Entscheidungsdatum: 28.03.2017
Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit erneut nach § 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - LDG NRW - i.V.m. § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf den vom Beklagten der Sache nach geltend gemachten Verletzungen des Überzeugungsgrundsatzes nach § 108 Abs. 1 VwGO und der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO beruht.
1. Der 1956 geborene Beklagte steht seit 2001 als Professor für das Fach "Angewandte Biologie, insbesondere Molekularbiologie und Labormedizin" (Besoldungsgruppe C 3 BBesO) im Dienst der Klägerin. In genehmigter Nebentätigkeit war der Beklagte zugleich Geschäftsführer zweier privater Unternehmen. Durch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom Juli 2008 verurteilte ihn das Amtsgericht wegen Betrugs und Subventionsbetrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darin wurde dem Beklagten zur Last gelegt, in den Jahren 2004 und 2006 Scheinangebote nach Vorgaben des damaligen Prorektors der Klägerin abgegeben oder im Zuge von Förderanträgen unzutreffende Angaben gemacht zu haben, um dadurch zu Unrecht Fördermittel des Landes, seines damaligen Dienstherrn, in Höhe von insgesamt ca. 600 000 € zugunsten der Klägerin zu erlangen.
Auf die darauf gestützte und auf Entfernung aus dem Dienst gerichtete Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht gegen den Beklagten auf eine Kürzung der Dienstbezüge erkannt. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf Berufung der Klägerin geändert und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. In den Gründen des Berufungsurteils heißt es im Wesentlichen, der Beklagte habe, um der Klägerin als einer gegenüber dem Land Nordrhein-Westfalen selbstständigen Körperschaft einen unberechtigten Vermögensvorteil zu verschaffen, an einer Täuschungsaktion gegenüber dem zuständigen Ministerium mitgewirkt, indem er mit falschen Angaben Fördergelder beantragt habe. Bei der Maßnahmebemessung sei insbesondere der Gesamtschaden von Bedeutung. Mildernd möge zwar zu berücksichtigen sein, dass die vom Land bereitgestellten 450 000 € den Zuwendungszweck zwar verfehlt, aber nicht völlig wertlos ausgefallen seien. Erschwerend wirke sich indes aus, dass es sich um zwei Betrugsstraftaten handele und der Beklagte mit hoher krimineller Energie gehandelt habe. Besonders schwerwiegend sei, dass der Beklagte als Hochschullehrer und damit in einer besonderen Vertrauensposition versagt habe. Von einem Hochschullehrer werde erwartet, dass er mit den der Hochschule oder hochschuleigenen Einrichtungen zugewiesenen Mitteln absolut zuverlässig umgehe und Fehlverhalten anderer Hochschulangehöriger entgegentrete.
Der Senat hat das Berufungsurteil mit Beschluss vom 6. Mai 2015 - 2 B 19.14 - (Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 31) wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben und an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen: Es beruhe auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs, weil das Oberverwaltungsgericht den Status des Beklagten als Hochschullehrer bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme erschwerend berücksichtigt habe, ohne darauf zuvor hinzuweisen; hinzu komme, dass ein solcher "Hochschullehrer-Malus" für innerdienstliche Vermögensverluste der bisherigen Disziplinarrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnommen werden könne (a.a.O. Rn. 16 - 20).
Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28. Oktober 2015 erneut auf die Entfernung aus dem Dienst erkannt. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.
2. Die Beschwerde rügt mit Erfolg Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Zwar ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht ersichtlich (a). Das angefochtene Urteil beruht aber auf einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (b) und des Überzeugungsgrundsatzes (c).
a) Der in Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs garantiert den Beteiligten eines Gerichtsverfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der Entscheidung zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen (BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <408 f.>). Hieraus ergibt sich zwar keine allgemeine Frage- oder Aufklärungspflicht des Richters. Ein Gericht verstößt aber dann gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 - BVerfGE 96, 189 <204>, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341 <345 f.> und BVerwG, Beschluss vom 12. November 2014 - 2 B 67.14 - ZBR 2015, 92 Rn. 10).
Für eine Verletzung dieser Maßstäbe durch das Oberverwaltungsgericht ist nichts ersichtlich. Das Oberverwaltungsgericht hat sich mit dem Vortrag des Beklagten - er habe sich in erster Linie als Wissenschaftler und weniger als Beamter gesehen, sei bloßer Mitläufer bei den maßgeblich von anderen initiierten Betrugshandlungen gewesen und seine Amtsstellung als Hochschullehrer dürfe bei einer disziplinarrechtlichen Maßnahmebemessung nicht generell erschwerend wirken - auseinander gesetzt. Die vom Oberverwaltungsgericht gezogene allgemeine Folgerung, die Wissenschaftsfreiheit befreie den Hochschullehrer nicht von den ihm als Beamten allgemein obliegenden Pflichten, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
b) Der Beklagte macht darüber hinaus der Sache nach aber zu Recht geltend, dass das Oberverwaltungsgericht bei der erneuten Verhandlung versäumt hat, den von ihm - dem Beklagten - angegebenen Tatsachen, das Ministerium sei durch die Beantragung der Fördermittel 2004 und 2006 nicht getäuscht worden und er sei nur "Mitläufer" gewesen, nachzugehen.
Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 57 Abs. 1 LDG NRW (§ 58 Abs. 1 BDG) obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, den Sachverhalt auch in Bezug auf die bemessungsrelevanten Umstände (§ 13 Abs. 2 LDG NRW = § 13 Abs. 1 BDG) aufzuklären, soweit dies für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderlich und nach Lage der Dinge zumutbar erscheint. Das Gericht darf eine Aufklärungsmaßnahme, die sich ihm nach den Umständen des Falles hat aufdrängen müssen, nicht deshalb unterlassen, weil kein Beweisantrag gestellt worden ist (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 7 und vom 6. September 2012 - 2 B 31.12 - juris Rn. 11). Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Vorgaben des materiellen Rechts. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich ohne ausdrücklichen Beweisantrag auf, wenn das Gericht nach seinem materiellrechtlichen Standpunkt Anlass zur weiteren Aufklärung sehen muss, weil die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 28.10 - BVerwGE 140, 199 Rn. 25 und Beschluss vom 23. Februar 2012 - 2 B 143.11 - juris Rn. 10).
An diesen Grundsätzen gemessen hätte sich dem Oberverwaltungsgericht spätestens nach den Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2015 aufdrängen müssen, die näheren Umstände um die Fördermittelanträge 2004 und 2006 auch in Bezug auf die Rolle der in den Ministerien mit der Angelegenheit befassten Personen aufzuklären. Nur so hätte das Gericht Gewissheit darüber erlangen können, ob die verantwortlich handelnden Personen in der Ministerialverwaltung Getäuschte waren oder ob sie oder einzelne von ihnen von den fingierten Antragstellungen wussten oder solche in Kauf nahmen. Dies hat Bedeutung für die Schwere des Dienstvergehens und die Bewertung der Persönlichkeit des Beklagten.
Der Beklagte hat in seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 28. Oktober 2015 mehrfach erklärt, die streitgegenständlichen Förderanträge 2004 und 2006 seien sowohl mit der Hochschule (Dr. N.) als auch mit dem Ministerium intensiv erörtert worden. Die Initiative für die Forschungsanträge sei vom Ministerium ausgegangen und nach seiner Wahrnehmung hätten Ministerium, Hochschule und Fachbereich nur gewollt, dass mit den zur Verfügung gestellten Geldern etwas Sinnvolles gemacht werde. Das Ministerium sei über die Umstände der Mittelbeantragung nicht getäuscht worden. Bereits zuvor hatte der Bevollmächtigte gegenüber dem Oberverwaltungsgericht schriftlich ausgeführt, der Beklagte habe bei der Beantragung der öffentlichen Fördermittel auf Weisung und in Abstimmung mit seinen Vorgesetzten als ein "Mitläufer" oder "Zahnrad" gehandelt, wobei er habe davon ausgehen dürfen, dass die Mittelbeantragung in Abstimmung zwischen Ministerium und seinen Vorgesetzten erfolgt sei.
Auf der Grundlage dieser Aussagen des Beklagten ist das Unterlassen einer Beweiserhebung durch Vernehmung von Dr. N. und der für die Ministerialverwaltung handelnden Personen durch das Berufungsgericht mit der gerichtlichen Pflicht zur Sachaufklärung nicht vereinbar. Im Urteil des Berufungsgerichts vom 28. Oktober 2015 (UA S. 49) heißt es wörtlich:
"Hinsichtlich der hier allein in Rede stehenden Förderanträge aus den Jahren 2004 und 2006 beschränkte sich die Mitwirkung des Ministeriums nach Darstellung des Beklagten auf eine von dort ausgehende Initiative durch die Mitteilung an die Führung der Klägerin, es stünden Gelder zur Verfügung, mit denen 'etwas Sinnvolles', möglichst in der Region bzw. zu Gunsten eines 'Leuchtturmprojekts' gemacht werden sollte. Dieses Vorbringen steht mit den oben wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen in Einklang, nach denen den Förderanträgen jeweils Mitteilungen des Ministeriums über das Vorhandensein von Fördermitteln an die Klägerin vorausgingen. Es rechtfertigt aber weder die Schlussfolgerung, das Ministerium habe das hier in Rede stehende Vorgehen des Beklagten 'so gewollt', noch steht es der Bewertung entgegen, dem Beklagten fielen zwei Betrugsdelikte zu Lasten des Landes und damit ein Dienstvergehen zur Last."
Die zitierten Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts belegen nicht hinreichend sicher, dass auf ministerieller Seite keine Kenntnis und stillschweigende Billigung der fingierten Förderanträge 2004 und 2006 bestand. Dies gilt umso mehr als sie auch im Hinblick auf den Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte nicht unerhebliche Zweifel aufwerfen. In der dort (Bl. 2247) enthaltenen Aussage von Dr. N. vom 4. Mai 2007 zu den Personen S1 (Wissenschaftsministerium), Dr. St. (Wirtschaftsministerium) und D. (Finanzministerium) heißt es den Förderantrag von Dezember 2004 betreffend:
"Ich werde gefragt, ob die Herren gewusst haben, dass der Fördermittelantrag 'fingiert' war ... Bzgl. der Personen S1 und Dr. St. kann ich das mit einem klaren Nein beantworten, bei Herrn D. bin ich mir nicht so sicher, hier würde (ich) 'eher ja sagen wollen', ohne dies aber behaupten zu wollen. Das 'eher ja' resultiert aus dem Verhältnis zwischen S2 und D. und den verschiedenen Gesprächen, die ich mit S2 hatte, bzw. Informationen, die ich von anderer Seite hatte."
Dem entsprechend fand laut einem in den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten befindlichen Protokoll (Bl. 2263) am 13. Oktober (2004) im Wissenschaftsministerium vor Antragstellung eine Besprechung mit Vertretern verschiedener Ministerien (Wissenschafts-, Wirtschafts- und Finanzministerium) und dem Pro-Rektor Dr. N. statt. Gegenstand der Besprechung war u.a. auch die Zuwendung bestimmter Beträge an die o. und die I.
c) Des Weiteren ist dem Oberverwaltungsgericht ein Verfahrensfehler in der Form der Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes als Pflicht zur Entscheidungsfindung aufgrund eines vollständig und richtig zugrunde gelegten Sachverhalts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) unterlaufen. Das Berufungsgericht hat auf einer dem nicht genügenden Tatsachengrundlage geurteilt, weil es die zentrale Aussage des Beklagten um ein mögliches Mitwissen einzelner verantwortlich handelnder Personen in der Ministerialverwaltung um die fingierten Förderanträge 2004 und 2006 verfahrensfehlerhaft in sich widersprüchlich und nicht tragfähig auslegt.
Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert (BVerwG, Beschlüsse vom 13. Februar 2012 - 9 B 77.11 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7, vom 21. Mai 2013 - 2 B 67.12 - juris Rn. 18 und vom 23. Dezember 2015 - 2 B 40.14 - juris Rn. 53 m.w.N.). Das Gericht darf nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse nicht in die rechtliche Würdigung einbezieht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist (BVerwG, Urteile vom 2. Februar 1984 - 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339> und vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <208 f.>; Beschlüsse vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 27, vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 12 und vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 19). Das Ergebnis der gerichtlichen Beweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Logik (Denkgesetze) und Naturgesetze verstößt oder gedankliche Brüche und Widersprüche enthält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16 sowie Beschluss vom 23. September 2013 - 2 B 51.13 - juris Rn. 19).
Einen derartigen Verfahrensmangel zeigt die Beschwerde auf, indem sie der Sache nach auf den gedanklichen Bruch und nicht tragfähigen Schluss in der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts zur Frage einer etwaigen ministeriellen Billigung von fingierten Förderanträgen hinweist. Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. Oktober 2015 (UA S. 61) u.a. tragend darauf abgestellt, dass die wahrheitswidrigen Angaben des Beklagten in den Förderanträgen dagegen sprächen, dass das bzw. die zuständigen Ministerien gewusst und gebilligt hätten, dass eine andere Verwendung des Fördergeldes beabsichtigt war. Wenn falsche Angaben in einem Förderantrag gemacht werden, bedeutet dies aber nicht automatisch, dass die Bearbeiter des Förderantrags in den zuständigen Ministerien nichts davon wissen. Es ist auch möglich, dass sie um den eigentlichen Verwendungszweck wissen, diesen billigen und die falschen Angaben lediglich deshalb nicht beanstanden, um den Förderbedingungen "formal" Rechnung zu tragen. Ebenso ist es möglich, dass ein Fördermittelantragsteller sich im Einvernehmen mit den für die Bewilligung verantwortlichen Personen sieht, wenn er statt des eigentlichen Förderzwecks einen den Förderbedingungen entsprechenden Förderzweck benennt. Dies lässt den Vorwurf des Dienstvergehens zwar nicht entfallen, verringert aber seine Schwere.
Das Oberverwaltungsgericht hätte deshalb die Rolle der mit der Bearbeitung der Förderanträge befassten Ministerialbeamten weiter aufklären müssen, zumal der Beklagte in der zweiten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 28. Oktober 2015 mehrfach vorgetragen hat, die Tathandlungen seien auch in Absprache mit den Ministerien erfolgt.
3. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nach den Anforderungen an einen Hochschullehrer bei der Beantragung und Verwendung von Drittmitteln, nämlich
"Ist das Vertrauen der Allgemeinheit in Hochschullehrer deshalb besonders sensibel und zu schützen, weil Hochschullehrer über Kenntnisse in ihrem Fachgebiet verfügen, die sie für eine erfolgreiche Antragstellung für Drittmittelanträge ausnutzen und über die die für die Mittelbewilligung Verantwortlichen regelmäßig nicht verfügen? Ist also eine dieses Vertrauen belastende oder schädigende Dienstpflichtverletzung im Bereich der Drittmittelbeantragung von Hochschullehrern im Rahmen ihres hochschulischen Aufgabenbereichs bereits aus diesem Grund von besonderer Schwere?"
und
"Ist bei einem Verstoß gegen Dienstpflichten im Bereich der Drittmitteleinwerbung durch Hochschullehrer im Rahmen ihres hochschulischen Aufgabenbereichs dem Schwellenwert von Betrugsdelikten - 5 000 € - prägendes Gewicht für die Maßnahmenbemessung zu geben?"
sind, wörtlich genommen, auf der Grundlage der tragenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich. Sie wären deshalb in einem Revisionsverfahren nicht zu klären. Im angefochtenen Urteil hat das Berufungsgericht entscheidungstragend u.a. festgestellt, dass der Beklagte ihm auf seinen Antrag vom Land Nordrhein-Westfalen bereitgestellte öffentliche Mittel von ca. 450 000 € nicht ihrem Zuwendungszweck entsprechend verwendet habe, ohne dass dies von der Beschwerde mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden ist. Bei den dem Beklagten vom Land Nordrhein-Westfalen antragsgemäß bereitgestellten Geldern handelt es sich um Haushaltsmittel und nicht um Drittmittel. Nach den Begriffsbestimmungen in den einschlägigen Vorschriften unterscheiden sich Drittmittel von öffentlichen Haushaltsmitteln dadurch grundlegend, dass sie von Hochschullehrern bei privaten Dritten für Forschungs- oder Lehrvorhaben der Hochschule eingeworben werden (vgl. z.B. § 35 Satz 1 BBesG, § 62 Satz 1 LBesG NRW, § 8 der Verordnung über die Gewährung und Bemessung von Leistungsbezügen sowie über die Gewährung von Forschungs- und Lehrzulagen für Hochschulbedienstete - HLeistBVO NRW - vom 17. Dezember 2004
Unabhängig von dem Vorstehenden stellte sich die erste Frage aber auch deshalb in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil das Oberverwaltungsgerichts nicht davon ausgegangen ist, dass eine das Vertrauen belastende oder schädigende Dienstpflichtverletzung im Bereich der Drittmittelbeantragung von Hochschullehrern im Rahmen ihres hochschulischen Aufgabenbereichs generell besonders schwer wiegt. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar angenommen, dass der Dienstherr in besonderem Maße auf das Vertrauen und die Redlichkeit der um Förderung ihrer Vorhaben nachsuchenden Hochschullehrer angewiesen ist und der Beklagte dieses Vertrauen seines Dienstherrn infolge seiner Betrugshandlungen schwerwiegend verletzt hat (UA S. 56, 70), dabei aber zugleich klargestellt, dass es dabei nicht darauf ankommt, ob die Stellung des Beklagten als Hochschullehrer (überhaupt) disziplinarisch erschwerend berücksichtigt werden darf (UA S. 70). Damit hat das Oberverwaltungsgericht - anders als noch bei der ersten Befassung mit dem Fall des Beklagten im vom Senat aufgehobenen Urteil vom 19. November 2013 die Amtsstellung des Beklagten als Hochschullehrer im Rahmen der Maßnahmebemessung nicht erschwerend berücksichtigt.
Schließlich ist die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zum Umgang mit Drittmitteln in Bezug auf eine mögliche disziplinare Maßnahmebemessung auch nicht in verallgemeinerungsfähiger Form klärungsfähig. Denn die Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 BDG, § 13 Abs. 2 LDG NRW lässt sich nur im Wege der konkreten, alle Umstände berücksichtigenden Einzelfallwürdigung ermitteln. Sie entzieht sich damit einer allgemeinen Maßstabsbildung. Wie bereits im Beschluss des Senats vom 6. Mai 2015 - 2 B 19.14 - (a.a.O.) ausgeführt, ist die Höhe des Gesamtschadens ein Erschwerungsgrund neben anderen, der bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe rechtfertigen kann. Die Maßnahmebemessung kennt keine generelle Differenzierung bei innerdienstlichen Vermögensdelikten nach solchen mit und ohne eigenes wirtschaftliches Interesse des Beamten und nach Vermögensdelikten zugunsten oder zulasten des Dienstherrn.
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass dem Beklagten das Verfolgen wissenschaftlicher Zwecke nicht als das Dienstvergehen erschwerender Umstand angelastet werden darf (UA S. 63). Die Wahrnehmung von Lehre und Forschung und damit das Verfolgen wissenschaftlicher Zwecke ist für den Beklagten als Hochschullehrer eine zentrale dienstliche Aufgabe (vgl. nur § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. September 2014
5. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren streitwertunabhängig Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NRW erhoben werden.