Entscheidungsdatum: 16.07.2015
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26. August 2014
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass dieser Angeklagte des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in zweiunddreißig Fällen schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II.10, 14 bis 18, 33, 34 der Urteilsgründe und im Ausspruch die Gesamtfreiheitsstrafe jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten F. wird das vorgenannte Urteil
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass dieser Angeklagte in den Fällen II.20 bis 29, 31, 33 bis 36, 39 der Urteilsgründe des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in sechzehn Fällen schuldig ist,
b) im Fall II.40 der Urteilsgründe mit den Feststellungen aufgehoben,
c) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II.33, 34, 40 und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Die Entscheidung wird auf den Angeklagten G. , der seine Revision zurückgenommen hat, insoweit erstreckt, dass das vorgenannte Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert wird, dass dieser Angeklagte in den Fällen II.1 bis 3, 5, 7, 9, 10, 14 bis 16 der Urteilsgründe des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II.10, 14 bis 16 und im Ausspruch die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben wird.
4. Die Entscheidung wird auf die Angeklagte K. , die keine Revision eingelegt hat, insoweit erstreckt, dass das vorgenannte Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert wird, dass diese Angeklagte in den Fällen II.5, 7, 8, 9, 14, 15, 16, 22, 23, 25, 26, 33, 34 der Urteilsgründe des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II. 14, 15, 16, 33, 34 und im Ausspruch die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben wird.
5. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
6. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten S. und F. werden verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs in neunzehn Fällen, gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in acht Fällen, sowie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Den Angeklagten F. hat es wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs in zehn Fällen, gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in zwei Fällen sowie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten; der Angeklagte S. rügt auch die Verletzung formellen Rechts. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Sie führen teilweise zur Revisionserstreckung auf die Nichtrevidenten.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beschlossen die Angeklagten S. und G. im Herbst 2012, gemeinsam mit jeweils mindestens einem weiteren Beteiligten in wechselnder Besetzung älteren Personen die Bankkarte nebst Geheimzahl durch Täuschungshandlungen abzunehmen und damit an Geldautomaten Geld vom Konto der Geschädigten abzuheben. Zunächst begingen die Angeklagten S. und G. mit den gesondert Verfolgten R. B. , S. S. , J. B. und der Angeklagten K. derartige Taten, später kamen andere Beteiligte hinzu, darunter auch der Angeklagte F. . Umgekehrt schieden im Lauf der Zeit einzelne Bandenmitglieder aus, darunter der Angeklagte G. , der sich einer anderen Gruppe anschloss, die gleichartige Taten beging (vgl. dazu Senatsbeschluss vom heutigen Tage 2 StR 16/15). Insgesamt waren mehr als zehn Personen in wechselnder Besetzung an den Taten beteiligt, wobei jeweils mindestens drei Tatbeteiligte gemeinsam handelten.
Bei den Taten trat ein Anrufer in Telefonkontakt zum jeweiligen Geschädigten; dabei handelte es sich um Personen im Alter zwischen 63 und 99 Jahren. Die Geschädigten wurden vor allem aus einer vorhandenen Datensammlung ausgewählt. Anrufer war zunächst der Angeklagte G. , später der Angeklagte F. . Der Anrufer gab sich als Mitarbeiter einer Bank aus und behauptete, dass ein Hackerangriff auf das Computersystem der Bank stattgefunden habe, wodurch vom Konto der Geschädigten ungewöhnliche Auslandsüberweisungen getätigt würden, oder es wurden sonstige Unregelmäßigkeiten vorgespiegelt, durch die das Vermögen des jeweiligen Geschädigten in Gefahr sei. Sodann kündigte der Anrufer an, ein anderer Bankmitarbeiter werde alsbald erscheinen und die Bankkarte in Empfang nehmen; diese müsse überprüft werden. Außerdem wurde den Geschädigten die Geheimzahl zu ihrem Bankkonto unter einem Vorwand entlockt. Das Gespräch wurde von einem anderen Tatbeteiligten, dem sogenannten Logistiker, mitgehört. Dieser gab die Informationen über Name und Adresse des jeweiligen Geschädigten und die diesem vorgespiegelte Legende an einen weiteren Tatbeteiligten weiter, der sich noch während des Gesprächs des Anrufers auf den Weg zum Geschädigten machte. In einigen Fällen forderte der Anrufer vom Geschädigten auch im Haus befindliche Bargeldbeträge zwecks Überprüfung zur Verfügung zu stellen. Er spiegelte dazu vor, es könne sich um Falschgeld oder Fehldrucke handeln. Bedenken der Angerufenen wurden mit Ausreden ausgeräumt. Der Anrufer verhinderte zudem eine telefonische Rückfrage des Geschädigten bei seiner Bank unter einem Vorwand. Hatte der Abholer die Bankkarte des Geschädigten entgegengenommen, nutzte er diese alsbald zu Geldabhebungen am nächstgelegenen Geldautomaten. Teilweise kam es zu mehreren Abhebungen. Das abgehobene Geld und die durch Täuschung entgegengenommenen Bargeldbeträge wurden unter den Tatbeteiligten aufgeteilt.
2. Das Landgericht hat die Taten als gewerbs- und bandenmäßigen Betrug angesehen, soweit die Täter den Geschädigten durch die Täuschungshandlung Bargeld abgenommen haben. Soweit sie sich die Bankkarte und Geheimzahl verschafft und an Geldautomaten Geld abgehoben haben, ist das Landgericht von gewerbs- und bandenmäßigem Computerbetrug ausgegangen. In Fällen, in denen beide Varianten zugleich vorkamen, hat es diese Tatbestände als tateinheitlich verwirklicht angesehen.
II.
Die Revisionen der Angeklagten S. und F. sind teilweise begründet.
1. Die Verfahrensrüge des Angeklagten S. ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Aufgrund der Sachrügen der Angeklagten S. und F. ist das angefochtene Urteil abzuändern. Die Angeklagten haben nicht (gewerbs- und bandenmäßigen) Computerbetrug gemäß § 263a Abs. 1 Var. 3 und Abs. 2 StGB begangen, sondern (gewerbs- und bandenmäßigen) Betrug im Sinne von § 263 Abs. 1 und 5 StGB, soweit sie den Geschädigten die Bankkarten nebst Geheimnummer mithilfe einer Täuschung abgenommen haben, um anschließend durch Mittäter Geld an Geldautomaten abheben zu lassen.
a) Der Tatbestand des Computerbetrugs ist nicht erfüllt, da die Mittäter die Bankkarten und Geheimnummern nicht "unbefugt" im Sinne von § 263a Abs. 1 StGB benutzt haben. Wer vom berechtigten Karteninhaber die Bankkarte und die Geheimnummer durch Täuschung erlangt und damit Abhebungen an Geldautomaten vornimmt, begeht keinen Computerbetrug.
Dies folgt aus der verfassungsrechtlich gebotenen einschränkenden Auslegung des Tatbestands des Computerbetrugs (vgl. Heger in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 263a Rn. 12). Danach handelt nicht schon derjenige "unbefugt", der Daten entgegen dem Willen des Berechtigten verwendet oder die verwendeten Daten rechtswidrig erlangt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - 4 StR 550/04, BGHSt 50, 174, 179; a.A. SSW/Hilgendorf, StGB, 2014, § 263a Rn. 14; NK/Kindhäuser, StGB, 4. Aufl., § 263a Rn. 27 zur "subjektiven Auslegung"). Aus der im Verhältnis zum berechtigten Karteninhaber missbräuchlichen Verwendung der Bankkarte mit der Geheimzahl folgt auch keine fehlerhafte Beeinflussung der automatisierten Abläufe (so die "computerspezifische Auslegung"). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anwendungsbereich des § 263a Abs. 1 Var. 3 StGB unter Berücksichtigung des Zwecks der Vorschrift durch eine Struktur- und Wertgleichheit mit dem Betrugstatbestand bestimmt. Mit § 263a StGB sollte lediglich die Strafbarkeitslücke geschlossen werden, die dadurch entstanden war, dass der Tatbestand des Betruges menschliche Entscheidungsprozesse voraussetzt, die beim Einsatz von EDV-Anlagen fehlen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 162). Das Tatbestandsmerkmal "unbefugt" erfordert danach eine betrugsspezifische Auslegung (Senat, Urteil vom 22. November 1991 - 2 StR 376/91, BGHSt 38, 120, 124; Beschluss vom 21. November 2011 - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 163; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263a Rn. 16a). Der dabei anzulegende Maßstab ist allerdings auch umstritten.
Die missbräuchliche Benutzung der vom Berechtigten mitsamt der Geheimnummer erlangten Bankkarte durch den Täter bei Abhebungen am Geldautomaten entspricht nicht einem Betrug am Bankschalter. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn es bei dem fiktiven Prüfvorgang eines Bankmitarbeiters nur um dieselben Aspekte ginge, die auch der Geldautomat abarbeitet (vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 163; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Januar 1998 - 2 Ss 437/97 - 123/97 II, NStZ-RR 1998, 137; OLG Koblenz Urteil vom 2. Februar 2015 - 2 OLG 3 Ss 170/14). Für den Automaten sind Identität und Berechtigung des Abhebenden mit der Eingabe der echten Bankkarte und der zugehörigen Geheimnummer hinreichend festgestellt.
Unbefugt im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB handelt danach derjenige, der manipulierte oder kopierte Daten verwendet. Nach der Rechtsprechung soll allerdings auch derjenige einen Computerbetrug begehen, der sich durch Diebstahl oder Nötigung die für den Abhebungsvorgang erforderliche Datenkenntnis und Kartenverwendungsmöglichkeit verschafft hat. Insoweit führt die Vergleichsbetrachtung von Betrug und Computerbetrug nicht stets zu einem klaren Auslegungsergebnis. Sie muss um eine Gesamtbetrachtung des Geschehens, das zur Erlangung von Bankkarte und Geheimnummer geführt hat, und der Geldabhebung ergänzt werden. Danach gilt das Merkmal der unbefugten Verwendung der Daten nicht für denjenigen, der die Bankkarte und Geheimnummer vom Berechtigten mit dessen Willen erlangt hat (vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263a Rn. 10; Wohlers/Mühlbauer in Münch-Komm, StGB, 2. Aufl., § 263a Rn. 49 f.), mag die Überlassung auch auf einer Täuschung beruhen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Januar 2013 - 2 StR 553/12; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 263a Rn. 13).
Wenn der Täter mit einer echten Bankkarte und der richtigen Geheimnummer, die er jeweils vom Berechtigten durch dessen täuschungsbedingte Verfügung erhalten hat, Geldabhebungen vornimmt, werden nicht zwei Straftatbestände des Betrugs und des Computerbetrugs erfüllt. Dieses Verhalten erfüllt vielmehr nur den Tatbestand des Betrugs gegenüber dem Berechtigten (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Januar 2013 - 2 StR 553/12; Bär in Wabnitz/Janovski [Hrsg.], Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 4. Aufl., 14. Kap. Teil B Rn. 23). Der Täter betrügt den berechtigten Inhaber von Bankkarte und Geheimnummer im Sinne von § 263 StGB, aber er "betrügt" nicht außerdem den Geldautomaten im Sinne von § 263a StGB, wenn er die echte Bankkarte und die richtige Geheimnummer benutzt.
b) Der Senat ändert den Schuldspruch in den in der Entscheidungsformel genannten Fällen entsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten, die Geständnisse abgelegt haben, nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
3. Die Revision des Angeklagten F. führt außerdem zur Urteilsaufhebung im Fall II.40 der Urteilsgründe. In diesem Fall hat der Angeklagte F. die Rolle als Anrufer übernommen, während die gesondert Verfolgten H. , Kl. und L. als weitere Beteiligte an der Tat mitgewirkt haben, die nicht zu derselben Bande gehörten, sondern zu einer anderen Gruppe, die gleichartige Taten beging. Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, inwieweit der Angeklagte F. die Tat im Fall II.40 bandenmäßig begangen hat. Er war dabei in einem Einzelfall für den Angeklagten G. eingesprungen, der zu der konkurrierenden Bande übergewechselt war. Insoweit bleibt im angefochtenen Urteil offen, ob der Angeklagte F. in diesem Einzelfall als Mitglied einer (anderen) Bande gehandelt hat. Dies wird der neue Tatrichter näher zu prüfen haben.
4. Die weitergehenden Sachbeschwerden gegen den Schuldspruch sind unbegründet.
5. Die Änderung der Schuldsprüche für die Angeklagten S. und F. führt zur Aufhebung der Aussprüche über die Einzelstrafen in denjenigen Fällen, in denen das Landgericht von der tateinheitlichen Verwirklichung zweier Tatbestände ausgegangen ist. Nur insoweit kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Bewertung des Schuldspruchs jeweils zu einer milderen Einzelstrafe gelangt wäre. Soweit lediglich der Tatbestand des gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs in denjenigen des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs geändert wurde, ist dagegen auszuschließen, dass das Landgericht bei richtiger Wertung zu einer anderen Einzelstrafe gelangt wäre.
Im Übrigen ist die Strafzumessung rechtsfehlerfrei.
Die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen, in denen das Landgericht von Tateinheit zweier Tatbestände ausgegangen ist, beim Angeklagten F. auch durch Urteilsaufhebung im Fall II.40 der Urteilsgründe, zwingt jedoch zur Aufhebung der Gesamtstrafen für die Angeklagten S. und F. .
III.
Der Rechtsfehler bei der materiell-rechtlichen Bewertung führt zur Revisionserstreckung auf die Angeklagten G. und K. gemäß § 357 StPO, soweit zumindest einer der Beschwerdeführer an Einzeltaten dieser Nichtrevidenten beteiligt war und soweit derselbe Rechtsfehler vorliegt. Die Revisionserstreckung führt andererseits nur in diesen Fällen zur Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen muss er ohne Rücksicht auf die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit mangels prozessualen Zusammenhangs bestehen bleiben.
Die Änderung des Schuldspruchs in diesen Fällen hat die Aufhebung der Einzelstrafen zur Folge, soweit das Landgericht von der tateinheitlichen Verwirklichung zweier Tatbestände (§§ 263 Abs. 1 und 5, 263a Abs. 1 und 2, 52 StGB) ausgegangen ist und nach der Schuldspruchänderung nur noch gewerbs- und bandenmäßig begangener Betrug verbleibt.
Die Aufhebung der diesbezüglichen Einzelstrafen hat die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafen zur Folge.
Fischer Eschelbach Ott
Zeng Bartel