Entscheidungsdatum: 30.08.2012
1. Teilzeitbeschäftigung setzt bestimmungsgemäß voraus, dass der Bewilligungsbescheid das zeitliche Verhältnis zur Regelarbeitszeit festsetzt. Nach diesem Verhältnis (Quote) richtet sich die Höhe der anteiligen Besoldung. Spätere Änderungen der Regelarbeitszeit führen bei Teilzeitbeschäftigten zu einer anteiligen Änderung der zu leistenden Arbeitszeit, lassen hingegen die Besoldung unberührt.
2. Die Arbeitszeit der beamteten Lehrer bestimmt sich maßgeblich nach der Pflichtstundenzahl.
3. Die Pflichtstundenzahlen sind normativ festzulegen; Verwaltungsvorschriften genügen nicht.
Die Klägerin erstrebt eine höhere anteilige Besoldung für ihre Teilzeitbeschäftigung.
Die Klägerin steht als beamtete Gymnasiallehrerin im Dienst des Beklagten. Bis zum Ende des Schuljahres 2002/2003 war sie mit einem zeitlichen Anteil von 19/24 der wöchentlichen Pflichtstundenzahl teilzeitbeschäftigt. Mit Wirkung ab dem Schuljahr 2003/2004 änderte der Beklagte den zeitlichen Anteil antragsgemäß auf 20/25 (= 4/5). Grund für diese Änderung war die Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Gymnasiallehrer von 24 auf 25 Unterrichtsstunden pro Woche. Dementsprechend erhielt die Klägerin anteilige Dienstbezüge von 4/5.
Die Klägerin macht geltend, ihr stünden 5/6 der vollen Besoldung zu. Die Erhöhung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl sei unwirksam, weil der Beklagte bei Erlass der entsprechenden Verwaltungsvorschriften rechtswidrig die Personalvertretung nicht beteiligt habe. Die Nachholung der Beteiligung im Jahr 2006 wirke nicht zurück. Daher betrage ihre Teilzeitquote 20/24 (= 5/6).
Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Berufungsurteil im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Erhöhung der Pflichtstundenzahl durch Verwaltungsvorschrift von Anfang an rechtswirksam sei. Die nachträgliche Beteiligung der Personalvertretung habe den personalvertretungsrechtlichen Verstoß rückwirkend geheilt.
Mit der Revision beantragt die Klägerin,
die Urteile des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2007 und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. September 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27. Juli 2006 und dessen Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2007 zu verurteilen, der Klägerin für die Schuljahre 2003/2004, 2004/2005 und 2005/2006 anteilige Besoldung in Höhe von 5/6 (fünf Sechsteln) der gesetzlichen Bezüge zu zahlen,
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs steht im Ergebnis mit revisiblem Recht im Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat zu Recht Dienstbezüge von 4/5 der vollen Bezüge erhalten. Dies folgt daraus, dass ihr der Beklagte antragsgemäß Teilzeit mit einem zeitlichen Anteil (Quote) von 4/5 bewilligt hat (§ 6 Abs. 1 BBesG in der hier maßgeblichen Fassung vom 6. August 2002, BGBl I S. 3020, der für den streitigen Zeitraum Rechtsgrundlage für die Besoldung auch der Landesbeamten war).
1. Teilzeitbeschäftigung ist bestimmungsgemäß eine zeitlich im Verhältnis zur Vollzeitbeschäftigung ermäßigte Dienstleistung. Daher ist in dem Bescheid, durch den der Dienstherr auf entsprechenden Antrag Teilzeit bewilligt, das zeitliche Verhältnis der Teilzeitbeschäftigung zur vollen Arbeitszeit festzulegen (Teilzeitquote). So wird sichergestellt, dass sich Änderungen der Arbeitszeit und der Besoldung (§ 6 BBesG) stets anteilig auf die Teilzeitbeschäftigten auswirken. Nach § 6 Abs. 1 BBesG werden bei Teilzeitbeschäftigung die Dienstbezüge im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt. Damit bestimmt das Maß, um das die Arbeitszeit des Teilzeitbeschäftigten kürzer ist als die eines Vollzeitbeschäftigten, den Umfang, in dem die Dienstbezüge des Teilzeitbeschäftigten hinter denen eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten zurückbleiben (Urteil vom 23. Juni 2005 - BVerwG 2 C 21.04 - BVerwGE 124,11 <12> = Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 24).
Fehlt es an der Festsetzung der Teilzeitquote im Bewilligungsbescheid, muss sie ermittelt werden, indem die festgesetzte Arbeitszeit in das zeitliche Verhältnis zu der bei Bewilligung geltenden Regelarbeitszeit gesetzt wird. Spätere Änderungen der Regelarbeitszeit führen bei Teilzeitbeschäftigten zu einer anteiligen Erhöhung oder Absenkung der zu leistenden Arbeitszeit entsprechend der festgelegten Quote, lassen hingegen den Besoldungsanteil unberührt. Dem Interesse von Teilzeitbeschäftigten, die anteilige Zahl der Arbeitsstunden trotz Änderung der Regelarbeitszeit beizubehalten, kann durch eine antragsgemäße Änderung der Teilzeitquote Rechnung getragen werden.
Der Klägerin war für den fraglichen Zeitraum Teilzeit mit einer Quote von 20/25 (= 4/5) bewilligt worden. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus dem Bewilligungsbescheid vom 15. Juli 2003, weil im Verfügungsausspruch die von der Klägerin individuell zu leistende Wochenstundenzahl (20 Stunden) in das Verhältnis zur wöchentlichen Pflichtstundenzahl (25 Stunden) gesetzt wurde. Demzufolge stehen ihr nach § 6 Abs. 1 BBesG 4/5 der vollen Dienstbezüge zu, ohne dass es auf die Rechtswirksamkeit der Erhöhung der Pflichtstundenzahl von 24 auf 25 Unterrichtsstunden pro Woche ankommt. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof eine Teilzeitquote nicht festgestellt. Der Senat kann die Teilzeitquote der Klägerin von 4/5 aber dem in den Akten befindlichen Bewilligungsbescheid vom 15. Juli 2003 entnehmen (Urteile vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <279 f.> = Buchholz 406.27 § 31 BBergG Nr. 2 S. 11 f., vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264, jeweils Rn. 52, vom 26. Juli 2006 - BVerwG 6 C 20.05 - BVerwGE 126, 254 <265> = Buchholz 150 § 25 PartG Nr. 1 und vom 14. Februar 2007 - BVerwG 6 C 28.05 - Buchholz 442.066 § 150 TKG Nr. 3).
2. Die regelmäßige Unterrichtsverpflichtung der Lehrer muss durch Rechtsverordnung aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung geregelt werden. Der derzeitige Rechtszustand ist aber noch für eine Übergangszeit bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014 hinzunehmen.
Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratiegebot verpflichten den parlamentarischen Gesetzgeber, in grundlegenden Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <310 ff.> und Beschlüsse vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 - BVerfGE 49, 89 <126> und vom 27. November 1990 - 1 BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130 <142>). Die Regelungsform des Gesetzes ist für das Beamtenverhältnis typisch und sachangemessen (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513, 558/74 - BVerfGE 52, 303 <335 ff.>; BVerwG, Urteile vom 26. November 1992 - BVerwG 2 C 11.92 - BVerwGE 91, 200 <203> = Buchholz 237.1 Art 21 BayLBG Nr. 1 und vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 <108> = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 123). Dies gilt nicht nur, soweit kollidierende Grundrechte auszugleichen sind. Die Regelung der Arbeitszeit für Beamte bedarf einer normativen Regelung, weil sie die Beamtenpflichten wesentlich ausgestaltet. Durch die Arbeitszeit wird festgelegt, wann der Beamte am Dienstort anwesend sein und seine Dienstpflichten erfüllen muss. Dementsprechend stellt unerlaubtes Fernbleiben eine Dienstpflichtverletzung dar, die disziplinarisch zu ahnden ist und zum Verlust der Dienstbezüge für den Zeitraum des Fernbleibens führt (§ 9 BBesG).
Für Lehrer ist zu beachten, dass die zeitliche Festlegung der Unterrichtsverpflichtung, nicht aber der übrigen Dienstpflichten der Besonderheit Rechnung trägt, dass Lehrer nur während ihrer Unterrichtsstunden und weiteren anlassbezogenen Dienstpflichten (wie Teilnahme an Klassenkonferenzen, Gespräche mit Eltern, Pausenaufsicht u.a.) zur Anwesenheit in der Schule verpflichtet sind. Dagegen bleibt es ihnen überlassen, wo und wann sie die Dienstpflichten der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts einschließlich der Korrektur von Klassenarbeiten erfüllen (vgl. Urteile vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <66 f.> = Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 23 S. 5 m.w.N. und vom 23. Juni 2005 - BVerwG 2 C 21.04 - BVerwGE 124, 11 <13> = Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 24 S. 13).
Maßgeblicher Teil der Arbeitszeit von Lehrern ist daher die Festsetzung der Pflichtstundenzahlen für die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung. Die allgemein angeordnete regelmäßige Arbeitszeit ist ein Orientierungsrahmen, den der Normgeber bei der Festlegung der Unterrichtsverpflichtung im Blick haben muss, um die Arbeitszeitregelung für Lehrkräfte nicht von der allgemein für Beamte geltenden Arbeitszeitregelung loszulösen (vgl. Urteil vom 23. September 2004 a.a.O. S. 66 bzw. S. 4 f., jeweils m.w.N.).
Die Pflichtstundenzahlen sind deshalb durch Rechtsverordnung auf gesetzlicher Grundlage festzulegen, wie dies auch nunmehr durch § 67 Abs. 1 LBG BW i.d.F. vom 9. November 2010 (GBl S. 793) vorgegeben wird. Daher führt der Senat die frühere Rechtsprechung zur Festlegung der Pflichtstundenzahlen durch Verwaltungsvorschriften nicht fort (vgl. etwa Urteil vom 15. Juni 1971 - BVerwG 2 C 17.70 - BVerwGE 38, 191 = Buchholz 237.5 § 85 HessBG 62 Nr. 1 und Beschluss vom 14. Dezember 1989 - BVerwG 2 NB 2.89 - Buchholz 237.0 § 90 BaWüLBG Nr. 2).
Allerdings sind die Verwaltungsvorschriften noch für eine Übergangszeit für die Bestimmung der Pflichtstundenzahlen maßgeblich. Dem Verordnungsgeber muss Zeit gegeben werden, um sich auf die neue Lage einzustellen. In der Zwischenzeit muss ein regelloser und damit noch verfassungsfernerer Zustand vermieden werden (Urteil vom 17. Juni 2004 a.a.O. S. 111 bzw. S. 14). Hinsichtlich der Dauer der Übergangszeit ist nach den Darlegungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung eine Zeitspanne von zwei Jahren, das heißt bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014, angemessen.
3. Die Erhöhung der Pflichtstundenzahlen durch Änderung der Verwaltungsvorschrift war nicht bereits deshalb unwirksam, weil der Hauptpersonalrat beim baden-württembergischen Kultusministerium als zuständige Personalvertretung rechtswidrig nicht beteiligt wurde.
Das Personalvertretungsgesetz Baden-Württemberg regelt die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Beteiligungsrecht des Personalrats nicht. Daher findet der Grundsatz Anwendung, dass sich derartige Verstöße vor Erlass einer beteiligungspflichtigen Maßnahme nicht ohne Weiteres auf die Wirksamkeit der Maßnahme im Verhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem von der Maßnahme betroffenen Beamten auswirken (Urteile vom 1. Dezember 1982 - BVerwG 2 C 59.81 - BVerwGE 66, 291 <295> = Buchholz 238.37 § 72 NWPersVG Nr. 7 und vom 28. August 1986 - BVerwG 2 C 67.85 - Buchholz 237.5 § 42 LBG Hessen Nr. 5; Beschluss vom 23. August 2007 - BVerwG 6 P 7.06 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 13). Vielmehr haben Beamte die Dienstausübung regelnde Maßnahmen aufgrund ihrer Weisungsgebundenheit zu beachten (vgl. § 74 Satz 2 LBG BW a.F., § 35 Satz 2 BeamtStG, § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG). Verstöße gegen Beteiligungsrechte können nur dann zur Unwirksamkeit der beteiligungspflichtigen Maßnahme führen, wenn dies gesetzlich angeordnet ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem gleichzusetzen ist, dass ein gesetzlicher Aufhebungsanspruch der übergangenen Personalvertretung besteht und geltend gemacht wird (vgl. Beschluss vom 11. Mai 2011 - BVerwG 6 P 4.10 - Buchholz 251.6 § 75 NdsPersVG Nr. 6).
Die Erhöhung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl für Lehrer durch Verwaltungsvorschrift bedurfte der Mitbestimmung der Personalvertretung nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 LPVG BW. Dieses Gesetz enthält weder eine gesetzliche Rechtsfolge der Unwirksamkeit von Maßnahmen bei einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts noch räumt es übergangenen Personalvertretungen einen Aufhebungsanspruch ein. Deshalb waren die betroffenen Lehrer aufgrund ihrer Weisungsgebundenheit verpflichtet, die Unterrichtspläne zu beachten, welche die Erhöhung der Pflichtstundenzahlen umsetzten.
Hinzu kommt, dass die unterbliebene Beteiligung des Personalrats nachgeholt wurde. Diese Nachholung sollte nach dem Willen der Einigungsstelle auf den Zeitpunkt des Ergehens der Maßnahme zurückwirken. Es ist in der Rechtsprechung des für Personalvertretungsrecht zuständigen 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass in der Rechtsbeziehung zwischen der Dienststellenleitung und dem Personalrat der bloße Vollzug der mitbestimmungspflichtigen Maßnahme das Mitbestimmungsrecht regelmäßig nicht untergehen lässt, sondern eine Nachholung der unterbliebenen Beteiligung grundsätzlich möglich und nötig ist (stRspr; vgl. nur Beschlüsse vom 20. Januar 1993 - BVerwG 6 P 18.90 - Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 14, vom 16. September 1994 - BVerwG 6 P 32.92 - BVerwGE 96, 355 <357 f.> = Buchholz 251.9 § 80 SaarPersVG Nr. 2, vom 15. März 1995 - BVerwG 6 P 31.93 - BVerwGE 98, 77 <86> = Buchholz 251.7 § 66 NWPersVG Nr. 4 und vom 9. November 1998 - BVerwG 6 P 1.98 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 96). Daher kann hier nach dem Rechtsgedanken des § 45 VwVfG BW angenommen werden, dass es den betroffenen Lehrern auch aufgrund der Nachholung verwehrt ist, sich auf die Verletzung des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsrechts zu berufen. Der Fehler, der nicht ihre Rechtsstellung gegenüber dem Dienstherrn betrifft, gilt auch ihnen gegenüber als geheilt.