Entscheidungsdatum: 17.01.2013
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 3. Mai 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und den Angeklagten K. wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren bzw. neun Monaten verurteilt, die sie jeweils zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revisionen haben mit der Sachrüge jeweils vollen Erfolg.
I.
Die Überprüfung des Schuldspruchs hält hinsichtlich beider Angeklagter rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch abgelehnt hat, begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB werden bei Tatbeteiligung mehrerer diejenigen Beteiligten nicht wegen Versuchs bestraft, die freiwillig die Tatvollendung verhindern. Hierfür kann es genügen, wenn Mittäter im Falle eines unbeendeten Versuchs einvernehmlich nicht mehr weiterhandeln, obwohl sie dies tun könnten (vgl. BGHSt 42, 158, 162; 44, 204, 208, BGH NStZ 2007, 91, 92). Im Falle einer versuchten räuberischen Erpressung bzw. einer versuchten Nötigung ist es insoweit ausreichend, wenn die Täter freiwillig davon absehen, ihr Nötigungs- bzw. Erpressungsziel weiter mit den tatbestandlichen Nötigungsmitteln zu verfolgen. Nicht erforderlich ist es hingegen, dass sie ganz darauf verzichten, den angestrebten Nötigungs- bzw. Erpressungserfolg, die Handlung, Duldung oder Unterlassung, die zu einem Vermögensnachteil führt, herbeizuführen.
Dies hat das Landgericht übersehen. Es hat bei der Prüfung des § 24 StGB allein darauf abgestellt, dass der Angeklagte T. auf die Geltendmachung der 750 €, die er von dem Zeugen N. erpressen wollte, nicht endgültig verzichtet hat (UA S. 21/22, 26); nicht geprüft hat es hingegen, ob die Angeklagten ohne auf die Forderung selbst zu verzichten jedenfalls ihre Durchsetzung mit Nötigungsmitteln endgültig und freiwillig nicht weiter verfolgen. Dazu hätte auch Anlass bestanden. Denn der Angeklagte T. rief dem Mitangeklagten K. zu, es "sei schon o.k.", woraufhin dieser, nachdem er zuvor in seine Jacke gegriffen hatte, (in der sich ein Tierabwehrspray und ein Taschenmesser befanden), davon absah, in das Geschehen einzugreifen (UA S. 13). Ob darin, nachdem der Angeklagte dem Zeugen weitere Schläge zur Erlangung der 750 € angedroht hatte und zwischenzeitlich die Lebensgefährtin des Zeugen hinzugekommen war und gedroht hatte, die Polizei zu rufen, ein freiwilliges Abstandnehmen vom Tatentschluss liegt, hätte das Landgericht prüfen müssen. Dabei wäre zu erörtern gewesen, ob der Versuch des Angeklagten, von dem Zeugen 750 € zu erpressen, angesichts des Erscheinens seiner Lebensgefährtin fehlgeschlagen ist oder ob sie gleichwohl weiter davon ausgingen, die Tat könne noch mit anderen nahe liegenden und zur Verfügung stehenden Mitteln vollbracht werden. Zu den danach maßgeblichen Vorstellungen des Angeklagten nach Misslingen des zunächst ins Auge gefassten Tatablaufs teilt das Urteil nichts mit. Zwar könnte das Erscheinen der Lebensgefährtin des bedrohten Tatopfers dazu geführt haben, dass den Angeklagten aufgrund der veränderten Handlungssituation das Erreichen ihres Ziels nicht mehr möglich erschien. Dass die Angeklagten keine weitere Handlungsalternative mehr sahen, mit der die Tatvollendung im unmittelbaren Fortgang erreicht werden konnte, versteht sich schon angesichts des Griffs in die Jacke aber nicht von selbst. Aus diesem Grund kann der Senat nicht ausschließen, dass eine Prüfung der Voraussetzungen des § 24 StGB zur Annahme eines strafbefreienden Rücktritts geführt hätte.
II.
Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des gesamten Schuldspruchs, auch soweit das Landgericht an sich rechtsfehlerfrei eine (tateinheitliche) gefährliche Körperverletzung angenommen hat. Der Senat hebt auch die Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu neuer Prüfung aufgrund widerspruchsfreier Feststellungen zu geben. Sollte das neue Tatgericht wieder
einen strafbefreienden Rücktritt ausschließen können, wird es sich mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob der Mitangeklagte K. Mittäter an der von dem Angeklagten T. initiierten und weitgehend allein durchgeführten Tat ist oder ob insoweit nicht lediglich von Beihilfe auszugehen wäre.
Becker Fischer Berger
Krehl Eschelbach