Entscheidungsdatum: 02.08.2016
1. Die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 18. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass schuldig sind
a) der Angeklagte S. des Diebstahls in zwei Fällen und des Betrugs und
b) die nicht revidierende Mitangeklagte J. des Diebstahls in drei Fällen und der Unterschlagung.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Diebstahls und Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Schuldspruchänderung im Fall II. 3. der Urteilsgründe, auch soweit es die Mitangeklagte J. betrifft; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch wegen Betrugs im Fall II. 3. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Nach den Feststellungen veranlasste die nicht revidierende Mitangeklagte J. - entsprechend einem zuvor mit dem Angeklagten S. gefassten Entschluss - den Zeugen K. dazu, ihr sein Mobiltelefon für ein Telefonat zu überlassen. Er gab es ihr in der Annahme, das Mobiltelefon nach dem Telefonat zurückzuerhalten. Tatsächlich beabsichtigten die Angeklagten das Mobiltelefon zu behalten, um es später zu verkaufen. Nach dem Telefonat steckte die Mitangeklagte J. das Mobiltelefon in ihre Tasche und entfernte sich mit dem Angeklagten. Auf die mehrfachen Bitten des Zeugen K. , ihm das Mobiltelefon zurückzugeben, reagierten sie nicht; vielmehr gab der körperlich überlegene Angeklagte S. dem Zeugen K. zu verstehen, dass er „jetzt besser“ gehen solle. Der Zeuge K. gab sodann sein Herausgabeverlangen auf.
Das Landgericht hat dieses Geschehen als Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB gewertet. Mit dem durch Täuschung erlangten Besitz des Mobiltelefons hätten die Angeklagten einen Vermögensvorteil erlangt, „nämlich ihren neuen, tätereigenen Gewahrsam“. Die durch Täuschung erzielte Herausgabe des Mobiltelefons stelle „eine Vermögensverfügung (Besitzübertragung) dar“.
b) Diese Wertung des Landgerichts ist rechtsfehlerhaft. Hat sich der Täter - wie hier - eine Sache durch Täuschung verschafft, so ist für die Abgrenzung von Wegnahme (§ 242 StGB) und Vermögensverfügung (§ 263 StGB) auch die Willensrichtung des Getäuschten und nicht nur das äußere Erscheinungsbild des Tatgeschehens maßgebend. Betrug liegt vor, wenn der Getäuschte auf Grund freier nur durch Irrtum beeinflusster Entschließung Gewahrsam übertragen will und überträgt. In diesem Fall wirkt sich der Gewahrsamsübergang unmittelbar vermögensmindernd aus. Diebstahl ist gegeben, wenn die Täuschung lediglich dazu dienen soll, einen gegen den Willen des Berechtigten gerichteten eigenmächtigen Gewahrsamsbruch des Täters zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1986 - 2 StR 537/86, BGHR StGB § 242 Abs. 1 Wegnahme 2 mwN).
Von der Vorschrift des § 242 StGB werden insbesondere auch solche Fallgestaltungen erfasst, in denen - wie hier - der Gewahrsamsinhaber mit der irrtumsbedingten Aushändigung der Sache eine Wegnahmesicherung aufgibt, gleichwohl aber noch zumindest Mitgewahrsam behält, der vom Täter gebrochen wird. Vollzieht sich der Gewahrsamsübergang in einem mehraktigen Geschehen, so ist die Willensrichtung des Getäuschten in dem Zeitpunkt entscheidend, in dem er die tatsächliche Herrschaft über die Sache vollständig verliert. Hat der Gewahrsamsinhaber, der die wahren Absichten des Täuschenden nicht erkannt hat, den Gegenstand übergeben, ohne seinen Gewahrsam völlig preiszugeben, und bringt der Täter die Sache nunmehr in seinen Alleingewahrsam, ist Wegnahme gegeben, wenn der Ausschluss des Berechtigten von der faktischen Sachherrschaft ohne oder gegen dessen Willen stattfindet (vgl. auch BGH aaO).
So verhält es sich hier. Der Zeuge K. hat seinen Gewahrsam gegen seinen Willen erst verloren, als die Mitangeklagte J. das Mobiltelefon in ihre Tasche steckte. Der Angeklagte S. hat sich nach den Feststellungen demnach wegen (gemeinschaftlichen) Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen. Der Strafausspruch wird durch die Schuldspruchänderung nicht berührt. Angesichts der identischen Strafandrohung kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte.
2. Die Berichtigung des Schuldspruchs ist entsprechend § 357 StPO auf die Mitangeklagte J. zu erstrecken (vgl. Franke in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 357 Rn. 7 mwN). Dass die Berichtigung des Schuldspruchs auch im Fall der Angeklagten J. keine Auswirkungen auf den Strafausspruch hat, steht der Erstreckung der Revision nicht entgegen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507, 508).
3. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Fischer Appl Eschelbach
Ott Zeng