Entscheidungsdatum: 08.08.2012
1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
2. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen ihren Ausschluss von der Wiederholungswahl des Stadtrates und von 11 Bezirksvertretungen der Stadt D... am 26. August 2012.
1. Am 10. Dezember 2009 beschloss der Rat der Stadt D..., die Ratswahl vom 30. August 2009 für ungültig zu erklären und deren Wiederholung anzuordnen. Die hiergegen gerichtete Klage einiger gewählter Direktkandidaten blieb erfolglos; zuletzt hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 9. Mai 2012 (- 8 B 27/12 -, juris) die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 2011 (- 15 A 876/11 -, DVBl 2012, S. 588) zurückgewiesen. Am 16. Mai 2012 wurde der Rat der Stadt D… aufgelöst und der 26. August 2012 zum Wahltermin für den Stadtrat und für 11 Bezirksvertretungen bestimmt. Für diese Wahl hat die Beschwerdeführerin zu 1. Wahlvorschläge eingereicht und dabei auch den Beschwerdeführer zu 2. zur Wahl vorgeschlagen. Am 13. Juli 2012 lehnte der Wahlausschuss der Stadt D… die Zulassung der Wahlvorschläge der Beschwerdeführerin zu 1. ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies der Landeswahlausschuss mit Beschluss vom 25. Juli 2012 zurück.
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 38 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 3 Abs. 1 GG. Die Rechtsgrundlage für die Zurückweisung der Wahlvorschläge durch den Landeswahlausschuss, § 42 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz Nordrhein-Westfalen (KWahlG), sei verfassungswidrig, soweit danach bei der Wiederholungswahl nach denselben Wahlvorschlägen gewählt werde wie bei der für ungültig erklärten Wahl. Dadurch werde in unzulässiger Weise in die Grundsätze der allgemeinen und gleichen Wahl eingegriffen.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist.
1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landeswahlausschusses vom 25. Juli 2012 steht schon der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen, da der Rechtsweg nicht im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erschöpft worden ist.
Nach dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde muss eine Verfassungsbeschwerde erforderlich sein, um eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Dies ist nicht der Fall, wenn eine anderweitige Möglichkeit besteht oder bestand, die Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder ohne Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts im praktischen Ergebnis dasselbe zu erreichen (vgl. BVerfGE 22, 287 <290 ff.>; 81, 97 <102>). Denn die Verfassungsbeschwerde soll letzter, nur auf den Schutz der Grundrechte und bestimmter grundrechtsähnlicher Rechte beschränkter verfassungsrechtlicher Rechtsschutz sein, der lediglich dann eingreift, wenn die sonstigen Möglichkeiten zur allgemeinen richterlichen Nachprüfung bis zur letzten Instanz hin erschöpft sind (vgl. BVerfGE 9, 3 <7>; 10, 89 <98>).
Danach ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Die Beschwerdeführer haben die Möglichkeit, den Beschluss des Landeswahlausschusses nach der Wahl in einem Wahlprüfungsverfahren gerichtlich überprüfen zu lassen. Das Wahlprüfungsverfahren ist zweistufig ausgestaltet und lässt nach dem Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl (§§ 39, 40 KWahlG) die Klage beim Verwaltungsgericht zu (§ 41 Abs. 1 KWahlG). Gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 KWahlG kann im Wahlprüfungsverfahren gegen die von den Wahlbehörden bei der Vorbereitung der Wahl getroffenen Entscheidungen - etwa hinsichtlich der Zulassung von Wahlvorschlägen nach § 18 KWahlG - Einspruch eingelegt werden, um eine Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl gemäß § 40 Abs. 1 KWahlG herbeizuführen. Wird festgestellt, dass bei der Vorbereitung der Wahl oder bei der Wahlhandlung Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, die auf das Wahlergebnis im Wahlbezirk oder auf die Zuteilung der Sitze aus der Reserveliste von entscheidendem Einfluss gewesen sein können, so ist die Wahl in dem aus § 42 Abs. 1 KWahlG ersichtlichen Umfang für ungültig zu erklären und dementsprechend eine Wiederholungswahl anzuordnen (§ 42 KWahlG). Zu einem schweren und unabwendbaren Nachteil für die Beschwerdeführer, der ein Abrücken vom Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise rechtfertigen könnte (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG), führt der Verweis auf das Wahlprüfungsverfahren nicht.
2. Darüber hinaus steht den Beschwerdeführern kein mit der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Grundrecht zur Seite (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG).
Während bei Bundestagswahlen die Verletzung der Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG durch Anrufung des Bundesverfassungsgerichts gerügt werden kann, fehlt eine vergleichbare Möglichkeit, wenn es um die Durchsetzung dieser Grundsätze bei allgemeinen politischen Wahlen und Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG auf der Ebene der Länder geht (vgl. BVerfGE 99, 1 <7>;BVerfGK 15, 186 <189 f.>; 16, 31 <32>; BVerfG, Beschlüsse der Dritten Kammer des Zweiten Senats vom 11. Mai 2010 - 2 BvR 511/10 -, juris, Rn. 3; vom 18. Oktober 2010 - 2 BvR 2174/10 -, juris, Rn. 3; vom 26. Oktober 2010 - 2 BvR 1913/09 -, juris, Rn. 5, und vom 10. November 2010 - 2 BvR 1946/10 -, juris, Rn. 6; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. September 2011 - 2 BvR 2228/09 -, NVwZ-RR 2012, S. 2).
Art. 38 GG erfasst unmittelbar nur die Wahlen zum Deutschen Bundestag. Eine analoge Anwendung auf Wahlen in den Ländern scheidet mit Rücksicht auf die selbständigen Verfassungsräume von Bund und Ländern aus. Zwar verlangt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, dass die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl auch bei politischen Wahlen in den Ländern gelten. Die Länder haben diesem Verfassungsgebot bei der Regelung des Wahlrechts zu ihren Länderparlamenten und auf kommunaler Ebene zu genügen. Dem Einzelnen vermittelt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG jedoch keine mit der Verfassungsbeschwerde rügefähige subjektive Rechtsposition. Das objektivrechtliche Verfassungsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG kann auch nicht über die in Art. 2 Abs. 1 GG verbürgte allgemeine Handlungsfreiheit als subjektives Recht eingefordert werden. Im Anwendungsbereich von Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG scheidet auch ein Rückgriff auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG aus (vgl. BVerfGE 99, 1 <7 ff.>; BVerfGK 15, 186 <190>; 16, 31 <32>).
Die Länder gewährleisten den subjektivrechtlichen Schutz des Wahlrechts bei politischen Wahlen in ihrem Verfassungsraum allein und abschließend (vgl. BVerfGE 99, 1 <17>;BVerfGK 15, 186 <190>; 16, 31 <32 f.>). Den Beschwerdeführern steht im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachte Verletzung der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl ein Rechtsweg zur Verfügung. Das Wahlprüfungsverfahren ist - wie ausgeführt (oben II.1.) - zweistufig ausgestaltet und lässt nach dem Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl die Klage beim Verwaltungsgericht zu. Mehr ist von Verfassungs wegen nicht geboten, weil Art. 19 Abs. 4 GG keinen subjektiven verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz verbürgt (vgl. BVerfGE 99, 1 <19>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Mai 2010 - 2 BvR 511/10 -, juris, Rn. 6; und vom 10. November 2010 - 2 BvR 1946/10 -, juris, Rn. 8).
3. Die Verfassungsbeschwerde ist auch unzulässig, wenn sie dahingehend ausgelegt wird, dass sie sich unmittelbar gegen § 42 Abs. 2 KWahlG richtet. Unabhängig davon, dass die Jahresfrist zur Einlegung einer Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz verstrichen sein dürfte (vgl. § 93 Abs. 3 BVerfGG), gilt auch insoweit, dass den Beschwerdeführern ein mit der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht nicht zur Seite steht (vgl. oben II. 2.).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.