Entscheidungsdatum: 22.07.2010
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Sie ist unzulässig, weil der Grundsatz der Subsidiarität nicht gewahrt ist. Nach diesem Grundsatz muss der Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>).
In Ländern, die - wie Hessen - bis zum 1. Januar 2010 noch keine landesgesetzlichen Regelungen zum Vollzug der Untersuchungshaft getroffen haben, dürfen dem Untersuchungsgefangenen die zur Wahrung der Ordnung der Vollzugsanstalt erforderlichen Beschränkungen nach § 13 EGStPO in Verbindung mit § 119 Abs. 3 StPO a.F. auferlegt werden.
Der Beschwerdeführer, gegen den Sicherungsmaßnahmen zu seinem Schutz verhängt wurden, nachdem er von Mitgefangenen bedroht worden war, weil er der Anstalt gegenüber Mitteilungen über Drogengeschäfte der Gefangenen gemacht hatte, hat nach eigenen Angaben erst am 7. Juli 2010 dem "Ausgangsgericht" mitgeteilt, dass er inzwischen nicht mehr bedroht werde. Diese Information stand danach den Gerichten - auch dem Landgericht, dessen Entscheidung vom 5. Juli 2010 datiert - noch nicht zur Verfügung. Es war und ist daher Sache des Beschwerdeführers, die angegebene Veränderung der Sachlage zunächst mit einem Antrag auf Aufhebung der ihn belastenden Maßnahmen vor dem zuständigen Gericht geltend zu machen.
Dieses wird bei seiner Entscheidung auch die Grundsätze rechtsstaatlicher Zurechnung zu berücksichtigen haben. Mit diesen Grundsätzen ist es unvereinbar, wenn die Gefahr, dass bestimmte Personen sich in rechtswidriger Weise verhalten, nicht im Regelfall vorrangig diesen Personen zugerechnet und nach Möglichkeit durch ihnen gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abgewehrt wird, sondern ohne weiteres Dritte oder gar die potentiellen Opfer des drohenden rechtswidrigen Verhaltens zum Objekt eingreifender Maßnahmen der Gefahrenabwehr gemacht werden (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; BVerfGK 6, 260 <265>; 8, 307 <311>). Rechtsstaatliche Zurechnung muss darauf ausgerichtet sein, nicht rechtswidriges, sondern rechtmäßiges Verhalten zu begünstigen (vgl. BVerfGE 116, 24 <49>). Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den oder die Störer, sondern ohne weiteres - und in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden (BVerfGK 8, 307 <311>). Sind in einer Haftanstalt Maßnahmen zum Schutz eines Gefangenen vor Bedrohung durch Dritte erforderlich, müssen daher vorrangig bestehende - gegebenenfalls auch disziplinarische - Möglichkeiten der Einwirkung auf diejenigen ausgeschöpft werden, von denen die Bedrohung ausgeht. Eingreifende Maßnahmen gegenüber dem Bedrohten dürfen die Gerichte nicht anordnen oder billigen, ohne geprüft zu haben, ob sie nach diesen Grundsätzen unentbehrlich sind.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.