Entscheidungsdatum: 08.10.2015
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 381 265
(DE 699 36 739)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Guth, die Richter Dipl.-Phys. Brandt, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Friedrich, die Richterin Dr. Hoppe sowie den Richter Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Zebisch auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2015
für R e c h t erkannt:
I. Das europäische Patent 1 381 265 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise für nichtig erklärt, soweit seine Ansprüche über die folgende Fassung hinausgehen:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des europäischen Patents 1 381 265 (im Folgenden: Streitpatent), dessen Inhaberin die Beklagte, die vormals unter „M…“ firmiert hat, ist. Das Streitpatent wurde am 7. Oktober 2003 von der am 16. Dezember 1999 international unter der Nummer PCT/SE99/02395 angemeldeten und mit der WO 00/38491 A1 offengelegten Anmeldung EP 1 149 523 abgeteilt. Die Patenterteilung wurde am 1. August 2007 veröffentlicht. Das in der Verfahrenssprache Englisch abgefasste Patent mit der Bezeichnung „Tape guide, magazine and system at a component mounting machine“ wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 699 36 739 geführt und nimmt die schwedischen Prioritäten SE 9804495 vom 22. Dezember 1998 und SE 9901057 vom 23. März 1999 in Anspruch.
Das Streitpatent umfasst die selbständigen Ansprüche 1 und 15 bis 17 sowie die auf Anspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Ansprüche 2 bis 14.
Die Ansprüche 1 und 15 bis 17 des erteilten Streitpatents lauten in der englischen Verfahrenssprache:
In der deutschen Übersetzung lauten die Patentansprüche 1 und 15 bis 17 wie folgt:
Hinsichtlich des Wortlauts der weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 1 381 265 B1 verwiesen.
Anspruch 1 des von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrags 1 gemäß Schriftsatz vom 2. Oktober 2015 lautet:
„1. Bandführung (10) zum Führen eines Trägerbandes (2) in einer Bauteil-Montagemaschine, wobei das Trägerband (2) Bauteile (6) trägt, die aufeinanderfolgend positioniert sind und von einer Abdeckung (4) abgedeckt werden, wobei die Bandführung (10) gebildet wird durch ein längliches Profil mit offenen Enden und einander gegenüberliegenden Wänden (12, 13) sowie eine Basis (14), die die länglichen Wände (12, 13) verbindet und dadurch gekennzeichnet ist, dass sie umfasst: ein Führungsmittel (15) zum Führen des Trägerbandes (2), ein Freilegemittel zum Freilegen der Bauteile (6) an einer Aufnahmeposition und ein Arretiermittel (25, 26), das zum einfachen und schnellen Anbringen und Lösen der Bandführung (10) an der Bauteil-Montagemaschine oder dem Bauteilband-Magazin (40) eingerichtet ist, sodass die Bandführung (10) lösbar in der Bauteil-Montagemaschine oder in einem Bauteilband-Magazin (40) angebracht werden kann, das zum Einlegen in die Bauteil-Montagemaschine eingerichtet ist, wobei das Profil, das Führungsmittel (15), das Freilegemittel und das Arretiermittel (25, 26) miteinander verbunden sind und die Bandführung (10) keine Zuführmechanismen aufweist und so eingerichtet ist, dass ein in dem Bauteilband-Magazin (40) oder in der Bauteil-Montagemaschine vorgesehener Zuführmechanismus (8) mit dem Trägerband (2) in Eingriff kommt, um das Trägerband (2) in Richtung der Aufnahmeposition zu transportieren.“
Zum Wortlaut der weiteren Ansprüche des Hilfsantrags 1 wird auf den Schriftsatz vom 2. Oktober 2015 Bezug genommen, mit dem die Ansprüche des Hilfsantrags 1 eingereicht wurden.
Hinsichtlich der Ansprüche des von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2015 gestellten Hilfsantrags 2 gemäß Schriftsatz vom 2. Oktober 2015 wird auf den im Urteilstenor wiedergegebenen Wortlaut verwiesen.
Wegen des Wortlauts der weiteren von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge 3 bis 16 wird Bezug genommen auf die mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2015 eingereichten Hilfsanträge, wegen des Wortlauts der Hilfsanträge 17 bis 23 auf die in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2015 eingereichten Hilfsanträge.
Die Klägerin greift das Streitpatent in vollem Umfang an und macht die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Offenbarung (Art. II § 6 (1) Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 (1) (c) EPÜ), der fehlenden Patentfähigkeit (Art. II § 6 (1) Nr. 1 IntPatÜG und Art. 138 (1) (a) EPÜ) und der fehlenden Ausführbarkeit (Art. II § 6 (1) Nr. 2 IntPatÜG und Art. 138 (1) (b) EPÜ) geltend. Zudem stellt sie die Wirksamkeit der in Anspruch genommenen Priorität aus der Anmeldung SE 9804495 vom 22. Dezember 1998 in Frage.
Zur Stützung ihres Vorbringens nennt sie folgende Druckschriften und Stellungnahmen:
NK1 EP 1 381 265 B1 (Streitpatent),
NK2 DE 699 36 739 T2 (Übersetzung der Streitpatentschrift),
NK3 EP 1 149 523 A1
(Veröffentlichungshinweis der Stammanmeldung),
NK4.1 Schwedische Prioritätsunterlagen zur Anmeldung mit dem Aktenzeichen 9804495-1 vom 22. Dezember 1998,
NK4.2 Schwedische Prioritätsunterlagen zur Anmeldung mit dem Aktenzeichen 9901057-1 vom 23. März 1999,
NK5 Teilungsunterlagen des Streitpatents,
NK6 Registerauszug des DPMA zum Aktenzeichen 699 36 739.5 vom 28. August 2013,
NK7 Merkmalsgliederung des Anspruchs 1 des Streitpatents in deutscher Sprache,
NK8 WO 00/38491 A1
(Offenlegungsschrift zur Stammanmeldung),
NK9 DE 32 14 600 C2,
NK10 JP 9-55 599 A,
NK10a deutsche Übersetzung von NK10,
NK10b US 6 058 597 A (Familienmitglied zu NK10),
NK11 JP 4-39 997 A,
NK11a deutsche Übersetzung der NK11,
NK11b englischsprachige Maschinenübersetzung zum zur NK11 zugehörigen Patent JP 2 811 918 B,
NK12 Dokumentation „Tape Trolley“,
NK13 Dokumentation „Intelligent Feeder“,
NK14 DE 37 36 563 C2,
NK15 Baupläne zum „Tape Trolley“ vom 21. September 1999, und von Federn vom 18. Mai 1997 und 1. Juni 1999,
NK16 Lieferschein der Europlacer Industries SA an die SMA Regelsysteme GmbH vom 29. August 1997 und zugehörige Bestellung der Peter Jordan GmbH,
NK17 Herstellungsregister vom 17. bis 28 Juli 1997,
NK18 Aktuelle Fotos des „Tape-Trolleys“ mit der Seriennummer 867863571,
NK19 Bauplan des „Tape Trolleys“ vom Juli 1990,
NK20 EP 0 453 370 A1,
NK20a deutsche Übersetzung zu NK20,
NK21 Preisliste der Europlacer Industries SA vom Juni 1997,
NK22 Nichtigkeitsklage der Klägerin vor dem High Court of Justice in London, Vereinigtes Königreich, vom 7. November 2013,
NK23 Schriftsatz der Hogan Lovells International LLP in Vertretung der Beklagten vom 19. Februar 2014 an die Bristows LLP,
NK24 Katalog der 12. Productronica, 11.-14 November 1997 in München, S. 64 und 65,
NK25 identisch zu NK21,
NK26 Baupläne eines Unterteils der Bandführung des „Tape Trolleys“ vom 25. Februar 1994 und des Deckels vom 7. März 1995,
NK27 Merkmalsübersicht „Tape Trolley“;
NK28 Merkmalsübersicht „Intelligent Feeder“;
NK29 Baupläne des „Intelligent Feeders“ vom 6. März 1996 bis 21. November 1997,
NK30 Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 18. November 2014, Akz. 4c O 58/13,
NK31 Bauplan einer Abdeckung der Bandführung des Tape Trolley vom 12. September 1994,
NK32 Dokumentation Bandführung SMA,
NK33 Bestätigung der SMA Solar Technology AG vom 13. Juli 2015,
NK34 Baupläne der Deckel der Bandführungen des Tape Trolleys, Versionen B vom 7. März 1995 bis G vom 21. Dezember 1999,
NK35 Baupläne der Unterteile der Bandführungen des Tape Trolleys, Versionen G vom 24. April 1995 bis J vom 11. Mai 1999,
NK36 Schriftverkehr zum Versuch eines außergerichtlichen Vergleichs vom 12. Februar 2014 bis 31. Juli 2015,
NK37 Brief von Robert Conway, Parable Trust Ltd. und Blakell Europlacer Ltd. an Patrik Tigerschiöld, Mycronic AB vom 23. September 2015,
NK38 Brief von Patrik Tigerschiöld, Mycronic AB an Robert Conway, Parable Trust Ltd. und Blakell Europlacer Ltd. vom 25. September 2015,
NK39 EP 0 146 154 A1,
NK40 JP 10-190 285 A,
NK40a englischsprachige Übersetzung der JP 10-190 285 A,
NK41 H.D. Junge und U. Amm (Ed.): „Wörterbuch der Industriellen Technik Band II“, 6. Auflage, Oscar Brandstetter Verlag, Wiesbaden, S. 585, Stichwort „groove“,
NK42 Zeichnung einer fiktiven Bandführung für den Tape Trolley mit Scharnier.
Die Klägerin behauptet, zweierlei Arten von Bandführungsmaschinen, nämlich die Geräte „Tape Trolley“ und „Intelligent Feeder“ seien durch Vertrieb, Ausstellung und Prospekte offenkundig vorbenutzt worden. Insbesondere sei im August 1997 ein Tape Trolley mit Bandführungen an die Firma S… geliefert worden. Sie meint, der Gegenstand des Streitpatents sei im Hinblick auf die offenkundigen Vorbenutzungen des Tape Trolleys nicht neu bzw. nicht erfinderisch. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei zudem nicht neu gegenüber NK9, NK10 und NK11. NK10 und NK11 würden auch der Neuheit des Gegenstands von Anspruch 17 entgegenstehen. Auch die Vorbenutzung des Intelligent Feeder stehe der erfinderischen Tätigkeit entgegen. Die Gegenstände der Unteransprüche würden durch die offenkundig vorbenutzten Gegenstände und eingereichten Dokumente ebenfalls neuheitsschädlich vorweggenommen oder zumindest nahegelegt.
Die Hilfsanträge seien durch das Merkmal, wonach die Bandführungen keine Bauteil-Zuführeinrichtungen aufweisen, unzulässig erweitert. Insoweit liege ein Aliud gegenüber der maßgeblichen englischen Fassung vor und die Lehre sei wegen Widersprüchlichkeit auch nicht ausführbar. Unzulässig sei auch die Änderung des Begriffs „Zuführeinrichtung“ in „Zuführmittel“, ebenso die Änderungen der Begriffe „Führungseinrichtung“ in „Führungsmittel“ und „Freilegeeinrichtung“ in „Freilegemittel“, da der Begriff „Mittel“ breiter sei als „Einrichtung“. Eine unzulässige Erweiterung liege auch darin, dass im Hinblick auf die Bandführung, das Bauteilband-Magazin und die Bauteil-Montagemaschine einheitlich nur noch von „Zuführmechanismus“ gesprochen werde. Es fehle auch an einer ursprünglichen Offenbarung dahingehend, dass die „Einzelteile der Bandführung“ miteinander „zu einer Einheit verbunden sind“.
Die Gegenstände der Hilfsanträge seien darüber hinaus im Hinblick auf den offenkundig vorbenutzten Tape Trolley und die Druckschriften NK9, NK10 und NK11 auch nicht patentfähig.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das europäische Patent 1 381 265 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte erklärt, dass sie die Ansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen jeweils als geschlossene Anspruchssätze betrachtet und beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise das Streitpatent dadurch für nichtig zu erklären, dass seine Ansprüche die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 16 gemäß Schriftsatz vom 2. Oktober 2015,
weiter hilfsweise die Fassung eines der Hilfsanträge 17 bis 23 vom 8. Oktober 2015, in dieser Reihenfolge, erhalten.
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und verteidigt das Streitpatent in vollem Umfang und hilfsweise beschränkt mit 23 Hilfsanträgen.
Die Beklagte meint, das Streitpatent beschreibe mit der Bandführung, die als bauliche Einheit eine handliche Vorrichtung darstelle und anders als die im Stand der Technik bekannten komplexen Kassetten keinen Zuführmechanismus umfasse, ein völlig neues Element für das Bestückungssystem.
Das Streitpatent sei zudem auch nicht unzulässig erweitert. Unter "Zuführmechanismus" verstehe der Fachmann einen Transportmechanismus der das Bauteilband aus der Bandführung herausziehe und so die einzelnen Bauteile auf dem Bauteilband zu der Bauteilmontagemaschine transportiere und daher keinen Motor bzw. Antrieb umfassen müsse. Das Streitpatent unterscheide nicht zwischen den Begriffen "Zuführmitteln", "Zuführeinrichtung" und "Zuführmechanismus". Auch das Merkmal des Nichtvorhandenseins eines Bauteilband-Zuführmechanismus sei im Streitpatent als getrennter Merkmalskomplex beschrieben. Das Merkmal der "baulichen Einheit" sei aus den Figuren 1 und 4 eindeutig erkennbar.
Die Lehren der Ansprüche seien für den Fachmann auch ausführbar, denn aus dem Zusammenhang des Streitpatents sei eindeutig ersichtlich, dass Bandführung und Zuführmechanismus unterschiedliche Vorrichtungen seien und die Erfindung sich ausschließlich mit einer Bandführung ohne Zuführmechanismus befasse.
Der Gegenstand des Streitpatents sei auch patentfähig, denn die Entgegenhaltungen offenbarten nicht sämtliche Merkmale der Lehren des Streitpatents, insbesondere keine Bandführungen im Sinne des Streitpatents, beträfen andere Funktionsweisen und gäben auch keine Veranlassung, zum Gegenstand des Streitpatents zu kommen.
Die Beklagte bestreitet eine offenkundige Vorbenutzung des Tape Trolleys und des Intelligent Feeders. Sie meint im Übrigen, dass sich die Bandführung des Streitpatents von der „Fädelhilfe“ des Tape Trolleys unterscheide. Bei dem Streitpatent erfolge ein Einlegen der als bauliche Einheit ausgebildeten Bandführung mit eingelegtem Bauteilband, während beim Tape Trolley ein Einlegen der Fädelhilfe mit eingelegtem Bauteilband nicht möglich sei. Die Bandführung des Streitpatents stelle eine bauliche Einheit dar und besitze Trägerband-Rückhaltemittel, welche es erlaubten, die Bandführung mit eingelegtem Bauteilband entfernt von der Bauteilmontagemaschine oder einem Bandführungsmagazin zu lagern. Ein solches Rückhaltemittel fehle bei der Fädelhilfe des Tape-Trolleys, so dass dort abseits des Tape Trolleys das Bauteilband nicht in der Fädelhilfe verbleiben würde oder sich zumindest unkontrolliert verschieben würde. Ebenso fehlten Führungsmittel, wie sie Nuten darstellen.
Im Übrigen führten jedenfalls die zulässigen Hilfsanträge zum Erfolg.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 13. Mai 2015 durch Vernehmung der Zeugen C…, E… und C… sowie durch Inaugenscheinnahme eines Tape Trolleys. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 18. Juni 2015 (Bl. 1045 ff d. A.) Bezug genommen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
I.
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. c) EPÜ), der fehlenden Ausführbarkeit (Art. 138 Abs. 1 Buchst. b), 83 EPÜ i. V. m. Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG) und der fehlenden Patentfähigkeit (Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ, Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG) geltend gemacht werden, ist zulässig.
Die Klage ist insoweit begründet als das Streitpatent für nichtig zu erklären ist, soweit es über die von der Beklagten mit Hilfsantrag 2 beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht, denn der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung, die mit dem Hauptantrag verteidigt wird, ist - wie auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 - nicht patentfähig. Die weitergehende Klage ist hingegen unbegründet, denn in der Fassung nach Hilfsantrag 2 hat das Patent Bestand.
1. Das Streitpatent betrifft allgemein das Gebiet der Montage von elektronischen Bauteilen auf Leiterplatten. Spezieller betrifft es eine Bandzuführung zum Führen eines Trägerbandes in einer Bauteilmontagemaschine, ein Bandmagazin zum Aufnehmen der Bandführung und ein System, das die Bandführung und das Bandmagazin aufweist (vgl. Abs. [0001] des Streitpatents).
Im Allgemeinen werden auf dem Gebiet der Herstellung und Montage von Leiterplatten elektronische Bauteile zu einer Bauteilmontagemaschine transportiert, um die Bauteile mechanisch und/oder elektrisch auf einer Leiterplatte zu montieren. Diese oberflächenmontierbaren Bauteile werden häufig in einem Bauteilband geliefert, das aus einem unteren Trägerband, das mit voneinander beabstandeten Fächern entlang der Länge des Bandes, in denen sich jeweils ein Bauteil befindet, versehen ist, und einer oberen Abdeckung oder einem Abdeckungsband oder Schutzband besteht. Nach dem Positionieren der elektronischen Bauteile in den entsprechenden Fächern wird das Abdeckungsband am Trägerband angebracht, wobei das Bauteilband auf eine Bauteilbandspule gewickelt wird. Das Anbringen des Abdeckungsbandes an das Trägerband kann zum Beispiel durch Bereitstellung entweder des Abdeckungsbandes oder des Trägerbandes mit Klebstoffbereichen oder durch Verschmelzen des Abdeckungsbandes mit dem Trägerband durchgeführt werden. Dann wird die Spule zu einer Bauteilmontagemaschine transportiert, die ein Bauteil zu einer bestimmten vorgegebenen Aufnahmeposition transportiert, wo sie durch einen Aufnahmekopf aufgenommen oder eingesammelt werden kann. Im Stand der Technik ist beispielsweise ein Kassettenmagazin für eine Bauteilmontagemaschine bekannt, die dieses Verfahren verwendet (vgl. Abs. [0002] des Streitpatents).
Gemäß dem im Stand der Technik herkömmlich verwendeten Verfahren schließt das Einlegen eines Bauteilbandes in eine Bauteilmontagemaschine die folgenden Schritte ein: Platzieren der Bauteilbandspule in den Bandhalter einer Bauteilmontagemaschine oder in ein Bandmagazin einer Bauteilmontagemaschine; Einführen des freien Endes des Bauteilbandes in einen Transportmechanismus, der in der Maschine oder in dem Magazin vorhanden ist, so dass Transportstifte mit den entsprechenden, im Bauteilband bereitgestellten Löchern in Eingriff kommen; Händisches Trennen des Endes des Abdeckungsbandes vom Ende des Trägerbandes in einem Abstand, der ausreicht, um das Abdeckungsband mit einer Abdeckungsbandhandhabungseinrichtung in Eingriff zu bringen, und Absenken des Arretierungsmechanismus über das Trägerband, um das Trägerband gegen den Transportmechanismus zu halten (vgl. Abs. [0003] des Streitpatents).
Vor der Aufnahme der Bauteile muss jedes Bauteil freigelegt werden, um es so zur Aufnahme verfügbar zu machen. Dies wird herkömmlicherweise erreicht, indem das Abdeckungsband vom Trägerband entfernt wird. Das Abdeckungsband wird dann durch eine separate Abdeckungsbandhandhabungseinrichtung wegtransportiert, damit das Abdeckungsband die Aufnahme der Bauteile nicht behindert. Im Allgemeinen umfasst die Abdeckungsbandhandhabungseinrichtung einen Wickelkern, auf den das Abdeckungsband gewickelt wird. Zusätzlich muss, wenn das Bauteilband von der Bauteilmontagemaschine oder dem Bandmagazin entnommen wird, der Wickelkern vom Abdeckungsband befreit werden (vgl. Abs. [0004] des Streitpatents).
Eine beachtliche Länge des Endes des Abdeckungsbandes muss vom Ende des Trägerbandes getrennt werden, um das Ende des Abdeckungsbandes zu einer Abdeckungsbandhandhabungseinrichtung zu bringen. Deshalb werden die ersten Dezimeter des neuen Trägerbandes nicht mit Bauteilen versehen, da ansonsten zahlreiche Bauteile während des Einlegens vergeudet würden. Wenn jedoch eine Bandspule, die bereits teilweise verwendet wurde, erneut eingelegt wird, ist das Band überall mit Bauteilen versehen, so dass folglich die am Anfang des Bandes befindlichen Bauteile vergeudet werden (vgl. Abs. [0005] des Streitpatents).
Aus dem Stand der Technik ist ein alternatives Verfahren und eine Vorrichtung zum Freilegen der Bauteile an der Aufnahmeposition bekannt, bei denen das Abdeckungsband vom Trägerband nur entlang einer Seite des Trägerbandes getrennt wird, während das Abdeckungsband entlang der anderen Seite am Trägerband haften bleibt. Dadurch ist der Bedarf für eine separate Abdeckungsbandhandhabungseinrichtung verringert oder sogar beseitigt. Durch Verwendung dieses Verfahrens kann der Abstand des Abdeckungsbandes, das von dem Trägerband beim Einlegen oder Wiedereinlegen eines Trägerbandes entfernt werden muss, verringert, aber nicht beseitigt werden, so dass es immer noch eine gewisse Vergeudung von Bauteilen gibt. Ferner gibt es auch noch Bauteile, die freigelegt, aber noch nicht aufgenommen wurden. Auch diese Bauteile werden im Falle einer Entnahme des Bauteilbandes nicht genutzt. Selbst wenn dieses Verfahren im Vergleich mit der Verwendung einer separaten Abdeckungsbandhandhabungseinrichtung zu bevorzugen ist, müssen das Einlegen des Trägerbandes in die Bauteilmontagemaschine und die Vorrichtung zum Freilegen der Bauteile immer noch für jedes der parallel zueinander der Bestückungsmaschine zugeführten Trägerbänder einzeln ausgeführt werden. Während dieser Zeit muss die Bauteilmontagemaschine abgeschaltet werden (vgl. Abs. [0006] des Streitpatents).
Das Einlegen eines Bauteilbandes in eine Bauteilmontagemaschine ist somit ein zeitraubendes und kompliziertes Verfahren, das jedes Mal, wenn ein neues Bauteil zum Leiterplatten-Fertigungsverfahren hinzugefügt werden muss, und jedes Mal, wenn ein leeres Bauteilband ausgetauscht werden muss, durchzuführen ist. Dies beeinflusst die gesamte Zeiteffizienz des Fertigungsverfahrens und damit die Gesamtkosten negativ. Wenn zusätzlich ein Wickelkern oder dergleichen zur Handhabung des Abdeckungsbandes verwendet wird, ist die erforderliche Zeit für das Einlegeverfahren weiter erhöht, wobei das Entnehmen des Bauteilbandes den zusätzlichen Schritt des Befreiens des Wickelkerns vom Abdeckungsband aufweist. Darüber hinaus gibt es ein hohes Risiko einer erheblichen Vergeudung von Bauteilen bei dem Einlegeverfahren nach dem Stand der Technik (vgl. Abs. [0007] des Streitpatents).
2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine Lösung des Problems mit dem komplizierten und zeitraubenden Einlegen eines Trägerbandes in eine Bauteilmontagemaschine bereitzustellen und die hohe Anzahl von vergeudeten Bauteilen beim Entnehmen/Wiedereinlegen eines Trägerbandes aus einer/in eine Bauteilmontagemaschine zu verringern (vgl. Abs. [0008] und [0009] des Streitpatents).
3. Diese Aufgabe wird durch die Gegenstände der selbständigen Ansprüche des Streitpatents in der erteilten Fassung und der Hilfsanträge gelöst. Unter Anlehnung an die Anlage NK7 der Klägerin mit Gliederungspunkten versehen, ansonsten aber wörtlich wiedergegeben, lautet die in der Streitpatentschrift NK1 veröffentlichte deutsche Übersetzung des Anspruchs 1 folgendermaßen:
1.1 Bandführung (10) zum Führen eines Trägerbandes (2) in einer Bauteil-Montagemaschine,1.2 wobei das Trägerband (2) Bauteile (6) trägt,1.2.1 die aufeinanderfolgend positioniert sind und1.2.2 von einer Abdeckung (4) abgedeckt werden, und1.3 wobei die Bandführung umfasst:1.3.1 eine Führungseinrichtung (15) zum Führen des Trägerbandes (2), und1.3.2 eine Freilegeeinrichtung zum Freilegen der Bauteile (6) an einer Aufnahmeposition, dadurch gekennzeichnet,
1.4 dass die Bandführung lösbar in der Bauteil-Montagemaschine oder in einem Bauteilband-Magazin (40) angebracht werden kann, das zum Einlegen in die Bauteil-Montagemaschine eingerichtet ist, und
1.5 dadurch, dass die Bandführung (10)
1.5.1 keine Bauteilband-Zuführeinrichtung aufweist und
1.5.2 so eingerichtet ist, dass sie es ermöglicht, Bauteilband-Zuführeinrichtungen (8) in dem Bauteilband-Magazin (40) oder in der Bauteil-Montagemaschine vorzusehen, die mit dem Trägerband (2) in Eingriff kommen, um das Trägerband auf die Aufnahmeposition zu zu transportieren.
Die Aufgabe wird auch gelöst durch das Bauteilbandmagazin des nebengeordneten Anspruchs 15 und den Systemen zum Montieren von Bauteilen an einem Träger nach den nebengeordneten Ansprüchen 16 und 17.
Weitere eingeschränkte Lösungen werden in den Hilfsanträgen angegeben. So lautet Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 bei unverändertem Wortlaut mit einer Gliederung versehen:
1.1 Bandführung (10) zum Führen eines Trägerbandes (2) in einer Bauteil-Montagemaschine,
1.2 wobei das Trägerband (2) Bauteile (6) trägt,
1.2.1 die aufeinanderfolgend positioniert sind und
1.2.2 von einer Abdeckung (4) abgedeckt werden,
1.3‘ wobei die Bandführung (10) gebildet wird durch ein längliches Profil mit offenen Enden und einander gegenüberliegenden Wänden (12, 13) sowie eine Basis (14), die die länglichen Wände (12, 13) verbindet und dadurch gekennzeichnet ist, dass sie umfasst:
1.3.1‘ ein Führungsmittel (15) zum Führen des Trägerbandes (2),
1.3.2‘ ein Freilegemittel zum Freilegen der Bauteile (6) an einer Aufnahmeposition und
1.3.3 ein Arretiermittel (25, 26), das zum einfachen und schnellen Anbringen und Lösen der Bandführung (10) an der Bauteil-Montagemaschine oder dem Bauteilband-Magazin (40) eingerichtet ist,
1.4‘ sodass die Bandführung (10) lösbar in der Bauteil-Montagemaschine oder in einem Bauteilband-Magazin (40) angebracht werden kann, das zum Einlegen in die Bauteil-Montagemaschine eingerichtet ist,
1.6 wobei das Profil, das Führungsmittel (15), das Freilegemittel und das Arretiermittel (25, 26) miteinander verbunden sind und
1.5‘ die Bandführung (10)
1.5.1‘ keine Zuführmechanismen aufweist und
1.5.2‘ so eingerichtet ist, dass ein in dem Bauteilband-Magazin (40) oder in der Bauteil-Montagemaschine vorgesehener Zuführmechanismus (8) mit dem Trägerband (2) in Eingriff kommt, um das Trägerband (2) in Richtung der Aufnahmeposition zu transportieren.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lediglich dadurch, dass im Merkmal 1.6 vor „miteinander verbunden“ das Wort „fest“ eingefügt ist, so dass das Merkmal 1.6‘ folgendermaßen lautet:
1.6‘ wobei das Profil, das Führungsmittel (15), das Freilegemittel und das Arretiermittel (25, 26) fest miteinander verbunden sind und
Das Wesentliche der beanspruchten Bandführung, welche ein Trägerband zu einer Bauteilmontagemaschine führt, wobei es sich bei dem Trägerband um ein herkömmliches Trägerband mit einer Abdeckung handelt, besteht darin, dass sie eine Führungseinrichtung zum Führen des Trägerbandes, eine Freilegeeinrichtung zum Freilegen der Bauteile und keine Bauteilbandzuführeinrichtung aufweist. Das Aufweisen einer Führungseinrichtung zum Führen des Trägerbandes ist dabei selbstverständlich, denn erst diese Führungseinrichtung macht die Bandführung zu einer solchen. Eine spezielle Form einer solchen Führungseinrichtung wird damit nicht beansprucht.
Ausgehend vom reinen Wortlaut des Patentanspruchs ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, was es bedeutet, dass die Bandführung keine Bauteilbandzuführeinrichtung bzw. Bauteilbandzuführmittel („component tape feeding means“) aufweist, denn die Bandführung soll gerade dazu dienen, ein Bauteilband und damit auch die Bauteile einer Bauteilmontagemaschine zuzuführen, so dass die gesamte Bandführung eine Bauteilbandzuführeinrichtung darstellt und damit auch Bauteilbandzuführmittel aufweist. Bei der Ermittlung des Sinngehalts eines Anspruchs ist indes nicht ausschließlich vom Wortlaut des Patentanspruchs auszugehen, sondern dieser ist unter Heranziehung der Beschreibung und der weiteren Ansprüche auszulegen (BGH GRUR 2015, 875 Rd. 16 – „Rotorelemente“, BGH GRUR 2015, 159 – „Zugriffsrechte“). Im Zweifel ist daher ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das Patentansprüche und Beschreibung als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht (BGH GRUR 2015, 875Rd. 16 – „Rotorelemente“). Eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt deshalb nur ausnahmsweise in Betracht (BGH GRUR 2015, 875 – „Rotorelemente“).
Vorliegend geht aus der Beschreibung des Streitpatents hervor (vgl. Abs. [0025]), dass die Bandführung keine Zuführmechanismen aufweist („Thus the tape guide does not comprise any feeding mechanisms at all,…“). Ein Zuführmechanismus ist etwas deutlich Spezielleres als ein Zuführmittel und umfasst mehrere technisch zusammenwirkende Mittel und möglicherweise sogar einen eigenen Antrieb. Die ursprüngliche Anmeldung und auch die Beschreibung des Streitpatents unterscheiden zwischen „feeding means“ und „feeding mechanisms“. Nur letzteres soll die Bandführung nicht aufweisen. Dies stützt die Interpretation des Merkmals 1.5.1, dass die Bandführung zwar Zuführmittel aufweisen kann, aber keinen Zuführmechanismus, selbst wenn im englischen Original der Ausdruck „feeding means“ verwendet wird. Eine engere Auslegung würde nämlich dazu führen, dass der Patentanspruch in sich widersprüchlich wäre und keines der in der Beschreibung genannten Ausführungsbeispiele erfassen würde, da diese sämtlich eine Bandführung beinhalten, die der Bauteilmontagemaschine ein Bauteilband einschließlich der darauf befindlichen Bauteile zuführen soll. Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Patentanspruch tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (vgl. dazu: BGH GRUR 2015, 875 – „Rotorelemente“), ergeben sich hier indes nicht.
Damit ergibt sich im vorliegenden Fall, dass der erteilte Anspruch mit Hilfe der Beschreibung sinnvoll zu auszulegen ist. Als Folge ist somit der Begriff „feeding means“ wie bereits dargestellt im Sinne von „feeding mechanism“ auszulegen.
Wesentlich ist zudem, dass die Bandführung lösbar in einer Bauteilmontagemaschine oder einem Bauteilbandmagazin, das wiederum zum Einlegen in eine Bauteilmontagemaschine eingerichtet ist, angebracht werden kann. Ob ein Lösen von der Bauteilmontagemaschine oder dem Bauteilbandmagazin einfach oder kompliziert ist, bleibt dabei offen. Jede lösbare Verbindung, also auch ein Befestigen mittels Schrauben, fällt somit unter dieses Merkmal 1.4. Ob ein Anbringen möglich ist, hängt zudem vom jeweiligen Gegenüber, also von der Bauteilmontagemaschine oder dem Bauteilbandmagazin, ab. So genügt bei der Ausbildung eines entsprechenden Mechanismus in der Bauteilmontagemaschine beispielsweise bereits eine Kante an der Bandführung. Es ist praktisch für nahezu jede körperliche Ausgestaltung der Bandführung möglich, einen entsprechenden Mechanismus zu schaffen, mit dem die Bandführung an einer Bauteilmontagemaschine angebracht werden kann. Damit ist das Merkmal 1.4 für die Bandführung nur soweit einschränkend, als nicht lösbare Verbindungen, also beispielsweise eine Niet- oder Schweißverbindung ausgeschlossen werden. Auch das zusätzliche Merkmal in den Hilfsanträgen, dass hierfür ein Arretiermittel vorhanden ist, ändert diese Auslegung nicht, da diese Mittel nicht näher spezifiziert werden und somit auch in einer einfachen Kante bestehen können.
Weiter ist die Bandführung so eingerichtet, dass sie es ermöglicht, Bauteilbandzuführeinrichtungen in dem Bauteilbandmagazin oder in der Bauteilmontagemaschine vorzusehen, die mit dem Trägerband in Eingriff kommen, um das Trägerband auf die Aufnahmeposition zu zu transportieren. Auch dieses Merkmal 1.5.2 ist sehr breit, denn hier ist der Mechanismus, der eingreift, ebenfalls nicht festgelegt. Merkmal 1.5.2 geht somit kaum darüber hinaus, dass das Bauteilband an irgendeiner Stelle zugänglich ist.
Eine wesentliche Einschränkung stellt in den Anträgen 1 der Hilfsanträge 1 und 2 die Ausbildung der Bandführung als längliches Profil mit offenen Enden und einander gegenüberliegenden Wänden sowie einer Basis, die die länglichen Wände verbindet, dar. Dieses Merkmal gibt konkret und unmissverständlich an, wie die Bandführung in ihrer Gesamtheit ausgebildet ist. Ein weiterer Punkt ist dabei, dass dieses Profil, das Führungsmittel, das Freilegemittel und das Arretiermittel miteinander verbunden bzw. fest miteinander verbunden sind. Diese Unterscheidung zwischen „miteinander verbunden“ (Hilfsantrag 1) und „fest miteinander verbunden“ (Hilfsantrag 2) zeigt, dass eine Verbindung zwischen den Bestandteilen im ersten Fall auch durch von außen wirkende Kräfte erfolgen kann, welche nicht permanent, sondern nur in bestimmten Situationen, so beispielsweise wenn die Bandführung in ein Bandführungsmagazin eingelegt ist, vorhanden sind. Die Verbindung ist dann aber nicht „fest“, da sie in einer anderen Situation, wo diese Kräfte nicht vorhanden sind, aufgelöst sein kann.
4. Als hier zuständiger Fachmann ist ein berufserfahrener Diplom-Ingenieur auf dem Gebiet des Maschinenbaus oder der Mechatronik mit Hochschulabschluss anzusehen, der über mehrjährige Erfahrung im Bereich der Herstellung von Bestückungssystemen für Leiterplatten verfügt.
5. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist nicht patentfähig, da er aus der Druckschrift NK9 bereits bekannt und damit nicht neu ist (Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 EPÜ, Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG). Es kann somit dahingestellt bleiben, ob der erteilte Anspruch 1 gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert ist und seine Lehre ausführbar ist (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“). Da Druckschrift NK9 deutlich vor dem 22. Dezember 1998 veröffentlicht wurde, kann zudem dahingestellt bleiben, ob die Inanspruchnahme der schwedischen Priorität SE 9894495 mit diesem Datum wirksam ist.
Druckschrift NK9 offenbart eine Zufuhrvorrichtung für gegurtete elektronische Bauelemente zu einer Bauteilmontagemaschine. Diese Zufuhrvorrichtung ist in Form eines mehrere Bänder führenden Tisches ausgebildet. Nur dieser Tisch wird in der Druckschrift gemeinsam mit den Gurten, also den Bauteilbändern, gezeigt und näher beschrieben.
Im Einzelnen ist aus der Druckschrift NK9 im Wortlaut der deutschen Übersetzung des Anspruchs 1 des Streitpatents eine
1.1 Bandführung (Tisch 3, siehe Fig. 1) zum Führen eines Trägerbandes (Gurt 7) in einer Bauteil-Montagemaschine (vgl. Sp. 2, Z. 15 bis 22) offenbart,
1.2 wobei das Trägerband (7) Bauteile (Bauelement 11) trägt (siehe Fig. 2),
1.2.1 die aufeinanderfolgend positioniert sind und
1.2.2 von einer Abdeckung (Folienstreifen 12) abgedeckt werden (vgl. Sp. 2, Z. 32 bis 36), und
1.3 wobei die Bandführung umfasst:
1.3.1 eine Führungseinrichtung (Längsnut 4 und Stege 5) zum Führen des Trägerbandes (7; vgl. Sp. 2, Z. 21 bis 24), und
1.3.2 eine Freilegeeinrichtung (Pflug 13) zum Freilegen der Bauteile (11) an einer Aufnahmeposition (Öffnung 21; vgl. Sp. 2, Z. 39 bis 43 und Sp. 2, Z. 63 bis 65), wobei
1.4 die Bandführung lösbar in der Bauteil-Montagemaschine oder in einem Bauteilband-Magazin angebracht werden kann, das zum Einlegen in die Bauteil-Montagemaschine eingerichtet ist (vgl. Sp. 2, Z. 15 bis 21; Es ist keine nicht lösbare Verbindung zur Bauteilmontagemaschine in Fig. 1 erkennbar und der Tisch ist ohne einen Abschnitt der Bauteilmontagemaschine dargestellt. Dies bedeutet, dass er zumindest auch lösbar mit einer Bauteilmontagemaschine bei entsprechender Ausgestaltung letzterer verbunden werden kann), und
1.5 die Bandführung (3)
1.5.1 keine Bauteilband-Zuführeinrichtung aufweist (der Tisch weist keine Bauteilbandzuführeinrichtung auf. Diese befindet sich in der Zufuhreinrichtung unter dem Tisch und greift durch die länglichen Durchbrüche 6 auf das Bauteilband 7 zu; vgl. Sp. 2, Z. 24 bis 28) und
1.5.2 so eingerichtet ist, dass sie es ermöglicht, Bauteilband-Zuführeinrichtungen in dem Bauteilband-Magazin oder in der Bauteil-Montagemaschine vorzusehen, die mit dem Trägerband (7) in Eingriff kommen, um das Trägerband auf die Aufnahmeposition zu zu transportieren (vgl. Sp. 2, Z. 24 bis 28).
Da der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 des Hauptantrags keine weiteren Merkmale aufweist, ist er demnach nicht neu und damit nicht patentfähig.
Mit Anspruch 1 fallen auch die darauf rückbezogenen Unter- und Nebenansprüche des mit dem Hauptantrag begehrten Anspruchssatzes. Indem die Beklagte erklärt hat, dass sie die Ansprüche in dem Hauptantrag und in den Hilfsanträgen jeweils als abgeschlossene Anspruchssätze betrachtet, hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie das angegriffene Streitpatent ausschließlich in dieser Form insgesamt aufrechterhalten möchte (vgl. dazu BGH GRUR 2007, 309 Rdn. 41 – „Schuss-fädentransport“; BGH GRUR 2007, 862, Rdn. 18 bis 22 – „Informationsübermittlungsverfahren II“).
6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ist ebenfalls nicht patentfähig, da er aus der nachgewiesenen offenkundigen Vorbenutzung des Tape Trolleys bereits bekannt und damit nicht neu ist (Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 EPÜ, Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG). Es kann somit auch hier dahingestellt bleiben, ob der erteilte Anspruch 1 gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert ist und seine Lehre ausführbar ist (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“). Da auch diese offenkundige Vorbenutzung vor dem 22. Dezember 1998 erfolgt ist, kann wiederum dahingestellt bleiben, ob die Inanspruchnahme der schwedischen Priorität SE 9894495 mit diesem Datum wirksam ist.
a) Der von der Klägerin im August 1997 an die Firma SMA gelieferte Tape Trolley mit zugehöriger Bandführung gehört zum hier maßgeblichen Stand der Technik.
Den für die Beurteilung der Patentfähigkeit maßgeblichen Stand der Technik bildet nach Art. 54 Abs. 2 EPÜ alles, was vor dem maßgeblichen Prioritätszeitpunkt der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist. Für die öffentliche Zugänglichkeit von technischen Erkenntnissen oder Kenntnissen reicht es aus, dass ein nicht begrenzter Personenkreis nach den gegebenen Umständen in der Lage war, die Kenntnis zu erlangen (vgl. BGH GRUR 2013, 367, 369 – „Messelektronik für Coriolisdurchflussmesser“ m. w. N.). Durch die Lieferung einer Vorrichtung an beliebige Dritte werden der Aufbau und die maßgeblichen technischen Merkmale der Vorrichtung grundsätzlich preisgegeben und damit offenkundig (vgl. BGH GRUR 2013, 367, 369 – „Messelektronik für Coriolisdurchflussmesser“ m. w. N.).
Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin den vom Gericht in der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2015 in Augenschein genommenen Tape Trolley mit der Seriennummer 867863571 im Jahre 1997 und damit auch vor dem frühesten geltend gemachten Prioritätszeitpunkt (22. Dezember 1998) an die Firma S… geliefert und deren technische Merkmale damit offenkundig gemacht hat.
Dies steht fest aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeugen C…, E… und C…. Die Zeugen haben detailreich ausgesagt und kleinere Gedächtnislücken oder Ungenauigkeiten zugegeben, die im Hinblick auf die zwischenzeitlich verstrichene Zeit nachvollziehbar sind. Die Aussagen stimmen zudem in wesentlichen Grundzügen überein, ohne abgesprochen zu wirken, da sie sich in Details unterscheiden, die durch die unterschiedlichen Aufgabengebiete der Zeugen bei der Klägerin erklärbar sind. Die Aussagen werden zudem durch die vorgelegten Dokumente gestützt.
Die Zeugen C…, E… und C… haben die Lieferung von Tape Trolleys an verschiedene Kunden in der Zeit vor 1998 bestätigt. Der Zeuge E… konnte anhand des ihm vorgelegten Produktionshandbuchs und der darin vermerkten Seriennummer außerdem das Herstellungsdatum des in Augenschein genommenen Tape Trolleys auf den 22. Juli 1997 präzisieren. Diese Aussage steht im Einklang mit dem Lieferschein NK16, der eine Auslieferung des Tape Trolley mit der Seriennummer 867863571 im August 1997 an die Firma S… erkennen lässt.
Es steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass diese Lieferung eine Bandführungseinrichtung mit Deckel umfasste. Der seinerzeit mit der Kundenbetreuung betraute Zeuge Evans hat die Lieferung von Bandführungen mit dem Tape Trolley vor 1998 an die Firma S… bestätigt. Dies steht im Einklang mit den Aussagen der Zeugen Ch. und Chatain, die glaubhaft bekundet haben, dass die Tape Trolleys immer zusammen mit den zugehörigen Bandführungen ausgeliefert wurden. Der Zeuge C… hat insoweit überzeugend bekundet, dass der Ver- kauf eines Tape Trolleys ohne eine solche Bandführung nutzlos gewesen wäre. Auch dem Lieferschein NK16 ist zu entnehmen, dass der Tape Trolley mitsamt 33 Bandführungen, bezeichnet als „8 mm element“, ausgeliefert worden ist.
Die seinerzeit an die Firma S… ausgelieferte Bandführung war allerdings hinsicht- lich einiger Details nicht baugleich mit der vom Senat am Tape Trolley in Augenschein genommenen Bandführung, denn sowohl ihr Deckel als auch die in ihr enthaltene Feder wurden in der in Augenschein genommenen Form erst zu einem späteren Zeitpunkt hergestellt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der von der Klägerin eingereichten Dokumentation über die Entwicklung des Deckels (NK34) und des Unterteils (NK35) hat der Senat eine Bandführung mit einem Deckel in Augenschein genommen, der erst nach dem 21. Dezember 1999 (NK34 G), und damit nach dem Anmeldetag des Patents und erst recht nach der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung im August 1997 zur Verfügung gestanden hat. Die Rampe in der Freilegeeinrichtung, welche bei dem in Augenschein genommenen Deckel vorhanden war, wurde nämlich erst mit der an diesem Tag ausgeführten Änderung des Bauplans eingeführt (vgl. das mit einem roten Kreis eingerahmte Detail und die Angabe „Arête bisautée à 15°“ in der Legende). Auch die in der in Augenschein genommenen Bandführung vorhandene gebogene Feder hat es in dieser Form zum Zeitpunkt der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung im August 1997 noch nicht gegeben. Sie wurde ausweislich der Zeugenaussagen vielmehr erst später, ausweislich der Anlage NK15 am 1. Juni 1999, entwickelt und verwendet. Davor wurde eine nicht gebogene Feder eingesetzt, welche nach Angaben des Zeugen C… als zusätzliches Teil an die Kunden nachgeliefert wurde und erst nach dem 18. Juni 1997 in den ausgelieferten neuen Bandführungen vorhanden war. Auch die Unterteile der Bandführungen unterlagen ausweislich der Baupläne geringfügigen Änderungen (vgl. NK35).
Es steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass die im August 1997 an die Firma S… ausgelieferte Bandführung das in Bauplan NK35 H dargestellte Unter- teil und den in dem Bauplan NK34 C gezeigten Deckel aufwies. Die Klägerin hat nämlich mit den Anlagen NK34, NK35 und NK15 Dokumentationen über die am Deckel, am Unterteil bzw. der Feder der Bandführungen vorgenommenen Änderungen vorgelegt, die ersichtlich aufeinander aufbauen. Sie dokumentieren die vorgenommenen Änderungen lückenlos, ohne dass Anhaltspunkte für Manipulationen erkennbar wären. Auch der Zeuge C… hat bekundet, dass die vorgenommenen Änderungen in den Bauplänen vermerkt und regelmäßig eingetragen wurden.
Die geringfügigen Unterschiede zwischen der in Augenschein genommenen Bandführung und den im August 1997 an die Firma S… gelieferten Bandführun- gen haben keine Auswirkungen auf die vorzunehmende Beurteilung der Patentfähigkeit des Patentgegenstandes. Die nachfolgende Beurteilung gilt somit gleichermaßen für alle Deckelversionen nach Bauplan NK34 B-G und damit insbesondere auch für eine Bandführung mit einem Deckel nach Bauplan NK34 C und einem Unterteil nach NK35 H.
b) Der durch die Lieferung an die Firma S… offenkundig vorbenutzte und am 15. Juni 2015 vom Gericht in Augenschein genommene Tape Trolley mit den an die Firma SMA ausgelieferten Bandführungen steht dem erteilten Anspruch 1 des Streitpatents neuheitsschädlich entgegen.
Die Inaugenscheinnahme hat ergeben, dass der Tape Trolley in seinem äußeren Aufbau mit dem in Anlage NK27 auf den Seiten 2 und 3 sowie der Anlage NK12 in Fig. 1 gezeigten Gerät identisch ist. Die Seriennummer 867863571 befindet sich auf der Innenseite einer Seitenwand. Unter den Endziffern dieser Seriennummer (63571) ist in dem in Augenschein genommenen Produktionsbuch, wie in der Anlage NK17 gezeigt, unter dem Datum 22.7.1997 die Produktion eines Tape Trolleys dokumentiert. Auf dem Trolley ist Platz für bis zu 33 Bauteilbänder und sogenannte Bandführungen, die nebeneinander angeordnet werden können, wie aus Anlagen NK27 Abb. 2, 3 und 9 ersichtlich ist.
Mit der Bandführung des Tape Trolleys wurde eine Bandführung zum Führen eines Trägerbandes in einer Bauteil-Montagemaschine - wie dargelegt mitgeliefert - und damit auch offenkundig vorbenutzt (Merkmal 1.1). Die Bezeichnung „Bandführung“ ist gerechtfertigt, da das Trägerband geführt wird. So wird es von einem Absatz in den Seitenwänden des Profils getragen, was eine Bewegung nach unten einschränkt (vgl. CoupeCC im Bauplan NK35 H). Eine seitliche Führung des Trägerbandes erfolgt durch die oberen dünneren Bereiche der Seitenwände. Der Deckel entsprechend dem Bauplan NK34 Version C begrenzt die Bewegungsmöglichkeiten nach oben. Es ist somit nur noch eine Bewegung des Bandes in Längsrichtung des Profils möglich, was insgesamt eine Führung in diese Richtung bedeutet (siehe auch Fig. 6 der NK12).
Die Bandführung ist geeignet für ein Trägerband, das Bauteile trägt, die aufeinanderfolgend positioniert sind und von einer Abdeckung abgedeckt werden (Merkmale 1.2, 1.2.1, 1.2.2). Bei der Inaugenscheinnahme war ein Stück eines solchen Bandes vorhanden und auch die Abb. 2 und 3 der Anlage NK27 zeigen ein solches Trägerband.
Die Bandführung wird durch ein längliches Profil mit offenen Enden und einander gegenüberliegenden Wänden sowie eine Basis, die die länglichen Wände verbindet, gebildet (Merkmal 1.3‘). Dies ist aus dem Bauplan NK35 H ersichtlich. So kann man aus der linken Figur erkennen, dass es sich um ein längliches Profil handelt. Der Querschnitt (CoupeCC) zeigt, dass das längliche Profil aus zwei einander gegenüberliegenden Seitenwänden unterschiedlicher Dicke und einer relativ dicken Basis besteht, welche über den größten Teil ihrer Länge eine Nut aufweist, was im rechten Längsschnitt durch die Basis ersichtlich ist. Außerdem ist in diesem Schnitt auch erkennbar, dass das Profil an beiden Enden offen ist, denn dort werden im Längsschnitt keine Wände geschnitten.
Die Bandführung umfasst ein Führungsmittel zum Führen des Trägerbandes (Merkmal 1.3.1‘). Dieses Führungsmittel ist der dünnere Teil der Seitenwand (siehe CoupeCC). Auch die Absätze in den Seitenwänden stellen weitere Führungsmittel dar.
Die Bandführung umfasst ein Freilegemittel zum Freilegen der Bauteile an einer Aufnahmeposition (Merkmal 1.3.2‘). Dieses Freilegemittel besteht in einer Kante am Deckel der Bandführung, welcher im Bauplan NK34 C gezeigt ist. Diese Kante ist auf der rechten Seite der Figuren erkennbar und weist eine Breite von 5,6 mm auf. Ihre Wirkungsweise ist beispielsweise in Abb. 5 des Dokuments NK27 erkennbar. Über sie wird das Deckband abgezogen, so dass nachfolgend die Kammer mit dem Bauteil freiliegt, und in der Folge die Bauteile auch an der Aufnahmeposition freiliegen.
Die Bandführung weist ein Arretiermittel auf, das zum einfachen und schnellen Anbringen und Lösen der Bandführung an der Bauteil-Montagemaschine oder dem Bauteilband-Magazin eingerichtet ist (Merkmal 1.3.3). Wie aus dem Bauplan NK35 H ersichtlich ist, weist die Basis des länglichen Profils an ihrer Unterseite ein rundes Sackloch und eine relativ breite Nut auf (siehe den Längsschnitt auf der rechten Seite). Wird die Bandführung im Tape Trolley, der ein Bauteilband-Magazin darstellt, befestigt, so greift ein runder Stift des Tape Trolleys in das Sackloch ein. Damit ist die Position der Bandführung soweit festgelegt, dass nur noch eine Rotation um diesen Stift möglich ist. Diese Rotation wird durch einen weiteren Stift des Tape Trolleys verhindert, welcher in die Nut eingreift. Durch Federn am Tape Trolley werden die Bandführungen nach unten gedrückt, so dass die Stifte im Sackloch bzw. in der Nut verbleiben. Die Stifte des Tape Trolleys sind beispielsweise in Abbildung 6 des Dokuments NK27 zu sehen. Abbildung 7 zeigt als Fotografie die Unterseite der Bandführung mit Sackloch und Nut. Die Bandführung kann auch schnell im Tape Trolley angebracht und wieder gelöst werden. Zum Anbringen muss lediglich die Bandführung unter die Feder im Tape Trolley eingeschoben werden, wobei die Stifte die Nut entlanglaufen und dann der erste der beiden Stifte die Bandführung nochmals anhebt, um schließlich im Sackloch einzurasten. Zum Lösen muss die Bandführung lediglich soweit gegen die Kraft der Feder im Tape Trolley angehoben werden, bis der erste Stift das Sackloch komplett verlassen hat. Dann kann die Bandführung zurückgezogen werden, so dass wiederum die Stifte die Nut in der Basis entlanglaufen. Dies wird durch einen Hebel vereinfacht, der das Anheben erleichtert und beispielsweise in Abbildung 8 des Dokuments NK27 erkennbar ist. Er ist in den Bauplänen NK35 nicht gezeigt. Dort ist lediglich ein Loch zum Anbringen des Hebels zu erkennen (siehe die Seitenansicht oder den Längsschnitt in NK35 H).
Damit kann die Bandführung wie dargestellt lösbar in der Bauteil-Montagemaschine oder in einem Bauteilband-Magazin angebracht werden, das zum Einlegen in die Bauteil-Montagemaschine eingerichtet ist (Merkmal 1.4‘),
Das Profil, das Führungsmittel, das Freilegemittel und das Arretiermittel sind im betriebsbereiten Zustand der Bandführung miteinander verbunden (Merkmal 1.6). Das Profil, das Führungsmittel und das Arretiermittel befinden sich im einstückig ausgeführten Unterteil, so dass sie unlösbar miteinander verbunden sind. Das Freilegemittel befindet sich im Deckel. Dieser ist ein eigenes Teil und wird auf das Unterteil aufgelegt. Er fällt, wie sich der Senat bei der Inaugenscheinnahme überzeugen konnte, außerhalb des Tape Trolleys vom Unterteil herunter, sobald die Bandführung ausreichend weit geneigt wird. Diese Eigenschaft hat gemäß dem Bauplan NK34 C auch der für die Würdigung maßgebliche Deckel. Der Deckel wird bei Benutzung der Bandführung im Tape Trolley durch die dort vorhandene Feder auf das Unterteil gedrückt, womit er unverrückbar auf dem Unterteil sitzt. Er ist somit im in den Tape Trolley eingesetzten Zustand und damit auch im Betrieb der Bandführung mit dem Unterteil verbunden. Damit ist auch die Freilegeeinrichtung mit den drei anderen genannten Bestandteilen verbunden.
Die Bandführung weist keine Zuführmittel im Sinne von Zuführmechanismen (zur insoweit gebotenen Auslegung s. o. Ziffer II. 3.) auf (Merkmale 1.5‘ und 1.5.1‘), denn die maßgeblichen Baupläne zeigen keinen Zuführmechanismus.
Die Bandführung ist so eingerichtet, dass ein in dem Bauteilband-Magazin oder in der Bauteil-Montagemaschine vorgesehener Zuführmechanismus mit dem Trägerband in Eingriff kommt, um das Trägerband in Richtung der Aufnahmeposition zu transportieren (Merkmal 1.5.2‘). Der Bauplan des Unterteils NK35 H zeigt im vorderen Bereich der Bandführung (siehe die Vergrößerung der Aufsicht) einen Schlitz, bei dem der Fachmann erkennen kann, dass durch diesen Schlitz hindurch der mit Löchern versehene Teil des Trägerbandes zugänglich ist. Dieser Schlitz spiegelt sich in einer schlitzförmigen Öffnung in einem als Zunge ausgebildeten Bereich des Deckels im Bauplan NK34 C wider. Im Zusammenwirken mit dem Tape Trolley greifen hier Stifte eines Zuführmechanismus durch den Schlitz im Unterteil und die Löcher im Trägerband hindurch bis in den Schlitz des Deckels hinein (siehe Abb. 9 des Dokuments NK27).
Damit weist die offenkundig vorbenutzte Bandführung des Tape Trolleys bereits alle Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 auf, weshalb dessen Gegenstand mangels Neuheit nicht patentfähig ist.
7. Die Ansprüche des Hilfsantrags 2 sind zulässig (Artikel 138 Abs. 1 Buchst. c) und d) EPÜ, Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 4 IntPatÜG) und die gewerblich anwendbare (Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 57 EPÜ, Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG) Lehre seines Anspruchs 1 ist ausführbar (Art. 138 Abs. 1 Buchst. b), 83 EPÜ i. V. m. Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG). Sein Gegenstand ist auch patentfähig, da er sowohl neu ist als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruht (Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ, Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
a) Die Ansprüche des Hilfsantrags 2 sind zulässig, da ihre Lehre weder über den Inhalt der Stammanmeldung in seiner ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, noch der durch sie festgelegte Schutzbereich gegenüber dem des erteilten Patents erweitert ist.
So geht Anspruch 1 aus den in der Offenlegungsschrift der Stammanmeldung NK8 veröffentlichten ursprünglichen Ansprüchen 1 (Merkmale 1.1 bis 1.2.2, 1.3.1‘, 1.3.2‘, 1.3.3, 1.5‘ und 1.5.2‘) und 2 (Merkmal1.3‘) hervor, indem in diese Kombination noch einige Merkmale aus der Beschreibung aufgenommen wurden und einige Merkmale des Anspruchs 1 weggelassen wurden. So wurden alle Merkmale weggelassen, die die genauere Ausführung des Freilegemittels betreffen, und darüber hinaus auch das Merkmal, dass Rückhaltemittel für das Trägerband vorhanden sind. Aus der Beschreibung wurde insbesondere das Merkmal 1.5.1‘ aufgenommen, das auf S. 9, Z. 33 bis 35 der Offenlegungsschrift NK8 offenbart ist. Weitere Merkmale wurden zum Teil ergänzend von den Stellen S. 5, Z. 17 bis 25 (Merkmale 1.3.3 und 1.4‘) und S. 10, Z. 16 bis 33 (Merkmal 1.4‘) in den geltenden Anspruch 1 aufgenommen. Das Merkmal 1.6‘ ist den Fig. 2 bis 4 in Verbindung mit der zugehörigen Beschreibung, insbesondere S. 12, Z. 14 bis 24 zu entnehmen. Damit ist in der die ursprünglichen Unterlagen veröffentlichenden Druckschrift NK8 ein Gegenstand ursprünglich offenbart, der alle Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 aufweist. Dieser Gegenstand ist auch in der Streitpatentschrift noch enthalten.
Aber auch das Weglassen der genannten Merkmale aus dem ursprünglichen Anspruch 1 erweitert den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht unzulässig. Das Weglassen eines Merkmalskomplexes in Anspruch 1 muss nicht notwendigerweise zu einer unzulässigen Erweiterung des Patents führen, wenn der ursprüngliche Anspruch 1 mehrere Merkmalskomplexe enthalten hat und diese für den Fachmann erkennbar auch als solche dargestellt und erörtert wurden, so dass sie eine voneinander unabhängige Bedeutung haben (vgl. BGH, Mitt. 1996, 204 – „Spielfahrbahn“, Leitsatz 2 und Unterpunkt 3c). Entscheidend ist lediglich, ob der Fachmann den beanspruchten Gegenstand in der ursprünglichen Offenbarung als zur Erfindung gehörend erkennen kann (vgl. BGH, GRUR 2010, 509 – „Hubgliedertor I“ oder BGH, GRUR 2014, 542 – „Kommunikationskanal“).
Im vorliegenden Fall werden in der ursprünglichen Offenbarung zwei Aufgaben gestellt und auch gelöst, nämlich das Vermeiden eines zeitaufwändigen und komplizierten Ladens eines Bauteilbandes in eine Bauteilmontagemaschine und das Vermeiden der Verschwendung von Bauteilen (vgl. NK8, S. 3, Z. 34 bis S. 4, Z. 4). Als Lösung hierfür werden im ursprünglichen Anspruch 1 drei Merkmalskomplexe aufgeführt. Der erste betrifft spezielle Freilegemittel (vgl. NK8, S. 4, Z. 15 bis 27), der zweite betrifft Mittel zum einfachen und schnellen Einlegen oder Lösen (vgl. S. 4, Z. 27 bis 31) und der dritte betrifft Bauteilbandrückhaltemittel (vgl. NK8, S. 4, Z. 32 bis 34). Diese drei Merkmalskomplexe, bei denen der erste vor allem für die Lösung der zweiten Aufgabe, also der Vermeidung der Verschwendung von Bauelementen, zuständig ist und die beiden anderen zur Lösung der ersten Aufgabe, erkennt der Fachmann als unabhängige Merkmalskomplexe, auf die er auch getrennt voneinander Ansprüche richten kann, ohne dass dies zu einer unzulässigen Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Offenbarung führt.
Ein weiterer, im ursprünglichen Anspruch 1 nicht beanspruchter Merkmalskomplex ist die körperliche Ausgestaltung der Bandführung, da diese für das Vermeiden eines zeitaufwändigen und komplizierten Ladens eines Bauteilbandes in eine Bauteilmontagemaschine ebenfalls eine entscheidende Rolle spielt. Merkmale hierfür sind im ursprünglichen Anspruch 2 offenbart.
Nicht als getrennter Merkmalskomplex und damit als eigenständige Erfindung erkennbar ist dagegen das Nichtvorhandensein einer Bauteilbandzuführeinrichtung oder eines Zuführmechanismus, da dieses Merkmal nur in Zusammenhang mit einem Ausführungsbeispiel der Erfindung als vorteilhaft genannt wird (Vgl. NK8, S. 9, Z. 22 bis 35) und sich somit dem Fachmann als vorteilhafte Ausführung darstellt, für sich genommen aber die gestellten Aufgaben nicht zu lösen in der Lage ist. Der Fachmann wird dieses Merkmal nur zusätzlich zu den Merkmalen zumindest eines der vier genannten Merkmalskomplexe erwarten.
Von den genannten Merkmalskomplexen sind aber im Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 drei genannt, wovon zu einem, nämlich der körperlichen Ausgestaltung genauere und zu einem weiteren, nämlich den Arretiermitteln, zusätzliche Merkmale angegeben werden. Damit war auch der nunmehr beanspruchte Gegenstand für den Fachmann als zur in der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen offenbarten Erfindung gehörend zu erkennen.
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 erweitert auch den Schutzbereich des Patents nicht. So sind alle Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents in den Merkmalen 1.1 bis 1.2.2, 1.3.1‘, 1.3.2‘, 1.4‘, 1.5‘ bis 1.5.2‘ aufgeführt. Hinzu kommen weitere Merkmale, so dass der Schutzbereich des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 gegenüber dem des Anspruchs 1 des Streitpatents durch diese zusätzlichen Merkmale eingeschränkt und nicht erweitert wird.
Insbesondere ergibt sich durch die Übersetzung des Wortes „component tape feeding means“ als „Zuführmechanismen“ kein Aliud. So wurde bereits ausgeführt, dass nach Rechtsprechung des BGH ein Merkmal sinnvoll auszulegen ist, soweit dies möglich ist (s. o. I. 3.). Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Ausdruck „feeding means“ mit dem ursprünglich explizit angegebenen und in der Beschreibung des Streitpatents enthaltenen Ausdruck „feeding mechanisms“ (vgl. Sp. 6, Z. 46, 47) gleichzusetzen ist. Dessen richtige Übersetzung ist aber „Zuführmechanismen“, so dass dieser Begriff lediglich die sachlich richtige Übersetzung des in dem in der Verfahrenssprache Englisch formulierten Anspruch 1 enthaltenen Begriffs „feeding means“ darstellt. Eine Verschiebung des Schutzbereichs und damit ein Aliud ergeben sich auf diese Weise nicht.
Ebensowenig ergibt sich ein solches durch die Verwendung der breiteren Begriffe „Führungsmittel“ und „Freilegemittel“ statt „Führungseinrichtung“ und „Freilegeeinrichtung“, da es sich hierbei lediglich um die korrekten Übersetzungen der Begriffe „guiding means“ und „exposure means“ aus dem in der Verfahrenssprache Englisch abgefassten Anspruch 1 des Streitpatents handelt.
Damit ist Anspruch 1 des Hilfsantrags zulässig.
Die Merkmale der übrigen, im Streitpatent enthaltenen Ansprüche 2 bis 14 des Hilfsantrags 2 sind ebenfalls ursprünglich offenbart. So enthält Anspruch 2 ein Merkmal des ursprünglichen Anspruchs 1. Die Merkmale des Anspruchs 3 sind im ursprünglichen Anspruch 8 offenbart, die des Anspruchs 4 teilweise im ursprünglichen Anspruch 1 und teilweise auf S. 7, Z. 5 bis 14 der ursprünglichen Beschreibung in Druckschrift NK8. Die Ansprüche 5 bis 8 gehen auf die ursprünglichen Ansprüche 4 bis 7 zurück und die Merkmale des Anspruchs 9 sind im ursprünglichen Anspruch 2 offenbart. Die Ansprüche 10 bis 13 gehen auf die ursprünglichen Ansprüche 3, 12 und 13 zurück. Die Gegenstände der Ansprüche 13 und 14 sind im ursprünglichen Anspruch 18 und in der ursprünglichen Beschreibung offenbart, wobei insbesondere auf S. 9, Z. 22 bis 35 verwiesen wird.
Da die Ansprüche 2 bis 14 alle einen direkten oder indirekten Bezug auf Anspruch 1 besitzen, erweitern auch sie den Schutzbereich des Patents nicht. Damit sind die Ansprüche des Hilfsantrags 2 zulässig.
b) Die Lehren der Ansprüche sind auch ausführbar. In Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist ein möglicher Widerspruch, der sich ohne die Auslegung des Begriffs „feeding means“ als „feeding mechanisms“ ergeben würde, nicht mehr vorhanden. So kann eine Bandführung zwar keinen Zuführmechanismus („feeding mechanism“), trotzdem aber Zuführmittel („feeding means“) aufweisen. Ohne letztere ist eine Bandführung, deren Sinn es ist, einer Bauteilmontagemaschine Bauteile zuzuführen, für den Fachmann nicht vorstellbar, da insbesondere die Bandführung in ihrer Gesamtheit ein Zuführmittel darstellt. Wie eine solche Bandführung ohne Zuführmechanismus beispielsweise ausgestaltet werden kann, zeigen die Figuren des Streitpatents und wird in der zugehörigen Beschreibung näher beschrieben. Damit ist die Lehre des Anspruchs 1 ausführbar, denn für die Ausführbarkeit der Lehre genügt es, ein Ausführungsbeispiel anzugeben, nach dem die Lehre ausgeführt werden kann (vgl. BGH GRUR 2001, 813 – „Taxol“, BGH GRUR 2004, 47 – „Blasenfreie Gummibahn I“).
c) Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 ist auch patentfähig, da er sowohl neu ist als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruht.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von dem des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass dort das Merkmal 1.6‘ angibt, dass das Profil, das Führungsmittel, das Freilegemittel und das Arretiermittel nicht nur, wie im Anspruch des Hilfsantrags 1 beansprucht, verbunden, sondern fest miteinander verbunden sind. Dieser Unterschied, der auch zur den Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 neuheitsschädlich vorwegnehmenden Bandführung des Tape Trolleys besteht, begründet eine erfinderische Tätigkeit.
So fällt, wie bei der Beurteilung des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 gegenüber der Bandführung des Tape Trolleys bereits ausgeführt, der das Freilegemittel enthaltende Deckel dieser Bandführung bei einer Neigung der Bandführung herunter. Er ist damit zwar im eingelegten Zustand mit dem Unterteil verbunden, diese Verbindung ist aber nicht fest, da sie nicht in allen Situationen der Benutzung der Bandführung bestehen bleibt und insbesondere beim Einlegen des Bauteilträgerbandes sogar aufgelöst werden muss, da ansonsten ein Einlegen des Bauteilträgerbandes nicht möglich ist. Anders ausgedrückt muss der Deckel zum Einlegen eines Bauteilbandes abgenommen werden, so dass er in dieser Situation nicht mit dem Unterteil verbunden ist. Daran ändert sich auch nichts, wenn, wie von der Klägerin geltend gemacht, zur Lagerung der Bandführung, sei es nun mit oder ohne Bauteilband, ein Clip oder ein anderes Mittel verwendet wird, das den Deckel auf dem Unterteil hält, denn die dadurch hergestellte Verbindung muss zum Einlegen eines Bauteilbandes gelöst werden, ist also demnach nicht fest.
Darum kann dahingestellt bleiben, ob eine entsprechende Vorbenutzung mit einer Klemme, welche die beiden Teile zusammengehalten hat, wie von der Klägerin vorgetragen, im Vorfeld der Anmeldung offenkundig war, denn sie würde ohnehin nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 führen. Außerdem wäre die Verwendung eines Mittels, welches den Deckel und das Unterteil zusammenhält, für den Fachmann auch naheliegend, so dass auch deshalb dahingestellt bleiben kann, ob eine derartige offenkundige Vorbenutzung vorliegt. Denn der Fachmann würde zur Lagerung der Bandführung ohnehin eine Klammer oder auch einen Gummiring verwenden, der zusammengehörige Unterteile und Deckel zusammenhält.
Das Einfügen eines Scharniers, wie es von der Klägerin als ihrer Meinung nach naheliegende Maßnahme des Fachmanns zum Herstellen einer festen Verbindung im Dokument NK42 gezeigt wird, ist mit Problemen verbunden. So darf das Scharnier zum einen seitlich keinen Platzbedarf aufweisen, da im Tape Trolley benachbarte Bandführungen nahezu ohne Zwischenraum aneinander grenzen. Die Bandführungen selbst weisen am oberen Ende des Unterteils nur sehr dünne Wände auf, die es kaum ermöglichen, dass dort ein Scharnier befestigt wird. Außerdem ist ein normales Scharnier auch nicht flexibel genug, um die weitere Funktion des Deckels als Rückhaltevorrichtung bei unterschiedlich dicken Trägerbändern, wie sie in der Realität auftreten, zu erhalten. Denn ein Scharnier legt auch den Abstand zwischen Deckel und Absatz der Seitenwände auf seiner Seite fest, womit sich der Deckel bei dickeren Bändern nicht mehr schließen ließe, und bei dünneren Bändern an dieser Seite kein Druck mehr auf das Band ausgeübt würde, so dass die entstehende Reibung zu gering würde, um das Trägerband zurückzuhalten. Die Verwendung eines einfachen Scharniers würde somit die Funktionsweise der Bandführung des Tape Trolleys beeinträchtigen. Da sie, wenn keine Beeinträchtigung der Funktion in Kauf genommen werden soll, somit mit aufwändigen Änderungen verbunden wäre, wird der Fachmann diese Maßnahme ohne einen weiteren dahingehenden deutlichen Hinweis nicht ergreifen.
Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 gegenüber der offenkundigen Vorbenutzung des Tape Trolleys sowohl neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.
Auch die übrigen Dokumente, die nicht den Tape Trolley betreffen, können den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 nicht nahelegen und haben in der mündlichen Verhandlung für die Beurteilung der Patentfähigkeit der Bandführung nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 auch keine Rolle mehr gespielt. So zeigt keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften eine Bandführung, die durch ein längliches Profil mit offenen Enden und einander gegenüberliegenden Wänden gebildet wird. Die meisten Druckschriften, so NK10, NK11, NK20 und auch die ebenfalls geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung durch den „Intelligent Feeder“ offenbaren als sogenannte Kassetten ausgebildete Bandführungen, die auf Grund dieses Bauunterschieds nicht in der Lage sind, dem Fachmann den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 nahezulegen.
Auch die für den erteilten Anspruch 1 neuheitsschädliche Druckschrift NK9 zeigt keine Bandführung mit den beanspruchten körperlichen Ausgestaltungen. Dort wird zwar eine Möglichkeit gezeigt, wie ein Freilegemittel (Pflug 13) fest mit den übrigen Bestandteilen einer Bandführung verbunden werden kann, doch ist diese nicht auf die Bandführung des Tape Trolleys übertragbar, da ein solches Freilegemittel die Verwendung des Deckels als notwendige Rückhaltevorrichtung verhindern würde.
Insgesamt wird somit der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 durch die im Verfahren befindlichen Dokumente weder neuheitsschädlich vorweggenommen noch durch eine Kombination dieser Dokumente nahegelegt. Damit ist er patentfähig.
Da keine im Intervall zwischen den beiden in Anspruch genommenen Prioritäten der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Dokumente eine patenthindernde Wirkung haben, kann es auch hier dahingestellt bleiben, ob die schwedische Priorität SE 9804495 vom 22. Dezember 1998 zu Recht in Anspruch genommen wird.
Die übrigen auf den Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 direkt oder indirekt rückbezogenen Ansprüche betreffen zweckmäßige, nicht selbstverständliche Weiterbildungen des Gegenstandes des Anspruchs 1 sowie diesen umfassende Systeme, so dass deren Patentfähigkeit bereits durch die Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 begründet ist.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.