Entscheidungsdatum: 26.09.2012
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2011 mit den Fest-stellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten S. wegen Untreue, die Angeklagte B. -B. wegen Beihilfe hierzu, jeweils zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, von denen jeweils vier Monate als vollstreckt gelten.
Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht an.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten seit den 1970er Jahren bei der auf dem Gebiet der Unternehmensberatung tätigen H. GmbH in F. beschäftigt. Die H. GmbH ist die Tochtergesellschaft der H. I. H. B.V. (N. ), die alleinige Gesellschafterin der H. GmbH ist. Der Angeklagte S. war seit 1982 Geschäftsführer der GmbH, seit 2001 zudem Chief Executive Officer der weltweiten H. -G. und leitete das gesamte operative Geschäft. Die Angeklagte B. -B. , die Fremdsprachenkenntnisse, jedoch keinen Berufsabschluss hatte, begann als Sekretärin und stieg im Laufe der Zeit auf. In den letzten Jahren vor ihrem Ausscheiden hatte sie die Positionen der Finanzdirektorin, Personalleiterin und Prokuristin inne und war Mitglied der Geschäftsleitung der GmbH. Hierbei unterstützte sie den Angeklagten S. und arbeitete eng mit diesem zusammen.
Ab Herbst 2002 kam es zu Auseinandersetzungen des Angeklagten S. mit den zuständigen Gremien über die Höhe der ihm zustehenden Bonuszahlungen. Als im Februar 2003 deshalb weitere Auseinandersetzungen mit der Geschäftsleitung des weltweiten Konzerns hinzukamen, mussten die Angeklagten damit rechnen, im Jahr 2003 nicht mehr in dem Unternehmen verbleiben zu können. Sie beschlossen, für diesen Fall finanziell Vorsorge zu Lasten der H. GmbH zu treffen.
a) Zu diesem Zweck schloss der Angeklagte S. am 16. Januar 2003 für die H. GmbH mit der Angeklagten B. -B. einen Ergänzungsvertrag zu ihrem Anstellungsvertrag. Hierdurch wurde zum einen ihr Fixgehalt von monatlich 16.106 € auf 30.000 € erhöht, wodurch sich ihr Jahresgehalt von 193.272 € auf 360.000 € erhöhte. Das erhöhte Fixgehalt beinhaltete dabei auch die der Angeklagten bisher gewährte Bonuszahlung für "Berater", die in den letzten 10 Jahren durchschnittlich 93.000 € betrug. Um die Gehaltserhöhung im Unternehmen nicht bekannt werden zu lassen, ließ die Angeklagte B. -B. ihr Gehalt auf zwei Kostenstellen aufteilen. In Höhe des ursprünglichen Fixgehalts von 16.106 € wurde die Kostenstelle "Innendienst" belastet, in Höhe der restlichen 13.894 € die Kostenstelle "Berater", obwohl sie zu keinem Zeitpunkt Beratertätigkeiten ausübte. Zum anderen enthielt der Ergänzungsvertrag eine Abfindungsregelung, wonach der Anstellungsvertrag der Angeklagten B. -B. bis zum 31. Dezember 2007 fest geschlossen sein sollte und im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche Kündigung vor diesem Zeitpunkt eine Abfindung von zwei Jahresgehältern, also 780.000 €, zu zahlen war.
Ebenfalls am 16. Januar 2003 gewährte der Angeklagte S. der Angeklagten B. -B. mit gesondertem Vertrag eine Versorgungszusage, in der sich die zu ihren Gunsten eingegangenen Aufwendungen auf mehr als 30 % ihres erhöhten Jahresgehalts beliefen. Diese Ruhegeldzusage übertraf die entsprechenden Vereinbarungen der beiden übrigen Mitglieder der Geschäftsleitung, des Angeklagten S. und des Zeugen M., denen jeweils eine Versorgungszusage von 12 % ihres Jahresgehalts gewährt worden war.
b) Einen Tag zuvor hatte der Angeklagte S. in Abstimmung mit der Angeklagten B. -B. ein Beförderungsschreiben abgefasst, in dem er ihre Beförderung zum 1. Januar 2003 bestätigte. Danach sollte sie gemeinsam mit dem General Manager, dem Zeugen M. , sowie dem Angeklagten S. in anteiliger Verantwortung für das Geschäft der H. GmbH in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich sein und alle Verwaltungsbereiche der GmbH in direkter Personalverantwortung leiten. Ein tatsächlicher Aufgabenzuwachs war hiermit jedoch nicht verbunden. Trotz ihrer formalen Positionen im Unternehmen setzte sie weiterhin lediglich Anweisungen des Angeklagten S. um und nahm keine eigenständigen, verantwortungsvollen Tätigkeiten im Bereich der Finanzleitung und des Personalwesens wahr.
c) Mit Datum vom 15. Juli 2003 schlossen die Angeklagten einen Aufhebungsvertrag, wodurch die Angeklagte B. -B. so gestellt wurde, als sei sie zum 31. Dezember 2003 ordentlich gekündigt worden. Der Angeklagten wurde - als Folge eines von der Angeklagten angestrengten und gewonnenen gerichtlichen Verfahrens - zunächst die vertraglich vereinbarte Abfindungssumme von 780.000 € ausgezahlt. In einem vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleich verpflichtete sie sich zur Rückzahlung von 300.000 €.
2. Das Landgericht hat in dem Handeln des Angeklagten S. eine Untreue gesehen. Dieser sei zum Abschluss des Ergänzungs- und des Aufhebungsvertrages wie auch der Ruhegeldzusage nicht berechtigt gewesen, da der Ergänzungsvertrag unter Berücksichtigung der zum Quartalsende möglichen Kündigung eine feste Laufzeit von mehr als fünf Jahren vorsehe und der Angeklagte die nach § 15 Abs. 1 Buchst. d) des Gesellschaftsvertrages für solche (wie auch ihre Änderung betreffenden Verträge) erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung, d.h. der niederländischen Holding, nicht eingeholt habe. Für die Ruhegehaltszusage fehle es an der nach § 15 Abs. 1 Buchst. f) erforderlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Zudem hat das Landgericht festgestellt, dass für die Anpassung und Überprüfung des Grundgehalts der Angeklagten B. -B. der Vergütungsausschuss der Holding zuständig gewesen wäre, der nicht beteiligt worden sei. Schließlich ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass für die Vertragsschlüsse zu Gunsten der Angeklagten B. -B. kein sachlicher Grund bestanden habe.
Den durch die Gehaltserhöhung entstandenen Schaden hat das Landgericht mit 73.728 € beziffert. Den durch die Ruhegeldzusage eingetretenen Nachteil hat das Landgericht in Höhe von 111.240 € festgestellt, da die H. GmbH in dieser Höhe Versicherungsbeiträge für die Angeklagte B. -B. aufgewandt habe. Hinsichtlich des durch die Abfindungszahlung entstandenen Schadens geht die Strafkammer von einem Schaden in Höhe von 480.000 € aus.
II.
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Untreue nicht. Das Landgericht beschreibt die Stellung und die Funktion des Angeklagten S. innerhalb der H. -G. nur unvollständig, versäumt es vor allem, im Einzelnen darzulegen, welche Befugnisse dem Angeklagten einerseits aus seiner Stellung als Geschäftsführer der H. GmbH und andererseits als Chief Executive Officer der niederländischen Holding zustehen und welche Pflichten mit den jeweiligen Funktionen, deren Zuweisung unterschiedliche vertragliche Vereinbarungen zugrunde liegen, verbunden sind. So kann der Senat weder zuverlässig beurteilen, ob und ggf. gegen welche Pflichten er durch die Vereinbarung der Gehaltserhöhung, der Versorgungszusage und den Abschluss des Aufhebungsvertrages verstoßen hat, noch lässt sich prüfen, ob der Angeklagte womöglich für die H. H. B.V. wirksam - sofern erforderlich - das Einverständnis mit den getroffenen Vereinbarungen erklärt hat.
aa) In Betracht kommt ein Missbrauch der dem Angeklagten als Geschäftsführer eingeräumten Befugnisse, indem er - worauf das Landgericht abgestellt hat - die erforderlichen Zustimmungen der GmbH-Gesellschafter-versammlung nicht eingeholt hat. Hinsichtlich der Gehaltserhöhung und des Aufhebungsvertrages könnte sich ein Zustimmungserfordernis aus § 15 Abs. 1 Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags ergeben, für die Bewilligung des Ruhegehaltes liegt die Notwendigkeit einer Genehmigung nach § 15 Abs. 1 Buchst. f) des Gesellschaftsvertrages nahe. Allerdings erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte S. im Rahmen seines mit der Holding geschlossenen CEO-Vertrages - jedenfalls im Außenverhältnis gegenüber der Tochtergesellschaft - befugt war, eine solche Erklärung für die Holding (als Alleingesellschafterin der H. GmbH) abzugeben, wenngleich der Wirksamkeit einer solchen Erklärung - sich möglicherweise aus dem Vertrag oder sonstigen Regelungen ergebende - Grenzen der Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis entgegenstehen könnten. Jedenfalls hätte sich das Landgericht mit dieser Frage auseinandersetzen müssen, vor allem auch deshalb, weil sich der Angeklagte S. gerade auf entsprechende Kompetenzen berufen hatte.
bb) Soweit die Strafkammer ausführt, darüber hinaus sei ausweislich des CEO-Vertrages des Angeklagten S. für die Anpassung und Überprüfung des Grundgehaltes der leitenden Angestellten ein "Vergütungsausschuss" zuständig, der an der Entscheidung über die Gehaltserhöhung nicht beteiligt gewesen sei, erschließt sich aus den Urteilsgründen nicht, inwieweit gerade dieser Vertrag für den Angeklagten als Chief Executive Officer einer weltweit agierenden Holding Vereinbarungen zu Vergütungsregelungen der Angeklagten B. -B. als Angestellter der deutschen Tochtergesellschaft enthalten soll. Die Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH ergeben sich aus seinem Anstellungsvertrag sowie dem GmbHG. Inwieweit die weitere Tätigkeit des Angeklagten als CEO der Holding eine Beschränkung seiner davon grundsätzlich unabhängigen Vertretungsmacht als Geschäftsführer der Tochter-GmbH mit sich bringen soll, legt das Landgericht, das zudem die einschlägige Bestimmung, aus der sich dies ergeben soll, nicht mitteilt, nicht nachvollziehbar dar. So ist es dem Senat nicht möglich, die Auslegung des CEO-Vertrages durch die Strafkammer und seine Auswirkungen auf die Befugnisse des Angeklagten als GmbH-Geschäftsführer zu prüfen.
cc) Soweit das Landgericht im Übrigen angenommen hat, für die Gewährung der Gehaltserhöhung, der Ruhegeldzusage und den Abschluss des Aufhebungsvertrages habe kein sachlicher Grund bestanden, geht es ersichtlich davon aus, der Angeklagte habe hierdurch gegen die Pflichten eines ordentlichen Kaufmannes (§ 43 GmbHG) verstoßen und dadurch eine Pflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB verletzt. Auch insoweit hätte sich die Strafkammer aber mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der Angeklagte als Chief Executive Officer für die H. H. B.V. das Einverständnis (mit der Vermögensschädigung) erklärt hat. Da der Untreuetatbestand den Zweck hat, das dem Treupflichtigen anvertraute fremde Vermögen zu schützen (vgl. BGHSt 43, 293, 297), sind Verfügungen, die in Übereinstimmung mit dem Vermögensinhaber erfolgen, grundsätzlich nicht pflichtwidrig im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (BGHSt 50, 331, 342; 54, 52, 57), sofern das Einverständnis nicht aus bestimmten Gründen unwirksam ist (vgl. BGHSt 54, 52, 57 f.; NJW 2012, 2366, 2369). An die Stelle des Vermögensinhabers tritt bei einer GmbH die Gesamtheit ihrer Gesellschafter, die zustimmen müssen (BGH NJW 2012, 2366, 2369). Im vorliegenden Fall stellt die niederländische Holding B.V. als alleinige Gesellschafterin der GmbH die Gesamtheit der Gesellschafter dar. Angesichts dessen hätte das Landgericht erörtern müssen, ob der Angeklagte als Chief Executive Officer für die H. H. B.V. wirksam eine entsprechende Erklärung abgeben konnte. Hätte der Angeklagte dieses Einverständnis als Chief Executive Officer wirksam für die niederländische Holding abgeben können, würde es an einer Untreue zum Nachteil der H. GmbH fehlen; in Betracht käme dagegen - was das Landgericht nicht geprüft hat - eine solche zum Nachteil der H. H. B.V.
b) Die Urteilsausführungen lassen eine Verurteilung der Angeklagten wegen Untreue auch nicht zu, soweit das Landgericht feststellt, die Angeklagten hätten angesichts der Auseinandersetzungen des Angeklagten S. wegen seiner Bonuszahlungen damit rechnen müssen, im Jahr 2003 nicht mehr in ihrer bisherigen Stellung im Unternehmen verbleiben zu können und deshalb beschlossen, für diesen Fall vorzusorgen und Vereinbarungen zum Nachteil der H. GmbH zu treffen (UA S. 7). Insoweit könnte zwar grundsätzlich eine treupflichtwidrige Schädigung des GmbH-Vermögens in Betracht kommen, ohne dass es auf die Frage von Vertretungsbefugnissen und Zustimmungserfordernissen im Einzelnen ankäme. Es fehlt jedoch insoweit an tragfähigen Feststellungen zur inneren Tatseite der Angeklagten. Soweit die Strafkammer im Rahmen der Beweiswürdigung ausführt, den Angeklagten sei bereits im Januar 2003 bewusst gewesen, dass sie nicht mehr dauerhaft ihre Positionen im Unternehmen würden halten können, und deshalb einen einheitlichen Vorsatz zur Schädigung des Unternehmens durch Abschluss dreier Verträge annimmt, erschließt sich nicht, worauf das Landgericht diese Annahme stützt.
2. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Der Angeklagte S. hat sich gegen den Tatvorwurf vor allem damit verteidigt, er habe entsprechende Kompetenzen zum Abschluss der getroffenen Vereinbarungen innegehabt und sich dabei an dem maßgeblichen "H. -Gehaltssystem" orientiert. Die neue Strafkammer wird sich im Einzelnen mit dieser Einlassung des Angeklagten, insbesondere zu seinen Funktionen und Kompetenzen sowohl als Geschäftsführer der GmbH als auch als CEO der Holding auseinandersetzen sowie der Frage nachgehen müssen, ob sich mit Blick auf die der Angeklagten B. -B. neu übertragenen Aufgaben die ihr von dem Angeklagten S. zugesagten finanziellen Leistungen im Rahmen des "H. -Gehaltssystems" oder außerhalb bewegen.
b) Das Landgericht hat von einer täterschaftlichen Verurteilung der Angeklagten B. -B. wegen Untreue abgesehen. Sollte das Landgericht der Auffassung gewesen sein, dass die Tat der Angeklagten B. -B. bereits nach den allgemeinen Regeln ohne Rücksicht auf das Fehlen der Vermögensbetreuungspflicht (vgl. BGH NJW 2006, 522, 530) als Teilnahme zu werten ist, wäre eine doppelte Strafrahmenmilderung nach §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 StGB zu prüfen gewesen (vgl. BGHSt 26, 53, 55; BGH NStZ-RR 2006, 109).
c) Sofern auch der neue Tatrichter in dem Abschluss des Aufhebungsvertrages eine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB sieht, hat er den Eintritt eines Schadens näher zu prüfen. Denn der Abschluss des Aufhebungsvertrages im Juli 2003 führte noch nicht zu einem realen Schaden, allenfalls mit Blick auf ein mögliches Prozessrisiko zu einem Gefährdungsschaden, den das Landgericht - entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 2010, 3209, 3220) - nicht konkret beziffert hat.
d) Soweit das Landgericht bei beiden Angeklagten die Strafaussetzung zur Bewährung mit der Erwägung versagt hat, es fehle an "besonderen Umständen" im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB - etwa in Gestalt eines Geständnisses oder dem Bemühen um Schadenswiedergutmachung -, die im Rahmen der Gesamtwürdigung zu Gunsten der Angeklagten ins Gewicht fielen, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Die Verneinung "besonderer Umstände" darf nicht darauf gestützt werden, dass ein Angeklagter die Tat bestritten oder sich nicht dazu geäußert hat (vgl. BGH StraFO 2010, 207).
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