Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 07.02.2013


BPatG 07.02.2013 - 2 Ni 38/11 (EP)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – „Vorrichtung sowie ein Verfahren zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen in einer Mehrfrequenz-Videoanzeige“ (europäisches Patent) - zur Antragsbindung bei der Verteidigung des Streitpatents


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
07.02.2013
Aktenzeichen:
2 Ni 38/11 (EP)
Dokumenttyp:
Urteil
Zitierte Gesetze
Art 2 § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜbkG
Art 138 Abs 1 Buchst a EuPatÜbk
Art 56 EuPatÜbk

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 543 089

(DE 692 25 777)

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl sowie der Richter Merzbach, Dipl.-Phys. Brandt, Dr. Friedrich und Dr. Zebisch

für Recht erkannt:

I. Der Beitritt der Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin ist zulässig.

II. Das europäische Patent EP 0 543 089 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und am 13. August 1992 angemeldeten europäischen Patents 543 089 (Streitpatent), dessen Erteilung am 3. Juni 1998 in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht wurde (EP 543 089 B1). Das Streitpatent, das mittlerweile abgelaufen ist, beansprucht die US-Priorität mit der Nummer 796411 vom 22. November 1991, und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 692 25 777 geführt. Das Streitpatent wurde im nachgelagerten Einspruchsbeschwerdeverfahren vor dem Europäischen Patentamt beschränkt aufrecht erhalten (EP 543 089 B2 bzw. DE 692 25 777 T3). Es trägt die Bezeichnung „Video display adjustment and on-screen menu system“ bzw. „Videoanzeigeeinstellung und Menüsystem auf Schirm“ und umfasst 11 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 2 bis 6, 10 und 11 direkt oder indirekt auf den Vorrichtungsanspruch 1 und die Ansprüche 8 und 9 direkt oder indirekt auf den nebengeordneten Verfahrensanspruch 7 rückbezogen sind. In der rechtschreibfehlerbereinigten deutschen Übersetzung (vgl. Ansprüche der EP 0 543 089 B2) lauten sie folgendermaßen:

2

„1. Vorrichtung zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen in einer Mehrfrequenz-Videoanzeige, wobei die Videoanzeige auf die Frequenz eines horizontalen Sync-Signals einer großen Vielfalt von Video-Adapterkarten von Computersystemen abzustimmen ist und einen Bildschirm zum Anzeigen von Informationen aufweist, welche von den Computersystemen empfangen werden, wobei die Vorrichtung umfasst:

3

- einen Eingabesteuerungsblock (18) zum Bereitstellen einer Benutzereingabe;

4

- einen Mikrocontroller (24), welcher in der Lage ist, die Benutzereingabe von dem Eingabesteuerungsblock (18) zu empfangen, wobei der Mikrocontroller in der Lage ist, die Einstellung der Videoanzeige-Steuerungen zu steuern;

5

- einen Speicherblock (25), welcher in der Lage ist, Parameter der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen zu speichern, wobei der Speicherblock elektrisch an den Mikrocontroller angeschlossen ist;

6

- einen Anzeige-Einstellungsblock (14), welcher in der Lage ist, die Parameter der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen für die Mehrfrequenz-Videoanzeige bereitzustellen, um die Videoanzeige-Steuerungen einzustellen, wobei der Anzeige-Einstellungsblock (14) an den Mikrocontroller (24) gekoppelt ist und von diesem gesteuert wird;

7

gekennzeichnet durch:

8

- einen Bildschirmanzeige-Block (16), welcher in der Lage ist, visuelle Darstellungen der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen auf dem Bildschirm der Mehrfrequenz-Videoanzeige bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige anzuzeigen, wobei die absolute Größe der angezeigten, visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige gesteuert wird;

9

- wobei die angezeigten visuellen Darstellungen durch Zeichen gebildet werden, von denen jedes durch eine Zeichenanzeigeinformation gebildet wird, welche einer Anzahl von Bildpunktzeilen zugeordnet ist, wobei die Zeichenanzeigeinformation in einem Zeichenspeicher (42) gespeichert ist;

10

- wobei die Steuerung der absoluten Größe der angezeigten visuellen Darstellungen durch den Bildschirmanzeige-Block (16) durch Angeben für jedes horizontale Sync-Signal, welche Bildpunktzeile der gegenwärtigen Zeichenanzeigeinformation aus dem Zeichenspeicher (42) ausgelesen wird, und durch Wiederholen der angegebenen Bildpunktzeile abhängig von der empfangenen horizontalen Frequenz ausgeführt wird, um dadurch die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi etwa konstant zu halten.

11

2. Vorrichtung nach Anspruch 1, bei welcher der Bildschirmanzeige-Block (16) einen Videotakt-Block (44) zum Synchronisieren der angezeigten visuellen Darstellungen mit einem horizontalen Synchronisationssignal der Mehrfrequenz-Videoanzeige beinhaltet.

12

3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, bei welcher der Bildschirmanzeige-Block (16) einen Zeichengrößen-Steuerungsblock (36) zum Steuern der absoluten Größe der angezeigten visuellen Darstellungen während verschiedener Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige beinhaltet.

13

4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, bei welcher der Eingabesteuerungsblock (18) mehrere elektrische Knöpfe beinhaltet.

14

5. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bei welcher der Speicherblock (25) einen löschbaren, elektrisch programmierbaren Nur-Lese-Speicher beinhaltet.

15

6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, bei welcher der Bildschirmanzeige-Block umfasst:

16

einen Spaltenzähler (34), welcher an den Mikrocontroller (24) gekoppelt ist;

17

einen Zeilenzähler (38), welcher an den Mikrocontroller (24) gekoppelt ist;

18

einen Anzeigespeicher (40) zum Speichern von Befehlen zum Anzeigen der visuellen Darstellungen, wobei die Befehle von dem Mikrocontroller empfangen werden und der Anzeigespeicher an den Spaltenzähler gekoppelt ist;

19

wobei der Zeichenspeicher (42) ein Zeichen-Nur-Lese-Speicher (42) ist, welcher Zeichendaten zum Anzeigen der visuellen Darstellungen bereitstellt, wobei der Zeichen-Nur-Lese-Speicher die Zeichendaten nach Empfang der gespeicherten Befehle von dem Anzeigespeicher (40) bereitstellt, wobei der Anzeigespeicher die gespeicherten Befehle zu dem Zeichen-Nur-Lese-Speicher nach Empfang der Adressbefehle von dem Spaltenzähler (34) und dem Zeilenzähler (38) liefert, ein Schieberegister (46) zum Speichern einer Sequenz der Zeichendaten von dem Zeichen-Nur-Lese-Speicher (42);

20

eine Video-Ansteuerung (48) zum Umwandeln der gespeicherten Sequenz der Zeichendaten des Schieberegisters in die Anzeige der visuellen Darstellung.

21

7. Verfahren zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen in einer Mehrfrequenz-Videoanzeige, mit den Schritten:

22

(a) Abstimmen der Videoanzeige auf die Frequenz eines horizontalen Sync-Signals einer Videoadapterkarte eines Computersystems;

23

(b) Empfangen von Einstell-Eingaben von einem Benutzer;

24

(c) Einstellen eines in einem Speicher gespeicherten Satzes von Videoanzeige-Parametern, wobei die Einstellung den Einstellungs-Eingaben entspricht und die eingestellten Videoanzeige-Parameter die Videoanzeige-Steuerungen einstellen;

25

(d) Bereitstellen der eingestellten Videoanzeige-Parameter für die Mehrfrequenz-Videoanzeige;

26

gekennzeichnet durch die Schritte:

27

(e) Anzeigen visueller Darstellungen der Einstellungen der Videoanzeige-Steuerungen auf einem Bildschirm der Videoanzeige bei verschiedenen Frequenzmodi der Videoanzeige, wobei die absolute Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige gesteuert wird;

28

(f) wobei die visuellen Darstellungen durch Zeichen gebildet werden, von denen jedes durch eine Zeichenanzeigeinformation gebildet wird, welche einer Anzahl von Bildpunktzeilen zugeordnet ist, wobei die Zeichenanzeigeinformation in einem Zeichenspeicher gespeichert ist;

29

(g) wodurch ein Zeichengrößen-Steuerungsblock, welcher in einem Bildschirmanzeige-Block enthalten ist, die absolute Größe der angezeigten Zeichen steuert, welche diese visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige ausbilden, so dass der Zeichengrößen-Steuerungsblock unter der Steuerung des Mikrocontrollers abhängig von der Frequenz des empfangenen horizontalen Sync-Signals bestimmt, ob die einzelnen Bildpunktzeilen zu wiederholen sind, um dadurch die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi etwa konstant zu halten.

30

8. Verfahren nach Anspruch 7, bei welchem der Anzeigeschritt weiterhin den Schritt beinhaltet, die angezeigten visuellen Darstellungen mit einem horizontalen Synchronisationssignal der Mehrfrequenz-Videoanzeige zu synchronisieren.

31

9. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 oder 8, bei welchem der Anzeigeschritt weiterhin die Schritte beinhaltet:

32

A) Speichern von Befehlen zum Anzeigen der visuellen Darstellungen in einem Anzeigespeicher,

33

B) Registrieren einer gegenwärtigen Spalte der angezeigten visuellen Darstellungen;

34

C) Registrieren einer gegenwärtigen Zeile der angezeigten visuellen Darstellungen;

35

D) Adressieren eines gespeicherten Befehls in dem Anzeigespeicher durch Verwenden der registrierten gegenwärtigen Spalte und der registrierten gegenwärtigen Zeile;

36

E) Zugreifen auf Zeichendaten in dem Zeichenspeicher, welcher ein Zeichen-Nur-Lese-Speicher ist, durch Liefern des adressierten, gespeicherten Befehls an den Zeichen-Nur-Lese-Speicher;

37

F) Speichern einer Sequenz der zugegriffenen Zeichendaten in einem Schieberegister; und

38

G) Umwandeln der Sequenz der zugegriffenen Zeichendaten in die angezeigten, visuellen Darstellungen.

39

10. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, bei welcher der Mikrocontroller-Block (24) an den Speicherblock (25), an den Bildschirmanzeige-Block (16) und einen Puffer (22) durch einen zentralen Bus (Figur 2) angeschlossen ist.

40

11. Vorrichtung nach Anspruch 10, bei welcher die folgenden, in dem Bildschirmanzeige-Block (16) enthaltenen Blöcke an den zentralen Bus angeschlossen sind:

41

- ein oder der Spaltenzähler (34);

42

- ein oder der Zeilenzähler (38);

43

- ein oder der Zeichengrößen-Steuerungsblock (36);

44

- der Anzeigespeicher (40);

45

- der Zeichenspeicher (42).”

46

Die Klägerin zu 3) (nachfolgend: Klägerin) stützt ihre Klage auf die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit mangels erfinderischer Tätigkeit, des Hinausgehens des Gegenstands des Streitpatents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung sowie der fehlenden Ausführbarkeit.

47

Dazu beruft sich die Klägerin u. a. auf folgende Unterlagen:

48

D2 US 4 991 023 (Anlage NK9)

49

D3 GB 2 155 714 A (Anlage NK8)

50

D4 LUNN, G. K. u. a.; A Multisystems On Screen Display

51

 For TV MCU; IN: IEEE Trans. CE Bd. 35 Nr.4, 1989,

52

 S.803-809 (Anlage NK10)

53

D16 JP 2-312368 A mit englischsprachiger Übersetzung (Anlage NK13a,b)

54

D29 US 4 745 402 und (Anlage NK6)

55

D30 JP 2-287392 A mit englischsprachiger Übersetzung (Anlage NK7a,b)

56

Die Klägerin macht insbesondere geltend, dass der Gegenstand bzw. das Verfahren der erteilten Ansprüche 1 und 7 durch eine Kombination der D2 mit D30 nahegelegt werde. Zudem seien die Merkmale der abhängigen erteilten Ansprüche 2 bis 8 und 9 bis 11 aus dem vorgelegten Stand der Technik, speziell der D2, D30 und D16 bekannt.

57

Die Klägerin beantragt,

58

das europäische Patent 0 543 089 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

59

Die Nebenintervenientin, die dem Verfahren mit Schriftsatz vom 15. Februar 2012 auf Seite der ursprünglichen Klägerin zu 2) sowie der Klägerin beigetreten ist, schließt sich den Anträgen der Klägerin an.

60

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents für ursprünglich offenbart, ausführbar und patentfähig, denn zum einen seien dessen Merkmale den ursprünglichen Anmeldeunterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen und zum anderen offenbare das Streitpatent die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Zudem seien die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 7 sowie der Unteransprüche 2 bis 6 und 8 bis 11 neu und beruhten auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dazu verweist sie auch auf das Dokument

61

D31 JP 2-283117A mit englischsprachiger Übersetzung.

62

Die Beklagte hält zudem den Beitritt der Nebenintervenientin für unzulässig, weil sie diesen nicht begründet habe und die Nebenintervenientin zudem keine Wettbewerberin der Beklagten im Sinne der Entscheidung BGH X ZR 236/01 vom 17. Januar 2006 sei.

63

Die Beklagte beantragt,

64

die Klage abzuweisen;

65

hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit einem der Hilfsanträge 1 bis 28, vorgelegt mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2012.

66

In diesen Hilfsanträgen ergeben sich sämtliche nebengeordneten Ansprüche aus einer Kombination des erteilten Anspruchs 1 bzw. 7 mit den Merkmalen der erteilten Ansprüche 2, 3, 4, 5, 6, 10 und 11 sowie mit den nachfolgend unterstrichen dargestellten Zusatzmerkmalen aus der Beschreibung.

67

Im einzelnen:

68

Hilfsanträge 1 bis 8:

69

Die jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 8 ergeben sich aus dem erteilten Anspruch 1 durch Anfügen der Merkmale des erteilten abhängigen Anspruchs 2 (Hilfsantrag 1), des erteilten abhängigen Anspruchs 3 (Hilfsantrag 2), des erteilten abhängigen Anspruchs 4 (Hilfsantrag 3), des erteilten abhängigen Anspruchs 5 (Hilfsantrag 4), des erteilten abhängigen Anspruchs 6 (Hilfsantrag 5), des erteilten abhängigen Anspruchs 10 (Hilfsantrag 6), der erteilten abhängigen Ansprüche 10 und 11 (Hilfsantrag 7) bzw. der erteilten abhängigen Ansprüche 2, 3, 4, 5, 6, 10 und 11 (Hilfsantrag 8).

70

Hilfsanträge 9 bis 16:

71

Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 9 bis 16 ergeben sich aus den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 8 durch Anfügen des Zusatzmerkmals aus der Beschreibung wobei die Video-Anzeigevorrichtung dazu ausgestaltet ist, die Videoanzeige-Steuerungen auf in einer Fabrik festgelegte Videoanzeige-Steuerungen zurückzusetzen , im Folgenden als Zusatzmerkmal A bezeichnet.

72

Hilfsanträge 17 bis 24:

73

Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 17 bis 24 ergeben sich aus den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 8 durch Anfügen des Zusatzmerkmals aus der Beschreibung wobei durch Verwendung eines einfachen Benutzer-Eingabeknopfes und eines programmierbaren Bildanzeige-Menüs die Videoanzeige-Steuerungen eingestellt werden “, im Folgenden als Zusatzmerkmal B bezeichnet.

74

Hilfsanträge 25 bis 27:

75

Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 25 bis 27 ergeben sich aus dem erteilten Anspruch 1 durch Anfügen des Zusatzmerkmals A (Hilfsantrag 25), des Zusatzmerkmals B (Hilfsantrag 26) bzw. der Zusatzmerkmale A und B (Hilfsantrag 27).

76

Hilfsantrag 28:

77

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 28 ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 1 durch Anfügen der Merkmale der erteilten abhängigen Ansprüche 2, 3, 4, 5, 6, 10 und 11 sowie der Zusatzmerkmale A und B.

78

Für den jeweiligen nebengeordneten Verfahrensanspruch der Hilfsanträge, mit dem entsprechend dem erteilten Anspruch 7 die Merkmale des zugehörigen Anspruchs 1 als Verfahren zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen in einer Mehrfrequenz-Videoanzeige beansprucht werden, gelten obige Ausführungen in entsprechender Weise.

79

Wegen des Wortlauts der mittelbar oder unmittelbar auf den jeweiligen Patentanspruch 1 bzw. nebengeordneten Verfahrensanspruch zurückbezogenen Unteransprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 28 wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 12. Oktober 2012 Bezug genommen.

80

Mit Beschluss vom 8. Februar 2012 (Bd. I, Bl. 169 d. A.) sind nach Übernahme der Verfahren 5 Ni 27/11 (jetzt 2 Ni 1/12) sowie 5 Ni 29/11 (jetzt 2 Ni 3/12) durch den 2. Senat (Bl. 206 zu 2 Ni 1/12 sowie Bl. 118 zu 2 Ni 3/12) – den Parteien mitgeteilt mit Schreiben vom 12. Januar 2012 - die Nichtigkeitsklagen 2 Ni 38/11 (EP), 2 Ni 1/12 (EP) sowie 2 Ni 3/12 (EP) unter dem führenden Aktenzeichen 2 Ni 38/11 (EP) miteinander verbunden worden. Die Klägerin im Verfahren 2 Ni 1/12 (ursprüngliche Klägerin zu 2) hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 16. Mai 2012 (Bd. V Bl. 211) zurückgenommen. Die ursprüngliche Klägerin zu 1) sowie die Beklagte haben mit Schriftsätzen vom 12. Oktober 2012 (Bl. 279) sowie 23. November 2012 (Bl. 418) den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

81

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien sowie der eingereichten Dokumente wird auf die Sitzungsniederschrift vom 7. Februar 2013 sowie auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

82

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat ein Rechtsschutzinteresse am vorliegenden Verfahren, da sie in einem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg (AZ: 315 O 376/11) in Anspruch genommen worden ist, das zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgesetzt war (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 81 Rdnr. 43 ff. m. w. N.).

83

Auch die erfolgte Nebenintervention ist gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 66 ff. ZPO zulässig, soweit sie auf Seiten der noch verfahrensbeteiligten Klägerin erfolgte. Die Nebenintervenientin hat das erforderliche rechtliche Interesse am Beitritt auf Klägerseite dargetan, indem sie darauf hingewiesen hat, dass sie in einem Verfahren vor dem Landgericht Mannheim (Az.: 7 O 220/10) aus dem Streitpatent als Verletzungsbeklagte in Anspruch genommen wird. Ein rechtliches Interesse am Beitritt auf Klägerseite hat, wer selbst aus dem Streitpatent im Wege einer Verletzungsklage in Anspruch genommen wird (vgl. BGH GRUR 1952, 260 – Schreibhefte I; Busse-Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 81 Rdnr. 116).

84

Die Klage, mit der u. a. der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist auch begründet. Das Streitpatent hat weder in der erteilten Fassung noch in der Fassung einer der Hilfsanträge Bestand, da ihm der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit entgegensteht.

I.

85

1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen in einer Mehrfrequenz-Videoanzeige.

86

Bei einer Kathodenstrahlröhre wird mittels eines Elektronenstrahls, der zeilenweise bspw. von oben nach unten über einen Bildschirm geführt wird, ein aus horizontalen Bildzeilen aufgebautes Bild dargestellt. Dabei bezeichnet man die Anzahl der geschriebenen Zeilen pro Sekunde als horizontale Ablenkfrequenz (z. B. 15 kHz) und die Anzahl der Bilder pro Sekunde als vertikale Ablenkfrequenz (z. B. 50 Hz).

87

Gemäß der Beschreibungseinleitung des Streitpatents waren frühere Video-Anzeigesysteme typischerweise Einzelfrequenz-Kathodenstrahlröhren, die eine einzelne horizontale Abtastfrequenz verwenden und demzufolge nur mit speziellen auf diese Frequenz abgestimmten Videokarten zusammenarbeiten konnten. Zur Erhöhung der Flexibilität wurden später Multifrequenz-Kathodenstrahlröhren entwickelt, die an eine breite Vielfalt unterschiedlicher Videokarten von Computern angeschlossen werden können, da sie sich selbst auf die Horizontalfrequenz der angeschlossenen Anschlusskarte abstimmen und die Anzeige mit der von der Anschlusskarte gesendeten Information synchronisieren. Dabei weisen die meisten Multifrequenz-Kathodenstrahlröhren ein Feld von Reglern auf, die mit Potentiometern oder anderen elektrischen Schaltern verbunden sind und es dem Benutzer erlauben, verschiedene Anzeigemerkmale wie Kontrast, Helligkeit und die horizontalen und vertikalen Bildpositionen einzustellen. Da diese Einstellungen unter Verwendung elektromechanischer Vorrichtungen manuell vorgenommen werden, verschieben sich diese Einstellungen in der Regel nach einiger Zeit. Bspw. können eine Bewegung der Anzeige, Änderungen der Umgebungstemperatur und Umgebungs-Vibrationen die vorgenommenen Einstellungen verändern. Im Fall von Multifrequenzanzeigen mit elektromechanischen Reglern zum Einstellen benutzerspezifischer Parameter treten diese Einstellungsprobleme für jeden neu verfügbaren Frequenzmodus auf, so dass jedes Mal, wenn ein Benutzer den von dem Monitor verwendeten Frequenzmodus verändert, sämtliche vorher vorgenommenen Einstellungen nachgestellt werden müssen, um Änderungen in der Anzeige auszugleichen. Sobald diese Änderungen eingestellt sind, sind sie jedoch wiederum einer langsamen Verstellung unterworfen.

88

Zusätzlich zu den benutzerspezifischen Einstellungen werden die Anzeigen vor der Auslieferung beim Hersteller durch einen Mitarbeiter voreingestellt, indem dieser die Anzeige mit einem Standard vergleicht. Um dabei einen vergleichbaren Betrieb über verschiedene Frequenz-Modi sicherzustellen, weisen Mehrfachfrequenzanzeigen häufig getrennte Sätze von Einstellungen für verschiedene Frequenzbänder auf, die zum einen erst eingestellt werden müssen und zum anderen aufgrund der elektromechanischen Art der Regelung einer allmähliche Verschiebung in ihrer Einstellung ausgesetzt sind / vgl. Abs. [0001] bis [0008] der Streitpatentschrift (EP 543 089 B2).

89

2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine einfache und kostengünstige Technik für eine leichte und exakte Änderung und Beibehaltung der Einstellparameter jeglicher Videoanzeigevorrichtungen, einschließlich CRTs, LCDs und Elektro-Lumineszenz-Anzeigen, bereitzustellen / vgl. Abs. [0009] der Streitpatentschrift (EP 543 089 B2).

90

3. Diese Aufgabe wird durch die Vorrichtung des erteilten Anspruchs 1 und das Verfahren des erteilten Anspruchs 7 gelöst, die rechtschreibfehlerbereinigt und mit einer Merkmalsgliederung versehen gemäß Streitpatent folgendermaßen lauten:

91

Anspruch 1:

92

1. Vorrichtung zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen in einer Mehrfrequenz-Videoanzeige, wobei die Videoanzeige auf die Frequenz eines horizontalen Sync-Signals einer großen Vielfalt von Video-Adapterkarten von Computersystemen abzustimmen ist und einen Bildschirm zum Anzeigen von Informationen aufweist, welche von den Computersystemen empfangen werden, wobei die Vorrichtung umfasst:

93

1.1 einen Eingabesteuerungsblock zum Bereitstellen einer Benutzereingabe;

94

1.2 einen Mikrocontroller, welcher in der Lage ist, die Benutzereingabe von dem Eingabesteuerungsblock zu empfangen, wobei der Mikrocontroller in der Lage ist, die Einstellung der Videoanzeige-Steuerungen zu steuern;

95

1.3 einen Speicherblock, welcher in der Lage ist, Parameter der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen zu speichern, wobei der Speicherblock elektrisch an den Mikrocontroller angeschlossen ist;

96

1.4 einen Anzeige-Einstellungsblock, welcher in der Lage ist, die Parameter der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen für die Mehrfrequenz-Videoanzeige bereitzustellen, um die Videoanzeige-Steuerungen einzustellen, wobei der Anzeige-Einstellungsblock an den Mikrocontroller gekoppelt ist und von diesem gesteuert wird;

97

gekennzeichnet durch:

98

1.5 einen Bildschirmanzeige-Block, welcher in der Lage ist, visuelle Darstellungen der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen auf dem Bildschirm der Mehrfrequenz-Videoanzeige bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige anzuzeigen, wobei die absolute Größe der angezeigten, visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige gesteuert wird;

99

1.6 wobei die angezeigten visuellen Darstellungen durch Zeichen gebildet werden, von denen jedes durch eine Zeichenanzeigeinformation gebildet wird, welche einer Anzahl von Bildpunktzeilen zugeordnet ist, wobei die Zeichenanzeigeinformation in einem Zeichenspeicher gespeichert ist;

100

1.7 wobei die Steuerung der absoluten Größe der angezeigten visuellen Darstellungen durch den Bildschirmanzeige-Block durch Angeben für jedes horizontale Sync-Signal, welche Bildpunktzeile der gegenwärtigen Zeichenanzeigeinformation aus dem Zeichenspeicher ausgelesen wird, und durch Wiederholen der angegebenen Bildpunktzeile abhängig von der empfangenen horizontalen Frequenz ausgeführt wird, um dadurch die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi etwa konstant zu halten.

101

Anspruch 7:

102

7. Verfahren zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen in einer Mehrfrequenz-Videoanzeige, mit den Schritten:

103

7.1 (a) Abstimmen der Videoanzeige auf die Frequenz eines horizontalen Sync-Signals einer Videoadapterkarte eines Computersystems;

104

7.2 (b) Empfangen von Einstell-Eingaben von einem Benutzer;

105

7.3 (c) Einstellen eines in einem Speicher gespeicherten Satzes von Videoanzeige-Parametern, wobei die Einstellung den Einstellungs-Eingaben entspricht und die eingestellten Videoanzeige-Parameter die Videoanzeige-Steuerungen einstellen;

106

7.4 (d) Bereitstellen der eingestellten Videoanzeige-Parameter für die Mehrfrequenz-Videoanzeige;

107

gekennzeichnet durch die Schritte

108

7.5 (e) Anzeigen visueller Darstellungen der Einstellungen der Videoanzeige-Steuerungen auf einem Bildschirm der Videoanzeige bei verschiedenen Frequenzmodi der Videoanzeige, wobei die absolute Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige gesteuert wird;

109

7.6 (f) wobei die visuellen Darstellungen durch Zeichen gebildet werden, von denen jedes durch eine Zeichenanzeigeinformation gebildet wird, welche einer Anzahl von Bildpunktzeilen zugeordnet ist, wobei die Zeichenanzeigeinformation in einem Zeichenspeicher gespeichert ist;

110

7.7 (g) wodurch ein Zeichengrößen-Steuerungsblock, welcher in einem Bildschirmanzeige-Block enthalten ist, die absolute Größe der angezeigten Zeichen steuert, welche diese visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige ausbilden, so dass der Zeichengrößen-Steuerungsblock unter der Steuerung des Mikrocontrollers abhängig von der Frequenz des empfangenen horizontalen Sync-Signals bestimmt, ob die einzelnen Bildpunktzeilen zu wiederholen sind, um dadurch die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi etwa konstant zu halten.

111

Der erklärungsbedürftige Begriff „Mehrfrequenz-Videoanzeige“ der Merkmale 1 bzw. 7 wird dabei im Streitpatent definiert als eine Video-Anzeigevorrichtung, die sich selbst auf die Horizontalfrequenz der Videoanschlusskarte, an der sie angeschlossen ist, abstimmen und die Anzeige mit der von der Videoanschlusskarte gesendeten Information synchronisieren kann / vgl. den letzten Satz von Abs. [0003] der Streitpatentschrift (EP 543 089 B2).

112

Hinsichtlich des ebenfalls erklärungsbedürftigen Merkmals „um dadurch die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi etwa konstant zu halten“ der Merkmale 1.7 bzw. 7.7 ergibt sich aus dem Ausführungsbeispiel des Streitpatents, vgl. insbesondere den Abs. [0022] der Streitpatentschrift EP 543 089 B2, dass die Formulierung „etwa konstant“ insoweit breit auszulegen ist, als die vertikale Pixelanzahl der Zeichen je nach Horizontalfrequenz lediglich verdoppelt oder vervierfacht wird, so dass auch eine Stauchung oder Streckung des dargestellten Zeichens bis zum Faktor 2 unter die streitpatentgemäße Lehre fällt.

113

Für die Vorrichtung und das Verfahren zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen in einer Mehrfrequenz-Videoanzeige gemäß den Ansprüchen 1 und 7 ist demnach wesentlich, dass die eingestellten Videoanzeige-Steuerungen auf dem Bildschirm der Mehrfrequenz-Videoanzeige mit Hilfe eines Bildschirm-Anzeigeblocks visuell dargestellt werden und dass dabei die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen über die verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige hinweg im Wesentlichen gleich gehalten wird, indem der Bildschirm-Anzeigeblock für jedes horizontale Sync-Signal angibt, welche Bildpunktzeile der gegenwärtigen Zeichenanzeigeinformation aus dem Zeichenspeicher ausgelesen wird, und indem die angegebene Bildpunktzeile abhängig von der empfangenen horizontalen Frequenz wiederholt ausgeführt wird.

114

Das Streitpatent geht dabei davon aus, dass eine höhere horizontale Ablenkfrequenz des Videosignals eine erhöhte Zeilenzahl pro Bild und damit eine höhere vertikale Auflösung bedeutet und im Gegenzug eine geringere horizontale Frequenz des Videosignals eine verringerte Zeilenzahl pro Bild und damit eine geringere vertikale Auflösung umfasst. Ohne weitere Maßnahmen hätte demnach eine Erhöhung der horizontalen Frequenz eine Stauchung der Höhe der dargestellten Zeichen zur Folge, wohingegen eine Verringerung der horizontalen Frequenz zu einer Streckung der Höhe der dargestellten Zeichen führen würde / vgl. Abs. [0014] der Streitpatentschrift. Im Gegensatz dazu soll gemäß der Lehre der Ansprüche 1 und 7 die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen über die verschiedenen Frequenzmodi im Wesentlichen gleich gehalten werden. Mit welchen Mitteln dies im Einzelnen erreicht wird, ist Gegenstand der Unteransprüche des Streitpatents.

115

Mit den Lösungen gemäß den Hilfsanträgen werden die Video-Anzeigevorrichtung und insbesondere der Bildschirmanzeige-Block, der Eingabesteuerungsblock, der Speicherblock und der Mikrocontroller-Block durch Aufnahme von Zusatzmerkmalen präzisiert.

116

4. Als Fachmann ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beklagten ein mit der Entwicklung von Anzeigevorrichtungen für Computersysteme betrauter Elektrotechnik-Ingenieur mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung auf diesem Gebiet zu definieren.

II.

117

Dem nach Hauptantrag unverändert verteidigten Streitpatent steht der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit gemäß Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 56 EPÜ entgegen, da sich der Gegenstand des Streitpatents für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt und somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

118

1. Die Gegenstände der erteilten Ansprüche 1 bis 11 gehen nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus. Der Oberbegriff des Anspruchs 1 (Merkmale 1 bis 1.4) ist im ursprünglichen Anspruch 1 und der ursprünglichen Beschreibung gemäß Offenlegungsschrift (EP 543 089 A2) Seite 2, Zeilen 5, 6, 12 und 13 offenbart. Das Merkmal 1.5 ergibt sich aus dem letzten Absatz des ursprünglichen Anspruchs 1 i. V. m. dem ursprünglichen Anspruch 3, und das Merkmal 1.6 ist der ursprünglichen Beschreibung gemäß Offenlegungsschrift Seite 3, Zeilen 6 bis 15 zu entnehmen. Auch das Merkmal 1.7 kann der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen unmittelbar und eindeutig entnehmen. Insbesondere weiß er, dass mit der horizontalen Synchronisationsfrequenz die Anzahl der Bildzeilen pro Sekunde angegeben wird, und er entnimmt dem Streitpatent, dass die dort verwendeten Begriffe Sync-Signal (bspw. S. 3, Z. 35 der EP 543 089 B2) und Sync-Puls (bspw. S. 4, Z. 50) gleichbedeutend sind und den Beginn einer neuen Bildzeile angeben. Dementsprechend ergibt sich die Offenbarung des Merkmals 1.7, insbesondere auch hinsichtlich der Angabe „um dadurch die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi etwa konstant zu halten“ aus dem ursprünglichen Anspruch 3 und der ursprünglichen Anmeldung gemäß Offenlegungsschrift Seite 3, Zeilen 7 und 8 sowie Seite 4, Zeilen 11 bis 41, wobei, wie vorstehend anhand des Ausführungsbeispiels des Streitpatents ausgeführt, die Formulierung „etwa konstant“ breit auszulegen ist und eine relativ starke Variation der absoluten vertikalen Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi umfasst.

119

Für den nebengeordneten Verfahrensanspruch 7 gelten obige Ausführungen in entsprechender Weise. So ergeben sich die Merkmale 7 bis 7.5 aus dem ursprünglichen Ansprüchen 7 und 9 sowie der ursprünglichen Beschreibung gemäß Offenlegungsschrift (EP 543 089 A2) Seite 2, Zeilen 5, 6, 12 und 13. Die Merkmale 7.6 und 7.7 entnimmt der Fachmann den vorstehend zu den Merkmalen 1.6 und 1.7 angeführten Fundstellen.

120

Die erteilten abhängigen Ansprüche 2 bis 6, 8 und 9 sind die angepassten ursprünglichen Ansprüche 2 bis 6, 8 und 10. Die Merkmale der Ansprüche 10 und 11 hinsichtlich des Anschlusses der Blöcke an einen zentralen Bus sind zwar in der ursprünglichen Beschreibung nicht explizit erwähnt, jedoch ist ein zentraler Bus bei Mikrocontroller gesteuerten Vorrichtungen Standard, so dass der Fachmann die in den Figuren 2A bis 2E dick dargestellte Verbindungslinie als zentralen Bus identifiziert und somit die Merkmale der Ansprüche 10 und 11 den Figuren 2A bis 2E unmittelbar und eindeutig entnimmt.

121

2. Das Streitpatent offenbart den Patentgegenstand auch so deutlich, dass der Fachmann ihn ausführen kann. Gemäß dem letzten Merkmal des Anspruchs 1 sowie des Anspruchs 7 wird die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen etwa konstant gehalten, wobei das Streitpatent, wie bereits dargelegt, auch eine Stauchung oder Streckung des dargestellten Zeichens um bspw. den Faktor 1,5 als etwa konstant ansieht. Ein Mangel bzgl. der Ausführbarkeit ergibt sich daraus für den Fachmann nicht, denn die hierzu notwendigen Maßnahmen des Wiederholens von Bildpunktzeilen abhängig von der horizontalen Frequenz sind in der Patentschrift insbesondere in den Abschnitten [0023] bis [0047] im Einzelnen beschrieben.

122

3. Das Streitpatent gibt eine technische Lehre. Im vorliegenden Fall dient die beanspruchte Lehre der Lösung eines konkreten technischen Problems, nämlich eine einfache und kostengünstige Technik für eine leichte und exakte Änderung und Beibehaltung der Einstellparameter jeder Videoanzeige bereitzustellen, vgl. Abs. [0012] des Streitpatents. Die Vorrichtung bzw. das Verfahren des erteilten Anspruchs 1 bzw. 7 löst dieses Problem durch eine Vorrichtung zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen mit bestimmten technischen Eigenschaften bzw. durch ein entsprechendes Verfahren und vermittelt daher dem Fachmann eine technische Lehre.

123

4. Dem vorstehend definierten Fachmann ist mit dem in Druckschrift D30 beschriebenen Zeichengenerator, der sich entsprechend der englischen Übersetzung in einer Multifrequenz-Kathodenstrahlröhre befindet (a signal character generator is used as-is in a multi-scanning type display device / vgl. S. 2, Z. 27 u. 28), eine Mehrfrequenz-Videoanzeige bekannt, wobei - mit den Worten des Streitpatents - die Videoanzeige auf die Frequenz eines horizontalen Sync-Signals einer großen Vielfalt von Video-Adapterkarten von Computersystemen abzustimmen ist und einen Bildschirm zum Anzeigen von Informationen aufweist, welche von verschiedenen Computersystemen empfangen werden (zu Merkmal 1)

124

( CRT display devices are not only used for receiving TV broadcasts , but are also widely used as output devices for personal computers and workstations / vgl. S. 1, Zn. 33 u. 34 // Therefore, a so-called multi-scanning type CRT display device, which detects a horizontal frequency of an input video signal and performs horizontal scanning at the detected horizontal frequency, has been suggested / vgl. S. 2, Zn. 5 bis 7 // However, in a multi-scanning type display device as described above, it is necessary to consider 50 or more horizontal frequencies , and thus, the methods i and ii stated above are not practical / vgl. S. 3, Zn. 1 bis 3 // Furthermore, as shown in Fig. 2A, a horizontal synchronization pulse Ph in the negative direction is supplied to the counter 12 via a terminal 11 as a counter input / vgl. S. 5, Zn. 5 bis 7);

125

aufweisend einen Bildschirmanzeige-Block (character generator / vgl. Anspruch 1), welcher in der Lage ist, visuelle Darstellungen auf dem Bildschirm der Mehrfrequenz-Videoanzeige bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige anzuzeigen (a circuit for calculating a number of times font data of each of lines is used / vgl. Anspruch 1 // Font data Y i for a single line is repeatedly used a number of times corresponding to a horizontal frequency, and thus characters are displayed / S. 4, Zeilen 28 u. 29), wobei die absolute Größe der angezeigten, visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi der Mehrfrequenz-Videoanzeige gesteuert wird (zu Merkmal 1.5)

126

(However, a conventional character generator for a CRT display device is designed to perform optimal character display based on a single horizontal frequency, that is, a specific number of lines, and thus it is problematic to use such a conventional character generator in a multi-scanning type CRT device / vgl. S. 2, Zn. 10 bis 13 // The present invention relates to a character generator. According to the present invention, font data is repeatedly picked out per horizontal line in correspondence with horizontal frequencies, such that heights of displayed characters are substantially constant / vgl. S. 1, Zn. 27 bis 30);

127

wobei die angezeigten visuellen Darstellungen durch Zeichen gebildet werden, von denen jedes durch eine Zeichenanzeigeinformation gebildet wird, welche einer Anzahl von Bildpunktzeilen zugeordnet ist, wobei die Zeichenanzeigeinformation in einem Zeichenspeicher gespeichert ist (zu Merkmal 1.6)

128

([…] since characters are displayed by successively picking out data corresponding to each line from font data a plurality of times in correspondence to the number of horizontal lines, only one set of the font data may be prepared in the ROM 40, and it is not necessary to prepare a plurality of font data / vgl. S. 9, Zn. 9 bis 14);

129

wobei die Steuerung der absoluten Größe der angezeigten visuellen Darstellungen durch den Bildschirmanzeige-Block durch Angeben für jedes horizontale Sync-Signal, welche Bildpunktzeile der gegenwärtigen Zeichenanzeigeinformation aus dem Zeichenspeicher ausgelesen wird, und durch Wiederholen der angegebenen Bildpunktzeile abhängig von der empfangenen horizontalen Frequenz ausgeführt wird, um dadurch die absolute vertikale Größe der visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi etwa konstant zu halten (zu Merkmal 1.7)

130

(The present invention relates to a character generator. According to the present invention, font data is repeatedly picked out per horizontal line in correspondence with horizontal frequencies, such that heights of displayed characters are substantially constant / vgl. S. 1, Zn. 27 bis 30).

131

Zusammenfassend gibt Druckschrift D30 dem mit der Entwicklung von Computerbildschirmen betrauten Fachmann die allgemeine Lehre, wie sowohl in Computer-Multifrequenz-Röhrenbildschirmen als auch in Fernseh-Multifrequenz-Röhrenbildschirmen auf einfache Art und Weise erreicht wird, dass die durch die Zeichengeneratoren auf dem Bildschirm dargestellten Zeichen unabhängig von der Horizontalfrequenz des Bildschirms mit im Wesentlichen konstanter Größe angezeigt werden. So führt Druckschrift D30 im Rahmen der Darlegung des Stands der Technik und der Erläuterung ihrer Zielsetzung auf Seite 1, Zeile 32 bis Seite 3, Zeile 28 der englischen Übersetzung aus, dass Röhrenbildschirme sowohl als Fernseher wie auch als Computerbildschirme Verwendung fänden, wobei sich die von Computern ausgegebenen Videosignale je nach Hersteller und Computerplattform stark unterscheiden würden und es je nach Horizontalfrequenz der ausgegebenen Videosignale 50 oder mehr unterschiedliche Videoausgabeformate gebe, weswegen Multifrequenz-Röhrenbildschirme vorgeschlagen worden seien, die mit diesen unterschiedlichen Videosignalen und Horizontalfrequenzen umgehen könnten. Ein konventioneller Zeichengenerator für einen Röhrenbildschirm sei jedoch für eine fest vorgegebene Horizontalfrequenz ausgelegt, so dass es problematisch sei, diesen in einem Multifrequenz-Röhrenbildschirm einzusetzen. Wenn man bspw. einen für die NTSC-Fernsehnorm ausgelegten Zeichengenerator ohne Anpassung in einem hochauflösenden Fernseher einsetze, würden die vom Zeichengenerator angezeigten Zeichen wegen der unterschiedlichen Auflösung auf dem Bildschirm gestaucht dargestellt werden. Um solch eine Stauchung mit zunehmender Horizontalfrequenz zu verhindern, könnte vorgeschlagen werden, entweder für jede Horizontalfrequenz einen eigenen Zeichengenerator vorzusehen oder für jede Horizontalfrequenz eigene Fontdaten bereit zu halten. Jedoch seien diese beiden Verfahren im Fall der vorstehend beschriebenen Multifrequenz-Bildschirme nicht praktikabel, da dann 50 oder mehr Horizontalfrequenzen berücksichtigt werden müssten.

132

Somit entnimmt der Fachmann bereits der Beschreibungseinleitung von Druckschrift D30, dass eine Zielsetzung dieses Dokuments darin besteht, konventionelle bspw. in Fernsehern der NTSC-Norm verwendete Zeichengeneratoren so anzupassen, dass sie auch in Multifrequenz-Computerbildschirmen verwendet werden können. Dementsprechend beschreibt das ab Seite 3, Zeile 10 erläuterte Ausführungsbeispiel auch ein Verfahren, mit dem der Zeichengenerator die darzustellenden Zeichen sowohl auf einem für die NTSC-Norm ausgelegten Fernseher als auch auf einem Bildschirm mit 600 Zeilen, was keiner Fernsehnorm sondern der SVGA-Norm für Computerbildschirme entspricht, korrekt, d. h. mit gleicher vertikaler Größe, ausgibt.

133

Diese Lehre ist darüber hinaus nicht auf die Einblendung lediglich eines Zeichens bspw. der Programmnummer zusätzlich zum Fernsehprogramm beschränkt, sondern umfasst die Darstellung verschiedenster Zusatzinformationen (font data / vgl. S. 9, Z. 11) auf dem Bildschirm mittels Zeichen, deren Größe unabhängig von der Horizontalfrequenz des Röhrenbildschirms ist.

134

Welche Informationen mit den Zeichen dargestellt werden, hat dabei keinerlei Bedeutung und bleibt dem mit der Entwicklung von Anzeigevorrichtungen betrauten Fachmann überlassen. Da jedoch für ihn eine hohe Bedienungsfreundlichkeit der zu entwickelnden Anzeigevorrichtung von grundsätzlicher Bedeutung ist und Druckschrift D30 auf Seite 9, Zn. 13 u. 14 ausdrücklich den Kostenvorteil der in ihr vorgestellten Lösung heraushebt, wird der Fachmann die die gleichbleibende Größe von Anzeige-Darstellungen bei Multifrequenz-Bildschirmen betreffende Lehre generell auf anzuzeigende Informationen bei Röhrenbildschirmen anwenden, wobei ihm aus zahlreichen Dokumenten Anzeigevorrichtungen bekannt sind, die neben einer üblichen Vorrichtung zum manuellen Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen wie Helligkeit und Kontrast auch einen Bildschirmanzeige-Block aufweisen, der visuelle Darstellungen dieser eingestellten Videoanzeige-Steuerungen auf dem Bildschirm erzeugt, vgl. z. B. die in Fig. 1 und der Zusammenfassung von Druckschrift D3 offenbarte Anzeigevorrichtung mit einer Fernbedienung (57) bzw. einer Tastatur (51) und einem on-screen character generator (65), der die eingestellten Parameter wie Kontrast, Helligkeit usw. visuell auf dem Bildschirm darstellt.

135

Insbesondere offenbart Druckschrift D3 einen Fernseher mit einem konventionellen Zeichengenerator (vgl. Fig. 1) und mit den Worten des erteilten Anspruchs 1 eine Vorrichtung zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen in einer Videoanzeige (vgl. Fig. 1), wobei die Vorrichtung umfasst (zu Merkmal 1):

136

einen Eingabesteuerungsblock (local keyboard 51, remote control 57/ vgl. Fig. 1) zum Bereitstellen einer Benutzereingabe (zu Merkmal 1.1);

137

einen Mikrocontroller (microprocessor 49, CPU 69 / vgl. Fig. 1, 2), welcher in der Lage ist, die Benutzereingabe von dem Eingabesteuerungsblock 51, 57 zu empfangen, wobei der Mikrocontroller in der Lage ist, die Einstellung der Videoanzeige-Steuerungen zu steuern (vgl. die Pfeile zu den entsprechenden Steuereinrichtungen 13, 15 und 35 in Fig. 1) (zu Merkmal 1.2);

138

einen Speicherblock (program ROM 71, data RAM 73, data EAROM 75 / vgl. Fig. 2 u. S. 3, Zn. 13 bis 78), welcher in der Lage ist, Parameter der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen zu speichern, wobei der Speicherblock elektrisch an den Mikrocontroller angeschlossen ist (zu Merkmal 1.3);

139

einen Anzeige-Einstellungsblock (luminance processor 13, chrominance processor 15), welcher in der Lage ist, die Parameter der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen für die Mehrfrequenz-Videoanzeige bereitzustellen, um die Videoanzeige-Steuerungen einzustellen, wobei der Anzeige-Einstellungsblock (13, 15) an den Mikrocontroller (49) gekoppelt ist und von diesem gesteuert wird (vgl. die Pfeile in Fig. 1) (zu Merkmal 1.4);

140

aufweisend einen Bildschirmanzeige-Block (on-screen character generator 65 / vgl. Fig. 1 mit Zusammenfassung), welcher in der Lage ist, visuelle Darstellungen der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen auf dem Bildschirm der Videoanzeige anzuzeigen (zu Merkmal 1.5)[vgl. S. 5, Zeilen 68 bis 107 i. V. m. Fig. 5].

141

Dem Fachmann wird daher die Vorrichtung des geltenden Anspruchs 1 durch die Lehre der Druckschrift D30 in Verbindung mit seinem anhand der Druckschrift D3 belegten Fachwissen nahegelegt, ohne dass er dabei erfinderisch tätig werden muss.

142

Dem Vortrag der Beklagten, wonach sich die vorgelegten Dokumente in eine „TV-Welt“ und eine davon unabhängige, mit der „TV-Welt“ nicht kombinierbare „PC-Welt“ aufteilen, und wonach OSD-Menüs ausschließlich durch Dokumente der „TV-Welt“ bei Fernsehern mit einer Fernbedienung belegt seien, weshalb der Fachmann die Lehre der Druckschrift D30 nur auf Fernseher, aber nicht auf einen Computerbildschirm entsprechend dem erteilten Anspruch 1 übertragen werde, bei dem die Parameter-Einstellung über ein OSD-Menü mittels einer Fernbedienung absolut unbekannt sei, konnte sich der Senat aus den dargelegten Gründen nicht anschließen. Denn wie bereits ausgeführt, erstreckt sich die Lehre der Druckschrift D30 in gleicher Weise auf TV-Röhrenbildschirme und auf PC-Röhrenbildschirme, so dass diese Trennung in zwei nicht miteinander kombinierbare TV- und PC-Welten für den Fachmann nicht existiert und er vielmehr Erkenntnisse hinsichtlich PC- und TV-Bildschirmen miteinander kombiniert. Dementsprechend kann es auch keine erfinderische Tätigkeit begründen, die bei Fernsehern übliche Bereitstellung eines On-Screen-Displays zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen auch bei einem Computerbildschirm vorzusehen. Denn Druckschrift D30 lehrt den Fachmann ja gerade, wie, ausgehend von konventionellen, in Fernsehern verwendeten Zeichengeneratoren, diese auszubilden sind, damit die Zeichengeneratoren auch in Multifrequenz-Röhrenbildschirmen, die je nach Computerplattform und Horizontalfrequenz der ausgegebenen Videosignale 50 oder mehr unterschiedliche Videoausgabeformate darstellen können müssen, verwendet werden können.

143

Die Beklagte hat zudem vorgetragen, dass Druckschrift D30 nicht einmal alle Merkmale des Oberbegriffs und auch keines der Merkmale 1 bis 1.7 jeweils vollständig offenbare. Zudem zeige das drei Tage vor dem Dokument D30 angemeldete Dokument D31, von dessen drei Erfindern einer auch der Erfinder der Anmeldung D30 sei, dass mit dem in beiden Druckschriften beschriebenen Zeichengenerator keine beliebigen, sondern nur alphanumerische Zeichen für den sog. „Text mode“, bspw. zur Darstellung des Namens der Videoeingangsquelle angezeigt werden könnten und dass folglich der Fachmann das Dokument D30 gerade nicht für die visuelle Darstellung von Videoanzeige-Steuerungen herangezogen hätte. Aus diesen Gründen sei es rechtsfehlerhaft von dem Dokument D30 als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen. Vielmehr stelle in Übereinstimmung mit dem Erteilungsverfahren die den Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 offenbarende Druckschrift D2 den nächstkommenden Stand der Technik dar. Ausgehend von diesem Stand der Technik sei der Gegenstand des Anspruchs 1 jedoch nicht nahegelegt.

144

Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass Druckschrift D30 weder den Oberbegriff noch eines der Merkmale 1 bis 1.7 des Anspruchs 1 jeweils vollständig offenbart. Jedoch besteht die Kernidee des Streitpatents in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beklagten darin, zum einen die in der TV-Welt bekannte Darstellung der eingestellten Videoanzeige-Steuerungen auf dem Bildschirm auch bei einer Mehrfrequenz-Videoanzeige, die auf die Frequenz eines horizontalen Sync-Signals einer großen Vielfalt von Video-Adapterkarten von Computersystemen abzustimmen ist, vorzusehen, und zum anderen die absolute vertikale Größe dieser visuellen Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi konstant zu halten. Dieser Kernidee kommt die Druckschrift D30 am nächsten. Denn wie bereits ausführlich dargelegt, gibt sie dem Fachmann eine Lehre an die Hand, wie bei einer Mehrfrequenz-Videoanzeige, die auf die Frequenz eines horizontalen Sync-Signals einer großen Vielfalt von Computersystemen abzustimmen ist, die absolute vertikale Größe visueller Darstellungen bei verschiedenen Frequenzmodi konstant gehalten werden kann und wie, ausgehend von Zeichengeneratoren für Fernseher, diese Zeichengeneratoren für Mehrfrequenz-Videoanzeigen von Computersystemen anzupassen sind. Dabei gehört es zu seinem anhand Druckschrift D3 belegten Fachwissen, dass in Fernsehern mittels dieser Zeichengeneratoren (character generator) auch eingestellte Videoanzeige-Steuerungen wie bspw. OSD-Menüs dargestellt werden. Aus diesem Grund geht der Senat von der Druckschrift D30 als nächstliegendem Stand der Technik aus.

145

Zudem ist auch das von der Beklagten eingeführte Dokument D31 ein Beleg dafür, dass die von ihr vorgenommene Aufteilung in eine TV- und eine PC-Welt nicht überzeugend ist, denn an die dort beschriebene Anzeigevorrichtung wird als Videosignalquelle sowohl ein für die TV-Welt typischer Videorecorder als auch ein PC angeschlossen, vgl. deren englische Übersetzung, Kapitel (F. Example), zweiter Absatz, erster Satz.

146

5. Für das Verfahren zum Einstellen von Videoanzeige-Steuerungen gemäß dem selbständigen Anspruch 7 gelten obige Ausführungen entsprechend, da dieser Anspruch lediglich die als Verfahren formulierten Merkmale des Anspruchs 1 umfasst.

147

6. In den jeweiligen einschränkenden Ausgestaltungsformen der abhängigen Ansprüche erkennt der Senat ebenfalls keine Merkmale, welche geeignet sind, eine hinsichtlich des vorgelegten Stands der Technik patentfähige Vorrichtung zu begründen, denn diese Ausgestaltungen betreffen gängige Merkmale von Anzeigevorrichtungen bzw. den zugehörigen Videoanzeigesteuerungseinstellvorrichtungen, die dem Fachmann aus einschlägigen Dokumenten bekannt sind und auch in Kombination miteinander keine patentbegründenden synergetischen Effekte hervorrufen.

148

So sind die Zusatzmerkmale der Ansprüche 2 und 3 bzgl. der Funktion des Zeichengrößen-Steuerungsblocks und der Synchronisierung mit einem horizontalen Synchronisierungssignal bereits aus Druckschrift D30 bekannt, vgl. deren engl. Übers., Anspruch 1 (a circuit for calculating a number of times font data of each of lines is used) mit S. 6, Z. 1 (reference numeral 23 denotes a base-Y number counter) und S. 5, Z. 5 i. V. m. Fig. 2A (a horizontal synchronization pulse Ph).

149

Die Zusatzmerkmale der Ansprüche 4 und 5 sind aus Druckschrift D3 bekannt, vgl. deren Fign. 1A, B, C mit Beschreibung in Sp. 2 u. Sp. 5, Zn. 42 bis 53 (user input switches 4 = Eingabesteuerungsblock bzw. elektrische Knöpfe // RAM, ROM, non-volatile memory 2 = Speicherblock bzw. elektrisch löschbarer Nur-Lese-Speicher // D/R converters 45, video amplifiers 46 = Anzeige-Einstellungsblock).

150

Die Merkmale des abhängigen Anspruchs 6 beziehen sich auf übliche Schaltungsbestandteile eines Zeichengenerators, wie sie teilweise in Druckschrift D30, S9, le. Abs. der engl. Übers. (counter 12, 22, 23 = Spalten- und Zeilenzähler // ROM 40 = Zeichen-Nur-Lese-Speicher) und vollständig in Druckschrift D16 offenbart sind, vgl. deren engl. Übers. Seiten 8 und 9 mit Fig. 2 und den Bezugszeichen auf Seite 16 (horizontal position counter 64, vertical position counter 65 = Spalten- und Zeilenzähler // data RAM 70 = Anzeigespeicher // character ROM 72 = Zeichen-Nur-Leses-Speicher // shift register 74 = Schieberegister // output circuit 63 = Videoansteuerung).

151

Die verschiedenen Komponenten der Anzeigevorrichtung gemäß Anspruch 10 und 11 über einen zentralen Bus anzusteuern, gehört, wie vorstehend hinsichtlich der Frage der Ursprungsoffenbarung ausgeführt, zum Fachwissen des zuständigen Fachmanns und ist ihm zudem durch die Druckschrift D3 (control bus 59, communications bus 59 / vgl. S. 2, Z. 58 u. S. 5, Z. 105) nahegelegt.

152

Für die auf den Verfahrensanspruch 7 rückbezogenen Unteransprüche 8 und 9, die den auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen 2 und 6 entsprechen, gelten obige Ausführungen entsprechend.

153

Das gemäß Hauptantrag in der erteilten Fassung verteidigte Patent ist daher nicht rechtsbeständig.

154

7. Im Folgenden wird im Rahmen der Diskussion der Hilfsanträge insbesondere auf die jeweiligen auf eine Vorrichtung gerichteten Ansprüche 1 Bezug genommen. Diese Ausführungen gelten jedoch in gleicher Weise für den entsprechenden, auf ein zugehöriges Verfahren gerichteten Nebenanspruch des jeweiligen Hilfsantrags.

155

Das von der Beklagten mit den Hilfsanträgen 1 bis 8 durch Aufnahme der Merkmale der Unteransprüche 2 (Hilfsantrag 1), 3 (Hilfsantrag 2), 4 (Hilfsantrag 3), 5 (Hilfsantrag 4), 6 (Hilfsantrag 5), 10 (Hilfsantrag 6), 10 und 11 (Hilfsantrag 7) bzw. 2 bis 6, 10 und 11 (Hilfsantrag 8) in die Nebenansprüche 1 und 7 beschränkt verteidigte Streitpatent erweist sich aus den vorstehend zu den Unteransprüchen angeführten Gründen wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit insbesondere bzgl. der Lehre der Druckschriften D30 und D3 als nicht rechtsbeständig.

156

8. Auch mit dem aus der Beschreibung entnommenen Zusatzmerkmal A des Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 9 bis 16 („wobei die Video-Anzeigevorrichtung dazu ausgestaltet ist, die Videoanzeige-Steuerungen auf in einer Fabrik festgelegte Videoanzeige-Steuerungen zurückzusetzen“) erweist sich das Streitpatent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit als nicht rechtsbeständig, da dieses Zusatzmerkmal dem Fachmann ebenfalls aus Druckschrift D3 bekannt ist, vgl. dort S. 3, Zn. 39 bis 82 (factory preset), insbesondere Zn. 59 bis 78 und S. 4, Zn. 74 bis 82, wobei es für den Fachmann offensichtlich ist, dass der auf Seite 4 verwendete Begriff „factor preset“ einen Rechtschreibfehler enthält und entsprechend der Fundstelle von Seite 3 korrekt „factory preset“ lautet. Der Gegenstand gemäß diesen Hilfsanträgen wird dem Fachmann daher durch die Druckschrift D30 i. V. m. Druckschrift D3 nahegelegt.

157

9. Darüber hinaus offenbart Druckschrift D3 auf S. 1, Zn. 66 bis 82 auch das aus der Beschreibung entnommene Zusatzmerkmal B des Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 17 bis 24 („wobei durch Verwendung eines einfachen Benutzer-Eingabeknopfes und eines programmierbaren Bildanzeige-Menüs die Videoanzeige-Steuerungen eingestellt werden“), wobei das Streitpatent gemäß Abs. [0018] der Streitpatentschrift unter einem programmierbaren Bildanzeige-Menü insbesondere ein Menü versteht, über das der Nutzer Parameter zum Einstellen der Videoanzeige eingeben kann. Somit erweist sich das mit diesen Hilfsanträgen beschränkt verteidigte Patent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit bzgl. der Lehre der Druckschriften D30 und D3 ebenfalls als nicht rechtsbeständig.

158

10. Wie vorstehend ausgeführt, entnimmt der Fachmann die Zusatzmerkmale A und B der Druckschrift D3 sowohl alleine als auch in Kombination miteinander. Daher erweist sich das mit den Hilfsanträgen 25 bis 27 verteidigte Streitpatent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit bzgl. der Lehre der Druckschriften D30 und D3 als ebenfalls nicht rechtsbeständig.

159

11. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 28 umfasst als weitere Merkmale die Zusatzmerkmale A und B sowie die Merkmale der erteilten Unteransprüche 1 bis 6, 10 und 11, die jedoch - wie bereits erläutert - dem Fachmann aus dem Stand der Technik bekannt sind. Auch in der Zusammenschau der vorstehend genannten überschüssigen Merkmale ist kein synergistischer Effekt zu erkennen; vielmehr entfaltet jedes dieser Merkmale seine dem Fachmann bekannte Wirkung in aggregativer Weise für sich. Somit beruht auch die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 28 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns. Das mit diesem Hilfsantrag beschränkt verteidigte Streitpatent ist daher nicht rechtsbeständig.

160

12. Mit den nebengeordneten Patentansprüchen nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen fallen auch die restlichen, direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche schon deshalb, weil darauf kein eigenständiger Antrag gerichtet wurde (vgl. BGH GRUR 2007, 862, Leitsatz „Informationsübermittlungsverfahren II“ m. w. N.).

161

Wie im Übrigen bereits zu den Unteransprüchen des Hauptantrags ausgeführt, erkennt der Senat in den jeweiligen einschränkenden Ausgestaltungsformen der abhängigen Ansprüche keine patentbegründenden Merkmale.

162

Demnach hat das Streitpatent weder in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag noch in der Fassung einer der Hilfsanträge 1 bis 28 Bestand und war im angegriffenen Umfang für nichtig zu erklären.

III.

163

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.