Entscheidungsdatum: 19.10.2011
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Land-gerichts Erfurt vom 11. März 2011 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 14 Fällen sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer Revision die Verletzung sachlichen Rechts, insbesondere die rechtsfehlerhafte Annahme des § 46a Nr. 1 StGB. Ihr Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, bleibt erfolglos. Die Bejahung der Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB durch das Landgericht begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
1. § 46a Nr. 1 StGB setzt einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein muss (Senat BGH NStZ 2002, 646). Dafür ist eine von beiden Seiten akzeptierte, ernsthaft mitgetragene Regelung Voraussetzung. Das Bemühen des Täters muss Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein, und das Opfer muss die Leistung des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptieren (BGH 1 StR 204/02). Regelmäßig sind tatrichterliche Feststellungen dazu erforderlich, wie sich das Opfer zu den Anstrengungen des Täters gestellt hat, wie sicher die Erfüllung einer etwaigen Schmerzensgeldzahlungsverpflichtung ist und welche Folgen diese Verpflichtung für den Täter haben wird (vgl. BGH aaO sowie NStZ 2002, 29).
2. Das Landgericht hat diese Maßstäbe beachtet. Es hat die rechtlichen Voraussetzungen für einen Täter-Opfer-Ausgleich zutreffend erkannt und dabei insbesondere ausdrücklich bedacht, dass bei Sexualstraftaten eine gelungene Konfliktlösung aus tatsächlichen Gründen schwerer herbeizuführen ist als bei anderen Straftaten (UA 13). Ohne Rechtsfehler hat es in den Fällen 1 bis 12, 14 und 15 der Urteilsgründe eine Strafrahmenverschiebung nach § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen sowie § 46a Nr. 1 StGB im Fall 13 bei der Annahme eines minderschweren Falles im Sinne des § 176a Abs. 4 StGB berücksichtigt.
Entgegen der Ansicht der Revision hat die Strafkammer auch die Übernahme von Verantwortung durch den Angeklagten als eine wesentliche Voraussetzung für die Annahme eines Täter-Opfer-Ausgleichs tragfähig begründet. Sie hat dabei berücksichtigt, dass der Angeklagte sich gegenüber der Nebenklägerin zu seiner Schuld bekannt und sich sowohl bei ihr als auch bei ihrer Familie entschuldigt hat. Außerdem hat der Angeklagte zum Ausdruck gebracht, dass er sich für seine Taten schämt, und er hat durch sein umfassendes Geständnis der Nebenklägerin eine erneute Konfrontation in der Hauptverhandlung erspart. Entgegen der Ansicht der Revision bedurfte es der Mitteilung von Einzelheiten der Entschuldigung nicht.
Die Urteilsgründe weisen auch hinreichend aus, dass ein kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer stattgefunden hat. Der Angeklagte und die Nebenklägerin haben einen Vergleich geschlossen, der den Angeklagten zu monatlichen Zahlungen von 200 Euro verpflichtet. Die Kammer hat dazu in Übereinstimmung mit den in der Rechtsprechung des Bundgerichtshofs gemachten Vorgaben festgestellt, dass der Angeklagte aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse in der Lage ist, die Zahlungsverpflichtung tatsächlich zu erfüllen und dass er die Zahlung bereits aufgenommen hat. Sie hat dabei auch erwogen, dass die Nebenklägerin die Entschuldigung des Angeklagten nicht angenommen hat. Soweit die Revision insoweit rügt, es fehle an dem erforderlichen Willen des Opfers zur Versöhnung, stehen dem die Urteilsgründe entgegen. Daraus ergibt sich, dass die Nebenklägerin einen förmlichen Vergleich geschlossen hat, der per se eine friedensstiftende Funktion besitzt, dass sie die Zahlungen akzeptiert hat und dass dies ersichtlich nicht lediglich geschehen ist, weil sie sich etwa in einer Notlage befunden hätte. Die Kammer hat hieraus ohne Rechtsfehler den Schluss gezogen, dass die Nebenklägerin die Leistung des Angeklagten als Ausgleich akzeptiert hat.
Entgegen dem Revisionsvorbringen begegnet es weiter keinen rechtlichen Bedenken, dass sich den Urteilsgründen - was wünschenswert gewesen wäre - die exakte Vergleichssumme nicht entnehmen lässt. Die Feststellung in den Urteilsfeststellungen, dass ein Vergleich abgeschlossen wurde, die Mitteilung der monatlichen zu zahlenden Summe und die Tatsache, dass die Nebenklägerin die Zahlungen angenommen hat, reichen hier in Verbindung mit den weiteren im Urteil aufgeführten Umständen aus, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB für den Senat zu belegen.
Soweit die Revision im Übrigen meint, die vereinbarten Zahlungen und die versuchte Entschuldigung genügten mit Rücksicht auf das Tatbild und die Tatfolgen für das Opfer nicht für die Annahme eines Täter-Opfer-Ausgleichs, ersetzt sie lediglich die Wertung des Landgerichts durch ihre eigene, ohne Rechtsfehler aufzuzeigen.
Fischer Schmitt Berger
Krehl Eschelbach