Entscheidungsdatum: 11.09.2013
Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 6. November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten sowie die von der Staatsanwaltschaft zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
1. Nach den Feststellungen beauftragte der Angeklagte die gesondert verfolgten K. und P. sowie einen unbekannt gebliebenen Dritten, den Nebenkläger und die Geschädigte H. in einem Hotelzimmer "abzuziehen". Der Angeklagte beabsichtigte dabei, Ware oder den mit ca. 4.000 bis 6.000 Euro erwarteten Verkaufserlös aus einem wenige Tage zuvor zum Nachteil der Firma M. begangenen Eigentumsdelikt zu erbeuten. Hintergrund war eine auf Veranlassung und unter Mithilfe des Nebenklägers von Ka. und A. begangene Tat zu Lasten der M. , bei der Süßwaren, Getränke und Tabakwaren im Wert von 8.352,73 Euro abhandengekommen waren. Die erbeutete Ware bzw. den dafür erzielten Erlös wollte der Angeklagte nach den Feststellungen – unter Abzug einer geringen Belohnung für die drei gedungenen Helfer – der mit ihm befreundeten Ka. ohne eigene Vergütung zur Verfügung stellen, damit diese zivilrechtliche Ansprüche der M. befriedigen könnte. Er hielt es ernstlich für möglich und nahm billigend in Kauf, dass es zu einer körperlichen Misshandlung der Opfer unter Beteiligung mehrerer Täter kommen könnte.
Nachdem K. , P. und der unbekannte Dritte unter einem Vorwand in das Hotelzimmer eingedrungen waren, wurde der Nebenkläger von zwei Tätern in das separate Bad verbracht, während einer der Täter zur Bewachung der Zeugin H. im Zimmer zurückblieb. Kurz darauf kehrte P. aus dem Bad zurück und äußerte gegenüber der Zeugin H. , sie werde jetzt "abgezogen". Sodann entnahm er oder der unbekannte Mittäter die Geldbörse mit etwa 150 Euro aus der Handtasche der Zeugin. Etwa zeitgleich kamen K. und der Nebenkläger aus dem Bad ins Zimmer zurück. Alle drei Täter schlugen nun auf den Nebenkläger mit den Fäusten ein; außerdem wurde er von dem unbekannten Mittäter mit einem Teleskopschlagstock, von dem der Angeklagte keine Kenntnis hatte, auf den Kopf geschlagen, wodurch er u.a. eine stark blutende, längere Platzwunde auf der Oberseite des Kopfes erlitt. Als die Zeugin H. ihr Mobiltelefon ergriff und eine Verbindung zur Polizei vortäuschte, flohen die drei Täter aus dem Hotelzimmer. Während der Tat hatte der Angeklagte in unmittelbarer Nähe des Hotels gewartet.
Vor der Hauptverhandlung kam es zu einer als "Täter-Opfer-Ausgleich" übertitelten Übereinkunft zwischen dem geständigen Angeklagten und dem Nebenkläger, nicht aber mit der Geschädigten H. .
2. Die Revision des Angeklagten hat Erfolg. Die Feststellungen des Landgerichts tragen nicht seine Verurteilung wegen vollendeten Raubes. Es ist nicht hinreichend belegt, dass die Tat zum Nachteil der Geschädigten H. von der Drittzueignungsabsicht des Angeklagten umfasst war. Dem mit den unmittelbar vor Ort handelnden Mittätern abgesprochenen Tatplan des Angeklagten entsprach es, dem Nebenkläger die noch vorhandene Ware aus der Straftat zum Nachteil der M. oder aus deren Verkauf erzielte Erlöse abzunehmen. Dass das bei der Geschädigten geraubte Geld aus dieser früheren Straftat stammte, ergibt sich aus den Feststellungen nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich der vom Angeklagten vorgegebene Tatplan auch auf die erzwungene Wegnahme von der Zeugin H. gehörenden Geld erstreckte. Insofern ist nicht auszuschließen, dass es sich um einen Exzess der Mittäter handelte und – da auch bei dem Nebenkläger weder Ware noch Warenverkaufserlöse erbeutet wurden – die Tat für den Angeklagten somit rechtlich lediglich als versuchter Raub zu werten ist.
3. Auch die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft führt zur umfassenden Aufhebung des Urteils. Zwar hat sie ihre Revision auf den Strafausspruch beschränkt; diese Beschränkung ist hier indes unwirksam. Wie bereits zur Revision des Angeklagten ausgeführt, belegen die Feststellungen hier nicht den Schuldspruch wegen vollendeten Raubes, an den die von der Staatsanwaltschaft beanstandete Strafzumessung anknüpft.
Das angefochtene Urteil weist im Schuldspruch auch Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten auf. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft eine Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers nicht in Betracht gezogen. Nach den bisherigen Feststellungen hatte der Angeklagte drei Täter damit beauftragt, den Nebenkläger und die Geschädigte H. "auszurauben". Dabei hat er es "ernstlich für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen", dass es "zu einer körperlichen Misshandlung der Opfer kommen und sich daran mehrere Täter beteiligen" könnten (UA 14). Damit war eine Gewaltanwendung mehrerer Personen gegenüber dem Nebenkläger von seinem Vorsatz umfasst (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB).
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft zu Recht die Strafmilderung wegen des vertypten Milderungsgrunds des § 46a StGB beanstandet. Wenn – wovon das Landgericht ausgegangen ist – durch eine Straftat mehrere Opfer betroffen sind, muss hinsichtlich jedes Geschädigten zumindest eine Alternative des § 46a StGB erfüllt sein (BGH, Urteil vom 25. Mai 2001 – 2 StR 78/01, NStZ 2002, 364, 365; Urteil vom 12. Januar 2012 – 4 StR 290/11, NStZ 2012, 439, 440). Zwar ist die Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB hinsichtlich des Nebenklägers ohne Rechtsfehler. Die Annahme eines erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleichs im Verhältnis zu der Geschädigten H. begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Den Urteilsgründen ist nichts dafür zu entnehmen, dass – wie erforderlich – ein kommunikativer Prozess im Sinne des § 46a Nr. 1 StGB zwischen der Geschädigten H. und dem Angeklagten stattgefunden hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts genügte der bloße Verzicht des Angeklagten auf Rückgabe der bei ihm sichergestellten 150 Euro auch nicht den Anforderungen an eine Schadenswiedergutmachung im Sinne von § 46a Nr. 2 StGB. Aus den Feststellungen ergibt sich weder, dass dies – was ohnehin fern liegt – für den Angeklagten eine erhebliche persönliche Leistung oder einen persönlichen Verzicht im Sinne der Vorschrift bedeutete, noch, dass sein Verhalten Ausdruck der Übernahme von Verantwortung war (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2001 – 2 StR 78/01, NStZ 2002, 364, 365). Eine rein rechnerische Kompensation erlittenen materiellen Schadens ist hierfür nicht ausreichend (vgl. BGHSt 48, 134, 144). Auch ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, dass die Geschädigte H. in irgendeiner Weise in einen Prozess der möglichen Wiedergutmachung im Sinne von § 46a Nr. 2 StGB einbezogen wurde. Allein aus der Tatsache, dass der Angeklagte auf die Rückgabe des sichergestellten Betrages zugunsten der Zeugen H. verzichtet hat, folgt nicht, dass die Geschädigte diese "Leistung" auch als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2008 – 2 StR 561/07, BGHR StGB § 46a Voraussetzungen 1; Urteil vom 12. Januar 2012 – 4 StR 290/11, NStZ 2012, 439, 440). Hiergegen spricht im Übrigen, dass "ein formeller Ausgleich nicht auch mit der Zeugin H. gefunden wurde" (UA 20).
Appl Schmitt Krehl
Eschelbach Zeng