Entscheidungsdatum: 30.06.2014
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. August 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die auf die Zulassungsgründe der Divergenz und des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO, § 69 BDG und § 41 Disziplinargesetz des Landes Berlin - DiszG -) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der 1967 geborene Beklagte ist seit 1984 Polizeibeamter in Diensten des Klägers, zuletzt im Amt eines Polizeikommissars (Besoldungsgruppe A 9). Er war im November 2001 als Polizist und Sanitäter in der hausinternen Krankenstation eines Abschiebegewahrsams tätig. Im Jahr 2005 wurde er wegen sexuellen Missbrauchs von behördlich Verwahrten in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Landgericht hat u.a festgestellt, dass der Beklagte eine 17-jährige Abschiebegefangene am 25. und am 29. November 2001 hat vorführen lassen, sie an den Innenseiten der Oberschenkel massierte und ihr ein Zäpfchen in den After und in die Scheide einführte, um sich sexuell zu erregen.
Im nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzten sachgleichen Disziplinarverfahren ist der Beklagte im Jahre 2009 erstinstanzlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten mit Urteil vom 10. November 2011 die Disziplinarklage abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, die Disziplinarklage sei unzulässig, weil sie nicht von der nach Landesrecht zuständigen Stelle erhoben worden sei. Nach Änderung der einschlägigen Rechtsvorschriften hat dieselbe Behörde des Klägers im März 2012 erneut Disziplinarklage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, die Berufung des Beklagten beim Oberverwaltungsgericht ist erfolglos geblieben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Disziplinarklage sei zulässig, weil die Rechtskraft des die erste Disziplinarklage als unzulässig abweisenden Prozessurteils aus dem Jahr 2011 nach Änderung der Rechtsvorschriften einer erneuten Erhebung der Disziplinarklage nicht entgegenstehe. Die Bindungswirkung des Strafurteils sei nicht wegen offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften entfallen. Das Strafgericht habe insbesondere die Amtsaufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO nicht dadurch verletzt, dass es die seinerzeit im Ausland (Ukraine) befindliche Zeugin, der die Geschädigte am 29. November 2001 von dem Geschehen berichtet hatte, nicht gehört habe. Denn darauf habe nach § 244 Abs. 5 StPO verzichtet werden können; das Verbot der Beweisantizipation gelte hier nicht.
2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 69 BDG und § 41 DiszG).
Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen. Eine Divergenz liegt nicht vor, wenn das Berufungsgericht den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, ohne ihm inhaltlich zu widersprechen, in dem zu entscheidenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt oder daraus nicht die Folgerungen gezogen hat, die für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr, vgl. nur Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Die Beschwerde rügt eine Abweichung des Berufungsurteils von dem Rechtssatz in dem zu § 58 Abs. 1 des Landesdisziplinargesetzes von Brandenburg ergangenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2013 - BVerwG 2 B 22.12 - (NVwZ-RR 2013, 557). Während das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der für das Entfallen der Bindungswirkung erforderlichen Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften allein auf solche des Strafprozessrechts abgestellt habe, stelle das Oberverwaltungsgericht auf höchstrichterliche verwaltungsgerichtliche, nicht einschlägige Rechtsprechung ab, um eine offenkundige Verletzung von Verfahrensvorschriften zu verneinen.
Die behauptete Divergenz besteht nicht. Zum einen ist die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu einer Bestimmung des Landesdisziplinarrechts von Brandenburg und damit zu einer anderen Vorschrift als der im vorliegenden Fall einschlägigen Vorschrift des Berliner Lan-desdisziplinarrechts ergangen. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt aber voraus, dass hinsichtlich derselben Rechtsvorschrift ein prinzipieller Auffassungsunterschied besteht (vgl. Beschluss vom 4. Februar 1999 - BVerwG 6 B 131.98 - Buchholz 251.8 § 94 RhPPersVG Nr. 1 = NVwZ-RR 1999, 374 m.w.N.).
Zum zweiten besteht die von der Beschwerde angenommene Divergenz auch inhaltlich nicht: Nach dem von der Beschwerde angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2012 (a.a.O. Rn. 7) dient die gesetzliche Bindungswirkung der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass zu ein-und demselben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Daher sind die Verwaltungsgerichte nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten "sehenden Auges" auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, dass das Strafurteil auf einer Urteilsabsprache beruht, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung, wenn Beweismittel eingeführt würden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen.
Die abstrakten Ausführungen im Berufungsurteil (UA S. 17) entsprechen den zitierten Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts vollständig. Auch die Ausführungen im Rahmen der Subsumtion (UA S. 18) begründen nicht die von der Beschwerde angenommene Divergenz. Das Berufungsgericht prüft ausdrücklich § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO als strafrechtliche Norm. Dass es dabei das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 2012 - BVerwG 2 A 11.10 - (juris Rn. 53) zitiert, bedeutet keine Modifizierung des Prüfungsmaßstabes, zumal das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Urteilspassage seinerseits die strafprozessuale Norm des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO prüft.
3. Das Urteil leidet nicht an den vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG und § 41 DiszG).
a) Die Beschwerde rügt zum einen als Verfahrensfehler, dass das Berufungsgericht die entgegenstehende Rechtskraft seines klageabweisenden Urteils aus dem Jahre 2011 missachtet habe. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 10. November 2011 entfaltet jedoch keine Rechtskraftwirkung dahingehend, dass es die erneute Erhebung der Disziplinarklage und eine Verurteilung des Beklagten im gerichtlichen Disziplinarverfahren hindert.
Nach § 121 Nr. 1 VwGO (i.V.m. § 3 BDG und § 3 DiszG) werden die Beteiligten durch rechtskräftige Urteile gebunden, "soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist". Die Rechtskraft eines Urteils bindet auch, wenn und soweit sich die im Urteil entschiedene Frage in einem späteren Verfahren mit anderem Streitgegenstand als Vorfrage stellt (Urteil vom 24. November 1998 - BVerwG 9 C 53.97 - BVerwGE 108, 30 <33> = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 3 S. 4 f. jeweils m.w.N.). Die Rechtskraft eines Urteils soll gerade verhindern, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch ein Urteil rechtskräftig entschieden worden ist, bei unveränderter Sach- und Rechtslage - mit der Gefahr unterschiedlicher Ergebnisse - erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Beteiligten gemacht wird. Das Gericht ist im Folgeverfahren an einer erneuten Sachprüfung gehindert (Urteile vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 12.92 - BVerwGE 91, 256 <258> = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 63 S. 15, vom 10. Mai 1994 - BVerwG 9 C 501.93 - BVerwGE 96, 24 <26> = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 68 S. 2 f. m.w.N. und vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 2 C 41.11 - NVwZ-RR 2013, 320 Rn. 24; BGH, Urteil vom 17. Februar 1983 - III ZR 184/81 - NJW 1983, 2032).
Der Inhalt des formell rechtskräftigen Urteils und damit der Umfang der Rechtskraft ist der Entscheidung im Ganzen zu entnehmen. Maßgebend ist in erster Linie die Urteilsformel. Lässt die Urteilsformel den Inhalt der Entscheidung nicht mit Sicherheit erkennen, sind Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen ergänzend heranzuziehen (vgl. Urteile vom 17. Dezember 1963 - BVerwG 2 C 20.63 - BVerwGE 17, 293 <299> = Buchholz 310 § 173 Anh. VwGO § 322 ZPO Nr. 1 S. 6 und vom 21. September 1984 - BVerwG 8 C 4.82 - BVerwGE 70, 159 <161> = Buchholz 412.3 § 15 BVFG Nr. 19 S. 3; BGH, Urteile vom 27. Februar 1961 - III ZR 16/60 - BGHZ 34, 337 <339>, vom 3. Juli 1961 - III ZR 19/60 - BGHZ 35, 338 <340>, vom 14. Februar 1962 - IV ZR 156/61 - BGHZ 36, 365 <367> und vom 17. Februar 1983 - III ZR 184/81 - NJW 1983, 2032).
Das Oberverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 10. November 2011 das vorherige erstinstanzliche Sachurteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Disziplinarklage abgewiesen. Bei - nicht bereits aus dem Entscheidungstenor für den Umfang der Rechtskraft aussagekräftigen - klageabweisenden Urteilen sind, wie dargelegt, zur Bestimmung der Rechtskraftwirkung zusätzlich die Entscheidungsgründe heranzuziehen. Das Urteil vom 10. November 2011 hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die (Disziplinar-)Klage abgewiesen, weil sie nicht von der zuständigen Stelle erhoben war. Die Rechtskraftwirkung dieses Urteils erstreckt sich demnach lediglich auf die Zuständigkeitsfrage; eine Sachentscheidung über eine Disziplinarmaßnahme, die in materielle Rechtskraft hätte erwachsen und damit zum Verbrauch der Disziplinargewalt des Dienstherrn hätte führen können, hat das Oberverwaltungsgericht nicht getroffen. Dass dieses Urteil als Berufungsurteil zugleich die entgegenstehende Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben hat, macht das Prozessurteil nicht zu einem Sachurteil. Damit stand die Rechtskraft des Urteils vom 10. November 2011 der erneuten Erhebung der Disziplinarklage - durch die zuständige Behörde oder durch die nach Änderung der Rechtslage zuständig gewordene Behörde - nicht entgegen.
Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Regelung in § 41 DiszG i.V.m. § 55 BDG. Nach § 55 Abs. 3 Satz 1 BDG kann das Gericht dem Dienstherrn zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels der Klageschrift eine Frist setzen. Wird der Mangel nicht innerhalb dieser Frist beseitigt, wird das Disziplinarverfahren durch Beschluss des Gerichts eingestellt (§ 55 Abs. 3 Satz 3 BDG). Auch diese Vorschrift macht deutlich, dass ein Mangel der Klageschrift als solche keinen Verbrauch des Disziplinaranspruchs zur Folge hat. Es bedarf hierzu der Einstellung des Disziplinarverfahrens, sei es durch Beschluss des Gerichts nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist ohne Beseitigung des Mangels (§ 55 Abs. 3 Satz 3 BDG) oder sei es durch behördliche Einstellungsverfügung (§ 32 BDG).
b) Soweit die Beschwerde außerdem als Verfahrensfehler rügt, das Urteil vom 10. November 2011 hätte nicht als Prozessurteil ergehen dürfen, sondern als Sachurteil ergehen müssen, so kann sie damit im Verfahren gegen das in vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 1. August 2013 nicht durchdringen. Ein Verfahrensfehler des damaligen Berufungsurteils hätte im Rahmen der - vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen - Revision gegen dieses Urteil gerügt werden müssen.
Ein Beklagter kann durch ein die Klage abweisendes Prozessurteil beschwert sein. Denn ein Prozessurteil entfaltet - wie oben dargelegt, Rn. 12 ff. - keine materielle Rechtskraft, so dass der Beklagte das Risiko hat, erneut mit einer Klage überzogen zu werden. Immer dann, wenn das die Klage abweisende Prozessurteil in geringerem Umfang in materielle Rechtskraft erwächst als ein Sachurteil, ist der Beklagte durch das Prozessurteil beschwert. Diese für den Zivilprozess entwickelten Grundsätze gelten auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Urteile vom 10. April 1968 - BVerwG 4 C 160.65 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 29 S. 2 f. und vom 12. Januar 2012 - BVerwG 7 C 5.11 - BVerwGE 141, 311 = Buchholz 418.9 TierSchG Nr. 20 jew. Rn. 34 ff.). Unerheblich ist insoweit, ob Beklagter eine Behörde, eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein Bürger ist. Das Recht, eine abschließende Entscheidung in der Sache im laufenden Verfahren zu erstreiten, steht - selbstverständlich - dem Bürger ebenso zu wie der Behörde und der juristischen Person des öffentlichen Rechts.
Im Disziplinarklageverfahren, in dem sich der Beamte in der Rolle des Beklagten befindet, gelten insoweit keine Besonderheiten: Eine Abweisung der Disziplinarklage wegen eines Zuständigkeitsmangels bei der Erhebung der Disziplinarklage führt - wie dargelegt - nicht zum Verbrauch der Disziplinarklage, so dass eine erneute Klageerhebung möglich bleibt. Hierin liegt die Beschwer des Beklagten in einem Disziplinarklageverfahren. Ist er der Ansicht, das Tatsachengericht habe aufgrund eines Verfahrensfehlers von einer Sachentscheidung abgesehen, kann er dies im Rechtsmittelverfahren gegen das Prozessurteil rügen. Dementsprechend hätte der Beklagte den von ihm angenommenen Verfahrensfehler in einem Rechtsmittelverfahren gegen das Prozessurteil vom 10. November 2011 rügen können. Eine Rüge im Verfahren gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 1. August 2013 ist demgegenüber ausgeschlossen, zumal nicht erkennbar ist, dass ein solcher etwaiger Verfahrensfehler auch diesem Urteil anhaften würde.
c) Ohne Erfolg bleibt auch die Verfahrensrüge, das Berufungsurteil verletze § 49 Abs. 1 Satz 1 DiszG (i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG und § 127 Nr. 2 BRRG).
Nach § 49 Abs. 1 Satz 1 DiszG vom 29. Juni 2004 (GBl Bln S. 263), geändert durch Gesetz vom 19. März 2009 (GVBl Bln S. 70), werden die nach bisherigem Recht eingeleiteten Disziplinarverfahren in der Lage, in der sie sich bei Inkrafttreten dieses Gesetzes befinden, nach diesem Gesetz fortgeführt, soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist. Die Beschwerde nimmt an, dass das Berufungsgericht nach dieser Bestimmung das erstinstanz-liche Urteil hätte aufheben und die Disziplinarklage als unzulässig hätte zurückweisen müssen, weil das im Jahre 2002 eingeleitete Disziplinarverfahren mit dem Berufungsurteil vom 10. November 2011 seinen Abschluss gefunden habe. Das gerichtliche Verfahren nach der erneuten Disziplinarklage sei ein neues Verfahren gewesen. Da das ursprüngliche Disziplinarverfahren nicht habe fortgeführt werden können, hätte die Disziplinarklage als unzulässig abgewiesen werden müssen.
Die Übergangsbestimmung des § 49 DiszG regelt die Fortführung von nach dem vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Disziplinarverfahren; solche Disziplinarverfahren werden grundsätzlich nach neuem Recht und nur in - im Einzelnen aufgeführten - Ausnahmefällen nach altem Recht fortgeführt. Für erst während der Gültigkeit des neuen Rechts eingeleitete Disziplinarverfahren gilt ohne Weiteres das neue Recht. Demzufolge kann aus dieser Bestimmung nicht die Unzulässigkeit der nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 10. November 2011 erneut erhobenen Disziplinarklage hergeleitet werden. Da sich die Rechtskraft dieses Urteils - wie ausgeführt - nur auf die Zuständigkeit der Stelle bezog, die die Disziplinarklage erhoben hatte, nicht aber den Disziplinaranspruch materiell erledigte, ist die - nach Beseitigung des Zuständigkeitshindernisses erhobene - neue Disziplinarklage in Fortführung des ursprünglichen Disziplinarverfahrens ergangen. Im Übrigen könnte eine Übergangsvorschrift wie § 49 DiszG ohnehin nicht die Beendigung eines Disziplinarverfahrens bewirken: Liegt - wie hier - keine materielle Rechtskraft mit der Folge der Beendigung des Verfahrens vor und wäre die Übergangsvorschrift des § 49 DiszG nicht anwendbar, weil es sich um ein neues Disziplinarverfahren und nicht um ein nach früherem Recht begonnenes altes Disziplinarverfahren handeln würde, dann wäre Rechtsfolge die unmittelbare Anwendbarkeit des neuen Disziplinarrechts, nicht aber die Unzulässigkeit der Führung eines Disziplinarverfahrens.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, §§ 3, 77 BDG, § 41 DiszG. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil nach § 41 DiszG Gerichtsgebühren nach der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden (§ 85 Abs. 12 BDG).