Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 24.02.2011


BVerwG 24.02.2011 - 2 C 50/09

Verfassungswidrige Teilzeitbeschäftigung; Rücknahme der Teilzeitbeschäftigungsverfügung


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
24.02.2011
Aktenzeichen:
2 C 50/09
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OVG Lüneburg, 13. Januar 2009, Az: 5 LB 312/08, Urteilvorgehend VG Lüneburg, 3. Mai 2004, Az: 1 A 390/00, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 80c BG ND vom 19.02.2001
§ 80a Abs 3 S 2 BG ND vom 17.12.1997
§ 80b BG ND vom 17.12.1997

Leitsätze

1. Beruht ein Verwaltungsakt auf einem verfassungswidrigen Gesetz, so ist eine Ermessensentscheidung, die eine Rücknahme für die Vergangenheit wegen dessen Bestandskraft ablehnt, grundsätzlich nicht zu beanstanden.

2. Ist bestandskräftig eine Teilzeitbeschäftigung angeordnet, so kann der Beschäftigungsumfang durch entsprechenden Antrag wieder auf vollzeitige Beschäftigung geändert werden, wenn und sobald die Voraussetzungen für den Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit vorliegen (im Anschluss an Urteil vom 30. Oktober 2008 - BVerwG 2 C 48.07 - BVerwGE 132, 243 = Buchholz 237.8 § 80a RhPLBG Nr. 2). Insofern macht es keinen Unterschied, ob die Teilzeitbeschäftigung - rechtmäßig - auf Antrag des Betroffenen oder auf verfassungswidriger Rechtsgrundlage gegen den Willen des Betroffenen angeordnet worden war.

Tatbestand

1

Die Klägerin wurde mit Bescheid vom 22. Januar 1999 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe als Lehrerin z. A. mit Wirkung vom 1. Februar 1999 in den niedersächsischen Landesdienst eingestellt. In diesem Bescheid war gleichzeitig festgelegt, dass die Klägerin gemäß dem seinerzeit geltenden § 80b NBG bis zum 31. Januar 2003 mit durchschnittlich regelmäßig 22 Wochenstunden bei einer Regelstundenzahl von damals 27,5 Wochenstunden und ab dem 1. Februar 2003 in Vollzeit beschäftigt wird. Mit Wirkung vom 1. Mai 2000 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Lehrerin ernannt.

2

Am 30. August 2000 beantragte die Klägerin wegen der ihr aufgezwungenen Teilzeitbeschäftigung rückwirkend ihre Vollbeschäftigung seit ihrer Einstellung. Das gegen die Ablehnung der Wiederaufnahme des Verfahrens nach Ermessen gerichtete Klageverfahren ist insoweit eingestellt worden, als die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin zum 1. August 2001 aufgehoben worden ist und die Beklagte die Klägerin versorgungsrechtlich so gestellt hat, als wäre sie seit ihrer Einstellung vollzeitbeschäftigt gewesen.

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Im Übrigen begehrt die Klägerin weiterhin ihre Vollbeschäftigung ab Einstellung und die Nachzahlung der Besoldungsdifferenz. Während das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, hat das Berufungsgericht das Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte verpflichtet, die Einstellungsteilzeit ab 30. August 2000 aufzuheben und ab diesem Zeitpunkt die Besoldungsdifferenz nachzuzahlen.

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Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rechtswidrigkeit der antragslosen Teilzeitbeschäftigungsverfügung eröffne über § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG lediglich das Rücknahmeermessen der Beklagten. Umstände, aufgrund derer sich die Aufrechterhaltung der Verfügung für den Zeitraum vor der Antragstellung als schlechthin unerträglich erweise, lägen nicht vor. Insbesondere sei die Teilzeitbeschäftigungsverfügung nicht bereits zum Zeitpunkt ihres Erlasses offensichtlich rechtswidrig gewesen, weil die Evidenz des Rechtsfehlers erst später, nämlich durch das erste Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der antragslosen Teilzeit (BVerwG, Urteil vom 2. März 2000 - BVerwG 2 C 1.99 - BVerwGE 110, 363 ff.) ersichtlich geworden sei.

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Die Klägerin könne jedoch verlangen, dass die Teilzeitbeschäftigungsverfügung mit Wirkung ab Eingang ihres Antrags aufgehoben werde, weil sich insoweit ein Festhalten an dieser Verfügung nach dem einschlägigen Fachrecht als schlechthin unerträglich erweise. Die antraglose Einstellungsteilzeit verstoße gegen den hergebrachten Grundsatz der Hauptberuflichkeit und das Alimentationsprinzip. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Alimentation von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern sei im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, dass zwar eine allgemeine rückwirkende Behebung von Verstößen gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums aufgrund der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten sei. Jedoch sei eine Korrektur derartiger Verstöße aus dem wechselseitig bindenden Treueverhältnis dann erforderlich, wenn der Beamte während der Dauer des Verstoßes eine Korrektur gefordert habe. Dies habe die Klägerin mit ihrem Antrag vom August 2000 getan, indem sie nicht nur die rückwirkende Aufhebung der Teilzeitbeschäftigung begehrt, sondern zugleich dem Dienstherrn zukünftig ihre volle Arbeitskraft angeboten habe.

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Hiergegen wenden sich die Klägerin und die Beklagte mit ihren Revisionen.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Januar 2009, soweit es die Klage abgewiesen hat, aufzuheben und die Beklagte unter Zurückweisung ihrer Berufung gegen den der Klage stattgebenden Teil des Urteils des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 3. Mai 2004 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 6. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Oktober 2000 zu verpflichten, den Bescheid vom 22. Januar 1999 hinsichtlich der festgesetzten Teilzeitbeschäftigung aufzuheben und den Differenzbetrag der Bezüge für die Besoldungsgruppe A 12 nach Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes zwischen einer Teilzeitbeschäftigung von 22/27,5 Unterrichtsstunden pro Woche und einer Vollzeitbeschäftigung im Zeitraum vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Juli 2001 nebst Prozesszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen, sowie die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Januar 2009, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, und das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 3. Mai 2004, soweit es der Klage stattgegeben hat, aufzuheben und die Klage abzuweisen, sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet (1). Auf die Revision der Beklagten sind die vorhergehenden Urteile, sofern das Verfahren nicht eingestellt oder die Klage bereits abgewiesen worden ist, aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen (2). Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte für den hier noch streitigen Zeitraum den rechtswidrigen Teilzeitbeschäftigungsbescheid aufhebt und ihr die sich daraus ergebende Besoldungsdifferenz nachzahlt. Einem solchen Anspruch steht die Bestandskraft des Bescheides entgegen. Das gleichwohl eröffnete Rücknahmeermessen hat die Beklagte nicht fehlerhaft ausgeübt.

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Gemäß § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes - Nds VwVfG - ist auf die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzustellen. Auch wenn Wiederaufnahmegründe nach § 1 Abs. 1 Nds VwVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, kann die Behörde ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen wiederaufgreifen und eine neue - der gerichtlichen Überprüfung zugängliche - Sachentscheidung treffen (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne). Diese Möglichkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 51 Abs. 5 VwVfG i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG.

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Dabei belegt das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eröffnete Rücknahmeermessen, dass ein zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führender Rechtsverstoß nur eine notwendige, nicht aber hinreichende Voraussetzung für die Rücknahme und einen darauf zielenden Anspruch des Betroffenen bildet. Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise weder dem Vorrang des Gesetzes noch der Rechtssicherheit als Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht jedoch ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung "schlechthin unerträglich" ist, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt (vgl. zum Ganzen: Urteile vom 27. Januar 1994 - BVerwG 2 C 12.92 - BVerwGE 95, 86 <92> = Buchholz 316 § 51 NwVfG Nr. 31, S. 7, vom 17. Januar 2007 - BVerwG 6 C 32.06 - NVwZ 2007, 709 ff. , juris Rn. 13, vom 20. März 2008 - BVerwG 1 C 33.07 - Buchholz 402.242 § 54 AufenthG Nr. 5, jeweils m.w.N., stRspr).

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1. Ohne Verletzung revisiblen Rechts hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Ablehnung der Rücknahme der Teilzeitbeschäftigungsverfügung für die Vergangenheit nicht zu beanstanden ist. Zwar kann eine offensichtliche Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts bereits im Erlasszeitpunkt die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 6 C 32.06 - a.a.O. zur offensichtlichen Rechtswidrigkeit). Von einer solchen offensichtlich fehlerhaften Rechtsanwendung im Einzelfall unterscheidet sich jedoch der Fall der Anwendung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage, an die die Verwaltung im Erlasszeitpunkt gebunden war. Das gilt auch dann, wenn die Verfassungswidrigkeit der Norm offensichtlich war. Beruht ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auf einem verfassungswidrigen Gesetz, so ist eine Ermessensentscheidung, die eine Rücknahme für die Vergangenheit wegen dessen Bestandskraft ablehnt, grundsätzlich nicht zu beanstanden.

13

Die Teilzeitbeschäftigungsverfügung beruhte auf der Regelung des seinerzeitigen § 80b NBG, die durch das Dritte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 1997 (GVBl S. 528) in das Niedersächsische Beamtengesetz kam. Diese Regelung sollte eine antragslose Teilzeitbeschäftigung gegen den Willen des Betroffenen ermöglichen und galt nach der Neubekanntmachung des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 19. Februar 2001 (GVBl S. 33) als § 80c NBG in unveränderter Fassung bis zur Nichtigerklärung durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 2007 - 2 BvF 3/02 - (BVerfGE 119, 247) fort.

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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist dem Grundgesetz keine allgemeine Verpflichtung der vollziehenden Gewalt zu entnehmen, rechtswidrige belastende Verwaltungsakte unbeschadet des Eintritts ihrer Bestandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24 <55>; Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvR 1982/01 BVerfGE 117, 302 <315>). Dies gilt auch für bestandskräftige Verwaltungsakte, deren Rechtsgrundlage gegen Verfassungsrecht verstößt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1966 - 1 BvR 178/64 - BVerfGE 20, 230 <235 f.>, Beschluss vom 30. Januar 2008 - 1 BvR 943/07 - NVwZ 2008, 550, juris Rn.26 m.w.N.).

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Beruht der bestandskräftige Verwaltungsakt auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage, so folgt dies aus der gesetzgeberischen Wertung des § 79 Abs. 2 BVerfGG. Nach § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG bleiben bestandskräftige Verwaltungsakte, die auf einer für nichtig erklärten Norm beruhen, vom Nichtigkeitsausspruch des Bundesverfassungsgerichts unberührt, lediglich die Vollstreckung aus ihnen wird nach § 79 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG für unzulässig erklärt. Damit hat sich der Gesetzgeber in diesem Bereich dafür entschieden, dem Grundsatz der Rechtssicherheit Vorrang einzuräumen. Dies hindert zwar nicht ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinne (vgl. Beschluss vom 25. Juli 1990 - BVerwG 7 B 100.90 - Buchholz 436.61 § 60 SchwbG Nr. 3), die gesetzgeberische Wertung des § 79 Abs. 2 BVerfGG ist aber bei der Ermessensentscheidung einzubeziehen, so dass grundsätzlich nur eine Rücknahme für die Zukunft geboten sein kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1968 - BVerwG 7 C 64.66 - BVerwGE 29, 270 <271> = Buchholz 401.5 § 17 GewStG Nr. 4 und - BVerwG 7 C 95.66 -, BVerwGE 29, 276 <278> = Buchholz 401.5 § 17 GewStG Nr. 5, 32, vom 30. Juni 1972 - BVerwG 7 C 27.70 - BVerwGE 40, 194 = Buchholz 401.5 § 17 Nr. 6, vom 4. November 1976 - BVerwG 2 C 49.73 - BVerwGE 51, 253 = Buchholz 235 § 18 BBesG Nr. 22; 19. Januar 1989 - BVerwG 2 C 42.86 - BVerwGE 81, 175 = Buchholz 239.1 § 5 BeamtVG Nr. 5 ; Beschluss vom 4. Oktober 1993 - BVerwG 6 B 35.93 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 319; BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1966 - 1 BvR 164 u.a./64 - BVerfGE 20, 230 <235 f.>).

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Das einschlägige Fachrecht gebietet keine abweichende Wertung. Zwar verstößt die antragslose, gegen den Willen des Beamten angeordnete Teilzeitbeschäftigung gegen den Hauptberuflichkeitsgrundsatz und das Alimentationsprinzip (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O.), mithin gegen hergebrachte und von Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Grundsätze des Berufsbeamtentums. Für die Vergangenheit hat sie, weil bereits eine versorgungsrechtliche Gleichstellung mit Vollzeitbeschäftigten erfolgt ist, jedoch nur noch Auswirkungen hinsichtlich der niedrigeren Besoldung. Nur soweit der gesetzliche Besoldungsanspruch im Raum steht, ist es dem Dienstherrn verwehrt, haushaltsrechtliche Erwägungen anzustellen. Der gesetzliche Besoldungsanspruch stünde aber nur dann im Raum, wenn die Teilzeitanordnung rechtzeitig angegriffen worden wäre und (rückwirkend) aufgehoben wird (vgl. Urteil vom 17. Juni 2010 - BVerwG 2 C 86.08 - IÖD 2010, 194 = DVBl 2010, 1161 Rn. 30 m.w.N.), nicht aber, wenn es um die Rücknahme eines bereits bestandskräftigen Verwaltungsaktes geht.

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Grundsätzlich ist es der Beklagten deshalb für die Vergangenheit nicht verwehrt, sich auf die Bestandskraft der auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Teilzeitbeschäftigungsverfügung bei ihrer Ermessensentscheidung zu berufen und fiskalische Erwägungen anzustellen. Sie kann bei ihrer Ermessensentscheidung darauf abstellen, dass ihr die volle Dienstleistung der Klägerin nicht zur Verfügung gestanden hat und eine Rücknahme wegen der Vielzahl anderer ebenfalls zwangsweise teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte mit Blick auf den Gleichheitssatz weitreichende finanzielle Folgen hätte.

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2. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht aufgrund des einschlägigen Fachrechts einen Rücknahmeanspruch für die Zukunft schon ab Antragsstellung bejaht.

19

Auch für den Zeitraum ab Antragstellung gilt der Gedanke des § 79 Abs. 2 BVerfGG aufgrund der Gesetzesbindung der Verwaltung, so dass es in Anbetracht der Bestandskraft des Teilzeitbeschäftigungsbescheides nicht allein auf das Zurverfügungstellen der vollen Arbeitskraft durch die Klägerin ankommen kann. Vielmehr ist eine Ermessensentscheidung, die die Planstellensituation während des laufenden Haushaltsjahres und den störungsfreien Ablauf des Schulunterrichts während des laufenden Schuljahres vorrangig berücksichtigt, nicht zu beanstanden.

20

Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Beschäftigungsumfang durch entsprechenden Antrag jederzeit wieder auf vollzeitige Beschäftigung geändert werden, sofern die Voraussetzungen für den Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit vorliegen (vgl. Urteil vom 30. Oktober 2008 - BVerwG 2 C 48.07 - BVerwGE 132, 243 = Buchholz 237.8 § 80a RhPLBG Nr. 2). Insofern macht es keinen Unterschied, ob die Teilzeitbeschäftigung - rechtmäßig - auf Antrag des Betroffenen oder auf verfassungswidriger Rechtsgrundlage gegen den Willen des Betroffenen angeordnet worden war.

21

Die Voraussetzungen für einen Wechsel von einer Teilzeitbeschäftigung zur Vollzeitbeschäftigung regelte § 80a Abs. 3 Satz 2 NBG a.F. Nach dieser Vorschrift soll der Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zugelassen werden, wenn dem Beamten die Teilzeitbeschäftigung im bisherigen Umfang nicht mehr zugemutet werden kann und dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Wegen des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs des Beamten auf vollzeitige Beschäftigung und amtsangemessene Alimentation ist diese Vorschrift Ausdruck eines verfassungsrechtlich vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses. Während die Unzumutbarkeit der Teilzeitbeschäftigung nach der objektiven Situation des Beamten zu beurteilen ist, kennzeichnen die dienstlichen Belange das Interesse des Dienstherrn an einer sachgerechten Aufgabenerfüllung der Verwaltung. Erforderlich ist eine Abwägung der entgegenstehenden Interessen des Beamten und des Dienstherrn im konkreten Fall. Da die Änderung zugelassen werden "soll", wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, kann nicht jeder dienstliche Belang die Ablehnung rechtfertigen, sondern nur ein solcher, dem gegenüber die schutzwürdigen Interessen des Beamten nachzuordnen sind (vgl. Urteil vom 30. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 14).

22

Das Fehlen einer entsprechenden Planstelle im Haushaltsplan ist zwar grundsätzlich als dienstlicher Belang anzuerkennen, der dem sofortigen Übergang zur Vollzeitbeschäftigung entgegensteht. Das gilt regelmäßig jedoch nur für das Haushaltsjahr, in dem der Antrag auf Übergang zur Vollzeitbeschäftigung erstmals gestellt wird, wenn der Dienstherr den Antrag nicht vorhersehen und Vorsorge für die Möglichkeit einer Vollzeitbeschäftigung treffen konnte. Sobald sich dem Dienstherrn die Möglichkeit eröffnet, auf den Antrag des Beamten haushaltsrechtlich zu reagieren, können nur noch schwerwiegende Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs dem Übergang zur Vollzeitbeschäftigung entgegenstehen (vgl. Urteil vom 30. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 15). Insofern ist bei Lehrern außerdem noch zu beachten, dass ein Lehrerwechsel im laufenden Schuljahr zu schwerwiegenden Belastungen der betroffenen Schüler führen kann, denen die Personal- und Unterrichtsplanung aus pädagogischen Gründen vorbeugen muss. Es kann daher grundsätzlich ermessensfehlerfrei berücksichtigt werden, dass wegen der Besonderheiten des Schulbetriebs eine Umsetzung des Übergangs zur Vollzeitbeschäftigung in aller Regel erst im nachfolgenden Schuljahr möglich ist. Zwar können derartige schwerwiegende Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs allenfalls bei Dienstherren mit einem kleinen Personalbestand in Betracht kommen. Bei Dienstherren mit einem großen Personalbestand kann sich die Situation aber dann gleichermaßen darstellen, wenn eine große Anzahl von Beamten gleichzeitig eine Rückkehr zur Vollbeschäftigung verlangt.

23

Ob der Klägerin bereits ab Beginn des auf die Antragstellung am 30. August 2000 folgenden Schuljahres, hier also ab dem 1. August 2001, der Wechsel zur Vollbeschäftigung ermöglicht werden musste und insofern die entgegenstehende Teilzeitbeschäftigungsverfügung aufzuheben war, muss nicht entschieden werden. Dieser Zeitraum steht nicht mehr im Streit. Die Beklagte hat die Klägerin ab dem 1. August 2001 in Vollzeit beschäftigt.

24

Für den Zeitraum nach der Antragstellung bis zum Beginn des folgenden Schuljahres ist aber eine Ermessensentscheidung, die unter Bezugnahme auf die Bestandskraft der Teilzeitbeschäftigungsverfügung wegen fehlender Planstellen und zur Gewährleistung einer rechtzeitigen Planung eines kontinuierlichen Unterrichtsablaufs eine sofortige Vollzeitbeschäftigung ablehnt, nicht ermessenswidrig. Auch in diesem Zusammenhang kann die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung darauf abstellen, dass eine Rücknahme weitreichende Folgen wegen der Vielzahl anderer ebenfalls zwangsweise teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte hätte, die dann aus dem Gedanken der Gleichbehandlung heraus ebenfalls einen Anspruch auf sofortige Rücknahme hätten. Deshalb wäre es nicht ausreichend, wenn wenige freie Planstellen zur Verfügung gestanden hätten. Bei der Schulverwaltung handelt es sich um eine Massenverwaltung, die eine Übergangszeit benötigt, um sich auf eine solche Situation einzustellen und hierfür ein Konzept zu erstellen, das im Einklang mit der Unterrichtsplanung steht.

25

Das vom Berufungsgericht herangezogene Argument der zeitnahen Geltendmachung ist ausschließlich im Zusammenhang mit der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation kinderreicher Beamter von Relevanz. Es folgt zwar aus den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses, beruht aber allein auf der besonderen rechtlichen Qualität des Anspruchs aus der Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG, vgl. § 79 BVerfGG, die, wenn auch mit Gesetzeskraft ausgestattet, einem gesetzlichen Anspruch auf Besoldung (oder Versorgung) nicht gleichzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2010 - BVerwG 2 C 86.08 - a.a.O. Rn. 29 m.w.N.).