Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 29.04.2010


BVerwG 29.04.2010 - 2 C 77/08

Revisibilität von Landesbeamtenrecht; Entstehen und Vererblichkeit des Beihilfeanspruchs; Ausschluss der Vererblichkeit durch den Gesetzgeber; gesetzliche Grundlage der Rechtsverordnung


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
29.04.2010
Aktenzeichen:
2 C 77/08
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, 24. September 2008, Az: 1 A 304/08, Urteilvorgehend Verwaltungsgericht des Saarlandes, 15. April 2008, Az: 3 K 1985/07, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 1 Abs 3 S 2 BhV SL
§ 98 BG SL

Leitsätze

1. Die Befugnis des Bundesgesetzgebers, die Revisibilität des Landesbeamtenrechts anzuordnen (§ 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 127 Nr. 2 BRRG) folgt aus seiner Kompetenz für das gerichtliche Verfahren nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (vgl. BVerfGE 10, 285 <292 f.>).

2. Der Beihilfeanspruch des Berechtigten entsteht, wenn der Zahlungsanspruch des Leistungserbringers aus dem privatrechtlichen Vertrag durch die Erfüllung der Hauptleistungspflicht begründet worden ist.

3. Der Beihilfeanspruch eines Berechtigten ist vererblich (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung).

4. Der Ausschluss der Vererblichkeit eines Beihilfeanspruchs bedarf einer Entscheidung des Gesetzgebers, die den grundrechtlichen Schutz des Erbrechts zu berücksichtigen hat.

Tatbestand

1

Die Klägerin will die von ihr beglichenen beihilfefähigen Aufwendungen erstattet haben, die ihrer verstorbenen Tante entstanden sind. Die Tante war als Witwe eines Beamten beihilfeberechtigt. Sie ist von der Klägerin und deren Ehemann zu gleichen Teilen beerbt worden.

2

Der Beklagte lehnte die Erstattung der Aufwendungen ab, weil sie durch den Nachlass gedeckt seien. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass anderen Erben eines Beihilfeberechtigten als dessen Ehegatten und Kindern beihilfefähige Aufwendungen nach § 18 Abs. 2 der saarländischen Beihilfeverordnung nur dann erstattet würden, wenn der Nachlass zur Deckung nicht ausreiche.

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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 24. September 2008 und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 15. April 2008 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 17. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2007 zu verpflichten, die beantragte Beihilfe an die Klägerin, hilfsweise an die Klägerin und ihren Ehemann zur gesamten Hand, zu gewähren.

4

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist überwiegend begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht, soweit es den Anspruch der Klägerin auf Gewährung der beantragten Beihilfe an sie und ihren Ehemann zur gesamten Hand abgelehnt hat. Insoweit stellt es sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar (1). Unbegründet ist die Revision dagegen, soweit die Klägerin einen Erstattungsanspruch aus § 18 Abs. 2 der saarländischen Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfeverordnung, BhVO SL) vom 11. Dezember 1962 in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 1987 (ABl. S. 329) herleitet (2).

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Das Landesbeamtenrecht ist unverändert nach § 127 Nr. 2 BRRG, der nach § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG fortgilt, revisibles Recht. Die Befugnis des Bundesgesetzgebers zur Anordnung dieser Fortgeltung ergibt sich aus dessen konkurrierender Gesetzgebungskompetenz für das gerichtliche Verfahren aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Diese Kompetenz umfasst die Entscheidung, Bundesgerichten auch die Zuständigkeit für die Auslegung und Anwendung von Landesrecht zuzuweisen. Art. 99 GG schränkt diese Befugnis des Bundesgesetzgebers nicht ein, sondern eröffnet den Ländern lediglich die Möglichkeit, Zuständigkeiten von Bundesgerichten im Bereich des Landesrechts auch durch Landesgesetz zu begründen (BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 1960 - 2 BvF 5/58 - BVerfGE 10, 285 <292, 301 f.>).

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1. Die Klägerin hat als Miterbin Anspruch auf Gewährung der beantragten Beihilfe an die Erbengemeinschaft (§ 2039 Abs. 1 BGB). Der Beihilfeanspruch ihrer verstorbenen Tante ist nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erbengemeinschaft übergegangen. Bei der Geltendmachung dieses Beihilfeanspruchs durch den im Revisionsverfahren gestellten Hilfsantrag handelt es sich nicht um eine nach § 142 Abs.1 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung. Vielmehr war dieser Anspruch von dem Klagebegehren umfasst.

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a) Die beihilfeberechtigte Erblasserin hat den Beihilfeanspruch zu Lebzeiten erworben, weil die beihilfefähigen Aufwendungen für sie erbracht worden sind. Bereits das Entstehen einer beihilfefähigen Aufwendung löst den Rechtsanspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu dieser Aufwendung aus (Urteil vom 28. Juni 1965 - BVerwG 8 C 334.63 - BVerwGE 21, 258 <261>). Die Aufwendungen und damit der Beihilfeanspruch entstehen, wenn der Leistungserbringer (behandelnder Arzt, Krankenhausträger oder Apotheker) seine Hauptleistung erbracht hat und damit der Zahlungsanspruch aus dem zivilrechtlichen Vertrag begründet worden ist (§ 4 Abs. 5 Satz 2 BhVO SL). Der Anspruch setzt keinen Beihilfeantrag voraus. Deutlich wird dies auch in der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 4 BhVO SL. Danach erlischt der Anspruch, wenn die Jahresfrist für die Antragstellung verstrichen ist. Daraus folgt, dass der Beihilfeanspruch unabhängig von einem Antrag entstanden ist. Diese Auslegung entspricht dem Zweck der Beihilfe, die finanzielle Belastung des Berechtigten ergänzend zu der von diesem im Rahmen der Eigenvorsorge abgeschlossenen Versicherung auszugleichen. Die Zahlungsverpflichtungen des Beihilfeberechtigten aus den von ihm mit den Leistungserbringern abgeschlossenen zivilrechtlichen Verträgen entstehen bereits, wenn diese ihre jeweilige Hauptpflicht erfüllt haben.

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b) Der Beihilfeanspruch der Tante ist nach § 1922 Abs. 1 BGB auf deren Erben übergegangen. Zwar schließt § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BhVO SL die Vererblichkeit von Beihilfeansprüchen aus. Diese Vorschrift ist jedoch mangels einer gesetzlichen Ermächtigung nichtig und auch nicht für einen Übergangszeitraum weiterhin anzuwenden.

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Aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratiegebot folgt, dass der parlamentarische Gesetzgeber bei der näheren Ausgestaltung der die Alimentation ergänzenden Fürsorge im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Tod des Beamten und seiner Angehörigen zumindest die tragenden Strukturprinzipien selbst regelt. Nach der Rechtsprechung des Senats verlangt dies nicht nur die Festlegung, welche Risiken erfasst, nach welchen Grundsätzen Leistungen erbracht, bemessen oder ausgeschlossen werden und welche zweckidentischen Leistungen und Berechtigungen Vorrang haben, sondern auch, für welche weiteren Personen der Beamte Beihilfeleistungen beanspruchen kann (vgl. Urteile vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 <106 f.> = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 123, vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 <21 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 <235 f.> = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17 und vom 3. Juni 2009 - BVerwG 2 C 27.08 - Buchholz 237.7 § 88 NWLBG Nr. 6 = NVwZ-RR 2009, 895). Für Regelungen über den Ausschluss der Vererblichkeit von Beihilfeansprüchen ist aus folgenden Gründen eine gesetzliche Grundlage erforderlich:

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Bei der Frage der Vererblichkeit eines Beihilfeanspruchs ist die grundrechtliche Gewährleistung des Erbrechts durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu berücksichtigen. Die Erbrechtsgarantie ergänzt die Eigentumsgarantie und bildet zusammen mit dieser die Grundlage für die im Grundgesetz vorgegebene private Vermögensordnung. Dem Recht des Erblassers, sein Vermögen zu vererben, entspricht das Recht des Erben, kraft Erbfolge zu erwerben. Das Eigentumserwerbsrecht des Erben kraft gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge ist untrennbarer Bestandteil der Erbrechtsgarantie. Allerdings sind die Möglichkeiten des Gesetzgebers zur Einschränkung des Erbrechts im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, weil sie an einen Vermögensübergang anknüpfen, weiter gehend als die zur Einschränkung des Eigentums (BVerfG, Beschluss vom 19. April 2005 - 1 BvR 1644/00, 188/03 - BVerfGE 112, 332 <348 f.>).

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Auch vermögenswerte öffentlich-rechtliche Ansprüche können durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Staat den betreffenden Anspruch nicht allein in Erfüllung seiner allgemeinen Fürsorgepflicht eingeräumt hat, sondern dieser auf einer Leistung des Berechtigten beruht (BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 1986 - 1 BvR 99, 1 BvR 461/85 - BVerfGE 72, 175 <193>, Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1 <32 f.>). Gleiches gilt für die durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten erdienten Ansprüche des Beamten. Hierzu gehören Beihilfeansprüche, die die Regelalimentation ergänzen und wie diese in einem Gegenseitigkeitsverhältnis mit der vom Beamten geschuldeten Dienstleistung stehen.

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Die in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Pflicht des Dienstherrn zur Sicherstellung des amtsangemessenen Lebensunterhalts erstreckt sich auch auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf begründen. Die verfassungsrechtliche Alimentationspflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der Beamte mit der Regelalimentation nicht bewältigen kann, oder dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15. Mai 1985 - 2 BvL 24/82 - BVerfGE 70, 69 <79> und vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <232>, BVerwG, Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 <279> = Buchholz 237.6 § 87c NdsLBG Nr. 1 und vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94).

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Sind die Dienst- und Versorgungsbezüge so bemessen, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Beamte die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls tragen kann. Wenn sich der Dienstherr für das "Mischsystem" aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen entscheidet, so muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag (BVerfG, Beschlüsse vom 13. November 1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89 <101> und vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - a.a.O. S. 232, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 1715/03 u. a. - DVBl 2007, 1493 <1494> = NVwZ 2008, 66 ff., BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - a.a.O. S. 279 f., stRspr). Diese Funktion erfüllt die ergänzend gewährte Beihilfe für einen Teil der Aufwendungen insbesondere in Krankheitsfällen, auf deren Erstattung grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht.

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Ergänzt die Beihilfe in besonderen Belastungssituationen die Regelalimentation, so schuldet sie der Dienstherr ebenso wie diese als Gegenleistung dafür, dass sich der Beamte mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt und die ihm übertragenen Aufgaben nach Kräften erfüllt (BVerfG, Beschlüsse vom 15. Mai 1985 - 2 BvL 24/82 - a.a.O. S. 79 und vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - BVerfGE 99, 300 <317>; BVerwG, Urteile vom 10. April 1997 - BVerwG 2 C 29.96 - BVerwGE 104, 230 <234> und vom 29. April 2004 - BVerwG 2 C 9.03 - Buchholz 240 § 48 Nr. 8 = NVwZ 2004, 634).

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Dieser verfassungsrechtliche Hintergrund der Gewährung von Beihilfen schließt es aus, den Beihilfeanspruch, der zudem wegen der vor dem Tod des Beihilfeberechtigten entstandenen Aufwendungen regelmäßig von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist, unabhängig von einer ausreichenden gesetzlichen Regelung als unvererblich anzusehen. Die bisherige Rechtsprechung, wonach der Beihilfeanspruch wegen seiner höchstpersönlichen Natur nicht vererblich ist (Urteile vom 25. April 1963 - BVerwG 8 C 216.63 - BVerwGE 16, 68 <69 f.>, vom 1. April 1976 - BVerwG 2 C 39.73 - BVerwGE 50, 292 <296>, vom 22. Oktober 1976 - BVerwG 6 C 55.72 - Buchholz 238.91 - Nr. 14 BhV Nr. 4 und vom 27. Mai 1982 - BVerwG 2 C 50.81 - Buchholz 238.911 Nr. 15 BhV Nr. 3), gibt der Senat auf.

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Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats sollten zwar rückständige Besoldungs- und Versorgungsbezüge auf den Erben des Berechtigten übergehen, der sie ergänzende Beihilfeanspruch dagegen nicht. Ferner wurde ein Beihilfeanspruch ausnahmsweise als vererblich angesehen, wenn er vor dem Tod des Berechtigten bescheidmäßig festgesetzt, aber noch nicht ausbezahlt war (Urteil vom 22. März 1990 - BVerwG 2 C 49.87 - Buchholz 270 § 16 BhV Nr. 2). Andererseits sollte der Beihilfeanspruch nicht vererblich sein, wenn der Berechtigte zwar einen Antrag gestellt hatte, dieser aber noch nicht beschieden war. Damit hing die Vererblichkeit des Anspruchs von Umständen ab, auf die der Berechtigte keinen Einfluss hatte. Dies galt in erster Linie für die Bearbeitung seines Antrags durch die zuständige Beihilfestelle, aber auch für die Stellung von Rechnungen durch die Leistungserbringer, die der Berechtigte seinem Beihilfeantrag zum Nachweis der Aufwendungen beifügen muss.

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§ 1 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BhVO genügt nicht dem verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes. Zwar ist § 98 des Saarländischen Beamtengesetzes (in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Dezember 1996, ABl. 1997 S. 301, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 15. Februar 2006, ABl. S. 474, 530 - SBG) durch das Gesetz vom 4. Juli 2007 (ABl. S. 1450) mit Wirkung ab dem 27. Juli 2007 mit dem Ziel wesentlich geändert worden, die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Beihilfeverordnung an die Vorgaben des Urteils des Senats vom 17. Juni 2004 (a.a.O. S. 110) anzupassen. Die wesentlichen beihilferechtlichen Grundentscheidungen sollten bereits in der Norm enthalten sein und damit vom Gesetzgeber getroffen und verantwortet werden (LT-Drucks. 13/1314, S. 1 und 8). Aber auch diese Fassung des § 98 SBG enthielt ebenso wie die bis zum 27. Juli 2007 maßgebliche Fassung dieser Bestimmung keine Vorgaben des Gesetzgebers zur Unvererblichkeit des Beihilfeanspruchs. Mangels einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage war § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BhVO SL damit im hier relevanten Zeitraum nichtig und konnte den Übergang des Beihilfeanspruchs der Tante der Klägerin auf die Erbengemeinschaft am Todestag nicht ausschließen.

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Die Nichtigkeit des § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BhVO SL lässt die Anwendbarkeit der sonstigen Vorschriften der Beihilfeverordnung des Saarlandes im Zeitraum bis zum Tod der Tante der Klägerin grundsätzlich unberührt. Allerdings waren auch die übrigen Bestimmungen der Beihilfeverordnung des Saarlandes mangels einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage nichtig. Denn die frühere Fassung des § 98 SBG genügte nicht nur hinsichtlich des Ausschlusses der Vererblichkeit eines Beihilfeanspruchs, sondern auch im Übrigen nicht dem bundesverfassungsrechtlichen Vorbehalt des Parlamentsgesetzes (vgl. die zu § 90 Abs. 1 LBG Rheinland-Pfalz ergangenen Urteile vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 und - BVerwG 2 C 12.07 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 30).

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Aber auch das Gesetz vom 4. Juli 2007 bewirkte im Zeitraum bis zum Tod der Tante der Klägerin insoweit keine Veränderung, weil die Beihilfeverordnung nicht auf dieser Grundlage neu erlassen worden ist. Das nachträgliche Inkrafttreten einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage kann eine Rechtsverordnung nicht heilen, die zuvor auf eine unzureichende Grundlage gestützt worden ist (BGH, Urteil vom 15. Februar 1979 - III ZR 172/77 - VersR 1979, 541 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, § 38 III 5, S. 672; Uhle, Parlament und Rechtsverordnung, S. 159 f.; Nierhaus, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 80 Rn. 411). Dies folgt aus dem Grundsatz, dass im Augenblick der Ausfertigung einer Norm die Kompetenz zu ihrem Erlass in Geltung gestanden haben muss (BVerfG, Urteil vom 26. Juli 1972 - 2 BvF 1/71 - BVerfGE 34, 9 <21, 24>; Kammerbeschluss vom 25. Februar 1999 - 1 BvR 1472/91, 1 BvR 1510/91 - NJW 1999, 3404 <3405>). Die Rechtsverordnung wird erst wirksam, wenn sie aufgrund der geänderten Ermächtigungsgrundlage neu erlassen worden ist.

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Indes sind nach den vom Senat entwickelten Grundsätzen (Urteile vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 50.02 - a.a.O. S. 111 sowie vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 1.07 - a.a.O. und - BVerwG 2 C 12.07 - a.a.O.) die Vorschriften der Beihilfeverordnung, soweit sie keine Ausschlüsse oder Beschränkungen des Beihilfeanspruchs regeln, grundsätzlich weiterhin für eine Übergangszeit anzuwenden, weil andernfalls der noch verfassungsfernere Zustand einträte, dass der Beamte und seine Familie ohne jeden Anspruch auf Beihilfe in einem Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfall blieben.

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c) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der saarländische Landesgesetzgeber vorgeben kann, dass Beihilfeansprüche unvererblich sind. Er wird jedenfalls den grundrechtlichen Schutz des Erbrechts gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und das daraus folgende Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten haben. Danach erscheint zumindest fraglich, ob es für den Ausschluss der Vererblichkeit ungeachtet des Gesamtwertes und der Zusammensetzung des Nachlasses bereits ausreicht, dass dieser die beihilfefähigen Aufwendungen deckt.

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2. Den weitergehenden Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Beihilfe zu den im Zusammenhang mit der Erkrankung ihrer Tante entstandenen Aufwendungen an sie selbst das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint.

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Als Grundlage für diesen Anspruch kommt allein § 18 Abs. 2 BhVO SL in Betracht. Auch diese Vorschrift ist nichtig und nicht für einen Übergangszeitraum weiterhin anzuwenden. Weder aus der früheren Fassung des § 98 SBG noch aus der Fassung des Gesetzes vom 4. Juli 2007 ergibt sich eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung zum Erlass des § 18 Abs. 2 BhVO SL. Auch steht diese Bestimmung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem in § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BhVO SL geregelten Ausschluss der Vererblichkeit des Beihilfeanspruchs. Die in § 18 Abs. 2 BhVO SL geregelten Ansprüche knüpfen an den Umstand an, dass der Anspruch des Beihilfeberechtigten mit dessen Tod untergeht, und gewähren demjenigen, der Aufwendungen für den verstorbenen Beihilfeberechtigten bezahlt hat, einen eigenständigen Beihilfeanspruch. Ist der Beihilfeanspruch aber vererblich, ist kein Raum für weitere Beihilfeansprüche dritter Personen in Bezug auf die im Zusammenhang mit der Behandlung des Verstorbenen entstandenen Aufwendungen. Deshalb kommt es auf den Begriff der Belastung im Sinne von § 18 Abs. 2 BhVO SL nicht an.