Entscheidungsdatum: 25.05.2011
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 2. Juli 2010 aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist. Die Maßregel entfällt.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte und die Staatskasse haben die Kosten des Rechtsmittels je zur Hälfte zu tragen; die Staatskasse hat auch die Hälfte der notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Es hat zudem seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Seine auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision führt mit der Sachrüge zur Aufhebung der Maßregel. Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Strafausspruchs beruht es jedenfalls nicht auf Rechtsfehlern, die in Betracht kommen, soweit § 21 StGB nicht angewendet wurde.
a) Allerdings hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, es sei unbedenklich, dass die unter anderem mit der Schuldfähigkeitsbegutachtung beauftragte psychiatrische Sachverständige Dr. K. die Durchführung einer Exploration des Angeklagten "einer erfahrenen Hilfskraft mit der Qualifikation einer Diplom-Psychologin übertragen" hat. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger hat die Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstattung. Es besteht daher ein Delegationsverbot, soweit durch Heranziehung anderer Personen die Verantwortung des Sachverständigen für das Gutachten in Frage gestellt wird (vgl. Schmid, Krank oder böse? Die Schuldfähigkeit und die Sanktionenindikation dissozial persönlichkeitsgestörter Straftäter und delinquenter "Psychopaths" sowie die Zusammenarbeit von Jurisprudenz und Psychiatrie bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit, 2009, S. 479; Schnoor, Beurteilung der Schuldfähigkeit - eine empirische Untersuchung zum Umgang der Justiz mit Sachverständigen, 2009, S. 125 ff.; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., Rn. 337; s. auch § 407a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen muss - jedenfalls soweit dies überhaupt möglich ist (vgl. BGHSt 44, 26, 32) - eine Exploration des Probanden durch den Sachverständigen einschließen. Dabei handelt es sich um die zentrale Untersuchungsmethode. Deren Ergebnisse kann der gerichtliche Sachverständige nur dann eigenverantwortlich bewerten, wenn er sie selbst durchgeführt oder zumindest insgesamt daran teilgenommen hat. Dies gilt erst recht, wenn bei der Exploration auch Mimik und Gestik des Probanden aufgefasst werden. Eine Delegation der Durchführung dieser Untersuchung an eine Hilfsperson scheidet daher aus. Die Anwesenheit des Sachverständigen in der Hauptverhandlung vermag die eigene Exploration nicht zu ersetzen.
b) Rechtlichen Bedenken unterliegt auch die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Strafkammer hat betont, sie habe "die sachverständigen Ausführungen im Rahmen ihrer Erkenntnismöglichkeiten auf Widersprüche und Verstöße gegen wissenschaftliche Denkgesetze geprüft und solche nicht gefunden". Der Tatrichter hat aber das Gutachten eigenverantwortlich zu bewerten (vgl. BGHSt 7, 238, 239; Schnoor aaO S. 162 ff.) und "weiterzuverarbeiten" (Schmid aaO S. 534 ff.). Er muss sich selbst sachkundig machen (Fischer StGB 58. Aufl. § 20 Rn. 64a; Schmid aaO S. 447). Damit ist die Beschränkung auf eine Rechtskontrolle unvereinbar.
c) Das angefochtene Urteil beruht aber nicht auf den genannten Rechtsfehlern, denn es fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, der Angeklagte könne zur Tatzeit aufgrund eines Eingangsmerkmals im Sinne von § 20 StGB in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sein.
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung hat aus Gründen des materiellen Rechts keinen Bestand. Auf die von dem Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht an.
Der Katalog der Straftaten, deren Begehung zur Anordnung oder zum Vorbehalt dieser Maßregel der Besserung und Sicherung führen kann, ist durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) mit Wirkung vom 1. Januar 2011 neu gefasst worden. Zu diesem gehört das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht, soweit die Tat nicht im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b, Abs. 2 und 3 Satz 1 StGB). Gemäß Art. 316e Abs. 2 EGStGB ist das neue Gesetz für vor seinem Inkrafttreten begangene und noch nicht rechtskräftig abgeurteilte Taten maßgeblich, wenn es gegenüber der bisherigen Rechtslage milder ist (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Januar 2011 - 2 StR 642/10). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Senat hat daher entsprechend § 354a i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO in der Sache entschieden und angeordnet, dass die Maßregel entfällt.
3. Die Entscheidung über die Kosten und notwendigen Auslagen beruht auf § 473 Abs. 4 StPO.
Fischer Schmitt Berger
Krehl Eschelbach