Bundesverfassungsgericht

Entscheidungsdatum: 03.06.2014


BVerfG 03.06.2014 - 2 BvR 517/13

Stattgebender Kammerbeschluss: Überhöhte Anforderungen an Begründung eines Antrags auf vorzeitige Tilgung eines Zentralregistereintrags (§ 49 Abs 1 BZRG; § 24 Abs 1 EGGVG ) verletzt Betroffenen in Rechtsschutzanspruch (Art 19 Abs 4 S 1 GG)


Gericht:
Bundesverfassungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat 1. Kammer
Entscheidungsdatum:
03.06.2014
Aktenzeichen:
2 BvR 517/13
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2014:rk20140603.2bvr051713
Dokumenttyp:
Stattgebender Kammerbeschluss
Vorinstanz:
vorgehend KG Berlin, 22. Oktober 2012, Az: 4 VAs 48/12, Beschlussnachgehend KG Berlin, 29. August 2014, Az: 4 VAs 48/12, Beschluss
Zitierte Gesetze
§§ 23ff GVGEG

Tenor

Der Beschluss des Kammergerichts vom 22. Oktober 2012 - 4 VAs 48/12 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen.

Das Land Berlin hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anforderungen an die Begründung eines Antrags nach §§ 23 ff. EGGVG.

I.

2

Der Beschwerdeführer wurde im September 2005 wegen verschiedener Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

3

1. Mit angegriffenem Bescheid vom 26. Juli 2012 lehnte das Bundesamt für Justiz die vorzeitige Tilgung der Eintragung dieser Strafe nach § 49 Abs. 1 BZRG ab. Eine solche vorzeitige Tilgung komme nur dann in Betracht, wenn unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls der Fortbestand der Eintragung für den Betroffenen zu einer unbilligen Härte führte, die mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung unvereinbar sei. Eine solche außergewöhnliche Härtesitua-tion sei dem bisherigen Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen.

4

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesministerium der Justiz mit angegriffenem Bescheid vom 29. August 2012 zurück. Die Voraussetzungen für eine vorzeitige Tilgungsanordnung nach § 49 Abs. 1 Satz 1 BZRG lägen nicht vor, da das öffentliche Interesse einer solchen Vergünstigung entgegenstehe. Der Beschwerdeführer werde wegen der bestehenden Eintragungen nicht an der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit gehindert. Die angegriffene Entscheidung sei ohnehin nicht mehr in ein Führungszeugnis aufzunehmen. Rechtsanwaltskammern und sonstige uneingeschränkt auskunftsberechtigte Arbeitgeber müssten sich im Rahmen ihrer Entscheidungen an rechtsstaatliche Grundsätze halten, was auch gerichtlich überprüfbar sei. Die Straffreiheit während eines längeren Zeitraums lasse für sich genommen das öffentliche Interesse am Fortbestand der Eintragung nicht entfallen. Selbst wenn man das Vorliegen einer unbilligen Härte bejahte, wäre von dem dann eröffneten Ermessen nicht zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, weil die vorzeitige Löschung bei Anfragen von uneingeschränkt auskunftsberechtigten Stellen zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Beschwerdeführers führen würde. Die Verurteilung des Beschwerdeführers habe erhebliches Gewicht. Da die Öffentlichkeit unter anderem bei der Rechtsanwaltszulassung oder der Einstellung in den öffentlichen Dienst besonders schutzwürdig sei, dürfe den zuständigen Stellen die Information zur Beurteilung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers nicht vorenthalten werden.

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2. Gegen diesen Bescheid beantragte der Beschwerdeführer gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG. Zur Begründung führte er unter anderem aus, die Tatbestandsvoraussetzungen von § 49 Abs. 1 BZRG seien erfüllt; aufgrund seiner vollständigen Resozialisierung, der fehlenden Wiederholungsgefahr, des fehlenden Schutzbedürfnisses für die Öffentlichkeit und seiner Tätigkeiten im höheren Justizdienst während des juristischen Vorbereitungsdiensts sei das öffentliche Interesse am Fortbestehen der Eintragung entfallen und das Ermessen der Verwaltung bei der Entscheidung über eine Tilgung auf Null reduziert. Das Bundesministerium der Justiz habe den Sinn von § 49 BZRG, die Tilgung der Strafe bei erfolgreicher Resozialisierung und fehlender Gefahr des Straftäters für die Öffentlichkeit, verkannt und dementsprechend die Ermessenentscheidung auf sachfremde Erwägungen gestützt. Es habe seine vollständige Resozialisierung und fehlende Gefährlichkeit nicht mit einem ihrer Bedeutung entsprechenden Gewicht berücksichtigt. Die Resozialisierung sei dabei umso gewichtiger und das Schutzinteresse für die Öffentlichkeit umso geringer, je näher das Ende der gesetzlich vorgesehenen Tilgungsfrist liege. Das Bundesministerium der Justiz habe die betroffenen privaten und öffentlichen Belange fehlerhaft gewichtet. Lege man die Begründung des Ministeriums zugrunde, so sei eine vorzeitige Tilgung nie möglich. Das Bundesministerium der Justiz habe zudem die lange Dauer seines strafrechtlichen Verfahrens nicht berücksichtigt. Dass potentielle Arbeitgeber und die Öffentlichkeit geschützt werden müssten, stehe im Widerspruch zu der Möglichkeit einer vorzeitigen Tilgung auch im konkreten Fall. Sein langjähriges Wohlverhalten und sein vorbildliches Verhalten während des Referendariats hätten viel stärker berücksichtigt werden müssen. Das Strafmaß dagegen habe nicht das ihm vom Ministerium beigemessene Gewicht, da der Beschwerdeführer sonst den Vorbereitungsdienst nicht hätte absolvieren dürfen. Damit sei verkannt worden, dass auch eine positive Beurteilung der Persönlichkeit aus dem Register erkennbar sein und sich dies in der Tilgung einer Eintragung widerspiegeln müsse. Das Ministerium habe das Gewicht seines verfassungsrechtlich garantierten Resozialisierungsanspruchs gerade im Zusammenhang mit Art. 12 GG verkannt.

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3. Das Kammergericht hat den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG mit dem angegriffenen Beschluss vom 22. Oktober 2012 als unzulässig verworfen, weil er den Begründungsanforderungen nach § 24 Abs. 1 EGGVG nicht genüge.

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Nach § 24 Abs. 1 EGGVG seien eine aus sich heraus verständliche Sachdarstellung und der Vortrag von Tatsachen, aus denen sich schlüssig eine Rechtsverletzung durch den angegriffenen Bescheid ergebe, erforderlich. Vorliegend sei nicht einmal erkennbar, um welche konkrete Eintragung es gehe. Der Beschwerdeführer habe auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass er den richtigen Anfechtungsgegenstand gewählt habe. Weder der Ablauf des dem Antrag vorausgegangenen behördlichen Verfahrens noch der Inhalt der im Verwaltungsverfahren gestellten Anträge und ergangenen Entscheidungen sei dargelegt worden. Auf dieser Grundlage sei es dem Senat versagt, die Rechtmäßigkeit des Justizverwaltungshandelns zu beurteilen, zumal § 49 Abs. 1 BZRG der Behörde ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Ermessen bei der Entscheidung über die vorzeitige Tilgung von Eintragungen einräume. Der Beschwerdeführer hätte sich mit den Begründungen der Ablehnungsentscheidungen inhaltlich auseinandersetzen und substantiiert - unter Angabe entsprechender Tatsachen, die eine Schlüssigkeitsprüfung ermöglichten - darlegen müssen, warum diese Entscheidungen ihn in seinen Rechten verletzten. Eine solche schlüssige Darstellung, die zumindest in den wesentlichen Inhalten auch die angefochtenen Entscheidungen sowie die tatsächlichen und rechtlichen Gründe erkennen lasse, auf die sich der Beschwerdeführer stütze, liege nicht vor. Der pauschale Verweis auf die beigefügten Schriftsätze aus dem vorangegangenen Verfahren sowie die angegriffenen Entscheidungen genüge ohne Darlegung, welche Teile der Anlagen in welcher Weise als in die Begründung eingefügt behandelt werden sollten, insoweit nicht. Im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG sei es nicht Aufgabe des Gerichts, sich unter Beschaffung und Auswertung der Akten oder sonstiger Unterlagen Kenntnis von gestellten Anträgen, den im Vorverfahren vorgebrachten Sachverhalten sowie vom Inhalt der beanstandeten Entscheidung(en) zu verschaffen, sich auf diese Weise selbst die Gegenstände und Gründe für das Antragsbegehren zu erschließen und die Grundlage für die erforderliche Schlüssigkeitsprüfung herauszusuchen.

II.

8

Der Beschwerdeführer sieht sich durch die Entscheidung des Kammergerichts unter anderem in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) verletzt, weil das Kammergericht die Begründungsanforderungen nach § 24 Abs. 1 EGGVG überspannt habe.

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Dem Bundesverfassungsgericht lagen die Akten des Ausgangsverfahrens vor. Das Land Berlin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

III.

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Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde ist durch die Kammer stattzugeben, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen vom Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde offensichtlich zulässig und begründet ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Der angegriffene Beschluss des Kammergerichts verkennt Bedeutung und Tragweite der Garantie effektiven Rechtsschutzes und verletzt den Beschwerdeführer dadurch in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

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1. Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG steht jedermann, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Der Zugang zu den Gerichten und den gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfen darf deshalb nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <274>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>). Dies muss der Richter bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Er darf ein von der Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leer laufen" lassen (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 96, 27 <39>). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (vgl. BVerfGE 88, 118 <125>). Das gilt auch für die Begründungsanforderungen nach § 24 Abs. 1 EGGVG (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 211/12 -, NStZ-RR 2013, S. 187 <187>).

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Vor diesem Hintergrund sind die erhöhten Darlegungsanforderungen im Klageerzwingungsverfahren, die das Bundesverfassungsgericht wiederholt für zulässig erachtet hat (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214 f.>), auf das Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG nicht übertragbar. Während der Verletzte einer Straftat grundsätzlich kein subjektives Recht auf Erhebung der öffentlichen Klage und die Durchführung eines Strafverfahrens gegen den der Tat Verdächtigen hat (vgl. BVerfGE 51, 176 <187>), geht es im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG um die (behauptete) Verletzung subjektiver Rechte durch eine staatliche Maßnahme, ihre Ablehnung oder Unterlassung (vgl. § 24 Abs. 1 EGGVG). Zweck des Verfahrens nach §§ 23 ff. EGGVG ist die Abwehr rechtswidriger Eingriffe der öffentlichen Gewalt in jedenfalls von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Interessen der Antragsteller. Das Verfahren entspricht insoweit den in § 42 Abs. 1 VwGO geregelten Klagearten. Wie diese zielt es auf die Abwehr staatlicher Eingriffe in grundrechtlich geschützte Interessen der Betroffenen. Auslegung und Anwendung der §§ 23 ff. EGGVG durch die Oberlandesgerichte haben dem Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 211/12 -, NStZ-RR 2013, S. 187 <187>) und eine wirksame gerichtliche Kontrolle sicherzustellen.

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2. Hieran gemessen beschränkt der Beschluss des Kammergerichts das Recht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in verfassungswidriger Weise.

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a) Zwar schränkt die vom Kammergericht geforderte, eine Schlüssigkeitsprüfung ermöglichende Darlegung einer Rechtsverletzung allein den Zugang zu Gericht grundsätzlich nicht unverhältnismäßig ein. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG fordert nicht zwingend eine Auslegung des § 24 Abs. 1 EGGVG im Sinne der etwa im Rahmen von § 42 Abs. 2 VwGO angewandten "Möglichkeitstheorie", wonach - sei es auch nur in Form der Vorlage des angegriffenen Bescheids - lediglich ein Sachverhalt vorgetragen werden muss, aus dem sich eine mögliche Rechtsverletzung ergeben kann (so auch Schmitt, in: Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl. 2014, § 24 EGGVG Rn. 1; unklar Pabst, in: MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2014, § 24 EGGVG Rn. 2 f.; jeweils m.w.N.).

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b) Die vom Kammergericht aus § 24 Abs. 1 EGGVG abgeleiteten Substantiierungsanforderungen gehen jedoch erheblich darüber hinaus und verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Annahme, dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall sein konkretes Begehren und die Wahl des korrekten Anfechtungsgegenstands nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe, beruht auf einer formalen Sichtweise, nach der der dem Antrag zugrunde liegende Sachverhalt nur durch Ausführungen im Antrag selbst, nicht aber durch die Beifügung und Inbezugnahme entsprechender Schriftstücke dargelegt werden kann. Sie stellt an die Begründung eines Antrags nach §§ 23 ff. EGGVG hinsichtlich der Darstellung des Sachverhalts im Wesentlichen dieselben Anforderungen wie an einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren (§ 172 StPO) und verkennt damit den anderen verfassungsrechtlichen Hintergrund des hier zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. Diese formale Sichtweise verweigert dem Beschwerdeführer jegliche inhaltliche Aus-einandersetzung mit seinem Antrag, ohne auch nur zu prüfen, ob der dem Antrag zugrunde liegende Sachverhalt den vorgelegten und damit ebenso wie die Antragsschrift zum Gegenstand des Antrags gemachten Unterlagen entnommen werden kann.

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Die Verweigerung einer jeglichen inhaltlichen Prüfung wiegt schwer, weil der Beschwerdeführer seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung neben seinen eigenen Schriftsätzen auch die im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren angegriffenen Entscheidungen beigefügt hatte. Aus diesen hätte sich die streitgegenständliche Eintragung ebenso ersehen lassen wie die Anfechtungsgegenstände, die Bescheide des Bundesamts für Justiz und des Bundesministeriums der Justiz.

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c) Auch hinsichtlich des gemäß § 24 Abs. 1 EGGVG notwendigen Vortrags zum Vorliegen eines Ermessensfehlers im Sinne von § 28 Abs. 3 EGGVG hat das Kammergericht die Darlegungsanforderungen überspannt und dadurch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt. Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung die behaupteten Ermessensfehler - Nichtbeachtung der Ermessensreduzierung auf Null, hilfsweise Ermessensfehlgebrauch, Ermessensdisproportionalität beziehungsweise -defizite als Fälle eines nicht dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Gebrauchs des Ermessens - im Einzelnen dargelegt und sich mit den angegriffenen Entscheidungen des Bundesamts für Justiz und des Bundesministeriums der Justiz inhaltlich auseinandergesetzt. Er hat sich auch nicht lediglich auf eine von den angegriffenen Entscheidungen abweichende Gewichtung derselben Ermessenserwägungen beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 211/12 -, NStZ-RR 2013, S. 187 <188>). Vor diesem Hintergrund konnte ein Mangel in der Begründung des Antrags nicht in Umfang und Tiefe des Vortrags zu den behaupteten Ermessensfehlern gesehen werden, ohne gegen die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes zu verstoßen. Ob den angegriffenen Entscheidungen tatsächlich ein Ermessensfehler zugrunde liegt, ist eine Frage der Begründetheit, nicht der Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung.

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3. Der Beschluss des Kammergerichts ist hiernach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Kammergericht zurückzuverweisen.

19

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

20

5. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.