Entscheidungsdatum: 10.10.2018
1. Auf die Revision des Angeklagten N. gegen das Urteil des Landgerichts Hanau vom 27. November 2017 wird der Schuldspruch, soweit es ihn betrifft, dahin geändert, dass er der Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten N. und die Revisionen der Angeklagten A. und S. gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen; gegen den Angeklagten N. hat es eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, gegen den Angeklagten A. eine solche von drei Jahren und sechs Monaten und gegen den Angeklagten S. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt. Ihre dagegen gerichteten, jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen haben keinen Erfolg; die Revision des Angeklagten N. führt lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs.
1. a) Nach den Feststellungen begaben sich die drei Angeklagten am 8. April 2017 gegen 7.00 Uhr zusammen mit der 27jährigen H. , die sie zuvor im Verlauf der Nacht in einem Lokal kennen gelernt hatten, zum Mainufer. Dort kam es zunächst zum Austausch von Küssen und Berührungen zwischen dem Angeklagten S. und der jungen Frau. Der Angeklagte zog sich die Hose runter, öffnete deren Hose, zog ihren Slip aus und legte sich „gegen ihren Willen auf die auf dem Rücken auf der Erde liegende Zeugin, die sich spätestens nun wehrte und fragte, was dies solle“. Sie versuchte, den Angeklagten S. wegzustoßen. „Spätestens“ zu diesem Zeitpunkt war den drei Angeklagten bewusst, dass die Geschädigte keinen sexuellen Kontakt mit ihnen wollte.
Dem Angeklagten S. , der die Arme der am Boden liegenden Geschädigten festhielt und sie durch sein Gewicht fixierte, gelang es mangels Erektion nicht, die Geschädigte vaginal zu penetrieren. Da die sich weiterhin wehrende Geschädigte versuchte, sich aus dieser Lage zu befreien, hielt der Angeklagte N. deren Arme fest, während der Angeklagte S. weiter vergeblich versuchte, in sie vaginal einzudringen. Sodann legte sich der Angeklagte A. mit entblößtem Genital auf die sich nach wie vor wehrende Geschädigte, die nunmehr von den beiden Angeklagten S. und N. an Armen und Beinen festgehalten wurde. Das Landgericht hat nicht festzustellen vermocht, dass der Angeklagte A. vaginal eingedrungen ist.
Schließlich legte sich der Angeklagte N. auf die Geschädigte, während sie von den beiden anderen Angeklagten an Armen und Beinen festgehalten wurde. Der Angeklagte N. drang mit seinem entblößten Glied vaginal in die Geschädigte ein, die sich weiterhin aus ihrer Lage zu befreien versuchte. Als es der Geschädigten schließlich gelang um Hilfe zu rufen, flohen die Angeklagten vom Tatort.
b) Das Landgericht hat das Geschehen hinsichtlich aller Angeklagten als „gemeinsame sexuelle Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung“ gemäß § 177 Abs. 1, Abs. 6 Satz 2 Nr. 2, § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB bewertet; hinsichtlich des Angeklagten N. , der die Geschädigte vaginal penetriert hat, ist das Landgericht „darüber hinaus“ davon ausgegangen, „dass dieser auch den Tatbestand des § 177 Abs. 6 [Satz 2] Nr. 1 StGB erfüllt“ habe.
2. Die Revisionen der Angeklagten haben keinen Erfolg; soweit es den Angeklagten N. betrifft, führt dessen Rechtsmittel lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs.
a) Dass sich die Strafkammer hinsichtlich des Angeklagten N. nicht nur vom Regelbeispiel des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 StGB, sondern auch vom Regelbeispiel des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB überzeugt hat, hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die unzureichende Darstellung des DNA-Gutachtens (vgl. zu den Anforderungen zuletzt: BGH, Beschluss vom 28. August 2018 – 5 StR 50/17 mwN, zum Abdruck in BGHSt vorgesehen), gefährdet den Bestand des Urteils angesichts des festgestellten Tatbildes und letztlich auch deswegen nicht, weil – was der Senat dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe (insbes. UA S. 9, 12, 14, 15 f.) entnimmt – der Angeklagte den Sexualkontakt mit der Nebenklägerin eingeräumt hat.
Da der Angeklagte gegen den von ihm erkannten entgegenstehenden Willen der Geschädigten vaginalen Geschlechtsverkehr an ihr vollzogen und damit das Regelbeispiel aus § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB verwirklicht hat, muss der Schuldspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 22. März 2017 – 3 StR 475/16, juris Rn. 10) auf „Vergewaltigung“ statt auf „sexuelle Nötigung“ lauten. Der Senat ändert in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch wie aus Ziffer 1. der Beschlussformel ersichtlich ab. Die Vorschrift des § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der im Kern geständige Angeklagte hiergegen nicht anders hätte verteidigen können (vgl. KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 354 Rn. 15).
b) Bezüglich der Angeklagten S. und A. lässt der Senat die Frage offen, ob das Regelbeispiel der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB in der Fassung des 50. Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 (BGBl. I 2460) – wie noch § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 22. April 1999 – 4 StR 3/99, BGHR StGB § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 (i.d.F. 6. StrRG) Mittäter 1) die eigenhändige Verwirklichung einer der dort aufgeführten Tathandlungen verlangt. Dagegen könnte der Wortlaut der Norm sprechen, der gegenüber der vorangegangenen Fassung insoweit erweitert worden ist, als „zusätzlich“ (vgl. auch BT-Drucks. 18/9097, S. 28) ein besonders schwerer Fall im Sinne des § 177 Abs. 6 StGB auch dann vorliegt, wenn der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollziehen lässt. Hinzu kommt, dass nach dem Zweck der neu gefassten Vorschrift alle sexuellen Handlungen erfasst werden sollen, die der Täter an dem Opfer vornimmt oder die der Täter von dem Opfer vornehmen lässt. Darunter fallen auch solche sexuelle Handlungen, „die das Opfer an einem Dritten vornehmen muss bzw. von einem Dritten an sich erdulden muss“ (vgl. BT-Drucks. 18/9097, S. 23; s. auch MüKo-StGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 nF Rn. 35, 171; BeckOK-StGB/Ziegler, 39. Ed., § 177 Rn. 48; Burhoff, StRR 4/2017, 6, 8; Lederer, AnwBl 2017, 514, 519; Renzikowski, NJW 2016, 3553, 3556; aA, ohne auf den veränderten Gesetzeswortlaut einzugehen: Fischer, StGB, 65. Aufl., § 177 Rn. 156, 161; SK-StGB/Wolters/Noltenius, 9. Aufl., § 177 Rn. 96; Kindhäuser, LPK-StGB, 7. Aufl., § 177 Rn. 19; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 177 Rn. 4). Die Angeklagten S. und A. sind jedenfalls durch die landgerichtlichen Schuldsprüche nicht beschwert.
c) Die Strafzumessung weist keinen die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Insbesondere mit Rücksicht auf das Tatbild, die festgestellten Folgen für die Geschädigte und die übrigen für die Strafzumessung bedeutsamen Umstände bedurfte es hier keiner näheren Erörterung, dass der jeweils bei den Angeklagten N. und A. angenommene vertypte Milderungsgrund der verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB und der bei dem Angeklagten S. angenommene vertypte Milderungsgrund der Aufklärungshilfe nach § 46b StGB zum Absehen von der Regelwirkung des § 177 Abs. 6 StGB führen könnten (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2009 – 3 StR 188/09, NStZ-RR 2010, 57, 58). Auch die Strafzumessung im engeren Sinne weist Rechtsfehler nicht auf. Die insgesamt sehr maßvollen Strafen, die dem jeweils nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 177 Abs. 6 StGB entnommen worden sind und sich in dessen unterem Drittel bewegen, halten sich im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums.
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