Entscheidungsdatum: 10.07.2013
Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 15. September 2011 - 151 StVK 75/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. Dezember 2011 - 1 Ws 230/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Karlsruhe zurückverwiesen.
Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Grenzen der Zulässigkeit einer mit Entkleidung verbundenen Durchsuchung eines Strafgefangenen nach § 64 Abs. 3 des baden-württembergischen Justizvollzugsgesetzbuches III (JVollzGB III).
I.
1. Der Beschwerdeführer verbüßte in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal Freiheitsstrafen wegen Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Am 5. April 2011 wurde er vor einer Vorführung zum Landgericht Karlsruhe unter vollständiger Entkleidung und mit Inspektion der Körperöffnungen durchsucht und im Anschluss gefesselt von zwei Justizvollzugsbediensteten per Einzeltransport zum Termin gefahren. Bei Ankunft übergaben diese ihn zwei Wachtmeistern, die ihn zur Anhörung brachten. Nach der zwanzigminütigen Anhörung wurde er wieder den Justizvollzugsbediensteten übergeben und in die Justizvollzugsanstalt gefahren, dort von den Fesseln befreit und - entsprechend einer allgemeinen Anordnung des Amtsleiters - nach Entkleidung erneut körperlich durchsucht.
2. Gegen die nach seiner Rückkehr durchgeführte Durchsuchung beantragte der Beschwerdeführer gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG). Er habe die Durchsuchung als Erniedrigung und Demütigung empfunden, die ihresgleichen suche. Die baden-württembergische Regelung des § 64 Abs. 3 JVollzGB III entspreche derjenigen des § 84 Abs. 3 StVollzG, bei deren Erlass der Bundesgesetzgeber von einem maßvollen Umgang mit der Durchsuchungsbefugnis ausgegangen sei. Im konkreten Fall sei die Gefahr, dass der Beschwerdeführer den Aufenthalt außerhalb der Anstalt zum Einschmuggeln von Gegenständen missbrauchen würde, gänzlich ausgeschlossen gewesen. Der Beschwerdeführer habe am 5. April die Anstalt gefesselt verlassen und unter ständiger Aufsicht von zwei Justizvollzugsbeamten gestanden. Er habe nur Kontakt mit der Richterin der Strafvollstreckungskammer und den ihn begleitenden Vollzugsbeamten gehabt. Die mit vollständiger Entkleidung verbundene Durchsuchung sei mit Blick auf die Eingriffsschwere unverhältnismäßig. Ein Abtasten der Kleidung und/oder der Einsatz von Metallsonden hätten genügt.
Das Landgericht wies mit angegriffenem Beschluss den Antrag zurück. Die abstrakte Gefahr, dass der Kontakt mit Außenstehenden zum Einschmuggeln von Gegenständen missbraucht werden könnte, bestehe grundsätzlich bei jedem Kontakt mit der Außenwelt, also auch mit nicht der jeweiligen Vollzugsanstalt angehörenden Vollzugsbediensteten. Zwar lägen konkrete Verdachtsmomente für einen derartigen Missbrauch nicht einmal ansatzweise vor, solche seien nach § 64 Abs. 3 JVollzGB III aber auch nicht erforderlich.
3. Hiergegen legte der Beschwerdeführer Rechtsbeschwerde mit der Sachrüge ein. Insbesondere eine mit einer Analinspektion verbundene körperliche Durchsuchung stelle einen gravierenden Eingriff dar. Der Beschwerdeführer sei während seines gesamten Aufenthalts außerhalb der Anstalt gefesselt gewesen und habe unter permanenter Überwachung von Justizbeamten gestanden. Seine (nochmalige) körperliche Durchsuchung nach der Rückkehr sei unter diesen Umständen unverhältnismäßig, weil er keine Möglichkeit gehabt habe, verbotene Gegenstände an sich zu nehmen und in die Vollzugsanstalt zu schmuggeln. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte setze eine die Inspektion von Körperöffnungen einschließende Durchsuchung den Verdacht voraus, dass der Gefangene eine verbotene Sache oder Substanz verberge, die sich nur am unbekleideten Körper finden lasse. Selbst das Landgericht habe eingeräumt, dass es im Fall des Beschwerdeführers einen solchen Verdacht nicht ansatzweise gegeben habe. Der Einsatz einer Handdetektorsonde zur Durchsuchung nach Metallgegenständen hätte genügt. Die Ermessensvorschrift des § 64 Abs. 3 JVollzGB III gebe einem Anstaltsleiter keine "Blankoerlaubnis" zu unnötigen mit Entkleidung verbundenen Durchsuchungen, sondern verpflichte die Justizvollzugsanstalt zur Zurückhaltung, da die Justizvollzugsanstalt die Würde von Gefangenen zu beachten habe. Die vom Beschwerdeführer als zutiefst entwürdigend empfundene Durchsuchung ziehe auch psychische Folgen nach sich und habe mehrere Mitgefangene von der Wahrnehmung wichtiger Termine abgehalten. Da das Landgericht das Antragsvorbringen des Beschwerdeführers "nicht einmal in seinem Kerngehalt wiedergegeben" habe, bestünden erhebliche Zweifel an der Beachtung von Art. 103 Abs. 1 GG.
Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss einstimmig (§ 119 Abs. 3 StVollzG) die Rechtsbeschwerde als unzulässig; es sei nicht geboten, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
4. Mit der fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie aus Art. 19 Abs. 4 GG. Die angegriffenen Entscheidungen hätten unter Außerachtlassung der Grundrechte des Beschwerdeführers und insbesondere des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die angegriffene Durchsuchung bloß mit allgemeinen Erwägungen als rechtmäßig bestätigt, ohne sich mit den Besonderheiten des vorliegenden Falles auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen. Eine einfachgesetzliche Bestimmung ermächtige nicht zu Eingriffen in die Menschenwürde. § 84 Abs. 3 Variante 3 StVollzG, dem § 64 Abs. 3 Variante 3 JVollzGB III nachgebildet sei, solle das Einschmuggeln verbotener Gegenstände oder Substanzen verhindern, die sich der Gefangene namentlich im Rahmen von Vollzugslockerungen, bei denen er sich frei bewege, beschaffen könne. Der vorliegende Fall sei indes anders gelagert. Es entspreche nicht dem gesetzgeberischen Willen, Gefangene auch in besonders gelagerten Fällen wie dem vorliegenden innerhalb von zwei bis drei Stunden mehrfach unter vollständiger Entkleidung durchsuchen zu lassen. Angesichts permanenter Fesselung, ununterbrochenen Gewahrsams von Justizbediensteten und mangels Kontakts zu Personen, die nicht der Justiz angehörten, habe der Beschwerdeführer keine Möglichkeit gehabt, verbotene Gegenstände an sich zu nehmen oder gar in die Anstalt zu schmuggeln. Es hätte genügt, den Beschwerdeführer zum Entleeren der Taschen aufzufordern, seinen bekleideten Körper abzutasten oder ihn mit einer Handdetektorsonde nach Metallgegenständen abzusuchen. In vergleichbaren Fällen habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mangels Erforderlichkeit einer solchen Durchsuchung einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK festgestellt. Der Beschwerdeführer, der seiner Ladung zum Strafantritt Folge geleistet habe, sei eingedenk der seinen Verurteilungen zugrunde liegenden Delikte auch kein gefährlicher oder fluchtgefährlicher Gefangener. § 64 Abs. 3 JVollzGB III erteile der Anstalt keine Blankoerlaubnis zur generellen und zeitlich unbestimmten Anordnung von Durchsuchungen. Von der durch diese Vorschrift eingeräumten Befugnis sei nur sparsam Gebrauch zu machen. Der Bürger habe Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle.
5. Mit am 16. Januar 2012 eingegangenem Schreiben hat der Beschwerdeführer seinen Vortrag ergänzt und zusätzlich eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gerügt. Ihm als Muslim falle es besonders schwer, sich vor anderen Männern zu entkleiden und in sämtliche Körperöffnungen schauen zu lassen. Die Grundrechte der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sowie der ungestörten Religionsausübung gälten auch im Strafvollzug. Nach der Gesetzesbegründung zu § 64 JVollzGB III könne aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall, insbesondere wenn die Gefahr des Einschmuggelns besonders fernliegend erscheine, von einer "qualifizierten" Durchsuchung abgesehen werden. Ein solcher Fall habe hier vorgelegen.
6. Das baden-württembergische Justizministerium hat von der Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Danach ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und in einem die Kammerzuständigkeit begründenden Sinne (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) offensichtlich begründet.
1. Die Auslegung und Anwendung des § 64 Abs. 3 JVollzGB III durch das Landgericht verletzt den Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
a) aa) Auslegung und Anwendung des einfachen Gesetzesrechts sind grundsätzlich Aufgabe der Fachgerichte, unterliegen aber der verfassungsgerichtlichen Prüfung daraufhin, ob sie die Grenze zur Willkür überschreiten oder die Bedeutung eines Grundrechts grundsätzlich verkennen (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; stRspr). Der fachgerichtliche Spielraum ist insbesondere dann überschritten, wenn das Gericht bei der Gesetzesauslegung und -anwendung in offensichtlich nicht zu rechtfertigender Weise den vom Gesetzgeber gewollten und im Gesetzestext ausgedrückten Sinn des Gesetzes verfehlt (vgl. BVerfGE 86, 59 <64>) oder das zu berücksichtigende Grundrecht völlig unbeachtet lässt (vgl. BVerfGE 59, 231 <268 f.>; 77, 240 <255 f.>).
bb) Auch die Grundrechte Gefangener dürfen nur durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes und nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eingeschränkt werden (vgl. BVerfGE 33, 1 <11>; 89, 315 <322 f.>).
Durchsuchungen, die mit einer Entkleidung verbunden sind, stellen einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar (BVerfGK 2, 102 <105>). Dies gilt in besonderem Maße für Durchsuchungen, die mit einer Inspizierung von normalerweise bedeckten Körperöffnungen verbunden sind (BVerfGK 17, 9 <14>). Wegen des besonderen Gewichts von Eingriffen, die den Intimbereich und das Schamgefühl des Inhaftierten berühren, hat dieser Anspruch auf besondere Rücksichtnahme (vgl. BVerfGK 12, 422 <427>; 17, 9 <16>, m.w.N.).
Diese Wertung liegt auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zugrunde, die bei der Auslegung der Grundrechte des Grundgesetzes zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfGE 111, 307 <317>; 120, 180 <200 f.>; 128, 326 <370 f.>). Mit Entkleidungen und der Inspektion von Körperöffnungen verbundene Durchsuchungen können danach durch die Erfordernisse der Sicherheit und Ordnung der Haftanstalt gerechtfertigt sein; sie müssen aber in schonender Weise - unter anderem außerhalb möglichen Sichtkontakts anderer Gefangener oder unnötigerweise anwesenden Personals - und dürfen nicht routinemäßig, unabhängig von fallbezogenen Verdachtsgründen, durchgeführt werden (s. im Einzelnen EGMR, Urteil vom 4. Februar 2003, Van der Ven ./. Niederlande, Beschwerde Nr. 50901/99, Rn. 62; Urteil vom 4. Februar 2003, Lorsé u.a. ./. Niederlande, Beschwerde Nr. 52750/99, Rn. 74; Urteil vom 12. Juni 2007, Frérot ./. Frankreich, Beschwerde Nr. 70204/01, Rn. 41, 47; Urteil vom 27. November 2012, Savics ./. Lettland, Beschwerde Nr. 17892/03, Rn. 133, 142 ff.).
Ein Strafgefangener kann zwar nicht verlangen, dass unbegrenzt personelle und sonstige Mittel aufgewendet werden, um Beschränkungen seiner grundrechtlichen Freiheiten zu vermeiden (vgl. BVerfGE 34, 369 <380 f.>; 34, 384 <402>; 35, 307 <310>; 42, 95 <100 f.>; BVerfGK 13, 163 <166>; 13, 487 <492>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Mai 2013 - 2 BvR 2129/11 -, juris). Der bloße Umstand, dass Verwaltungsabläufe sich ohne eingriffsvermeidende Rücksichtnahmen einfacher gestalten, ist allerdings hinsichtlich der Anordnung von Durchsuchungen, die den Intimbereich und das Schamgefühl des Inhaftierten berühren, noch weniger als in anderen, weniger sensiblen Bereichen geeignet, den Verzicht auf solche Rücksichtnahmen zu rechtfertigen (vgl. BVerfGK 17, 9 <16>).
b) Nach diesen Maßstäben hält der angegriffene Beschluss des Landgerichts verfassungsrechtlicher Prüfung nicht stand.
aa) Der Gesetzgeber erlaubt in § 63 Abs. 4 JVollzGB III dem Anstaltsleiter, für drei vom Gesetzgeber als für die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt typischerweise besonders gefahrträchtig eingeschätzte Konstellationen allgemein anzuordnen, dass Durchsuchungen mit Entkleidung durchgeführt werden können. Hierdurch soll verhindert werden, dass Gefangene verbotene Gegenstände wie etwa Mobiltelefone, Betäubungsmittel, Bargeld oder Waffen in die Vollzugsanstalt einschmuggeln (vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Drucks 14/5012, S. 231). Dem Wortlaut der Regelung gemäß ("können", § 64 Abs. 3 JVollzGB III) hebt die Gesetzesbegründung hervor, dass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall, insbesondere wenn die Gefahr des Einschmuggelns besonders fernliegend erscheint, von einer Durchsuchung mit Entkleidung abgesehen werden kann (vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Drucks 14/5012, S. 231). Die so konzipierte Regelung trägt den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung.
Unter dem angesprochenen Vorbehalt der Abweichung in Einzelfällen, in denen dies aus Gründen der Verhältnismäßigkeit angezeigt ist, genügt für eine allgemeine Regelung im Sinne des § 64 Abs. 3 JVollzGB III die in den dort genannten Fällen, unter anderem bei Rückkehr eines Gefangenen von einem Aufenthalt außerhalb der Anstalt, gegebene abstrakte Gefahr des Einbringens von Drogen und anderen verbotenen Gegenständen (vgl. Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 64 JVollzGB III, Rn. 1 i.V.m. § 84 StVollzG, Rn. 6; zur Parallelvorschrift des § 84 Abs. 3 StVollzG Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 84 Rn. 12). Müssten in dieser Konstellation stets besondere positive Verdachtsgründe dafür vorliegen, dass gerade der betreffende konkrete Gefangene seinen Aufenthalt außerhalb der Anstalt zum Einschmuggeln verbotener Gegenstände nutzt, wäre es unmöglich, solches Einschmuggeln - unter anderem durch Gefangene, die selbst nicht zum Missbrauch geneigt sind, aber von Mitgefangenen für ihre Zwecke unter Druck gesetzt werden - wirksam zu unterbinden.
bb) (1) Das Landgericht hat jedoch die Entscheidung der Vollzugsbehörde nicht auf die Ausübung des Ermessens hin überprüft, das nach den dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstäben und nach der daran ausgerichteten einfachgesetzlichen Regelung zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Eingriffs ausgeübt werden muss, wenn für die handelnden Vollzugsbediensteten erkennbar ist oder jedenfalls mit praktikablem Aufwand erkennbar gemacht werden könnte, dass nach den konkreten Umständen des Einzelfalles die Gefahr eines Einschmuggelns fernliegen könnte. Die Notwendigkeit einer fallbezogenen Ermessensausübung hat es vielmehr der Sache nach allgemein verneint, indem es sich auf die Annahme gestützt hat, die abstrakte Gefahr des Einschmuggelns verbotener Gegenstände bestehe bei jedem Kontakt mit der Außenwelt und der Umstand, dass konkrete Verdachtsmomente für einen derartigen Missbrauch nicht einmal ansatzweise vorlägen, ändere nichts an der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung.
(2) Diese Verkennung der Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, bleibt nicht deshalb folgenlos, weil absehbar wäre, dass das Ergebnis der notwendigen Prüfung durch das Gericht und durch die Justizvollzugsanstalt nur zuungunsten des Beschwerdeführers hätte ausfallen können (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
Dass eine Gefahr des Einschmuggelns verbotener Gegenstände, der zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung der Anstalt mit einer Durchsuchung besonders eingreifender Art begegnet werden muss, selbst dann besteht, wenn ein Gefangener, wie hier vom Beschwerdeführer geltend gemacht, bei einer Aus- oder Vorführung von kurzer Dauer ständig gefesselt war, ununterbrochen unter Aufsicht von Justizbediensteten stand und nur mit diesen und einer Richterin Kontakt hatte, liegt wenig nahe und wäre daher besonderer Begründung bedürftig gewesen.
Ebensowenig versteht sich von selbst, dass die Berücksichtigung solcher besonderen Umstände an Praktikabilitätserwägungen scheitern müsste. Zwar ist die Berücksichtigung derartiger besonderer Umstände mit einem gewissen Aufwand zur Sicherung der notwendigen Kommunikation und ihrer Verlässlichkeit verbunden, denn die für die Entscheidung über die Durchsuchung zurückkehrender Gefangener innerhalb der Anstalt zuständigen Bediensteten benötigen über diese Umstände rechtzeitige und verlässliche, nicht nur von dem betreffenden Gefangenen selbst stammende Informationen. Angesichts der Schwere des Eingriffs, der sich aufgrund entsprechender Kommunikation als entbehrlich erweisen könnte, kann jedoch keine Rede davon sein, dass dies einer Berücksichtigungspflicht offensichtlich entgegenstünde.
2. Ob der Beschluss des Landgerichts weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt, bedarf angesichts der festgestellten Grundrechtsverletzung keiner Prüfung.
3. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.
a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).
b) § 119 Abs. 3 StVollzG erlaubt es dem Strafsenat, von einer Begründung der Rechtsbeschwerdeentscheidung abzusehen, wenn er die Beschwerde für unzulässig oder offensichtlich unbegründet erachtet. Da der Strafsenat von dieser Möglichkeit, deren Einräumung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 71, 122 <135>; 81, 97 <106>), Gebrauch gemacht hat, liegen über die Feststellung im Beschlusstenor hinaus, dass die in § 116 Abs. 1 StVollzG genannte Voraussetzung der Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde - Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung - nicht vorlägen, Entscheidungsgründe, die das Bundesverfassungsgericht einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterziehen könnte, nicht vor. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Beschluss selbst sich verfassungsrechtlicher Prüfung entzöge oder die Maßstäbe der Prüfung zu lockern wären. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Entscheidung bereits dann aufzuheben, wenn an ihrer Vereinbarkeit mit Grundrechten des Beschwerdeführers erhebliche Zweifel bestehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 1993 - 2 BvR 251/93 -, juris; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. März 2008 - 2 BvR 378/05 -, juris; Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1539/09 -, juris, und vom 29. Februar 2012 - 2 BvR 368/10 -, juris).
Dies ist angesichts der offenkundigen inhaltlichen Abweichung des landgerichtlichen Beschlusses von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zur Bedeutung einer solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 1 Ws 288/06 (StrVollz) -, juris) und der bei der Auslegung der Grundrechte zu berücksichtigenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (s.o. II.1.a)bb)) hier der Fall.
4. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auf den festgestellten Grundrechtsverstößen. Sie sind daher gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben; die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen.
III.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.