Entscheidungsdatum: 04.12.2012
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. Februar 2009 - M 22 K 07.50683 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird an das Bayerische Verwaltungsgericht München zurückverwiesen.
Damit wird der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. November 2009 - 21 ZB 09.30109 - gegenstandslos.
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Beurteilung staatlicher Strafverfolgungsmaßnahmen als Bedrohung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG.
1. Der Beschwerdeführer, ein 39jähriger syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, reiste im August 2006 in das Bundesgebiet ein und beantragte die Anerkennung als Asylberechtigter. Bei seiner Anhörung gab er an, als Aktivist für die kurdische Sache in das Blickfeld syrischer Sicherheitskräfte geraten zu sein. Er habe sich mehr als zehn Jahre im Irak aufgehalten. Als er im April 2004 nach Syrien zurückgekehrt sei, habe man ihn festgenommen und anschließend bis Mai 2005 inhaftiert; in der Haft sei er erheblich gefoltert worden. Ihm sei die Zugehörigkeit zu einer geheimen Organisation vorgeworfen worden, die Syrien teilweise annektieren wolle. Am 3. März und 29. Mai 2005 habe es Verhandlungen beim Obersten Staatssicherheitsgericht gegeben; dabei sei er von einem Anwalt begleitet worden, den ihm seine gut bemittelte Familie besorgt habe. Ende Mai 2005 sei er wegen gesundheitlicher Gründe gegen Kaution freigelassen worden. Er habe Syrien Anfang September 2005 verlassen und sei über Jordanien nach Ägypten gereist, wo er sich bis zu seiner Ausreise nach Deutschland illegal aufgehalten habe. Dort habe er erfahren, dass er am 25. September 2005 in Abwesenheit zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden sei. Bei einem weiteren Verbleib in Syrien habe er mit seiner erneuten Verhaftung und Misshandlung rechnen müssen.
Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens legte der Beschwerdeführer mehrere Unterlagen vor, darunter zwei Ausweise einer irakischen Menschenrechtsorganisation, ein Anwalts- und Gerichtsschreiben vom 9. Juni 2005 und einen Bescheid zur Durchführung eines Haftbefehls.
2. Mit Bescheid vom 29. Mai 2007 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Die bei der Anhörung gemachten Angaben und vorgelegten Unterlagen hätten zur Überzeugung des Einzelentscheiders geführt, dass der Beschwerdeführer in Syrien eine asyl- oder abschiebungsverbotsrelevante Verfolgung weder erlitten noch bei Rückkehr zu gewärtigen habe. Das Anwalts- und Gerichtsschreiben sowie der Bescheid zur Durchführung eines Haftbefehls wiesen erhebliche Fälschungsmerkmale auf. Einer Korrespondenzbestätigung des früheren Anwalts des Beschwerdeführers komme demgegenüber keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Auch einen politischen Hintergrund, der die Annahme zuließe, er könnte ernsthaft in das Blickfeld des syrischen Geheimdienstes geraten sein, vermöge der Beschwerdeführer nicht darzutun. Schließlich liege kein Abschiebungsverbot mit Blick auf die geltend gemachten Erkrankungen vor.
3. Mit seiner Klage machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, dass die Feststellung des Bundesamts, bei den vorgelegten Urkunden handele es sich um Fälschungen, nicht nachvollziehbar begründet worden sei. Zum Haftbefehl finde sich keine konkrete Aussage. Im Übrigen werde lediglich die Ungewöhnlichkeit der Formulierungen moniert, was nicht genüge, nachdem der frühere Anwalt die Echtheit und Authentizität des anwaltlichen Schreibens sowie die Vertretung des Beschwerdeführers vor dem Obersten Sicherheitsgericht bestätigt habe.
Für den Termin zur mündlichen Verhandlung kündigte der Beschwerdeführer an, zum Beweis der von ihm behaupteten Verurteilung und Inhaftierung sowie der Echtheit der vorgelegten Urkunden die Vernehmung des in England lebenden Anwalts zu beantragen. Zudem legte er weitere Unterlagen vor, darunter eine gutachtliche Stellungnahme des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien (EZKS) vom 6. Dezember 2008, die das Anwalts- und Gerichtsschreiben und den Bescheid zur Durchführung eines Haftbefehls als echt bewertete und die Angaben des Beschwerdeführers auf der Grundlage eigener Recherchen bestätigte, sowie zwei ärztlich-psychologische Stellungnahmen, die eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizierten.
Im Verhandlungstermin stellte der Beschwerdeführer jeweils hilfsweise den schriftsätzlich angekündigten Beweisantrag sowie den Antrag, zum Beweis der Tatsache, dass er vom Staatssicherheitsgericht zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt wurde, ein Gutachten des EZKS oder einer anderen fachkundigen Stelle einzuholen.
4. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 12. Februar 2009 ab. Eine Asylanerkennung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer für die behauptete Einreise auf dem Luftweg beweisfällig geblieben sei. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft könne der Beschwerdeführer nicht beanspruchen, weil er weder vorverfolgt eingereist sei noch eine politische Nachfluchtaktivität dargetan habe. Ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot bestehe aus den vom Bundesamt genannten Gründen ebenfalls nicht.
Das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG begründete das Gericht damit, dass es dem Beschwerdeführer den Vortrag zu seinen Fluchtgründen nicht glaube. Seine Angaben zu den beim Bundesamt vorgelegten Ausweisen einer irakischen Menschenrechtsorganisation seien ungereimt. Der eigentliche Verfolgungsvortrag weise, insbesondere was den zehnjährigen Aufenthalt im Irak und die Umstände der Rückkehr nach Syrien angehe, schwere Widersprüche auf. Vor dem Hintergrund dieser Widersprüche seien auch die Angaben zu Folter und Misshandlung während der Untersuchungshaft unglaubhaft. Auskünfte von offizieller Seite seien nicht zu erwarten; der damalige Anwalt könne keinen Erkenntnisgewinn über die Behandlung des Beschwerdeführers in der Haft erbringen; die in den vorgelegten ärztlichen Gutachten beschriebenen Symptome seien für die behaupteten Misshandlungen nicht spezifisch, sondern könnten auch andere Ursachen haben. Selbst die behauptete Verurteilung und Inhaftierung seien nicht frei von Zweifeln. Das Auswärtige Amt weise in seiner Auskunft vom 23. Januar 2007 auf mehrere Fälschungsmerkmale in den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen hin und bezeichne die Freilassung gegen Kaution als ungewöhnlich. Diese gewichtigen Zweifel habe der Beschwerdeführer durch das Gutachten des EZKS vom 6. Dezember 2008, das seinem Wesen nach überdies parteiisch sei, nicht substantiiert erschüttern können. Deshalb und weil nicht dargelegt worden sei, dass bessere Erkenntnisse zu erwarten seien, sei der Hilfsbeweisantrag auf Einholung eines Gutachtens einer anderen fachkundigen Stelle abzulehnen gewesen. Über die konkrete Verurteilung und die Dauer der Haft gäben auch die sonst vorgelegten Unterlagen keine Aufschlüsse. Der gewichtigste Einwand gegen eine Verurteilung liege schließlich in dem Umstand, dass der Beschwerdeführer das Urteil selbst nicht vorgelegt habe, obwohl die syrische Strafprozessordnung Möglichkeiten der Mitteilung an Abwesende vorsehe.
Ergänzend führte das Gericht an, dass, selbst wenn man eine Verhaftung des Beschwerdeführers und seine Verurteilung vor dem Obersten Staatssicherheitsgericht als wahr unterstellte - was das Gericht nicht tue -, darin keine politische Verfolgung gesehen werden könnte. Die Bestrafung wegen hochverräterischen Verhaltens stelle keine solche dar, sondern sei Ausfluss des legitimen Interesses jedes Staates auf Achtung seiner territorialen Integrität. Der Anwalt des Beschwerdeführers könne allenfalls diesen Umstand belegen, nicht jedoch eine politisch motivierte unangemessene Behandlung in der Haft oder sonstige politische Mali während und beim Ergebnis des Verfahrens. Die hilfsweise beantragte Zeugenvernehmung sei deshalb unerheblich, zumal sich der Anwalt schriftlich geäußert habe und die Vernehmung entsprechend § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO habe unterbleiben können.
5. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung machte der Beschwerdeführer neben den Zulassungsgründen der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz geltend, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei.
Das Verwaltungsgericht sei den hilfsweise gestellten Beweisanträgen pflichtwidrig nicht nachgekommen. Den Antrag auf Vernehmung des früheren Anwalts des Beschwerdeführers habe es mangels Vorliegens der Voraussetzungen weder als unerheblich übergehen noch aus Gründen des Prozessrechts ablehnen dürfen. Entsprechendes gelte für den weiteren Hilfsbeweisantrag. Das Auswärtige Amt habe die Echtheit der vorgelegten Unterlagen nicht abschließend verifiziert, sondern lediglich auf mögliche Fälschungsmerkmale hingewiesen. Diesen Zweifeln habe der Beschwerdeführer durch Vorlage des Gutachtens des EZKS vom 6. Dezember 2008 Rechnung getragen, weshalb die Behauptung des Verwaltungsgerichts, es fehle eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes, ins Leere gehe. Die Beweiserhebung sei auch nicht deshalb entbehrlich gewesen, weil das vorgelegte Gutachten, wie vom Verwaltungsgericht behauptet, seinem Wesen nach parteiisch sei; das EZKS werde von vielen Gerichten und auch vom Bundesamt als Gutachter herangezogen.
Des Weiteren sei die Unterstellung des Verwaltungsgerichts, die posttraumatische Belastungsstörung des Beschwerdeführers könne andere als die behaupteten Ursachen haben, aus der Luft gegriffen und objektiv nicht begründet. Dem Gericht fehle die erforderliche Sachkunde, um dies beurteilen zu können. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs sei weitere Sachaufklärung notwendig gewesen, wie ein aktueller psychologischer Befundbericht bestätige.
Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung mit Beschluss vom 20. November 2009, der in Anwendung von § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG nicht begründet worden ist, ab.
6. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG. Die Ablehnung seines Schutzbegehrens durch das Verwaltungsgericht erweise sich als willkürlich. Die fachgerichtliche Beweiswürdigung stütze sich auf Indizien, die unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs und unter Missachtung von Beweisanträgen in das Urteil eingeführt worden seien mit der Folge, dass die restlichen Indizien möglicherweise anders gewertet worden wären.
Insbesondere die Ablehnung der Hilfsbeweisanträge verstoße gegen Art. 103 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot. Das Verwaltungsgericht sei nach verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung gehalten, den Sachverhalt, solange sich ein so genannter Politmalus nicht von vornherein ausschließen lasse, in einer der Bedeutung des Asylgrundrechts entsprechenden Weise aufzuklären; dies gelte entsprechend, wenn Flüchtlingsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG begehrt werde. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Folterungen seien Indizien für einen Politmalus, der sich nicht nur an der Strafhöhe festmachen lasse. Der Beschwerdeführer habe dargelegt, dass sein Anwalt nicht nur zur Frage der Inhaftierung und Verurteilung, sondern auch zur Frage der Folter sachgerechte Angaben hätte machen können. Das Verwaltungsgericht habe den Hilfsbeweisantrag auf Vernehmung des Anwalts deshalb nicht wegen Unerheblichkeit oder unter Verweis auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO und das Vorliegen einer schriftlichen Äußerung ablehnen dürfen. Auch dem weiteren Hilfsbeweisantrag habe das Verwaltungsgericht stattgeben müssen, um sich hinreichende Überzeugungsgewissheit zu verschaffen; das Vorliegen oder Nichtvorliegen der unter Beweis gestellten Verurteilung wegen eines politischen Delikts beeinflusse die Glaubhaftigkeitsbewertung insgesamt und habe deshalb nicht dahinstehen können.
Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG liege darin begründet, dass das Verwaltungsgericht sich mit den eingeführten ärztlichen Stellungnahmen nicht hinreichend auseinandergesetzt und es unterlassen habe, zu der vorgetragenen posttraumatischen Belastungsstörung und deren Ursachen ein weiteres Gutachten einzuholen.
7. Das Bayerische Staatsministerium des Innern und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil sie zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet im Sinne von § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere hat der Beschwerdeführer vor ihrer Erhebung den Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ordnungsgemäß erschöpft.
a) Dem steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs keine Anhörungsrüge erhoben hat, obgleich er mit der Verfassungsbeschwerde Verstöße gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht. Die Anhörungsrüge wäre offensichtlich unzulässig gewesen, weil sich der Beschwerdeführer mit ihr auf keine neue und eigenständige Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Verwaltungsgerichtshof hätte berufen können (vgl. BVerfGK 13, 496 <499 f.>).
b) Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der materiellen Subsidiarität (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>; 112, 50 <60 ff.>) liegt nicht vor. Ein solcher folgt insbesondere nicht daraus, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit, die beiden Beweisanträge unbedingt zu stellen (§ 86 Abs. 2 VwGO), nicht wahrgenommen hat. Um sich mit Blick auf den Subsidiaritätsgrundsatz rechtliches Gehör zu verschaffen, kann nicht die Stellung eines durch Beschluss zu bescheidenden unbedingten Beweisantrags verlangt werden. Die hilfsweise Stellung des Beweisantrags reicht aus, da sie das Gericht nicht von der Verpflichtung enthebt, die Erheblichkeit des Beweisangebots zu beurteilen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Februar 1992 - 2 BvR 633/91 -, NVwZ 1992, S. 659 <660>).
2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Das Verwaltungsgericht hat die sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG ergebenden Anforderungen an die Beurteilung staatlicher Strafverfolgungsmaßnahmen als Bedrohung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG verfehlt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 16a Abs. 1 GG ist eine Verfolgung dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (vgl. BVerfGE 80, 315 <335>). Dies gilt indes dann nicht, wenn die staatliche Maßnahme allein dem - grundsätzlich legitimen - staatlichen Rechtsgüterschutz, etwa im Bereich der Terrorismusbekämpfung, dient (vgl. BVerfGE 80, 315 <339>) oder sie nicht über das hinausgeht, was auch bei der Ahndung sonstiger krimineller Taten ohne politischen Bezug regelmäßig angewandt wird (vgl. BVerfGE 81, 142 <151>). Das Asylgrundrecht gewährt keinen Schutz vor drohenden (auch massiven) Verfolgungsmaßnahmen, die keinen politischen Charakter haben (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. April 2004 - 2 BvR 1318/03 -, NVwZ-RR 2004, S. 613 <614>). Auch eine danach nicht asylerhebliche Strafverfolgung kann freilich in politische Verfolgung umschlagen, wenn objektive Umstände darauf schließen lassen, dass der Betroffene wegen eines asylerheblichen Merkmals eine härtere als die sonst übliche Behandlung erleidet (so genannter Politmalus; vgl. BVerfGE 80, 315 <336 ff.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Februar 2008 - 2 BvR 2141/06 -, NVwZ-RR 2008, S. 643 <644>). Solange sich ein solcher "Politmalus" nicht von vornherein ausschließen lässt, haben die Fachgerichte den diesbezüglichen Sachverhalt in einer der Bedeutung des Asylgrundrechts entsprechenden Weise aufzuklären (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. April 2004 - 2 BvR 1318/03 -, NVwZ-RR 2004, S. 613 <614> und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Februar 2008 - 2 BvR 2141/06 -, NVwZ-RR 2008, S. 643 <644>).
Das Bundesverfassungsgericht überprüft die fachgerichtlichen Ermittlungen darauf, ob sie einen hinreichenden Grad an Verlässlichkeit aufweisen und auch dem Umfang nach, bezogen auf die besonderen Gegebenheiten im Asylbereich, zureichend sind (vgl. BVerfGE 76, 143 <162>; 83, 216 <234>). Eine fachgerichtliche Wertung beanstandet es, wenn sie anhand der gegebenen Begründung nicht mehr nachvollziehbar ist und/oder nicht auf einer verlässlichen Grundlage beruht (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Februar 2008 - 2 BvR 2141/06 -, NVwZ-RR 2008, S. 643 <644> m.w.N.).
b) Diese Grundsätze gelten nicht nur für das Asylgrundrecht, sondern auch für Verfahren, die auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 AufenthG gerichtet sind (aus einfachrechtlicher Sicht ebenso BVerwG, Beschluss vom 3. August 2006 - 1 B 20/06 -, juris Rn. 2 f.; vgl. auch zu § 51 Abs. 1 AuslG: BVerwG, Urteil vom 10. Januar 1995 - 9 C 276/94 -, NVwZ 1996, 86 <88 f.>). Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Beurteilung staatlicher Strafverfolgungsmaßnahmen als Bedrohung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG ergeben sich insoweit aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG.
Den schutzwürdigen Interessen des Betroffenen muss auch im Anwendungsbereich des Art. 2 Abs. 2 GG wirksam Rechnung getragen werden (vgl. BVerfGK 10, 108 <112 f.>). Die Verfahrensgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG beschränkt sich nicht auf die Einräumung der Möglichkeit, die Gerichte gegen Akte der öffentlichen Gewalt anzurufen; sie gibt dem Bürger darüber hinaus einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes verlangt nicht nur, dass jeder potenziell rechtsverletzende Akt der Exekutive in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der richterlichen Prüfung unterstellt ist; vielmehr müssen die Gerichte den betroffenen Rechten auch tatsächliche Wirksamkeit verschaffen (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>; 40, 272 <275>; 67, 43 <58>; 84, 34 <49>; stRspr). Das Maß dessen, was wirkungsvoller Rechtsschutz ist, bestimmt sich entscheidend auch nach dem sachlichen Gehalt des als verletzt behaupteten Rechts (vgl. BVerfGE 60, 253 <297>), hier des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit und des Freiheitsgrundrechts. Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung haben dem hohen Wert dieser Rechte Rechnung zu tragen (vgl. zu den Anforderungen an einen wirkungsvollen Rechtsschutz im Zusammenhang mit Art. 2 Abs. 2 GG BVerfGE 117, 71 <106 f.>). Jedenfalls in Fällen, in denen es um die Beurteilung staatlicher Strafverfolgungsmaßnahmen als Bedrohung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG geht, kommt der verfahrensrechtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verfassungsrechtliches Gewicht zu. Die fachgerichtliche Verneinung einer Bedrohung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG muss daher, solange ein politischer Charakter der Strafverfolgungsmaßnahmen nicht von vornherein auszuschließen ist, auf einer hinreichend verlässlichen, auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen.
c) Diesen Anforderungen werden die tragenden Erwägungen des angegriffenen Urteils zur Verneinung einer vom Beschwerdeführer erlittenen politischen Verfolgung nicht gerecht. Das Verwaltungsgericht ist der Frage, ob die vom Beschwerdeführer dargelegte und unter Beweis gestellte Verurteilung durch das Staatssicherheitsgericht härter als diejenige zur Verfolgung ähnlicher nicht politischer Straftaten von vergleichbarer Gefährlichkeit (vgl. BVerfGE 80, 315 <338>) und damit eine Bedrohung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG gewesen sein könnte, nicht im verfassungsrechtlich gebotenen Umfang nachgegangen.
aa) Mit dem Gebot zureichender richterlicher Sachaufklärung nicht zu vereinbaren ist bereits, dass das Verwaltungsgericht es unterlassen hat, Feststellungen zum Vorliegen der strafrechtlichen Verurteilung zu treffen. In den Urteilsgründen findet sich hierzu lediglich die ungenügende Aussage, die Verurteilung sei "keineswegs frei von Zweifeln".
(1) Wie die Verfassungsbeschwerde zu Recht ausführt, können aus dem Feststehen der Verurteilung wegen eines Staatsschutzdeliktes als solcher Schlüsse auf die Glaubhaftigkeit des Vorbringens zu deren politischem Charakter gezogen werden. Eine Bestätigung der vom Beschwerdeführer im Einzelnen dargelegten und unter Beweis gestellten Tatsache hätte insbesondere die vom Verwaltungsgericht gewonnene Auffassung, dass dessen Angaben zu Folter und Misshandlung während der Untersuchungshaft unglaubhaft seien, in Frage stellen und Anlass für eine andere Einschätzung der weiteren Aufklärungsmöglichkeiten, vor allem der mit dem ersten Beweisantrag angebotenen Zeugenvernehmung, geben können. Da das Verwaltungsgericht davon abgesehen hat, hierzu nachvollziehbare Feststellungen zu treffen, fehlt es an einer hinreichend verlässlichen Grundlage für die Beurteilung der Asylrelevanz der Strafverfolgungsmaßnahme.
(2) Das Absehen von weiterer Sachaufklärung zum Vorliegen der strafrechtlichen Verurteilung war auch nicht aus der Erwägung heraus gerechtfertigt, dass das Klagevorbringen hierzu keinen tatsächlichen Anlass bot (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Oktober 2000 - 2 BvR 941/99 -, juris Rn. 5). Der Beschwerdeführer hatte in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt, zum Beweis seiner Verurteilung und Inhaftierung ein Gutachten des EZKS oder einer anderen fachkundigen Stelle einzuholen, und damit eine weitere Aufklärungsmöglichkeit benannt. Diese durfte das Verwaltungsgericht nicht mit der Begründung übergehen, dass der Beschwerdeführer nicht in detailliierter Auseinandersetzung mit der hohen Beweiswert genießenden Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Januar 2007 dargetan habe, warum an dessen Feststellungen Zweifel bestehen und eine andere Organisation bessere Erkenntnisse erbringen sollte. Die Auskunft des Auswärtigen Amtes enthielt nämlich zur behaupteten Verurteilung überhaupt keine Aussage, sondern befasste sich lediglich mit der Frage, ob ein vor dieser datiertes Schreiben echt sei.
bb) Darüber hinaus entbehrt die hypothetische Annahme des Verwaltungsgerichts, bei unterstellter Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Oberste Staatssicherheitsgericht zu zweieinhalb Jahren Gefängnis wegen Separatismus könne hierin keine politische Verfolgung gesehen werden, jeder tatsächlichen Grundlage.
Bei einer strafrechtlichen Verurteilung durch ein syrisches Staatssicherheitsgericht bedurfte es einer Auseinandersetzung mit dem Einzelfall, um festzustellen, ob in der Anwendung der Strafgesetze durch das Gericht eine Maßnahme politischer Verfolgung zu erblicken war (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Februar 2008 - 2 BvR 2141/06 -, NVwZ-RR 2008, S. 643 <644>). Das Verwaltungsgericht hätte erwägen und darlegen müssen, weshalb die Strafvorschrift als solche und nach der Strafverfolgungspraxis keinen Verfolgungscharakter aufweist, sowie Feststellungen dazu treffen müssen, dass die gegen den Betroffenen verhängte Strafe keine unverhältnismäßige, (auch) an asylerhebliche Merkmale anknüpfende Sanktion darstellt (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 3. August 2006 - 1 B 20/06 -, juris Rn. 3). In diesem Zusammenhang wäre auch der Behauptung des Beschwerdeführers, er sei im Zuge der Ermittlungen gefoltert worden, als Indiz für das Bestehen eines "Politmalus" nachzugehen gewesen.
Das Verwaltungsgericht hat ausweislich der Urteilsgründe keine dieser Erwägungen angestellt. Was die behauptete strafrechtliche Verurteilung angeht, hat es sich auf die - lediglich den Ausgangspunkt der gebotenen Befassung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers bildende - Feststellung beschränkt, dass die Pönalisierung und Bestrafung hochverräterischen Verhaltens als solche keine politische Verfolgung darstelle. Auf die vom Beschwerdeführer vorgetragene Folter und Misshandlung ist es nur insoweit eingegangen, als seiner Auffassung nach die Einvernahme des früheren Anwalts des Beschwerdeführers hierzu keinen Erkenntnisgewinn bringen könne und die vorgelegten ärztlich-psychologischen Stellungnahmen insoweit keinen eindeutigen Aussagegehalt aufwiesen. Damit hat es seiner Aufklärungspflicht nicht genügt. Der Beschwerdeführer hatte klar zu erkennen gegeben, dass er einen Zusammenhang zwischen der Behandlung in der Haft und dem anschließenden Strafverfahren für gegeben erachte. Das Verwaltungsgericht hätte deshalb seinen Schilderungen über die erlittene Folter durch eigene Sachverhaltsermittlungen weiter nachgehen müssen. Da es hiervon abgesehen hat, entbehrt seine Wertung, dass die unterstellte Strafverfolgungsmaßnahme keinen politischen Charakter aufweise, jeder tatsächlichen Grundlage.
3. Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf der Grundrechtsverletzung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Verwaltungsgericht bei hinreichender Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zu einer anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gelangt wäre. Die Kammer hebt deshalb nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12. Februar 2009 auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Auf das Vorliegen der weiter gerügten Grundrechtsverletzungen kommt es nicht an.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. November 2009 wird damit gegenstandslos.
III.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG, die Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).