Entscheidungsdatum: 20.09.2018
1. Legt der Dienstherr in Ausübung seines Organisationsermessens die konkrete Arbeitszeit eines Beamten durch allgemeine Richtlinien im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG fest, steht es dem Beamten nicht zu, eigenmächtig hiervon abzuweichen. Aus einer solchen Missachtung der Befolgenspflicht kann ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch auch dann nicht hergeleitet werden, wenn der Beamte aufgrund seines eigenmächtigen Verhaltens mehr Dienst geleistet hat, als der Dienstherr von ihm verlangt hat.
2. Eine Weisung des Dienstherrn im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG kann nicht durch Verhaltensweisen (Überzeugungen, Gewohnheiten oder Gepflogenheiten) relativiert werden, die mangels Klarheit, Bestimmtheit oder Verbindlichkeit nicht den Charakter einer Weisung in diesem Sinne aufweisen.
Der Kläger steht als Polizeioberkommissar im Dienst des Beklagten. Von 2007 bis 2013 wurde er im Wach- und Wechseldienst, seither als Einsatztruppbeamter verwendet. Im April 2008 beantragte er, "seit dem 1. September 2007 bei der Berechnung der Arbeitszeitkonten pauschale Übergabe- und Ankleidezeiten vor und nach der Dienstschicht in Höhe von insgesamt 15 Minuten pro Diensttag zu berücksichtigen".
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. Oktober 2013 ab. Anders als das An- und Ablegen der Dienstkleidung sei das An- und Ablegen einiger persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände (Pistole mit Holster, Reservemagazin mit Tasche, Handfessel Stahl mit Tragevorrichtung, Reizstoffsprühgerät mit Tragevorrichtung und Tragevorrichtung für den Einsatzmehrzweckstock) der Arbeitszeit zuzurechnen. Die hierfür erforderliche Zeit sei jedoch äußerst gering, sodass das An- und Ablegen der genannten Ausrüstungsgegenstände innerhalb der Dienstzeit erledigt werden könne. Die polizeiliche Präsenz und Einsatzfähigkeit im Außendienst werde durch überlappende Dienste in den Inspektionen bzw. durch den Einsatz von Frühwagen gewährleistet. Eine Ausdehnung der planmäßigen Schichtdauer sei daher (auch zukünftig) nicht notwendig.
Der Kläger hat am 12. November 2013 Klage erhoben. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, dass die Vorgesetzten unabhängig von schriftlichen Dienstanweisungen erwarteten, dass die Beamten bereits zum Schichtbeginn voll ausgerüstet seien.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage, welche auf die Feststellung gerichtet war, dass der Kläger durch das Aufrüsten vor Schichtbeginn und das Abrüsten nach Schichtende Arbeitszeit im Sinne der für Polizeivollzugsbeamte maßgeblichen Arbeitszeitverordnung erbracht hat, stattgegeben.
Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das angefochtene Urteil geändert und festgestellt, dass der Kläger durch das Aufrüsten vor Schichtbeginn und das entsprechende Abrüsten nach Schichtende mit den jedem Polizeivollzugsbeamten persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen über die geschuldete Arbeitszeit hinaus Dienst geleistet hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass, soweit es der Klage stattgegeben habe, die Klage als Feststellungsklage zulässig sei. Es bestehe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, weil dem Kläger infolge seiner Dienstleistung ein Ausgleichsanspruch auf Grundlage des Grundsatzes von Treu und Glauben zustehen könne, der jedoch zunächst in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu überprüfen sei. Zwar sei der Kläger - anders als in sonstigen von der Rechtsprechung anerkannten Fällen - nicht einseitig vom Dienstherrn in die Pflicht genommen worden. Allerdings habe der Beklagte die Praxis zahlreicher Beamter, entgegen der bestehenden Erlasslage die Zeiten des An- und Ablegens der Ausrüstung außerhalb der eingeteilten Schichtdauer zu legen, gekannt und über Jahre hingenommen. Diese Praxis sei - zum Teil auch von Vorgesetzten - allgemein als Notwendigkeit empfunden worden. Die Feststellungsklage sei insoweit auch begründet, weil der Kläger mit dem An- und Ablegen der Ausrüstungsgegenstände Dienst geleistet habe.
Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit der er beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. November 2016 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 29. September 2014 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er weist ergänzend darauf hin, dass der Verordnungsgeber inzwischen durch eine Änderung der maßgeblichen Arbeitszeitverordnung selbst einen Rüstaufwand in einem Umfang von 12 Minuten anerkannt habe.
Die Revision ist zulässig und begründet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es könne ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch entstehen, wenn sich ein Beamter entgegen der bestehenden Erlasslage selbst in der Pflicht sieht, Diensthandlungen außerhalb der vom Dienstherrn vorgesehenen Arbeitszeit vorzunehmen, verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
Die der stattgebenden Entscheidung des Berufungsgerichts entsprechende und allein den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende Feststellungsklage ist unzulässig. Die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann gemäß § 43 Abs. 1 VwGO nur begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Soll die Feststellung - wie hier - dazu dienen, ggf. in einem weiteren Prozess Ersatzansprüche geltend zu machen, ist das berechtigte Interesse zu bejahen, wenn der Ersatzanspruch jedenfalls nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. März 1993 - 3 C 90.90 - BVerwGE 92, 172 <175> und vom 8. Dezember 1995 - 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <91 f.>). Dies ist hier aber der Fall. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruchs liegen hier offensichtlich nicht vor.
1. Der beamtenrechtliche Ausgleichsanspruch findet seine Rechtsgrundlage im Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der auch im öffentlichen Recht Anwendung findet. Der Grundsatz vermag in dem engen, auf Dauer angelegten Rechtsverhältnis, in dem Dienstherr und Beamter verbunden sind, die nach der jeweiligen Interessenlage gebotenen Nebenpflichten zu begründen (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6).
In der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist der beamtenrechtliche Ausgleichsanspruch im Hinblick auf Fragen der Arbeitszeit in solchen Fällen anerkannt worden, in denen der Beamte rechtswidrig Zuvielarbeit geleistet hat (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26). Voraussetzung für diesen Anspruch ist danach eine rechtswidrige, vom Dienstherrn ausgehende Inanspruchnahme des Beamten über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus (BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f. und vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8). Diese Entscheidungen betrafen Fälle, in denen der Dienstherr den Beamten über das nach der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zulässige Maß hinaus in Anspruch genommen hatte (vgl. insoweit auch BVerwG, Urteile vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 - Buchholz 237.21 § 76 BrbgLBG Nr. 1 Rn. 8 ff. und vom 19. April 2018 - 2 C 40.17 - NVwZ 2018, 1314 Rn. 16 ff. und 30 ff.). Darüber hinaus ist auch ohne einen Verstoß gegen Unionsrecht die Heranziehung zum Dienst über die regelmäßige Dienstzeit hinaus im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben auch dann ausgleichspflichtig, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nicht erfüllt sind (BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 - 2 C 23.15 - BVerwGE 156, 262 Rn. 25).
Der Grundsatz von Treu und Glauben verlangt eine von Rücksicht und Redlichkeit geprägte gegenseitige Pflichterfüllung. Geschützt wird das Vertrauen darauf, dass sich der jeweils andere bei seiner Pflichterfüllung an diesen Maßstäben orientiert (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 242 Rn. 6; Schubert, in: Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 2, 7. Aufl. 2016, § 242 Rn. 9). Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben können daher nur Ansprüche hergeleitet werden, soweit der (vermeintliche) Anspruchsinhaber auf die Pflichterfüllung des anderen in der gewünschten Weise vertrauen darf, soweit dessen Vertrauen also schutzwürdig ist (BVerwG, Urteil vom 12. März 1987 - 2 C 55.84 - DÖD 1987, 231 <233>; Beschluss vom 19. April 2007 - 2 B 31.07 - juris Rn. 3).
Im Einklang mit diesen Grundsätzen erachtet die genannte Rechtsprechung das Vertrauen eines Beamten für schutzwürdig, der Dienstherr werde für die rechtswidrige Heranziehung zu Zuvielarbeit einen Ausgleich schaffen. Demgegenüber ist ein schutzwürdiges Vertrauen eines Beamten ausgeschlossen, wenn der Dienstherr eine klare Weisung zu Fragen der Arbeitszeit erlässt und der Beamte ungeachtet dessen aufgrund eigenen Entschlusses diese entgegen der bestehenden Weisung ausweitet. In diesem Fall kennt der Beamte die Auffassung des Dienstherrn und kann folglich kein berechtigtes Vertrauen dahingehend haben, der Dienstherr werde entgegen seiner Weisung und mitgeteilten Überzeugung einen Ausgleich zugunsten der Beamten schaffen.
2. Kraft seines Organisationsermessens steht es allein dem Dienstherrn zu, die konkrete Arbeitszeit der Beamten zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 2008 - 2 BvR 398/07 - BVerfGK 13, 242 <244> sowie OVG Münster, Beschluss vom 31. März 2010 - 6 B 1734/09 - juris Rn. 6, zum Umfang der Arbeitszeit). Um eine solche Bestimmung zu treffen, steht dem Dienstherrn das Weisungsrecht gegenüber den Beamten zu. Gemäß § 35 Satz 2 BeamtStG sind Beamte verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Vorgesetzte im Sinne dieser Vorschrift sind sowohl Fachvorgesetzte als auch Dienstvorgesetzte, gleich welcher hierarchischen Stufe (vgl. Hampel, in: GKÖD, Stand Juni 2018, § 62 BBG 2009 Rn. 23). Das Innenministerium des Beklagten hat mit insoweit gleichlautenden Erlassen vom 31. März 2004 (Az. 41.2 - 3025) und vom 13. Dezember 2007 (Az. 41 - 60.01.10) in allgemeinen Richtlinien im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG festgelegt, dass die sog. "Übergabe-/Rüstzeiten" Teil der Dienstzeit sind, sich hierdurch die Schichtdauer jedoch nicht verlängert. Eine pauschale Anrechnung der durch die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit (gemeint ist von 40 auf 41 Stunden) zur Verfügung stehenden zusätzlichen Stundenpotenziale auf Übergabezeiten ist danach ausdrücklich nicht zulässig. Inhaltlich entsprechend wurde diese Regelung mit Erlass vom 28. November 2011 (Az. 403 - 60.01.10) fortgeschrieben. Deshalb musste jedem Polizeivollzugsbeamten im gesamten streitbefangenen Zeitraum klar sein, dass der Dienstherr sein Organisationsermessen dahingehend ausgeübt hatte, dass das An- und Ablegen der Ausrüstungsgegenstände während der regulären Schichtdauer zu erfolgen hatte und eine Zeitgutschrift über die reguläre Schichtdauer hinaus nicht vorgesehen war. Einer ausdrücklichen Untersagung des An- und Ablegens der Ausrüstungsgegenstände außerhalb der regulären Schichtdauer bedurfte es daneben nicht. Eine positive Beschreibung genügt regelmäßig, um die konkreten Dienstpflichten des Beamten zu konkretisieren.
3. Angesichts dieser klaren Weisungslage ist ein auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützter Ausgleichsanspruch ausgeschlossen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die für den Senat bindend sind (§ 137 Abs. 2 VwGO), hat sich der Kläger neben zahlreichen weiteren Polizeivollzugsbeamten selbst in der Pflicht gesehen, die zur Herstellung der Einsatzbereitschaft erforderlichen Ausrüstungsgegenstände außerhalb der Schichtdauer an- und abzulegen. Auch sei diese Verhaltensweise allgemein - teilweise auch von Vorgesetzten - für notwendig gehalten worden. Hintergrund ist die nach Darstellung des Klägers von vielen Polizeivollzugsbeamten geteilte, vom Beklagten jedoch durchgehend bestrittene Auffassung, dass ansonsten während des Wechsels der sich zeitlich nicht überschneidenden Schichten die Sicherheit nicht hinreichend gewährleistet sei.
Auch wenn dem Kläger einzuräumen ist, dass seinem Verhalten eine positive Motivation zur vorbildlichen Erfüllung von Dienstpflichten zugrunde lag, kann er hierauf gleichwohl kein schützenswertes Vertrauen im oben geschilderten Sinne stützen. Dem Dienstherrn obliegt im Verhältnis zum Beamten nicht nur die Einteilung der Arbeitszeiten durch Schichtdienste (s.o.). Ihm allein obliegt es auch, die allgemeine Sicherheit während des Schichtwechsels zu gewährleisten. Hierfür trägt der zuständige Minister die parlamentarische und politische Verantwortung. Die einzelnen Polizeibeamten dürfen von der entsprechenden Erlasslage - gleich aus welcher Motivation heraus - nicht eigenmächtig abweichen.
Dem Dienstherrn steht es zu, im Verhältnis zum Beamten dessen konkrete Dienstpflichten durch Weisungen (Anordnungen oder allgemeine Richtlinien im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG) zu bestimmen. Verstößt der Beamte gegen eine solche Weisung, verhält er sich pflichtwidrig. Hält der Beamte die Weisung für rechtswidrig oder für unzweckmäßig, sieht das Gesetz Instrumente vor, mit denen der Beamte dies geltend machen kann: Als Folge der grundsätzlich vollen Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen (§ 36 Abs. 1 BeamtStG) kann der Beamte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen im Wege der Remonstration geltend machen (§ 36 Abs. 2 BeamtStG). Hält der Beamte - wie hier - eine dienstliche Weisung lediglich für unzweckmäßig, so kann er dies dem Dienstherrn bzw. dem Vorgesetzten im Rahmen seines Beratungsauftrags (§ 35 Satz 1 BeamtStG) zur Kenntnis bringen (BVerwG, Urteil vom 6. April 1989 - 2 C 9.87 - BVerwGE 81, 365 <370>; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand September 2018, § 62 BBG 2009 Rn. 20). Soweit der Dienstherr dann an seiner Auffassung festhält bzw. lediglich von seiner Weisung nicht abrückt, hat der Beamte diese in den Grenzen des § 36 Abs. 2 BeamtStG und insbesondere dessen Satz 4 weiterhin zu befolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - 1 D 34.98 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 24 S. 30: es sei denn, die Anordnung erweist sich als "offensichtlich und in schwerwiegender Weise rechtswidrig"; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand September 2018, § 62 BBG 2009 Rn. 23). Aus einer Missachtung seiner Befolgenspflicht kann er einen auf Treu und Glauben gestützten Leistungsanspruch gegen den Dienstherrn offensichtlich nicht herleiten.
4. Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob sich ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch womöglich dann ergeben könnte, wenn ein unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers diesem entgegen der bestehenden Erlasslage eine dienstliche Anordnung im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG erteilt hätte, nach der die Ausrüstungsgegenstände außerhalb der regulären Schichtdauer an- und abzulegen gewesen wären. Denn eine solche Anordnung hat es nicht gegeben. Dienstliche Anordnungen müssen so klar und bestimmt sein, dass der Beamte erkennen kann, welche und wessen Anordnung er zu befolgen hat. Denn ein Verstoß gegen die Befolgenspflicht stellt ein Dienstvergehen dar, das ggf. disziplinarische Folgen haben kann (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 2 C 24.13 - BVerwGE 150, 366 Rn. 32). Aus diesem Grund muss sich auch der konkrete Inhalt der Anordnung sowie ihre Verbindlichkeit für den Beamten klar und bestimmt aus ihr ergeben.
Eine solche, von den zuvor zitierten Erlassen (s.o. Rn. 16) abweichende dienstliche Anordnung ist dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erteilt worden. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass der Beklagte den Kläger nicht angewiesen hat, das An- und Ablegen der ihm persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände außerhalb der planmäßigen Schichtdauer vorzunehmen. Den sonstigen festgestellten Umständen, die in ihrer weitestgehenden Feststellung darin bestehen, dass die geschilderte Verfahrensweise "allgemein als dienstliche Notwendigkeit empfunden" worden sei, fehlt die erforderliche Verbindlichkeit, die auch nicht dadurch herzustellen ist, dass diese "Empfindung" zum Teil auch bei den Vorgesetzten des Klägers bestanden hat.
Soweit sich den erstinstanzlich protokollierten Zeugenaussagen dieses Verfahrens und der Parallelverfahren, die das Berufungsgericht einleitend seiner tatsächlichen Feststellungen insgesamt in Bezug genommen hat, entnehmen lässt, dass einzelne Zeugen als Vorgesetzte angegeben haben, dass sie bei einem abweichenden Verhalten ein klärendes Gespräch mit dem jeweiligen Polizeivollzugsbeamten geführt hätten, kann sich auch hieraus keine abweichende Anordnung ergeben, weil keine Feststellung getroffen worden ist, welchen konkreten Inhalt ein solches Gespräch tatsächlich gehabt hätte und dass ein solches Gespräch je tatsächlich stattgefunden hat.
Der Beklagte hat seine in den genannten Erlassen zum Ausdruck kommende allgemeine Richtlinie im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass er nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts von dem abweichenden Verhalten zahlreicher Polizeivollzugsbeamter Kenntnis hatte und dieses geduldet hat. Auch einer solchen Duldung fehlt der Charakter einer konkreten und verbindlichen Weisung. Außerdem hat der Beklagte seine allgemeine Richtlinie wie geschildert mehrfach wiederholt.
5. Andere Willenskundgaben von Vorgesetzten, die nicht den Charakter einer Anordnung im Sinne des § 35 Satz 2 BeamtStG haben, können eine Befolgenspflicht und damit möglicherweise einen beamtenrechtlichen Erstattungsanspruch nicht auslösen. Mit dem Zusammenspiel von Weisung, Befolgenspflicht, Beratung und Remonstration (s.o. Rn. 19) hat der Gesetzgeber klare Formen für die Konkretisierung und ggf. Überprüfung der Pflichten eines Beamten durch Vorgesetzte geschaffen. Zwar kann eine Anordnung in diesem Sinne grundsätzlich auch konkludent erteilt werden (vgl. Hampel, in: GKÖD, Stand Juni 2018, § 62 BBG 2009 Rn. 33). Dies befreit den Vorgesetzten jedoch nicht von der Notwendigkeit, dass eine Anordnung in diesem Sinne klar, bestimmt und verbindlich zu sein hat, um die Befolgenspflicht auszulösen. Eine bloße gemeinsame Überzeugung, eine Gewohnheit oder eine Gepflogenheit (vgl. insoweit VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014 - 2 K 8397/12 - juris Rn. 29) können eine Befolgenspflicht nicht auslösen. Dies gilt erst recht bei entgegenstehender Erlasslage.
6. Unerheblich für den Streitfall ist, dass das beklagte Land inzwischen in § 22 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten im Land Nordrhein-Westfalen (Arbeitszeitverordnung Polizei - AZVOPol) vom 5. Mai 2017 (GV.NRW. S. 576) mit Wirkung vom 1. Juli 2017 eine Regelung getroffen hat, derzufolge für das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände von Polizeivollzugsbeamten des Landes - nunmehr - ein zeitlicher Aufwandsausgleich im Umfang von 12 Minuten gewährt wird. Für Zeiträume vor Inkrafttreten der vorbezeichneten Rechtsänderung kann der Kläger hieraus nichts herleiten.
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.