Entscheidungsdatum: 14.05.2014
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 13. Mai 2013 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung, vorsätzlicher Körperverletzung in vier Fällen, gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen und versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf eine Verfahrensrüge und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts heiratete der Angeklagte die Nebenklägerin am 8. Januar 2010 standesamtlich und am 29. Mai 2010 nach türkischem Brauch. Danach kam es in der Zeit von Juli 2010 bis zum 19. Mai 2011 zu gewaltsamen Übergriffen in Form von einfachen (Fälle 2, 5, 6, 7) oder gefährlichen Körperverletzungen (Fälle 1, 3, 4, 9) und einer Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung (Fall 8). Die Taten beging der Angeklagte stets dann, wenn er meinte, die Nebenklägerin verhalte sich nicht, wie er es von einer türkischen Ehefrau erwarte. Schließlich drohte er ihr damit, sie durch Dritte umbringen zu lassen, wenn sie sich von ihm scheiden zu lassen versuche (Fall 10).
2. Bei seiner Beweiswürdigung hat sich das Landgericht auf die Zeugenaussagen der Nebenklägerin gestützt. Deren Angaben hat es als glaubhaft angesehen und ausgeführt, dies beruhe „auf dem persönlichen Eindruck des Gerichts von der Zeugin (der Analyse des Inhalts ihrer Aussage, deren Entstehungsgeschichte und ihrem Aussageverhalten)". Die Angaben seien detailreich und nachvollziehbar, sie seien zudem durch Verletzungsspuren als Zusatzindizien bestätigt worden. Die Richtigkeit der Angaben der Nebenklägerin werde auch durch die Zeugenaussage ihrer Mutter gestützt. In einzelnen Fällen sei diese Zeugin unmittelbar nach Verletzungshandlungen von der Nebenklägerin über die Vorfälle unterrichtet worden.
II.
Das Rechtsmittel ist unbegründet. Die Sachrüge deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Auch die Verfahrensrüge bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
1. Der Angeklagte hatte zum Beweis der Tatsache, dass die Nebenklägerin und ihre Mutter in den eidesstattlichen Versicherungen im Gewaltschutzverfahren wahrheitswidrig behauptet hätten, die Mutter sei mehrfach Augenzeugin der körperlichen Übergriffe gewesen, die Verlesung des Vernehmungsprotokolls beantragt. Daraus ergebe sich, dass die Zeugin die Frage, ob sie Schläge des Angeklagten „selbst gesehen" habe, ausdrücklich verneint habe. Sie sei „immer erst nach dem Streit" dazu gekommen. Die Strafkammer hat den Beweisantrag zurückgewiesen, weil die Verlesung des Vernehmungsprotokolls „dem Beweisverbot des § 250 StPO" unterliege. Die Zeugin sei in der Hauptverhandlung vernommen worden, so dass dem Personalbeweis Genüge getan worden sei, der Vorrang vor der Urkundenverlesung genieße.
2. Die Ablehnung des Beweisantrags war verfahrensfehlerhaft. Der Unmittelbarkeitsgrundsatz steht nur der Ersetzung, nicht der Ergänzung des Zeugenbeweises durch Verlesung eines Vernehmungsprotokolls, namentlich zur Überprüfung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen, entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1965 - 1 StR 4/65, BGHSt 20, 160, 161 f.). Auch Aufklärungsgesichtspunkte können im Einzelfall die zusätzliche Verlesung eines Vernehmungsprotokolls gebieten (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2007 - 4 StR 345/06, BGHSt 51, 280, 281 f.). Ein Verbot der Urkundenverlesung bestand daher im Anschluss an die Zeugenvernehmung nicht. Die Zurückweisung des Beweisantrags durfte deshalb nicht auf § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO gestützt werden.
3. Der Senat kann aber ausschließen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht.
Das Landgericht hat die Nebenklägerin und deren Mutter als Zeuginnen vernommen; die eidesstattliche Versicherung vom 30. Juni 2011 hat es als Urkunde verlesen. Es konnte sich daher von Unterschieden in der Formulierung der Angaben ein Bild machen und hat im Urteil einzelne „Korrekturen" im Aussageninhalt berücksichtigt. Die vor der Revision mitgeteilte Aussage der Mutter der Geschädigten in der polizeilichen Vernehmung, wonach sie nicht unmittelbar gesehen habe, wie der Angeklagte ihre Tochter geschlagen habe, weicht aber nicht grundlegend von der Erklärung ab, sie habe auch selbst Übergriffe miterlebt. Im Fall II.9. der Urteilsgründe hatte der Angeklagte die Nebenklägerin vor Erscheinen ihrer Mutter geschlagen; noch in Anwesenheit der Mutter „machte der Angeklagte erneut Anstalten, die Nebenklägerin anzugreifen, was die Mutter jedoch unterbinden konnte." Im Fall II.10. der Urteilsgründe war die Mutter abermals herbeigerufen worden, nachdem der Angeklagte die Nebenklägerin geschlagen hatte; nach Eintreffen der Mutter versuchte er auch in diesem Fall wiederum, die Tochter erneut anzugreifen, was die Mutter verhinderte. Dies steht, auch angesichts der Sprachprobleme der Zeuginnen, nicht in dem von der Revision angenommenen Widerspruch zu der Erklärung „Ich habe mehrfach miterlebt, wie mein Schwiegersohn meine Tochter geschlagen hat."
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