht, während zutreffend nur von einer Zuständigkeit für "MVG" gesprochen werden kann.
Dass der frühere Soldat die Möglichkeit gehabt hätte, sich aus dem Schlüsselkasten im Bürocontainer des Materialgruppenleiters einen Schlüssel zu einem der Container zu nehmen, in dem Schutzbrillen bzw. GPS-Geräte eingelagert waren, ist unerheblich, weil dieser Umstand nur die Möglichkeit eines Zugriffs begründet, aber keine Folge einer Übertragung einer Schutzpflicht ist. Wie ausgeführt ist auch unerheblich, dass der frühere Soldat unter den Bedingungen einer Arbeitsorganisation im Auslandseinsatz bei Bedarf im Einzelfall auch Aufgaben hinsichtlich der in Rede stehenden Gegenstände hätte wahrnehmen müssen.
cc) Der Gehorsamsverstoß wiegt ebenfalls schwer. Die Pflicht zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 SG) gehört zu den zentralen Dienstpflichten eines jeden Soldaten. Alle Streitkräfte beruhen auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam. Vorsätzlicher Ungehorsam stellt daher stets ein sehr ernstzunehmendes Dienstvergehen dar (Urteil vom 16. März 2011 - BVerwG 2 WD 40.09 - juris Rn. 52 m.w.N.). Fehlt die Bereitschaft zum Gehorsam, kann die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr in Frage gestellt sein.
dd) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden hier des Weiteren dadurch bestimmt, dass der frühere Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Stabsunteroffizier in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. Urteile vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 WD 7.08 - Rn. 37 m.w.N. - vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - Rn. 28 und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - Rn. 30).
ee) Schließlich sind bei der Bemessung auch die Schwere des Dienstvergehens erhöhende, besondere Tatumstände zu berücksichtigen: Hier fällt zum einen ins Gewicht, dass der frühere Soldat wiederholt gegen dieselben Pflichten, die Schutzpflicht zugunsten des Vermögens des Dienstherrn und die Gehorsamspflicht, verstoßen hat und dabei zudem durch die Nachfrage nach einem weiteren GPS-Gerät selbst initiativ geworden ist. Zum anderen erfolgten die Pflichtverletzungen während eines Auslandseinsatzes und betrafen für Kameraden vorgesehene einsatzwichtige Ausrüstungsgegenstände.
b) Das Dienstvergehen hatte nachteilige Auswirkungen für die Vermögensinteressen des Dienstherrn. Diese wurden durch die Zueignung und die Entsorgung zumindest gefährdet. Die Höhe des dem Dienstherrn infolge der vom Truppendienstgericht festgestellten Pflichtverletzungen (drohenden) Schadens bewegte sich im unteren vierstelligen Bereich, da die - in die Berufungshauptverhandlung durch Verlesung der Angaben des Kommandeurs des ...bataillons ... an die Kreispolizeibehörde L. vom 8. Juli 2009 eingeführten - Anschaffungspreise für die Bundeswehr mit 268 € für die Schutzbrillen und mit 200 € für die GPS-Geräte anzusetzen sind. Selbst wenn man die niedrigeren Erwerbspreise bei einem Erwerb im Internet zugrunde legen würde, läge weder hinsichtlich der einzelnen Pflichtverletzungen noch bei einer Gesamtbetrachtung ein Vermögensschaden bzw. eine Vermögensgefährdung im Bagatellbereich (vgl. Urteil vom 16. März 2011 - BVerwG 2 WD 40.09 - juris Rn. 30 m.w.N.) vor.
Für konkrete Auswirkungen der Pflichtverletzungen auf die Erfüllung des Auftrages des PRT F. im Rahmen des Auslandseinsatzes gibt es keine Anhaltspunkte. Die Unterschlagung bzw. unberechtigte Entsorgung einsatzwichtiger Ausrüstungsgegenstände ist allerdings abstrakt geeignet, Kameraden zu gefährden und ihnen die Erfüllung ihres Auftrages zu erschweren. Eine abstrakte Gefährdung von Kameraden folgt auch aus der Gefahr eines Missbrauchs von Elektronikteilen der unberechtigt entsorgten GPS-Geräte durch Aufständische.
c) Die Beweggründe des früheren Soldaten sprechen gegen ihn: Er hat aus wirtschaftlichem Eigennutz und um eine Straftat zu verdecken gehandelt.
d) Das Maß der Schuld des früheren Soldaten wird durch sein vorsätzliches Handeln bestimmt.
Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des früheren Soldaten mindern könnten, wären nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 23. September 2008 - BVerwG 2 WD 18.07 - Rn. 59 m.w.N.) nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte. Dazu hat der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung verschiedene - nicht abschließende - Fallgruppen entwickelt, z.B. ein Handeln unter schockartig ausgelöstem psychischen Zwang oder unter Umständen, die es als unbedachte, im Grunde persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten erscheinen lassen, sowie ein Handeln in einer körperlichen oder seelischen Ausnahmesituation.
aa) Um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten handelt es sich schon angesichts des in jeder einzelnen vom Truppendienstgericht festgestellten Pflichtverletzung mehraktigen und darüber hinaus wiederholten Handelns nicht. Der frühere Soldat befand sich nicht in einer seelischen Ausnahmesituation und stand auch nicht unter einem ihn in einen Handlungszwang versetzenden Schock.
Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der frühere Soldat, dessen wirtschaftliche Verhältnisse aktuell geordnet sind, sich zum Tatzeitpunkt in einer wirtschaftlichen Notlage befunden haben könnte. Er hat - insbesondere bei der Weitergabe an Dritte - auch nicht zur Behebung einer Notlage gehandelt.
Der Milderungsgrund eines Mitverschuldens von Vorgesetzten in der Form einer mangelhaften Dienstaufsicht greift mangels einer Überforderungssituation (vgl. z.B. Urteile vom 13. März 2003 - BVerwG 1 WD 4.03 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 2 und vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 37) nicht ein. Es bedurfte keines hilfreichen Eingreifens der Dienstaufsicht um zu erkennen, dass sich Soldaten nicht "in Selbstbedienung" eine Gratifikation aus dem für dienstliche Zwecke angeschafften Material des Dienstherrn verschaffen oder dieses zur Verdeckung einer Straftat vernichten dürfen.
bb) Maßnahmemildernd ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats auch das Verleiten zu einer Pflichtverletzung durch einen Vorgesetzten zu berücksichtigen, wenn ein Soldat durch die Ausnutzung der besonderen Autorität des Vorgesetzten oder der Befehlsgewalt zur Überwindung von Zweifeln oder Widerständen bzw. durch Umstände in seiner Person unter außergewöhnlichem Druck steht, der Versuchung, eine unrechtmäßige Handlung zu begehen, nachzugeben.
aaa) Wird durch einen Vorgesetzten eine besondere Versuchungssituation geschaffen, die die Hemmschwelle zum Zugriff herabsetzt, bedarf es geringerer krimineller Energie zu ihrer Überwindung. Diesem geringeren Maß an krimineller Energie kann ausreichend auch noch mit einer weniger stark eingreifenden pflichtenmahnenden Maßnahme begegnet werden (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 2 WD 29.11 - juris Rn. 80). In einer stark hierarchisch geprägten Organisationsstruktur wie der Bundeswehr kommt dem beispielgebenden Verhalten eines Vorgesetzten hohe Bedeutung zu, wie § 10 Abs. 1 SG zum Ausdruck bringt. Setzt ein Vorgesetzter durch eigene Pflichtverletzungen und dem Verleiten Untergebener zur Beteiligung hieran ein schlechtes Beispiel, ist dies auch in besonderer Weise geeignet, Wertmaßstäbe der Untergebenen zu verwirren und deren Hemmschwelle herabzusetzen. Das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen ist allgemein durch Befehlsautorität auf der einen und Gehorsamsbereitschaft auf der anderen Seite gekennzeichnet (vgl. Beschluss vom 19. März 1976 - BVerwG 2 WDB 1.76 - BVerwGE 53, 146 <157>). In einem so charakterisierten Verhältnis setzt eine Verleitung zu pflichtwidrigem Handeln durch einen Vorgesetzten einen Untergebenen auch dann psychisch unter einen Teilnahmedruck, wenn formal kein Befehl erteilt wird. Dem Umstand, dass die Verstrickung von Untergebenen in das Fehlverhalten den Unrechtsgehalt der Pflichtverletzungen des Vorgesetzten erhöht, korrespondiert eine Minderung der Verantwortlichkeit des Untergebenen für die Teilnahme, der bei der Bestimmung der angemessenen Sanktion Rechnung zu tragen ist (vgl. Urteil vom 16. Juni 2011 - BVerwG 2 WD 11.10 - Rn. 28).
bbb) Diesem Umstand ist auch hier maßnahmemildernd Rechnung zu tragen. Denn nach dem Eindruck des Senats von der Person des Hauptfeldwebels K., seiner in den bindenden Feststellungen des Truppendienstgerichts zu den Schuldfeststellungen beschriebenen Einflussnahme auf die Soldaten der Materialgruppe und der besonderen Stellung des früheren Soldaten innerhalb dieser Gruppe ist durch diesen Vorgesetzten eine besondere Versuchungssituation geschaffen worden, durch die der frühere Soldat zu den festgestellten Pflichtverletzungen verleitet wurde.
Hauptfeldwebel K. hat die Verteilung von Ausrüstungsgegenständen als "Gratifikation" für gute Arbeit initiiert. Er hat bestimmt, welche Gegenstände an welche Soldaten verteilt wurden und damit - auch wenn er einzelne Unterstützungsfunktionen an Untergebene delegiert hatte - die Herrschaft über das Geschehen behalten und es in seinen wesentlichen Abläufen gesteuert. Auch hinsichtlich der "Entsorgung" der nicht verteilten GPS-Geräte auf einer afghanischen Müllhalde hat er nach den Feststellungen des Truppendienstgerichts nach einer Beratung "das Startsignal gegeben". Wer auf diese Weise die Umsetzung eines Beratungsergebnisses initiiert, manifestiert damit die eigene bestimmende Stellung innerhalb der beratenden Gruppe und gibt die Autorität des Vorgesetzten gerade nicht auf.
Hauptfeldwebel K. ist in der Berufungshauptverhandlung selbstbewusst und sicher aufgetreten und hat seine kommunikativen Fähigkeiten deutlich gemacht. Der Zeuge Oberstleutnant H. hat ihn als eher autoritär auftretenden Vorgesetzten mit guter Fachkompetenz und für den Einsatz sehr gut nutzbarer Ausbildung beschrieben. Auch der Zeuge Stabsfeldwebel a.D. R. hat ausgeführt, dass Hauptfeldwebel K. als Führer im Bereich der Materialgruppe bei den ihm dort unterstellten Soldaten akzeptiert war. Diese Charaktereigenschaften und Fähigkeiten sowie sein Verhalten im Zusammenhang der hier in Rede stehenden Pflichtverletzungen machen ihn zur Zentralgestalt des Geschehens und charakterisieren ihn als Haupttäter mit besonders hoher Autorität.
Hinzu kommt auf Seiten des früheren Soldaten, dass dieser gleichsam als "Externer" im Rahmen eines Auslandseinsatzes an einem Standort eingesetzt wurde, der maßgeblich von einer Stammeinheit betreut wurde, der er selbst nicht angehörte. In dieser Situation war er - wie er selbst nachvollziehbar und damit plausibel in der Berufungshauptverhandlung beschrieben hat - in besonderer Weise auf die Unterstützung seines Teileinheitsführers angewiesen und für diese auch dankbar. Er musste sich in den konkreten Kameradenkreis integrieren und hatte es daher besonders schwer, durch Verweigerung der Teilnahme an dem Fehlverhalten sich gegen einen autoritär und kompetent auftretenden Teileinheitsführer zu stellen. Zudem war er zum Tatzeitpunkt dem Lebensalter nach deutlich jünger als der Hauptfeldwebel K. und verfügte erst über einen niedrigen Vorgesetztendienstgrad, während der verleitende Vorgesetzte eine Dienstgradgruppe und drei Dienstgrade über ihm stand. Diese objektiven Umstände lassen es nachvollziehbar erscheinen, dass ihm Hauptfeldwebel K. als Autoritätsperson erschien, deren Einfluss auf ihn nachdrücklich wirken konnte.
e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen die durch die Beurteilungen und den Leumundszeugen Hauptmann S. bekundeten Leistungen für den früheren Soldaten. Er hat nicht nur konstant überdurchschnittliche Leistungen erbracht, sondern war durch die zeitintensive Vertretung eines Feldwebeldienstgrades faktisch überwiegend mit den Aufgaben eines höherwertigen Dienstpostens befasst. Ihm war im Inland im Bereich der dezentralen Beschaffung eine Vertrauensstellung übertragen, deren Anforderungen er gerecht wurde. Ins Gewicht fällt vor allem, dass er auch nach dem Vorfall und unter dem Eindruck der ihn belastenden Ermittlungen in seinen Leistungen nicht nachgelassen hat.
Für ihn spricht auch die fehlende disziplinäre und strafrechtliche Vorbelastung, auch wenn diesem Umstand kein großes Gewicht zukommt, da der Soldat hiermit nur die Mindesterwartungen seines Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt, aber keine Leistung erbringt, die ihn aus dem Kreis der Kameraden heraushebt.
Nachdrücklicher für ihn spricht, dass die Pflichtverletzungen insoweit persönlichkeitsfremd waren, als ihm weder vor noch nach dem Auslandseinsatz Unregelmäßigkeiten oder Unkorrektheiten im Bereich der Materialbewirtschaftung oder der Buchführung vorgeworfen werden konnten, er sich vielmehr in diesem Bereich bewährt hatte.
Positiv fällt auch seine Bereitschaft ins Gewicht, an der Aufklärung der Geschehnisse durch seine Aussagen vollumfänglich mitzuwirken. Darin kommt Unrechtseinsicht zum Ausdruck.
f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts eine Dienstgradherabsetzung um einen Dienstgrad erforderlich, aber auch angemessen. Da dem früheren Soldaten die Übergangsbeihilfe noch nicht ausgezahlt wurde und er außerdem auch noch Übergangsgebührnisse erhält und damit als Soldat im Ruhestand gilt (§ 1 Abs. 3 WDO i.V.m. § 3 Abs. 4 Nr. 3 SVG), sind die Maßnahmen nach § 58 Abs. 2 WDO, mithin auch die Dienstgradherabsetzung, rechtlich zulässig.
Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 - juris Rn. 35 ff.) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:
aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".
Vergreift sich ein Soldat in Vorgesetztenstellung vorsätzlich an Eigentum oder Vermögen seines Dienstherrn, so indiziert ein solches schweres Fehlverhalten nach der Senatsrechtsprechung (vgl. zum Diebstahl z.B. Urteil vom 13. Februar 2008 - BVerwG 2 WD 9.07 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 4, zur versuchten oder vollendeten Schädigung bzw. Gefährdung des Vermögens des Dienstherrn durch Betrug z.B. Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26) regelmäßig eine Dienstgradherabsetzung. Erfolgt der vorsätzliche Zugriff im Bereich der dienstlichen Kernpflichten des Soldaten (z.B. Entwendung "anvertrauten" dienstlichen Geldes oder Gutes oder Ausnutzung einer vergleichbaren Vertrauensstellung etwa als Materialnachweisfeldwebel), so ist bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise in der Regel die Entfernung aus dem Dienstverhältnis Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. z.B. Urteile vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 WD 7.08 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 29 m.w.N. und vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - Rn. 44).
Vorliegend ist auf dieser ersten Stufe die Dienstgradherabsetzung in den Blick zu nehmen, weil - wie ausgeführt - die fraglichen Ausrüstungsgegenstände dem früheren Soldaten nicht anvertraut waren.
bb) Auf der zweiten Stufe ist dann zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet.
Hiernach liegen keine erschwerenden Umstände vor, die die Verhängung der Höchstmaßnahme verlangen würden. Insbesondere rechtfertigt die Höhe des Schadens bzw. das Ausmaß der Vermögensgefährdung dies noch nicht. Die Höhe des verursachten Schadens im unteren vierstelligen Eurobereich verleiht dem Fehlverhalten noch nicht den für die Verhängung der Höchstmaßnahme notwendigen Schweregrad (vgl. Urteile vom 31. Januar 1991 - BVerwG 2 WD 48.90 - BVerwGE 93, 34 und vom 28. September 1994 - BVerwG 2 WD 22.94 - BVerwGE 103, 172 <175>). Dies wäre erst bei einer Schadenssumme im fünf- oder sechsstelligen Betragsbereich in Betracht zu ziehen (vgl. Urteile vom 21. Juni 2011 - BVerwG 2 WD 10.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 7 Rn. 41 und vom 11. Januar 2012 - BVerwG 2 WD 40.10 - juris Rn. 37). Da den oben angeführten mildernden Umstände allerdings auch gewichtige erschwerende Umständen gegenüber stehen, ist ein Übergehen zu der nächst milderen Maßnahmeart ebenfalls nicht veranlasst.
Da sich die für den früheren Soldaten sprechenden mildernden Gesichtspunkte - vor allem die Verleitung durch einen Vorgesetzten, aber auch die guten dienstlichen Leistungen, seine Bewährung in verschiedenen Vertrauensstellungen und die Persönlichkeitsfremdheit der Taten - und die gegen ihn sprechenden erschwerenden Umstände - namentlich die Wiederholung des Zugriffs und die Vertiefung des Fehlverhaltens durch das Fragen nach einem weiteren GPS-Gerät, der Vorgesetztenstellung des früheren Soldaten und sein Versagen gerade unter den Bedingungen eines Auslandseinsatzes - nahezu gleichgewichtig gegenüberstehen, hält der Senat eine Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad noch nicht für geboten und eine Herabsetzung um einen Dienstgrad für ausreichend.
Dass andere am Gesamtgeschehen beteiligte Soldaten nur mit einfachen Maßnahmen sanktioniert worden sind, ist für die Bemessung unerheblich und rechtfertigt auch unter Gleichheitsgesichtspunkten keine mildere Maßnahme. Denn diese Disziplinarentscheidungen sind zum einen nicht vom Senat getroffen worden und weisen zum anderen schon wegen der anderen Personen und ihres unterschiedlichen Soldatenstatus andere Einzelfallumstände auf (Urteil vom 16. Juni 2011 - BVerwG 2 WD 11.10 - juris Rn. 32).
Weder § 16 Abs. 1 WDO noch § 17 Abs. 2 bis 4 WDO stehen einer Dienstgradherabsetzung entgegen.
Dass das Strafverfahren nach § 153 StPO ohne Auflage eingestellt wurde, ist für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nicht erheblich: Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, entweder durch eine erzieherische Maßnahme zu künftig pflichtgemäßem Verhalten mahnt oder ihn aus dem Dienstverhältnis entfernt bzw. die sonst gebotene Höchstmaßnahme ausspricht (vgl. Urteile vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 49, m.w.N., vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 51 und vom 28. Juni 2012 - BVerwG 2 WD 34.10 - Rn. 112).
3. Da die Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft erfolglos geblieben ist, sind dem Bund gemäß § 139 Abs. 2 WDO die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Nach § 140 Abs. 3 Satz 1 WDO trägt er auch die dem Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen.