Entscheidungsdatum: 03.02.2010
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 13. Mai 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der bandenmäßigen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit bandenmäßigem Handeltreiben in nicht geringer Menge in zwei Fällen freigesprochen. Die auf die Überprüfung eines dieser Tatvorwürfe beschränkte und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestellte der Mitangeklagte A. M. bei dem in den Niederlanden wohnhaften weiteren Mitangeklagten F. acht Kilogramm Haschisch, drei Kilogramm Streckmittel und 10.000 Ecstasy-Tabletten zum Gesamtpreis von 20.000 €. Als Kurier hatte A. M. den Mitangeklagten K. gewonnen, der am 7. Juli 2008 mit dem Kraftfahrzeug in die Niederlande fuhr, dort F. eine Anzahlung von 8.000 € übergab und dafür von diesem die bestellte Ware erhielt. Angesichts der von Beginn an durchgeführten Observierung durch die Polizeibehörden konnte der Mitangeklagte K. noch am gleichen Tag gegen 16.00 Uhr nach seinem Grenzübertritt in Deutschland festgenommen werden; die Betäubungsmittel wurden sichergestellt.
Bis 20.00 Uhr desselben Tages wartete A. M. vergeblich auf die Rückkehr des Kuriers K. Er bat deshalb den Angeklagten, der über das Drogengeschäft informiert war und auch den niederländischen Drogenlieferanten F. kannte, mit diesem zu telefonieren (UA S. 12). Am frühen Morgen des 8. Juli 2008 kam es zu einem Telefongespräch zwischen dem Angeklagten und F., der angerufen hatte. Dabei teilte der Angeklagte (verdeckt) mit, dass der Kurier noch nicht angekommen sei. Er gab an, dass "sie" versucht hätten, diesen anzurufen, die Telefone aber ausgeschaltet seien. Schließlich kündigte er in diesem Gespräch an, in einer Stunde wieder anzurufen (UA S. 26).
2. Das Landgericht, das die Mitangeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bzw. unerlaubten Handeltreibens in nicht geringer Menge bzw. Beihilfe hierzu verurteilt hat, hat sich an einer Verurteilung des Angeklagten, dem eine mittäterschaftliche Beteiligung an der Vorbereitung oder Durchführung des Drogenerwerbs nicht nachzuweisen gewesen sei, gehindert gesehen. Dieser habe zwar das Betäubungsmittelgeschäft von A. M. mit seinem Telefonat durch Klärung des Aufenthaltsorts des Kuriers und eine dadurch mögliche Inbesitznahme der eingeführten Betäubungsmittel unterstützen wollen. Tatsächlich sei jedoch zu diesem Zeitpunkt eine Förderung der Haupttat nicht mehr möglich gewesen, weil der Kurier zum Zeitpunkt des Telefonats bereits festgenommen worden und damit die Haupttat beendet gewesen sei. Bei dem Bemühen des Angeklagten handele es sich deshalb lediglich um eine - straflose - versuchte Beihilfe (UA S. 27).
II.
Dies hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat zu Unrecht jede Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beihilfe zu dem zugrunde liegenden Betäubungsmittelgeschäft ausgeschlossen.
1. Allerdings kommt eine Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht in Betracht. Insoweit ist - entsprechend der Ansicht des Landgerichts - die Haupttat mit der Sicherstellung der Betäubungsmittel beendet (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 15; BGH NStZ-RR 1997, 319). Sämtliche im Urteil festgestellte mögliche Tathandlungen des Angeklagten betreffen aber die Zeit nach ihrer Sicherstellung. Strafbare Beihilfe scheidet insoweit deshalb aus.
2. Als rechtsfehlerhaft erweist es sich aber, dass die Strafkammer auch eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ausgeschlossen hat. Denn durch die Sicherstellung der Betäubungsmittel in Deutschland war das Handeltreiben nicht beendet. Zwar war dadurch der Warenfluss objektiv und auch endgültig zur Ruhe gekommen. Dies war aber den Käufern des Rauschgifts als Empfänger der Lieferung nicht bekannt. Sie bemühten sich u.a. über die (versuchte) telefonische Kontaktaufnahme mit dem Kurier weiter darum, in den Besitz der bestellten Ware zu gelangen, und entfalteten damit - ohne dass es darauf ankommt, ob eine Inbesitznahme noch möglich war - eine eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 50 u. 52; BGH NJW 2008, 2276; Senat, Urteil vom 26. August 2009 - 2 StR 223/09; offen gelassen vom 5. Strafsenat im Urteil vom 7. Februar 2008 - NStZ 2008, 465).
Zu der trotz Sicherstellung der Betäubungsmittel noch nicht beendeten Haupttat konnte der Angeklagte daher grundsätzlich noch Beihilfe leisten. Hierzu hätte er die auf die Erlangung der Betäubungsmittel gerichteten Bemühungen der Drogenkäufer erleichtern oder fördern müssen (vgl. BGH NJW 2008, 1460, 1461; Senat, NStZ 2008, 284 jeweils m.w.N.). So wie das strafrechtliche Verhalten des Haupttäters den tatsächlichen Umsatzerfolg nicht zu umschließen braucht, weil das hierauf abzielende Verhalten genügt, reicht es für den Gehilfen aus, dass er dieses auf Erfolg abzielende Verhalten unterstützt (vgl. BGH NJW 1994, 2162; NJW 2008, 2276; anders der 5. Strafsenat, NStZ 2008, 465 f. für den Sonderfall der Unterstützung einer nach Sicherstellung der Betäubungsmittel von den Ermittlungsbehörden angeschobenen und lediglich zum Schein vereinbarten Geldübergabe). Ob und mit welchen Verhaltensweisen der Angeklagte einen solchen die Tatbegehung fördernden oder erleichternden Beitrag geleistet hat, hat das Landgericht infolge seines fehlerhaften rechtlichen Ausgangspunkts nicht erörtert.
Zwar liegt es auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nahe, dass eine strafbare Beihilfe jedenfalls in dem von dem Angeklagten mit den Drogenlieferanten am frühen Morgen des 8. Juli 2008 geführten Telefongespräch gesehen werden kann. Entnimmt man diesem nicht nur die bloße Mitteilung des Angeklagten an den Lieferanten über das Nichteintreffen des Kuriers, sondern auch den Versuch, den Aufenthaltsort des Kuriers in Erfahrung zu bringen, läge darin jedenfalls dann eine Förderung der Haupttat, wenn der Angeklagte die aus diesem Gespräch gewonnenen Erkenntnisse an den Drogenkäufer A. M. weitergeleitet hätte. Dies hat das Landgericht - obwohl es mit Blick auf dessen zuvor geäußerte Bitte, mit dem Verkäufer hinsichtlich des Verbleibs des Kuriers zu telefonieren, nach der Lebenserfahrung auf der Hand liegt - allerdings nicht festgestellt.
Auch hat sich die Strafkammer rechtsfehlerhaft nicht mit der Frage befasst, ob der Angeklagte nicht bereits zuvor, als er die Bitte des A. M. um ein Telefonat entgegennahm, eine taugliche Beihilfehandlung begangen hat. Denn schon einer womöglich zu diesem Zeitpunkt gegebenen Zusage, ein solches Gespräch später zu führen, könnte eine die Haupttat fördernde bzw. erleichternde Wirkung zugekommen sein.
Die fehlerhafte Rechtsansicht des Landgerichts führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. Der Senat hebt auch die zugrunde liegenden, an sich rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen auf, um es dem Tatrichter zu ermöglichen, ausgehend von einer zutreffenden rechtlichen Wertung neue widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen.
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Schmitt Krehl