Entscheidungsdatum: 12.11.2015
Der 19.. geborene Soldat trat 20.. in die Bundeswehr ein. Er wurde 20.. zum Hauptfeldwebel ernannt und in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten berufen. Zum Dezember 20.. wurde er zur ...bataillon ... versetzt und ab dem 21. Juli 20.. auf dem Dienstposten IT-Feldwebel "Informationsübertragung ..." eingesetzt. Wegen des angeschuldigten Sachverhaltes wurde die für den Zeitraum 9. Januar 2011 bis 25. März 2011 ausgesprochene Kommandierung zur ...regiment ... auf den 18. Februar 2011 verkürzt. Zum Oktober 2013 wurde er zur ...regiment ... versetzt und dort zunächst als stellvertretender und sodann als Zugführer eingesetzt. Wegen der Auflösung des ...regiments ... erfolgte zum Juli 2015 die Versetzung zur ...bataillon ...
In der von Hauptmann R. erstellten letzten planmäßigen Beurteilung vom 5. August 2010 erhielt der Soldat für die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten den Durchschnittswert von "6,20". Der Soldat zeichne sich durch eine stark überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft aus und entlaste seine Vorgesetzten durch seine enorme Eigenständigkeit wesentlich. Er sei ein ausgesprochener Teamplayer, der immer mit Blick auf die übergeordnete Führung agiere. Mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl, aber auch mit Härte verstehe er es, seinen Bereich zielorientiert zu führen. Physisch und psychisch sei er hoch belastbar. Seine geistigen und sozialen Kompetenzen seien ausgeprägt, seine funktionale und seine Kompetenz in Menschenführung stärker ausgeprägt und bestimmende Merkmale und seine konzeptionelle Kompetenz weniger ausgeprägt, wobei er über ein überdurchschnittliches Maß an Verantwortungsbewusstsein verfüge. Auch unangenehme Entscheidungen treffe er unmissverständlich und trage die daraus resultierenden Härten. Bei Ausbildungen, Übungen und im Tagesdienst merke man ihm die Freude am Führen deutlich an. Im Kreis der Unteroffiziere sei er ein anerkannter Gesprächspartner, der sicher zu einer tragenden Säule der Unteroffiziergemeinschaft werde. Er sei ein in jeder Hinsicht gewinnbringender Soldat. Der nächsthöhere Vorgesetzte trug die Beurteilung vollumfänglich mit und sah eine Entwicklungsprognose bis zur allgemeinen Laufbahnperspektive.
Die im allseitigen Einvernehmen in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung verlesene und auszugsweise auch in die Berufungshauptverhandlung eingeführte Stellungnahme des Disziplinarvorgesetzten zur Tatzeit beschreibt den Soldaten als guten Ausbilder und ruhigen Soldaten, der sein Handwerk verstehe. Nach dem Vorfall habe er ihn aus den Stationsdiensten entlassen und wieder in seine Stammeinheit zurück geschickt.
In die Berufungshauptverhandlung wurden auch auszugsweise die von der Vorinstanz protokollierten Stellungnahmen der Leumundszeugen Major R. und Hauptmann M. eingeführt. Major R., von Mai 2008 bis Juni 2013 Disziplinarvorgesetzter des Soldaten, verwies dort auf eine Wesensveränderung des Soldaten infolge des Vorfalles. Dieser sei zuvor selbstbewusst, eher extrovertiert und forsch aufgetreten. Seit dem Vorfall sei der Soldat ein "Leisetreter'' geworden. Seine Reue sei ihm deutlich anzumerken gewesen. Der Soldat gehöre nach wie vor zur Spitzengruppe der Hauptfeldwebel und gebe ein sehr gutes Leistungsbild ab. Eine Nachbewährung liege vor. Dem Soldaten sei es gelungen, im Dienst und bei Kameraden noch mehr Bemühen zu zeigen. In der Einheit habe sich der Vorfall herumgesprochen. Der Soldat habe jedoch nicht aus seiner Verwendung herausgenommen werden müssen. Der Regimentskommandeur habe ihm Anfang 2012 wieder erlaubt, Schulschießen zu leiten.
Hauptmann M., von Oktober 2013 bis August 2015 nächster Disziplinarvorgesetzter des Soldaten, hat erstinstanzlich ausgesagt, dieser sei hochmotiviert und engagiert. Er suche und forciere Aufträge, sei loyal und pflege mit allen Dienstgradgruppen einen kameradschaftlichen Umgang. Er sehe den Soldaten in der Vergleichsgruppe auf Platz 5 von 12. Dessen Leistungsbild sei ganz klar positiv. Nach dem Vorfall habe er den Soldaten ganz bewusst als Sicherheitsoffizier beim Schießen eingesetzt. Dieser habe sich akribisch in die Vorschriften eingearbeitet und für die Sicherheit auf der Schießbahn gesorgt.
In der von Hauptmann M. erstellten Sonderbeurteilung vom 5. Februar 2015 erhielt der Soldat im Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung "6,20". Der Soldat besteche durch seine absolut flexible Aufgabenwahrnehmung. Als stellvertretender und seit Juli 2014 als originärer Zugführer habe er die Aufgaben stets im Sinne der übergeordneten Führung erfüllt. Er sei engagiert, konstruktiv und wisse mit Witz und Esprit Ressourcen einzusetzen. Wesentliche Grundlage seiner Leistungsfähigkeit sei dessen physische und psychische Belastbarkeit. Der Soldat überzeuge durch ein tadelloses berufliches Selbstverständnis und seine Fachkenntnisse. Eine Verwendung auf Bataillonsebene sei deshalb vorstellbar, auch wenn er dafür seine Fähigkeiten im Stabsdienst noch weiterentwickeln müsse. Er sei ein hochgradig engagierter, motivierter, erfahrener und loyaler Unteroffizier, der sich durch gelebte Kameradschaft, Hilfsbereitschaft sowie Glaubwürdigkeit auszeichne. Er erziele durchgehend überdurchschnittliche Ergebnisse. Der sympathische Soldat habe die Grundsätze der modernen Personalführung verinnerlicht und werde den Anforderungen noch höherwertiger Dienstposten gerecht werden. Als Ausbilder sei er wahrlich eine Institution. Der nächsthöhere Vorgesetzte schloss sich dem an. Der Soldat gehöre in der starken Vergleichsgruppe des Verbandes zum Mittelfeld und habe Potenzial bis zur allgemein Laufbahnperspektive.
Nach der im allseitigen Einverständnis durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Stellungnahme von Hauptmann M. vom 26. August 2015 verfügt der Soldat über eine gefestigte Persönlichkeit, einen einwandfreien Charakter und eine tadellose Diensteinstellung. Die Zusammenarbeit mit ihm sei angenehm und vertrauensvoll. Im täglichen Dienst erfülle er die Aufgaben selbstlos, hochgradig flexibel und aufopferungsvoll. Er gehe die Aufträge gewissenhaft, eigenständig und stringent an. Insbesondere im Umgang mit konventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen im Rahmen der einsatzvorbereitenden Ausbildung setze er Maßstäbe. Eingesetzt als Sicherheitsoffizier habe er sich im Vorfeld vollumfänglich in sämtliche Vorschriften eingelesen, den Auftrag mit Bravour erfüllt und dadurch ein erhebliches Entwicklungspotenzial bewiesen. Die Bewertung mit "6,2" in der Sonderbeurteilung entspreche der Spitze des unteren Leistungsstandes der Unteroffiziere mit Portepee der Kompanie. Der Soldat habe nur deshalb keine höhere Note erhalten, weil die Leistungsdichte hoch gewesen sei. Ein Soldat vom Schlage des Soldaten sei ein Garant für den Zusammenhalt der Truppe und absolut verlässlich für jeden Vorgesetzten. Seine teils herausragenden Leistungen seien unter der Last eines Dienstvergehens erbracht worden. Der Soldat habe sich mit ihm intensiv auseinander gesetzt und es fortlaufend reflektiert. Er würde ihn jederzeit wieder gerne unter seiner Führung haben und ihm auch wieder Personal und Material anvertrauen.
In der Berufungshauptverhandlung hat Major R. im Wesentlichen ausgesagt, er sei 5 Jahre Disziplinarvorgesetzter des Soldaten gewesen und habe ihn schon 2 Jahre zuvor gekannt. Seine Feststellungen in der Regelbeurteilung seien weiterhin zutreffend, ebenso die des Hauptmanns M. Der Soldat sei immer einer der jüngsten in seinem Dienstgrad gewesen, habe Verantwortung gesucht und gern übernommen. Er sei ein emsiger Lerner und helfende Dienstaufsicht habe er gern angenommen. Er sei eher extrovertiert, an seinen Aufgaben gewachsen, im Kameradenkreis bei Dienstgraden sehr anerkannt und Mannschaften gegenüber loyal. Er habe ältere Kameraden zum Vorbild genommen und ihnen positiv nachgeeifert. Überrascht habe ihn, dass gerade dieser Soldat die Verfehlung begangen habe, weil er mit Waffen immer respektvoll und nie schludrig umgegangen sei. Vor dem Dienstvergehen habe er anlässlich eines konkreten Geschehnisses einen eher zögerlichen Umgang des Soldaten mit Leuchtmunition festgestellt. Der Soldat sei zunächst nicht mehr mit Ausbildungen betraut worden, um ihn nicht in Nöte zu bringen. Er würde mit ihm wieder gerne zusammenarbeiten.
Major K. als aktueller Disziplinarvorgesetzter des Soldaten hat in der Berufungshauptverhandlung ausgesagt, dieser sei ruhig und besonnen. Er sei im Dienst proaktiv, sehr loyal, versehe über die reguläre Dienstzeit hinaus Dienst und opfere Freizeit. Wegen seiner Persönlichkeit und dienstlichen Leistungen habe er ihn als Kommandant der Beweglichen Gefechtsstelle vorgeschlagen. Leistungsmäßig sehe er ihn bei 12 Soldaten mindestens auf Platz 5 mit Tendenz nach oben. Er beurteile ihn mit mindestens "7,2" und sehe dessen Entwicklungschancen bei Bedarf bis in die höchsten Verwendungen. Unter seinem Kommando habe der Soldat nur deshalb noch kein Schießen geleitet, weil sich keine Möglichkeit ergeben habe.
Oberstleutnant B., seit Juli 2015 nächsthöherer Disziplinarvorgesetzter des Soldaten, hat in der Berufungshauptverhandlung ausgeführt, er habe dem Soldaten erklärt, von ihm wegen des Dienstvergehens höhere Leistungen als von anderen Feldwebeln zu erwarten, insbesondere im Hinblick auf dessen körperlichen Leistungsstand. Der Soldat habe ihn in der Folgezeit überzeugt. Er beabsichtige deshalb, dem Vorschlag Major K. nachzukommen. Von diesem Vorschlag sei er auch nicht überrascht gewesen. Es seien zwar auch andere Soldaten für die Funktion infrage gekommen, aber der Soldat bemühe sich, gute Leistungen zu erbringen. Er vertraue ihm und dieser werde das Vertrauen auch rechtfertigen. Da er erst seit kurzem sein Disziplinarvorgesetzter sei, könne er zur Entwicklungsperspektive des Soldaten nichts Tragfähiges aussagen. Zwar werde der Soldat aufgrund des Vorfalls nicht mehr den Dienstgrad eines Oberstabsfeldwebels erreichen, jedoch bei weiterer Bewährung wohl den eines Stabsfeldwebels. Er würde ihn ebenfalls mit "7,2" beurteilen.
Der Soldat ist berechtigt, die Schützenschnur in Gold, das Abzeichen für Leistungen im Truppendienst in Gold und das Tätigkeitsabzeichen Führungsdienst in Bronze zu tragen. Im Oktober 2008 wurde dem Soldaten eine Leistungsprämie als Einmalzahlung gewährt.
Der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 20. August 2014 und der aktuelle Auszug aus dem Zentralregister verweisen jeweils auf das sachgleiche rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts B. vom 4. Januar 2012. Mit ihm war der Soldat wegen Ungehorsams in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einem auf Bewährung ausgesetzten Strafarrest von 4 Monaten verurteilt worden. Die Strafe wurde ihm im Februar 2014 erlassen.
Der Soldat ist ledig und kinderlos. Er erhält tatsächlich monatliche Bezüge in Höhe von etwa 2280 €. Monatlich zahlt er nach eigenen Angaben 415 € für Miete zuzüglich 95 € Nebenkosten sowie 150 € für Versicherungen und tilgt bis Oktober 2016 mit 90 € einen Kredit für Verbindlichkeiten aus dem Strafverfahren. Für Handy, Telefon etc. zahlt er ca. 90 € monatlich.
Mit Bescheid vom 2. August 2012 wurde der vom Soldaten verursachte Schaden auf 1233,69 € festgestellt. Die Zahlungspflicht wurde auf Antrag des Soldaten vorläufig ausgesetzt.
1. Das disziplinargerichtliche Verfahren ist nach Anhörung des Soldaten mit Verfügung des Kommandeurs der 1. Panzerdivision vom 14. Juni 2012 eingeleitet worden. Zuvor war die Vertrauensperson angehört und ihre Stellungnahme dem Soldaten eröffnet worden.
2. Aufgrund der Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich der 1. Panzerdivision vom 11. Dezember 2012, zu der abschließend Stellung zu nehmen dem Soldaten Gelegenheit gegeben worden war, hat die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Nord den Soldaten mit Urteil vom 2. September 2014 in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die bindenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des Amtsgerichts B. lauteten:
„Der Angeklagte .... hatte am Nachmittag des 10.02.2011 in der ...-Kaserne in ... W. die Stationsleitung einer Ausbildungsstation, bei der Signalpistolen verwendet wurden, inne. Nach dem Ende der Ausbildung wurden die Signalpistolen und die weitere Ausrüstung in den Keller des Gebäudes ..., Raum 002, der Kaserne gebracht. Dort prüfte und reinigte der damalige Stabsgefreite ... L. die während der Ausbildung verwendeten Signalpistolen. Nachdem der Zeuge L. bereits vier der sechs verwendeten Signalpistolen geprüft und gereinigt hatte und gerade mit der Reinigung der fünften Signalpistole beschäftigt war, betrat etwa um 17:55 Uhr der Angeklagte den Raum, nahm die sechste Signalpistole und gab unter Missachtung sämtlicher Sicherheits- und Dienstvorschriften mit dieser Waffe aus kurzer Entfernung einen Schuss in Richtung des Geschädigten L. ab, der diesen in dessen Gesicht traf.
Durch die Leuchtmunition geriet noch eine in dem Kellerraum befindliche Holzkiste, in der sich weiteres Material befand, in Brand. Dem Angeklagten war als Unteroffizier bewusst, dass er eine Signalpistole immer so zu handhaben hat, als sei sie geladen. Ihm war ferner bewusst, dass spielerisches Hantieren mit der Signalpistole, insbesondere Anlegen und Richten der Waffe auf Personen, ebenso verboten ist wie das Schießen mit pyrotechnischer Munition auf Menschen. Diese in Zentralen und Technischen Dienstvorschriften enthaltenen Gebote und Verbote hat der Angeklagte durch sein Verhalten bewusst missachtet. Die Verletzung des Geschädigten L. war für den Angeklagten vorhersehbar und vermeidbar. Der Geschädigte L. erlitt durch den Schuss eine Risswunde an der rechten Wange, die chirurgisch versorgt werden musste. Er hat eine dauerhafte sichtbare Narbe über die gesamte rechte Wange zurückbehalten. Aufgrund der erlittenen Verletzungen befand sich der Geschädigte bis zum 15.02.2011 in stationärer Behandlung und war mindestens bis Ende Februar 2011 dienstunfähig."
Soweit keine bindenden strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen vorliegen würden, stehe aufgrund der geständigen Einlassung des Soldaten, Zeugenaussagen sowie der herangezogenen Schriftstücke fest:
"Der Vorfall ereignete sich am 10. Februar 2010 im Rahmen der Nachbereitung der einsatzvorbereitenden Ausbildung (Aufgabe zur Abwehr der Bedrohung durch improvisierte Spreng- und Brandvorrichtungen - 'Counter-IED'), an der der Soldat nach eigenen Angaben als Stationsausbilder eingesetzt war. Seine Station war die letzte für die Soldaten, die am Schießen teilgenommen hatten. Nach Angaben des Soldaten waren am Tattag nur zwei Ausbilder vor Ort. Der Durchlauf umfasste 120 Soldaten pro Tag und Station. Insgesamt waren ca. acht Signalpistolen im Umlauf.
Der Soldat schilderte, dass er an diesem Tag 'extremen Stress' mit dem Stationsdurchlauf gehabt habe, weil sich zuvor ein Zweitonner auf der Wiese im Matsch festgefahren habe, während das Lagebild noch lief. Er habe dafür sorgen müssen, dass der festgefahrene Zweitonner mit dem Transportpanzer Fuchs wieder freikam und neue Gleitschutzketten aufgezogen werden. Anschließend habe der Zweitonner auf die 'Platte' und in die Kaserne gefahren werden müssen. Der Aufwand hierfür sei sehr groß gewesen, zumal sie nur zu Dritt gewesen seien. Dies wurde von dem Zeugen J. bestätigt. Er gab an, durch den festgefahrenen Zweitonner sei damals alles 'drunter und drüber' gegangen. Weil sie dadurch spät dran gewesen seien, habe Stabsunteroffizier M. lange auf sie warten müssen. Die Waffen seien dann schnell eingesammelt worden und der ganze Ablauf durcheinander geraten.
Nach der Übung wurde von dem Soldaten der Befehl zur Herstellung der Sicherheit an den Handwaffen erteilt. Der Befehl lautete sinngemäß, dass jeder, der diesen Befehl bekommen hat, seine Waffe auf Munition und Munitionsreste zu prüfen hatte. Das zuvor ausgegebene Material, unter anderem die Signalpistolen im Holster, wurde daraufhin auf Vollständigkeit kontrolliert, zusammengepackt und dem Zeugen Oberstabsgefreiter J. übergeben; dieser war damals unter anderem für die Rücknahme der Signalpistolen und Funkgeräte zuständig. Das Material verstaute der Zeuge in einer Holzkiste, die er dem Materialverantwortlichen, Stabsunteroffizier M., zur Ablieferung an die Waffenkammer der Kaserne übergab, was dieser zusammen mit dem Zeugen L. tat. Ob sich in den Waffen noch Patronen befanden, wurde von dem Zeugen J. nicht überprüft. Nach seinen Angaben sei er davon ausgegangen, dass vor der Rücknahme der Waffen eine Sicherheitsüberprüfung stattgefunden habe und keine Waffe mehr fertig geladen war.
Nach Aussage des Zeugen L. war für die Sicherheit der Signalpistolen zudem der Stabsunteroffizier M. verantwortlich; die Signalpistolen hätten nach seiner Einlassung schon auf den Schießbahnen geprüft werden sollen.
Als der Zeuge L. gegen 17:45 Uhr an der Waffenkammer angekommen war, überprüfte er die Kiste mit den benutzten Waffen auf Vollzähligkeit und die Waffen auf Munition und Munitionsreste, da es nach seiner Schilderung schon einmal vorgekommen sei, dass sich noch Munitionsreste in einer Waffe befanden. Dazu entnahm er jeweils zwei Waffen aus der Kiste und legte sie vor sich auf den Tresen. Der Zeuge führte aus, dass die Reinigung zwar nicht zu seinen unmittelbaren Aufgaben gehört habe; er habe dies aber immer so gemacht, um die Zeit sinnvoll zu nutzen.
Als sich der Zeuge L. der Reinigung der Signalpistolen widmete, bereits vier gereinigt hatte und gerade mit der Reinigung der fünften Pistole beschäftigt war, betrat der Soldat aus Gründen, an die er sich nicht mehr erinnern konnte, die Kammer. Er entnahm die auf den Tresen abgelegte sechste Pistole aus dem Holster und drückte ab.
Dabei löste sich ein Schuss und traf den Zeugen L. an der Wange und verursachte dort eine Fleischwunde. Die Verletzung rührt nach seiner Vermutung von der Verschlusskappe her. Diese Aussage ist nach Überzeugung der Kammer glaubhaft. Bei der bei der Tat verwendeten Signalpistole handelt es sich um eine Signalpistole ..., Typ SigP2A 1, Kaliber 26,5 mm mit Signalmunition; die Patrone fliegt bis in eine Höhe von ca. 300 Meter und hat eine Brennzeit von sechs bis 25 Sekunden. Die Pyrotechnik kommt aber erst wenige Sekunden nach der Schussabgabe zur Entfaltung; wäre der Zeuge L. unmittelbar davon betroffen gewesen, hätte dies sicherlich schwerwiegendere Verletzungen zur Folge gehabt.
Das Geschoss aus der Signalpistole - Lichtsignal, Einzelstern grün - geriet als Querschläger mehrfach gegen Wände oder Decke und schließlich zur Holzkiste, die daraufhin in Brand geriet und von Oberfeldwebel A. aus der Waffenkammer herausgebracht und danach gelöscht wurde. Durch die große Hitzeentwicklung verschmorten dennoch die in der Kiste befindliche Tasche für ein Funkgerät SEM 52 im Wert von 69,74 Euro, ein Doppelfernrohr 8 x 30 im Wert von 127,68 Euro, ein Doppelfernrohr 10 x 50 im Wert von 394,83 Euro und zwei Splitterschutzbrillen EPS 21, Infanterist der Zukunft-Brille, im Wert von 641,44 Euro.
Nach dem Vorfall kümmerten sich zumindest zwei Kameraden ... um den Zeugen L. und verarzteten ihn, bis er von einem Rettungswagen ins Klinikum F. verbracht wurde.
Von dem Vorfall behielt der Zeuge L. eine Narbe zurück. Er gab an, er habe keinen Strafantrag gegen den Soldaten gestellt, da er den Vorfall als 'Arbeitsunfall' gesehen habe. Er habe auch kein Schmerzensgeld beantragt. Das Verfahren zur Anerkennung als Wehrdienstbeschädigung sei zurzeit ausgesetzt; es sei noch nicht klar, ob ihm etwas zustehe.
Der Zeuge L. konnte nicht sagen, ob der Soldat, der ihm lediglich vom Dienstgrad her vorgesetzt gewesen sei, ihn vor der Schussabgabe angeschaut und die Waffe direkt auf ihn gerichtet hatte. Er schloss aber mit Sicherheit aus, dass er durch sein Verhalten Anlass gegeben haben könnte, dass der Soldat die Signalpistole auf ihn gerichtet hat. Er habe lediglich einen Knall gehört und sei zu Boden gegangen.
Der Soldat konnte nicht erklären, warum er sich wie geschildert verhalten hat. Er habe an diesem Tag erheblichen psychischen und physischen Stress gehabt. Es könne nur ein spielerischer Umgang mit der Waffe gewesen sein. Der Ladezustand der Signalpistole sei ihm nicht bekannt gewesen, als er sie in die Hand genommen habe. Da diese erst kurz vor der Schussabgabe fertig geladen worden seien, müsse das Entladen vom Vorgängerbenutzer vergessen worden sein. Da die Anwendung der Bestimmungen über die Sicherheit im Umgang mit Handwaffen befohlen worden sei, hätten alle Waffen - auch die Signalpistolen - zudem auf Munition und Munitionsreste überprüft worden sein müssen. Als er sie in der Waffenkammer liegen sah, sei die Signalpistole bereits durch drei bis vier Hände gegangen; er habe daher davon ausgehen müssen, dass keine Munition mehr enthalten sei. Er habe die Waffe nicht direkt auf das Opfer gerichtet und sich auch keine Gedanken zu den 'Querschlägerwirkungen' gemacht. Ein dahingehender Vorwurf wurde dem Soldaten aber weder im Strafurteil noch in der Anschuldigung gemacht; danach hat der Soldat die Signalpistole (nur) in Richtung des Zeugen L. gehalten, nicht aber auf ihn gezielt.
Im Übrigen räumte der Soldat ein, dass er in den Gebrauch der Signalpistole eingewiesen worden ist, auch wenn es darüber- wie er behauptet - keinen 'großen' Unterricht gegeben hat.
...
Die Zeugen L. und J. gaben an, der Soldat sei kurz nach dem Vorfall 'völlig aufgelöst' gewesen. Als er den Zeugen L. im Rettungswagen sah, entschuldigte er sich für sein Verhalten und versicherte ihm, dass er 'das' (also den Schaden) nicht gewollt habe. Dies wiederholte er nach Aussage des Zeugen L. später im Krankenhaus und nach Rückkehr in die Einheit."
Mit seinem Verhalten habe der Soldat bewusst und gewollt und damit vorsätzlich gegen mehrere Bestimmungen der TDv 095/005-12 und der ZDv 3/20 verstoßen. Bei diesen Bestimmungen handele es sich indes nicht um Befehle. Hinsichtlich des Schadenseintritts habe der Soldat jeweils fahrlässig gehandelt.
Der Soldat habe damit vorsätzlich die Dienstpflichten verletzt, treu zu dienen (§ 7 SG) und der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordere (§ 17 Abs. 2 Satz 1, Alt. 2 SG). Gegen die Gehorsamspflicht sei mangels eines Befehls jedoch nicht verstoßen worden. Ferner habe der Soldat durch die verursachten Schäden jeweils fahrlässig die Dienstpflicht verletzt, treu zu dienen (§ 7 SG), für seine Untergebenen zu sorgen (§ 10 Abs. 3 SG), die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten (§ 12 Satz 2 SG) und der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordere (§ 17 Abs. 2 Satz 1, Alt. 2 SG). Dabei unterliege er als Vorgesetzter der verschärften Haftung des § 10 Abs. 1 SG.
Das Dienstvergehen wiege schwer. Von Soldaten sei stets ein sorgsamer Umgang mit Waffen und Munition zu verlangen. Dies gelte auch für Signalpistolen. Diesen Anforderungen sei der Soldat vorsätzlich nicht nachgekommen, da er die Sicherheitsbestimmungen bewusst und gewollt missachtet habe. Er habe damit zugleich eine für ihn vorhersehbare und daher fahrlässig herbeigeführte Ursache für die Verletzung eines Kameraden und die Zerstörung von Bundeswehrmaterial gesetzt. Nur mit viel Glück sei nichts Schlimmeres passiert. Die fahrlässige Verletzung der Pflichten zum treuen Dienen, zur Fürsorge gegenüber Untergebenen und zur Kameradschaft habe ebenfalls erhebliches Gewicht.
Milderungsgründe in den Umständen der Tat lägen nicht vor. Dass der Soldat durch einen festgefahrenen Zweitonner in eine Stresssituation geraten sei, könne dessen Verhalten nicht erklären. Der Soldat habe mit dem Betätigen der ihm vom Ladezustand unbekannten Signalpistole vorsätzlich und aktiv eine Handlung begangen, die rein spielerisch motiviert gewesen sei. Auch wenn die Maßnahmen zur Sicherheitsüberprüfung lückenhaft und schlecht organisiert gewesen sein mögen, könne ihn dies nicht wesentlich entlasten, weil er allein auf die Umsetzung seines Befehls nicht habe vertrauen dürfen.
Zu Lasten des Soldaten sei der Schaden am Material des Dienstherrn und vor allem zu berücksichtigen, dass der Zeuge L. eine sichtbare Narbe davongetragen habe. Der Soldat habe zudem aus seiner Verwendung abgelöst und die Kommandierung vorzeitig beendet werden müssen. Für ihn spreche, dass er die Folgen nur fahrlässig herbeigeführt habe. Auch sei sein Leistungsbild im Wesentlichen gut geblieben. Er habe außerdem das Vertrauen seiner Vorgesetzten zurückgewonnen, wiederholt Reue bekundet und sich entschuldigt.
Das Dienstvergehen erfordere eine Herabsetzung um einen Dienstgrad. Eine weitere Herabsetzung sei wegen der für den Soldaten sprechenden Umstände unangemessen. Von einer Verkürzung der Wiederbeförderungssperre sei abzusehen.
3. Gegen das ihr am 10. Oktober 2014 zugestellte Urteil hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich der 1. Panzerdivision am 6. November 2014 Berufung eingelegt und sie auf die Maßnahmebemessung beschränkt. Sie beantragt, den Soldaten weitergehend zu degradieren, weil die Herabsetzung um einen Dienstgrad nicht den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - aufgestellten Grundsätzen gerecht werde. Der Soldat habe den Stabsgefreiten d.R. L. massiv geschädigt. Ferner sei beim Bund ein erheblicher, die Bagatellgrenze deutlich überschreitender Schaden eingetreten. Obwohl massive Schädigungen dieser Art dem Referenzurteil nicht zugrunde gelegen hätten, sei dort gleichwohl eine Dienstgradherabsetzung um zwei Stufen und dies unter Zuweisung einer niedrigeren Besoldungsgruppe verhängt worden. Zudem liege keine Nachbewährung vor.
Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Gemäß § 91 Abs. 1 WDO in Verbindung mit § 301 StPO ist der Senat befugt, trotz einer ausschließlich von der Wehrdisziplinaranwaltschaft zu Ungunsten des Soldaten eingelegten Berufung das Urteil zugunsten des Soldaten zu ändern (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 WD 32.11 - juris Rn. 22 m. w. N.).
1. Das Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt. Der Senat hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
2. Das Truppendienstgericht hat die bindenden Tatsachenfeststellungen aus dem Urteil des Amtsgerichts B. vom 4. Januar 2012 zugrundegelegt und im Übrigen selbst verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass der Soldat um etwa 17.55 Uhr des 10. Februar 2011 in der ...-Kaserne in W. im Kellerraum mit einer Signalpistole des Typs ..., SigP2A1, Kaliber 26,5 mm, unter wissentlicher und willentlicher Missachtung der maßgeblichen Sicherheits- und Dienstvorschriften aus kurzer Entfernung einen Schuss in Richtung des Stabsgefreiten d.R. L. - nicht auf ihn - abgegeben hat, welcher vorhersehbar und vermeidbar dazu führte, dass dieser im Gesicht verletzt und eine im Eigentum des Bundes stehende Holzkiste nebst Inhalt entzündet wurde. Der Stabsgefreite d.R. L. habe eine dauerhafte sichtbare Narbe über die gesamte rechte Wange zurückbehalten, sich bis zum 15. Februar 2011 in stationärer Behandlung befunden und sei bis mindestens Ende Februar 2011 dienstunfähig gewesen. Der durch die entzündete Kiste entstandene Schaden belaufe sich auf gut 1 200 €.
Das Truppendienstgericht hat als vorsätzliche Verletzung der Pflichten aus § 7 SG sowie § 17 Abs. 2 Satz 1 SG gewertet, dass der Soldat die den Umgang mit Signalpistolen regelnden Dienstvorschriften nicht befolgt hat, einen Verstoß gegen die Gehorsamspflicht mangels eines Befehls aber ausdrücklich verneint. Zudem hat es als fahrlässige Verletzung der Dienstpflichten nach § 7, § 10 Abs. 3, § 12 Satz 2 SG und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG die Schädigung des Stabsgefreiten d.R. L. sowie des Bundeseigentums angesehen.
Diese Tat- und Schuldfeststellungen sind für den Senat angesichts der maßnahmebeschränkten Berufung bindend. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des Urteils des Truppendienstgerichts bestimmt.
3. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - Rn. 23 m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.
a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen schwer.
Der vorsätzliche Verstoß gegen Vorschriften, die den Umgang mit Waffen und Munition regeln und damit die Verletzung der soldatischen Pflichten nach § 7 und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG wiegt schwer. Diese Normen statuieren zentrale soldatische Pflichten. Hinzu tritt, dass der Soldat mit dem Einsatz der Signalpistole nicht nur eine Schusswaffe im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG (vgl. § 1 Abs. 4 WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Punkt 1.1) eingesetzt, sondern damit ein besonders gefährliches Werkzeug verwandt hat. Denn die Flugbahn einer Signalpistole ist selbst für geübte Schützen kaum vorherseh- oder kontrollierbar. Die Abgabe von Schüssen mit der Signalpistole begründet damit ein besonders hohes Risiko unbeabsichtigter Treffer, Querschläger oder Abpraller (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - Rn. 33). Darüber hinaus setzte der Soldat die Signalpistole im Keller der Kompanie und in einem geschlossenen Raum ein, wodurch sich das mit dem Einsatz von Leuchtmunition verbundene Risiko noch weiter erhöhte. Dieses Risiko realisierte sich ausweislich der festgestellten Schädigungsfolgen zudem in einer Weise, die zusätzliche Verstöße gegen die Pflicht zur Fürsorge (10 Abs. 3 SG), zur Kameradschaft (§ 12 Satz 1 SG) sowie gegen die Pflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - Rn. 26 - 27, 29 - 30 m.w.N.) nach sich zog.
Eigenart und Schwere bestimmt des Weiteren, dass der Soldat als Hauptfeldwebel eine Vorgesetztenstellung innehatte. Soldaten in Vorgesetztenstellung (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VorgV) obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG).
b) Das Dienstvergehen hatte insofern nachteilige Auswirkungen, als der Stabsgefreite d.R. L. eine dauerhafte sichtbare Narbe im Gesicht davon getragen hat und gut drei Wochen arbeitsunfähig erkrankt war. Obwohl er während dieses Zeitraums seinen Dienst nicht versehen konnte, war der Dienstherr zudem gehalten, ihn zu besolden und musste für eine Vertretung sorgen, wodurch auch der Bund geschädigt wurde. Zu diesem finanziellen Schaden und dem durch die medizinische Versorgung des Stabsgefreiten d.R. L. entstandenen Schaden trat jener hinzu, den der Soldat durch die entzündete Kiste verursachte. Als Folge des Dienstvergehens musste die Kommandierung des Soldaten verkürzt und er aus der Verwendung einstweilen herausgenommen werden. Das Dienstvergehen ist in der Einheit auch bekannt geworden.
c) Die Beweggründe des Soldaten sprechen gegen ihn. Auch wenn es ihm nicht um die Schädigung eines Kameraden oder des Bundesvermögens ging, legte er durch sein spielerisches Verhalten mit einer Waffe eine nicht altersangemessene Unreife an den Tag.
d) Das Maß der Schuld des uneingeschränkt schuldfähigen Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er vorsätzlich ein Dienstvergehen begangen hat, auch wenn er die damit verbundenen Folgen nur fahrlässig verursachte.
Ein Milderungsgrund in den Umständen der Tat, der die Schuld des Soldaten mindert (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2008 - BVerwG 2 WD 18.07 - m.w.N.), liegt aber vor.
Dass der Soldat im Vorfeld des Dienstvergehens wegen eines festgefahrenen Zweitonners eine Stresssituation zu bewältigen hatte, begründet zwar keine seelische Ausnahmesituation. Sie liegt als klassischer Milderungsgrund erst dann vor, wenn eine Situation von so außergewöhnlichen Besonderheiten geprägt ist, dass von einem Soldaten ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden kann (BVerwG, Urteil 12. März 2015 - 2 WD 3.14 - Rn. 70). Dass eine unvorhergesehene Schwierigkeit wie hier - ein festgefahrener LKW - eine Zeitplanung durcheinander bringt und zu Stress führt, ist eine Situation, deren Bewältigung von einem Soldaten regelmäßig erwartet wird. Einen außergewöhnlichen Grad erreichten die Stressfaktoren hier nicht.
Das Hantieren mit der Signalpistole bildete jedoch eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 WD 6.14 - juris Rn. 55 m.w.N.). Der Senat ist überzeugt, dass die Tat dem Soldaten persönlichkeitsfremd war. Der Zeuge Major R. hat in der Berufungshauptverhandlung dazu ausgeführt, er habe bei dem Soldaten bereits vor dem Dienstvergehen einen respektvollen Umgang mit Waffen, insbesondere anlässlich eines konkreten Geschehnisses einen geradezu zögerlichen Umgang mit Leuchtmunition festgestellt. Mit diesem sorgfältigen Verhalten in Widerspruch steht augenscheinlich das angeschuldigte Verhalten, das auf Seiten des bis dahin disziplinarisch unvorbelasteten Soldaten auch anschließend keine Wiederholung gefunden hat. Er hat ausweislich der Aussage des Hauptmanns M. seine Kenntnisse vertieft und für den Umgang mit Schusswaffen vielmehr - nachfolgend - Maßstäbe gesetzt. Zudem handelte es sich nach dem von der Vorinstanz festgestellten Ablauf des Geschehens auch nicht um eine mehraktige Tat. Vielmehr ist der Entschluss zum Handeln spontan und unüberlegt in die Tat umgesetzt worden.
e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sind dem Soldaten die ansprechenden, zum Teil überdurchschnittlichen, sowohl durch die Bekundungen der Leumundszeugen als auch durch Beurteilungen bestätigten Leistungen zugute zu halten. Dabei ist es dem Soldaten gelungen, sie noch zu steigern, so dass jedenfalls zum für die Maßnahmebemessung maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2009 - 2 WD 7.08 - juris Rn. 51 m.w.N.) eine Nachbewährung vorliegt (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - Rn. 41). Dies folgt aus der Aussage der aktuellen Disziplinarvorgesetzten Major K. und Oberstleutnant B., welche die Leistungen des Soldaten nunmehr mit "7,2" beurteilt haben, nachdem dessen Leistungen in der Regel- wie Sonderbeurteilung noch mit (durchschnittlich) "6,20" bewertet worden waren.
Der Soldat ist zudem geständig und bereut sein Verhalten aufrichtig. Seine entsprechende Bekundung in der Berufungshauptverhandlung und seine Aussage, er habe sich bei dem Stabsgefreiten d.R. L. nach dessen Entlassung aus der Klinik erneut entschuldigt, sind für den Senat angesichts seiner früheren Einlassungen glaubhaft, zumal sie den Aussagen der Soldaten entsprechen, die sein Verhalten unmittelbar nach dem Vorfall erstinstanzlich beschrieben haben. Insbesondere hat der Stabsgefreite d.R. L. bestätigt, der nach der Tat völlig aufgelöste Soldat habe sich sogleich und auch später bei ihm entschuldigt.
Verbunden mit seiner Reue ist eine uneingeschränkte Unrechtseinsicht. Sie wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Soldat die Aussetzung des Bescheides beantragt hat, mit dem der Bund gegen ihn den Ersatz seines Schadens geltend macht. Der Soldat hat dem Senat nachvollziehbar dargelegt, dies auf anwaltlichen Rat getan zu haben, um nicht gegen Obliegenheiten zu verstoßen, die seiner Versicherung gegenüber bestehen. Im Übrigen hat er ausgeführt, nach Abschluss des gerichtlichen Disziplinarverfahrens den Schaden zu begleichen, was auch seinen vorgerichtlichen Erklärungen entspricht.
Einher geht damit dessen Bestreben, sein Verhalten im Umgang mit Waffen zu verbessern, um für die Zukunft eine Wiederholung zu vermeiden. In der Berufungshauptverhandlung hat er dazu ausgeführt, er gehe an dienstliche Sachen seit dem Vorfall (noch) gewissenhafter heran. Er wolle nicht noch einmal einen solchen Fehler begehen, den er als größte Dummheit seines Lebens betrachte. Glaubhaft wird seine Einlassung durch die Aussage des Hauptmanns R. Danach war der Soldat nach dem Vorfall zunächst ein "Leisetreter'' geworden und er habe erst wieder behutsam an Waffen und an den Ausbildungsbetrieb herangeführt werden müssen. Der Soldat habe ständig Selbstzweifel gehabt, permanent habe ihn die Frage begleitet, ob er schon so weit sei. Hauptmann M. hat zudem ausgesagt, der Soldat habe sich nach dem Dienstvergehen akribisch in die Vorschriften eingearbeitet und für die Sicherheit auf der Schießbahn gesorgt. Übereinstimmend damit hat er in seiner in die Berufungshauptverhandlung durch Verlesen eingeführten Stellungnahme ausgeführt, insbesondere im Rahmen der einsatzvorbereitenden Ausbildung habe der Soldat im Umgang mit konventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen Maßstäbe gesetzt. Eingesetzt als Sicherheitsoffizier habe er sich im Vorfeld in sämtliche Vorschriften eingelesen, Rat bei Kameraden eingeholt, den Auftrag mit Bravour erfüllt und dadurch sein erhebliches Entwicklungspotenzial bewiesen. Insgesamt zeichnet sich dadurch das Bild eines Soldaten ab, in den die Vorgesetzten wieder Vertrauen setzen. Damit steht auch fest, dass das Disziplinarverfahren als solches bereits pflichtenmahnende Wirkung auf den Soldaten gehabt hat (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - juris Rn. 42).
Für den Soldaten spricht weiter die fehlende disziplinäre und strafrechtliche Vorbelastung, auch wenn dem kein großes Gewicht zukommt, da er hiermit nur die Mindesterwartungen seines Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt, aber keine Leistung erbringt, die ihn aus dem Kreis der Kameraden heraushebt.
f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts der Ausspruch einer nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 WDO zulässigen Herabsetzung im Dienstgrad von der Art der Disziplinarmaßnahme her zwar angemessen, nicht jedoch das von der Wehrdisziplinaranwaltschaft geforderte Maß um zwei Dienstgrade. Vielmehr ist es geboten, die mit der Herabsetzung um einen Dienstgrad gesetzlich vorgesehene Frist zur Wiederbeförderung zu verkürzen.
Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung von einem zweistufigen Prüfungsschema aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - juris Rn. 45 m.w.N.):
aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Hiernach bildet die Herabsetzung im Dienstgrad den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Diese Maßnahmeart stellt grundsätzlich eine angemessene Ahndung von Verfehlungen im Zusammenhang mit vorsätzlichen Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften im Umgang mit Schusswaffen dar (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Mai 2011 - 2 WD 9.10 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 55 Rn. 51 m.w.N. und vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - juris Rn. 47).
Ein milderer Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist auch nicht deshalb veranlasst, weil eine Signalpistole und damit keine zum Angriff oder zur Verteidigung bestimmte Schusswaffe in Rede steht. Die zweitschärfste Maßnahmeart ist bei einem leichtfertigen Umgang mit dieser Waffe wegen der - bereits erwähnten - hohen Gefahr gravierender Unfälle geboten (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - juris Rn. 48).
bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht vom Maß her einen Spielraum eröffnet wie dies vorliegend der Fall ist; § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO ermöglicht eine Degradierung bei Unteroffizieren, die Berufssoldaten sind, bis in den Dienstgrad eines Feldwebels.
Danach ist zwar zu Lasten des Soldaten einzustellen, dass der vorsätzliche Verstoß gegen Vorschriften über den Umgang mit Schusswaffen erhebliche Schäden nach sich zog, namentlich zu Lasten des Stabsgefreiten d.R. L. Auf der zweiten Stufe der Bemessungserwägungen sind allerdings die erschwerenden Umstände mit den mildernden Aspekten abzuwägen. Hier sprechen zwar die im Rahmen des Bemessungskriteriums Eigenart und Schwere der Pflichtverletzungen oben ausgeführten Umstände - namentlich die besondere Gefährdung durch den Einsatz einer Signalpistole (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - juris Rn. 32) zumal in einem geschlossenen Raum, ebenso wie die gravierenden Auswirkungen der Pflichtverletzung beim Geschädigten - für das Erfordernis einer weitergehenden Dienstgradherabsetzung. Allerdings wird ihr Gewicht durch die für den Soldaten sprechenden Erwägungen aus dem Bemessungskriterien des Maßes der Schuld, der Persönlichkeit und der bisherigen Führung - vor allem das Vorliegen einer einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat, die guten Leistungen des Soldaten, seine eindrücklich zum Ausdruck gebrachte Reue und Unrechtseinsicht - soweit kompensiert, dass eine Herabsetzung um einen Dienstgrad insgesamt tat- und schuldangemessen ist.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vergleich mit den Bemessungserwägungen im Urteil des Senats vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - (juris Rn. 48). Hiernach ist zwar wegen der im Einsatz gerade der Signalpistole liegenden Umstände in aller Regel von einem schweren Fall auszugehen. Dies entbindet allerdings nicht davon, auf der zweiten Stufe der Gesamtabwägung dem Gewicht im Einzelfall mildernder Umstände Rechnung zu tragen, so dass eine mehrstufige Degradierung - wie hier - noch nicht erforderlich wird. Hinzu kommt noch, dass dem Urteil des Senats vom 12. Dezember 2013 ein Dienstvergehen zugrunde lag, dessen Eigenart und Schwere wesentlich davon geprägt war, dass ein Untergebener als "Schießscheibe" zur Belustigung eines Vorgesetzten missbraucht und dadurch gedemütigt und vor anwesenden Kameraden lächerlich gemacht wurde (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - juris Rn. 25). Ein vergleichbarer Umstand fehlt hier völlig.
g) Der vom Senat des Weiteren festgestellten Nachbewährung trägt der Senat dadurch Rechnung, dass er die Wiederbeförderungsfrist nach § 62 Abs. 3 Satz 3 WDO auf zwei Jahre herabsetzt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2013 - 2 WD 21.12 - Rn. 48 m.w.N.).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 3 Satz 1 WDO.