Entscheidungsdatum: 13.04.2016
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie jedenfalls unbegründet ist.
1. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. April 2015 verletzt zwar die Beschwerdeführer insoweit in ihrem Recht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, als das Oberlandesgericht § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO dahingehend ausgelegt hat, dass die Beschwerdeführer auch die Tatsache und den Inhalt der Vernehmung der Beschuldigten hätten mitteilen müssen, obwohl sie über diese nicht informiert worden sind. Denn es erschwert den von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG geschützten Zugang zu einer gerichtlichen Entscheidung in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise, wenn vom jeweiligen Antragsteller verlangt wird, sich für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO Kenntnis von den Akten zu verschaffen, obgleich hierfür keine Veranlassung besteht. Dazu besteht in der Regel nur dann Veranlassung, wenn der jeweilige Antragsteller mit dem Akteninhalt argumentiert (vgl. BVerfGK 14, 211 <216>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 1999 - 2 BvR 1339/98 -, NJW 2000, S. 1027; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 987/11 -, juris, Rn. 34). Vorliegend haben die Beschwerdeführer die Einlassungen der Beschuldigten jedoch nicht zur Begründung ihres Antrags herangezogen.
2. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. April 2015 beruht jedoch nicht auf dieser Grundrechtsverletzung. Das Oberlandesgericht hat - unabhängig vom Fehlen von Darlegungen zu den Einlassungen der Beschuldigten - bei seiner Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch darauf abgestellt, dass Sachvortrag zu der Frage fehle, inwieweit dem Beschuldigten Dr. K. bezüglich der ihm vorgeworfenen Tat ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen sei und in welcher Beziehung der Beschuldigte Dr. B. zum Tatgeschehen gestanden habe. Diese Anforderungen an einen Antrag gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 StPO sind im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht zu beanstanden.
a) § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO spricht von der Angabe der Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und der diese belegenden Beweismittel. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn diese Norm dahingehend ausgelegt wird, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten muss, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigt, und dass die Sachdarstellung in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiederzugeben hat, wodurch das Oberlandesgericht in die Lage versetzt werden soll, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen (vgl. BVerfGK 14, 211 <214 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. April 1992 - 2 BvR 877/89 -, NJW 1993, S. 382 <382>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 1999 - 2 BvR 1339/98 -, NJW 2000, S. 1027; stRspr). Es verstößt insofern nicht gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, wenn von einem Antragsteller im Rahmen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO verlangt wird, dass er den für strafbar erachteten Sachverhalt in sich geschlossen so darstellt, dass dieser - als wahr unterstellt - die Erhebung der öffentlichen Klage gegen den Beschuldigten rechtfertigen würde.
b) Gemessen hieran ist die Annahme das Oberlandesgerichts Hamm, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung - unabhängig vom Fehlen von Darlegungen zu den Einlassungen der Beschuldigten - nicht den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO entspreche, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Vorliegend haben die Beschwerdeführer in ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung zum Schuldvorwurf gegenüber dem Beschuldigten Dr. K. weder Tatsachen vorgetragen noch Beweismittel angegeben. Ihr Vortrag hinsichtlich dieses Beschuldigten beschränkt sich auf die kausale Verursachung des Todes von Frau V. Auch die im Antrag auf gerichtliche Entscheidung dargestellten beziehungsweise ausgewerteten Gutachten haben keine irgendwie geartete Sorgfaltspflichtverletzung des Beschuldigten Dr. K. behauptet. Insofern fehlt eine Sachverhaltsdarstellung, die bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts - das heißt ohne Berücksichtigung möglicherweise entlastender Umstände - die Erhebung der öffentlichen Klage rechtfertigen würde.
bb) Zum Beweis des gegen den Beschuldigten Dr. B. erhobenen Strafvorwurfs haben sich die Beschwerdeführer maßgeblich auf die gutachterlichen Einschätzungen von Herrn Dr. PD B. berufen. Dieser hat in seinen Stellungnahmen durchgehend Fehler bei der Behandlung von Frau V. im Krankenhaus U. festgestellt. Herr PD Dr. B. hat jedoch in seinem Gutachten vom 24. November 2014 ausdrücklich auch angemerkt, dass nicht festgestellt werden könne, wer die von ihm als fehlerhaft eingestufte Einschätzung, die Patientin nicht zu operieren, getroffen habe. Auf die Frage, ob der aus dem Gutachten von Herrn PD Dr. B. abgeleitete Fahrlässigkeitsvorwurf gerade gegenüber dem Beschuldigten Dr. B. erhoben werden kann, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung trotz durch das Gutachten von Herrn PD Dr. B. gegebener Veranlassung nicht eingegangen. Zwar kann im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung - in Übereinstimmung mit dem Wortlaut von § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO - grundsätzlich nur die Darstellung klagebegründender und damit belastender Tatsachen und Beweismittel verlangt werden. Denn die Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts, also be- und entlastender Umstände, ist Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden (vgl. § 160 Abs. 2 StPO) und der Gerichte, die im Rahmen eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht insgesamt auf den jeweiligen Antragsteller übergeht. Wenn aber ein Beweismittel für den Strafvorwurf benannt und herangezogen wird und diesem auch entlastende Umstände - vorliegend die Nichtfeststellbarkeit der Schuld einer bestimmten Person - zu entnehmen sind, so muss auch auf diese (entkräftend) eingegangen werden, um den Sachverhalt, wie von § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO gefordert, schlüssig darzustellen und insofern dem Zweck von § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO, die Oberlandesgerichte vor unsachgemäßen Anträgen zu schützen, gerecht zu werden. Andernfalls könnte das mit der Pflicht, den Sachverhalt aus sich heraus so darzustellen, dass er ohne Rückgriff auf die Akten auf seine Schlüssigkeit hin überprüft werden kann, erstrebte Ziel der Entlastung der Oberlandesgerichte durch eine selektive Darstellung des Inhalts von (gerade nicht nur belastenden) Beweismitteln ohne Weiteres unterlaufen werden. Bei einer nur selektiven, im Einzelfall vielleicht sogar sinnentstellenden Wiedergabe von Beweismitteln kann ein unzutreffendes Bild von dem (den Beschuldigten angeblich belastenden) Ermittlungsergebnis entstehen, das nicht ohne Weiteres im Rahmen einer bloßen Schlüssigkeitsprüfung wieder berichtigt werden kann. Soweit der jeweilige Antragsteller durch diese Anforderung verpflichtet wird, gegebenenfalls auch Umstände vorzutragen, die den Beschuldigten entlasten könnten, ist dies hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 987/11 -, juris, Rn. 34).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.