Entscheidungsdatum: 26.04.2017
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 4. August 2016 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die dagegen gerichtete auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die beanstandet, das Landgericht habe zu Unrecht einen minder schweren Fall angenommen und die Strafe rechtsfehlerhaft zur Bewährung ausgesetzt, hat keinen Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen überfiel der Angeklagte am 10. März 2015 kurz vor 20.00 Uhr aufgrund eines spontanen Entschlusses maskiert mit einer Sturmhaube unter Verwendung einer ungeladenen Soft-Air-Pistole eine ihm bis dahin unbekannte Tankstelle. Zum Zeitpunkt des Überfalls befanden sich eine Kassiererin und der Betreiber der Tankstelle in dem Verkaufsraum. Eingeschüchtert von der Drohung mit der von ihr für echt gehaltenen Scheinwaffe händigte die Kassiererin dem Angeklagten 200 bis 300 Euro "Wechselgeld" aus. Mehr Geld befand sich nicht in der Kasse, weil der Betreiber kurz zuvor die Tageseinnahmen in den Tresor verbracht hatte. Die Geschädigten haben keine psychischen Schäden davon getragen.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
Die Beschwerdeführerin hat zwar einen unbeschränkten Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils gestellt. Jedoch hält sie das Urteil nur deshalb für fehlerhaft, weil das Landgericht den Angeklagten unter Anwendung des Strafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB zu einer zu niedrigen Freiheitsstrafe verurteilt und diese rechtsfehlerhaft zur Bewährung ausgesetzt habe.
Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung, ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; zuletzt BGH, Urteil vom 22. Februar 2017 - 5 StR 545/16). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung hat die Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich allein gegen den Strafausspruch wendet und mit ihrem Rechtsmittel nicht den Schuldspruch angreifen will.
2. Die Annahme eines minder schweren Falls der schweren räuberischen Erpressung gemäß § 250 Abs. 3 StGB hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 - 1 StR 414/15, Rn. 12, NStZ-RR 2016, 107, 108; jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine "Verletzung des Gesetzes" (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH GS, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 - 5 StR 301/04, wistra 2005, 144; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 - 1 StR 414/15, Rn. 12, NStZ-RR 2016, 107, 108). Diese Maßstäbe gelten auch für die dem Tatrichter obliegende Prüfung, ob ein minder schwerer Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB vorliegt. Bei der dabei gebotenen Gesamtwürdigung obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters, welches Gewicht er den einzelnen Milderungsgründen im Verhältnis zu den Erschwerungsgründen beimisst; seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar (vgl. Senat, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 2 StR 338/16).
b) Hieran gemessen hat die Annahme eines minder schweren Falls der schweren räuberischen Erpressung Bestand.
Weder fehlt es an der gebotenen Gesamtwürdigung der für die Wertung der Tat und des Täters wesentlichen Umstände, noch bestehen gegen die einzelnen vom Landgericht zugunsten des Angeklagten in seine Gesamtwürdigung eingestellten Gesichtspunkte durchgreifende rechtliche Bedenken. So hat es rechtsfehlerfrei zugunsten des Angeklagten bedacht, dass dieser sich geständig eingelassen, sich in der Hauptverhandlung bei den Geschädigten entschuldigt und seine Tat bereut hat, dass die Tat nicht langfristig geplant und die Beute mit maximal 300 Euro eher gering war.
Dagegen abgewogen hat die Strafkammer die strafrechtlichen Vorbelastungen des Angeklagten - Einstellungen, Weisungen und Auflagen nach dem JGG sowie eine zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten wegen "gemeinschaftlicher Brandstiftung" - sowie den Umstand, dass der Angeklagte die verfahrensgegenständliche Tat unter laufender Bewährung begangen habe. Relativiert werde das Gewicht der strafrechtlichen Vorbelastungen dadurch, dass es sich um nicht einschlägige, schon länger zurückliegende jugendtümliche Verfehlungen handele.
Hiergegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Der Senat besorgt nicht, dass das Landgericht aus dem Blick verloren haben könnte, dass sich der Angeklagte von dem Überfall eine höhere Beute erhofft hatte. Im Übrigen ist dem Generalbundesanwalt zwar zuzugeben, dass die Strafkammer die genauen Tatumstände der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Mühlhausen vom 3. Januar 2013 wegen "gemeinschaftlicher Brandstiftung" nicht mitteilt, so dass der Schluss auf jugendtümliche Verfehlungen nicht im Einzelnen belegt ist. Allerdings ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass Tatzeit bereits der 4. Januar 2010 war und auf den damals 18 Jahre alten Angeklagten noch Jugendstrafrecht angewandt worden ist. Unter diesen Umständen schließt der Senat aus, dass sich das Versäumnis der Strafkammer durchgreifend zugunsten des Angeklagten ausgewirkt hat, zumal die zweijährige Bewährungszeit aus diesem jugendrichterlichen Urteil vom 3. Januar 2013 bei Tatbegehung in dieser Sache am 10. März 2015 - nach den allein maßgeblichen Feststellungen des angefochtenen Urteils - bereits abgelaufen war, so dass ihm nicht zur Last gelegt werden kann, er habe die Tat während laufender Bewährung begangen.
3. Das Urteil ist im Strafausspruch auch nicht gemäß § 301 StPO zu Gunsten des Angeklagten aufzuheben. Dass die Strafkammer - hätte sie ein Bewährungsversagen nicht angenommen - eine noch niedrigere Strafe verhängt hätte, schließt der Senat aus.
4. Die Bewährungsentscheidung lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
a) Auch die Bewährungsentscheidung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Gelangt dieses auf Grund der Besonderheiten des Falles zu der Überzeugung, dass die Strafaussetzung trotz des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat nicht als unangebracht erscheint und nicht den allgemeinen vom Strafrecht geschützten Interessen zuwider läuft, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich auch dann hinzunehmen, wenn eine gegenteilige Würdigung möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2016 - 1 StR 414/15, NStZ-RR 2016, 107, 108).
b) Das Landgericht hat dem Angeklagten, der über gefestigte soziale Beziehungen verfügt, eine günstige Sozialprognose gestellt und dabei besondere Umstände in der Tat und in seiner Persönlichkeit festgestellt. So ist der Angeklagte bemüht, den im Jahre 2010 durch seine Brandstiftung verursachten Schaden von über 50.000 Euro durch erhöhte Arbeitsanstrengungen wieder gutzumachen. Zudem setzt er sich intensiv mit der verfahrensgegenständlichen Straftat auseinander. Soweit die Revision beanstandet, die Strafkammer habe das Bewährungsversagen des Angeklagten unberücksichtigt gelassen, übersieht sie auch hier, dass die zweijährige Bewährungszeit aus dem jugendrichterlichen Urteil des Amtsgerichts Mühlhausen nach den für den Senat allein maßgeblichen Urteilsfeststellungen bei Tatbegehung in dieser Sache bereits abgelaufen war. Ungeachtet eines möglicherweise noch ausstehenden Beschlusses über den Erlass der Strafe ist der Angeklagte damit kein "Bewährungsversager" (vgl. Senatsurteil vom 28. September 2011 - 2 StR 93/11; BGH, Beschluss vom 3. September 1991 - 4 StR 346/91).
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