Entscheidungsdatum: 21.09.2017
§ 61 Abs. 1 SHBesG (juris: BesG SH 2012) führt lediglich die Regelung des § 45 BBesG ÜFSH (juris: BBesG) fort, erfasst aber nicht die Fälle des § 46 BBesG ÜFSH. Die Zulagenregelung des § 61 Abs. 1 SHBesG setzt danach voraus, dass entweder eine befristete Aufgabe außerhalb der in der Verwaltung sonst bestehenden Strukturen erledigt wird oder eine mit besonderen Anforderungen und Belastungen verbundene dienstliche Aufgabe zwar auf Dauer besteht, aber von einem Beamten regelmäßig nur für einen begrenzten Zeitraum wahrgenommen wird.
Die Klägerin beansprucht die Gewährung einer Zulage für die Wahrnehmung der Aufgaben der Leiterin einer Grundschule.
Seit 1997 war die 1967 geborene Klägerin als angestellte Lehrkraft tätig. Mit Wirkung vom 1. September 2005 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Lehrerin zur Anstellung (Besoldungsgruppe A 12) ernannt. Ihre Probezeit wurde wegen Bedenken in Bezug auf ihre gesundheitliche Eignung auf die zulässige Höchstfrist verlängert. Unter Berufung auf die fehlende gesundheitliche Eignung entließ der Beklagte die Klägerin im Juli 2010 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Das Verwaltungsgericht hob die Entlassungsverfügung im März 2012 auf und verpflichtete den Beklagten, über die Ernennung der Klägerin zur Beamtin auf Lebenszeit erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. In seinem ersten Berufungsurteil vom Januar 2013 änderte das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts und wies die Klage insgesamt ab. Nach Aufhebung dieses Berufungsurteils und Zurückverweisung durch den Senat (BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2013 - 2 B 37.13 -) wies das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts mit der Maßgabe zurück, dass die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen ist (OVG Schleswig, Urteil vom 30. Juli 2014 - 2 LB 2/14 -). Im Anschluss hieran wurde die Klägerin zum 1. Januar 2015 zur Beamtin auf Lebenszeit und mit Wirkung vom 1. April 2015 zur Rektorin der Besoldungsgruppe A 13 mit Zulage ernannt sowie in eine entsprechende Planstelle eingewiesen. Zugleich wurden ihr die Funktion der Leiterin einer Schule und das Amt der Rektorin übertragen.
Noch während der Rechtshängigkeit des Verfahrens gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe bewarb sich die Klägerin im Jahr 2011 auf die ausgeschriebene Stelle des Leiters einer Grundschule. Sie wurde von dem nach dem Landesrecht für die konkrete Stelle gebildeten Schulleiterwahlausschuss ausgewählt und dem Beklagten vorgeschlagen. Mit Wirkung vom 1. August 2011 beauftragte das beklagte Ministerium die Klägerin mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Schulleiterin der Grundschule "befristet für 2 Jahre, längstens jedoch bis zur rechtskräftigen Entscheidung im anhängigen Rechtsstreit".
Im April 2012 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Gewährung einer Zulage für die Wahrnehmung der besonderen Aufgaben der Leiterin der Grundschule. Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Besetzung dieser Stelle sei nicht befristet, sondern auf Dauer angelegt. Der Zulagentatbestand betreffe dagegen Personen, die bereits eine Funktion inne hätten und sich einer vorübergehenden Zusatzaufgabe und erhöhten Belastungen stellen müssten. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Das Verwaltungsgericht hat die einen Anspruch auf die Zulage ablehnenden Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die maßgebliche Vorschrift des neuen Besoldungsgesetzes des Landes fasse die beiden bisher getrennten Zulagentatbestände zusammen und erfasse auch die besondere Fallkonstellation der Klägerin.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die maßgebliche Vorschrift des Gesetzes erfasse nur die Übertragung befristeter Funktionen und herausgehobener Dauerfunktionen, die üblicherweise nur befristet wahrgenommen werden. Um eine solche befristete Funktion handele es sich beim Leiter einer Schule nicht, weil diese Funktion vom Beamten auf Dauer wahrgenommen werde. Gerade die Entstehungsgeschichte belege, dass die Zulagenvorschrift eng auszulegen sei.
Hiergegen wendet sich die bereits vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Oktober 2016 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 11. März 2015 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Zulage für die Wahrnehmung der Aufgaben der Leiterin der Grundschule für den Zeitraum vom 1. März 2012 bis Ende März 2015.
Als Grundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Zulage kommt allein § 61 des am 1. März 2012 in Kraft getretenen Gesetzes des Landes Schleswig-Holstein über die Besoldung der Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter (Besoldungsgesetz Schleswig-Holstein - SHBesG) vom 26. Januar 2012 (GVOBl. SH S. 153) in Betracht. § 1a Abs. 1 Nr. 1 des Besoldungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2005 (GVOBl SH S. 93) bestimmt, dass die am 31. August 2006 geltenden besoldungsrechtlichen Bestimmungen des Bundes als Landesrecht fortgelten. Die danach fortgeltenden Bestimmungen der §§ 45 und 46 BBesG 2002 (= BBesG ÜFSH) sind aber mit Ablauf des Februar 2012 und Inkrafttreten des § 61 SHBesG außer Kraft getreten. Die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 SHBesG sind hier nicht erfüllt.
§ 61 Abs. 1 Satz 1 SHBesG bestimmt unter der amtlichen Überschrift "Zulage für die Wahrnehmung befristeter Funktionen", dass ein Beamter, sofern ihm eine herausgehobene Funktion befristet übertragen wird, ab dem siebten Monat der ununterbrochenen Wahrnehmung bis zu einer Dauer von höchstens fünf Jahren eine Zulage zu seinen Dienstbezügen erhalten kann, deren Höhe sich nach § 61 Abs. 2 SHBesG richtet. Nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SHBesG kann der Beamte die Zulage auch bei der Übertragung einer herausgehobenen Funktion erhalten, die üblicherweise nur befristet wahrgenommen wird. Die in der Person der Klägerin gegebene besondere Konstellation ist von § 61 Abs. 1 SHBesG nicht erfasst.
Stellt man die Überschrift der Norm zurück, könnte § 61 Abs. 1 Satz 1 SHBesG nach seinem Wortlaut dahingehend ausgelegt werden, dass diese Vorschrift auch die Beauftragung der Klägerin mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Leiterin der Grundschule erfasst. Dieser Dienstposten kann als herausgehobene Funktion angesehen werden. Diese ist der Klägerin durch die Verfügung des Beklagten vom 19. April 2011 auch befristet - mit Wirkung vom 1. August 2011 für zwei Jahre - übertragen worden.
Die Auslegung des § 61 Abs. 1 SHBesG nach Systematik, Zweck und Entstehungsgeschichte führt aber dazu, dass die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung der Zulage für den Zeitraum vom 1. März 2012 bis Ende März 2015 nicht auf diese als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommende Bestimmung stützen kann.
In systematischer Hinsicht kann nicht vorgebracht werden, § 61 Abs. 1 SHBesG erfasse regelmäßig die Wahrnehmung der Aufgaben des Leiters einer Schule im Vorfeld der entsprechenden Lebenszeiternennung zum Rektor einer Grundschule und sei deshalb auch bei dem - allerdings atypisch gelagerten - Fall der Klägerin heranzuziehen. Denn beim üblichen beamtenrechtlichen Verlauf der Vergabe des Statusamtes des Rektors einer Grundschule der Besoldungsgruppe A 13 mit Zulage in Schleswig-Holstein kommt § 61 Abs. 1 SHBesG nicht zur Anwendung.
In Schleswig-Holstein gilt das Amt eines Leiters einer Schule als ein Amt mit leitender Funktion i.S.v. § 5 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes vom 26. März 2009 (GVOBl SH S. 93 - LBG SH). Solche Ämter werden zunächst für die Dauer von zwei Jahren unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe übertragen. Während dieses Probebeamtenverhältnisses erhält der Inhaber des Statusamtes die höhere Besoldung aus dem ihm probeweise übertragenen höherwertigen Statusamt, sodass zur Honorierung dieser höherwertigen Tätigkeit nicht auf die Zulageregelung des § 61 Abs. 1 SHBesG zurückgegriffen werden muss. Bei der Klägerin schied aber eine solche Übertragung des Amtes mit leitender Funktion unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe aus, weil die Klägerin noch bis Ende 2014 lediglich Probebeamtin war und nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBG SH während der Probezeit eine Beförderung nicht zulässig ist.
Die in der Person der Klägerin bestehende Konstellation entspricht dem Typus des § 46 BBesG ÜFSH. Nach dieser Vorschrift erhält ein Beamter eine Zulage, wenn die Aufgaben eines höherwertigen Amtes im Falle einer Vakanzvertretung vorübergehend vertretungsweise übertragen werden, sofern er diese Aufgaben 18 Monate ununterbrochen wahrgenommen hat und in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 30.09 - BVerwGE 139, 368 Rn. 11). Für den Zeitraum ab Februar 2013 wären die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zulage auf der Basis des § 46 BBesG ÜFSH grundsätzlich erfüllt gewesen. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts war die Stelle der Schulleiterin der Grundschule vakant. Die Klägerin wurde mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Schulleiterin dieser Grundschule beauftragt, weil sich die Beteiligten darüber einig waren, dass die Klägerin - ungeachtet des Ausgangs des Rechtsstreits um ihre Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis und ihre Ernennung zur Lebenszeitbeamtin - diese Leiterstelle zukünftig, gegebenenfalls auch im Angestelltenverhältnis, ausüben solle.
Wie oben dargelegt, galten bis zum Inkrafttreten des § 61 SHBesG am 1. März 2012 die Zulagenregelungen der §§ 45 und 46 BBesG ÜFSH. Die Entstehungsgeschichte des § 61 SHBesG belegt, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung lediglich die Vorschrift des § 45 BBesG ÜFSH weiterführen wollte und der Zulagentatbestand des § 46 BBesG ÜFSH dagegen entfallen sollte.
Der Entwurf der damaligen Landesregierung eines Gesetzes zur Neuregelung des Besoldungs- und Beamtenversorgungsrechts in Schleswig-Holstein (LT-Drs. 17/1267, S. 71 f. und S. 286) sah noch vor, die Regelungen der §§ 45 und 46 BBesG ÜFSH - als §§ 61 und 62 des Entwurfs - unverändert in das neue Gesetz (SHBesG) zu übernehmen. Im Gesetzgebungsverfahren haben aber die beiden damaligen Mehrheitsfraktionen ausdrücklich die Streichung von § 62 des Entwurfs der Landesregierung, d.h. der Nachfolgeregelung für § 46 BBesG ÜFSH vorgeschlagen (Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 17/3308, S. 4 f.). Der Innen- und Rechtsausschuss des Landtags (Sitzung vom 15. Dezember 2011, S. 7 f.) hat dem Landtag empfohlen, den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuregelung des Besoldung- und Beamtenversorgungsrechts in Schleswig-Holstein in der geänderten Fassung (Umdruck 17/3308) anzunehmen. Der Landtag hat das Gesetz in der vom Ausschuss vorgeschlagenen Form, d.h. ohne den ursprünglich vorgesehenen § 62 des Entwurfs beschlossen. Gegenüber dem Entwurf zu § 61 mussten aus redaktionellen Gründen lediglich die Worte "außer in den Fällen des § 62" gestrichen werden, weil § 62 des Entwurfs nicht Gesetz geworden ist.
Der Wortlaut des § 61 Abs. 1 SHBesG deckt sich im Wesentlichen mit dem des § 45 BBesG ÜFSH. Auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung bringt deutlich zum Ausdruck, dass die später allein in die Neuregelung übernommene Vorschrift dem § 45 BBesG ÜFSH entspricht (LT-Drs. 17/1267, S. 286 f.). Diese Vorschrift erfasst zum einen die Fälle, in denen der Beamte eine lediglich befristet bestehende besondere Aufgabe wahrnimmt, die außerhalb der in der Verwaltung sonst bestehenden Strukturen erledigt wird. Dies trifft insbesondere auf die Mitarbeit in einem besonderen Projekt zu, die finanziell honoriert werden soll. Zum anderen werden die Konstellationen erfasst, in denen zwar die mit besonderen Anforderungen und Belastungen verbundene dienstliche Aufgabe auf Dauer besteht, aber von einem Beamten regelmäßig nur für einen begrenzten Zeitraum wahrgenommen wird. Hier dient die Zulage insbesondere dazu, die Wahrnehmung von Aufgaben in politischen oder öffentlichkeitswirksamen Bereichen, wie z.B. die Tätigkeit in einem Stab, angemessen zu honorieren (vgl. Gesetz zur Modernisierung der Besoldungsstruktur, Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/6390, S. 16; Buchwald, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Band 1, Stand September 2016, § 45 BBesG Rn. 3 f.; so auch die Begründung zu § 61 SHBesG, Landtag Schleswig-Holstein, LT-Drs. 17/1267, S. 286 f.).
Diese Voraussetzungen sind bei einem Leiter einer (Grund-)Schule nicht gegeben. Die Aufgaben eines Schulleiters fallen regelmäßig an. Hierfür sieht das Besoldungsgesetz zudem, wie gerade die Begründung verschiedener Statusämter je nach der Zahl der Schüler belegt, regelmäßige Verwaltungsstrukturen vor. Es ist für den Schulleiter auch nicht typisch, dass der betreffende Bedienstete regelmäßig ausgetauscht wird. Vielmehr sollen diese Aufgaben vom Inhaber des betreffenden Statusamtes dauerhaft wahrgenommen werden.
Der Annahme, § 61 SHBesG fasse die bisher von §§ 45 und 46 BBesG ÜFSH geregelten Fälle zusammen, steht ferner entgegen, dass eine solche Einbeziehung der Fälle des bisherigen § 46 BBesG ÜFSH eine recht weitgehende Ausweitung der Ansprüche von Beamten zur Folge hätte, für die sich in den Materialien der Neuregelung der genannten Vorschriften kein Anhaltspunkt findet. Denn nach § 46 Abs. 1 BBesG ÜFSH konnte eine Zulage erst nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen Amtes gewährt werden. Demgegenüber sieht § 61 Abs. 1 Satz 3 SHBesG die Möglichkeit der Zulagengewährung bereits ab dem siebten Monat der ununterbrochenen Wahrnehmung der herausgehobenen Funktion vor. Die Regelung des § 61 SHBesG weicht auch insofern von § 46 BBesG ÜFSH ab, als diese Vorschrift einen Anspruch auf die Zulage in einer ganz bestimmten Höhe einräumt ("erhält er"), während § 61 SHBesG die Gewährung der Zulage ins Ermessen der Behörde stellt und zudem die Höhe der Zulage nicht verbindlich vorgibt ("bis zur Höhe").
Da nach den vorstehenden Ausführungen keine unbewusste Regelungslücke angenommen werden kann, scheidet auch die analoge Anwendung des § 61 Abs. 1 SHBesG auf die bisher von § 46 BBesG ÜFSH erfassten Fälle aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.