Entscheidungsdatum: 29.06.2017
1. Der Kläger steht im Dienst des Beklagten und ist der Beigeladenen zur Dienstleistung zugewiesen. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 bat er um Nachzahlung von Beträgen einer Schichtzulage, die ihm für Abwesenheitszeiten wegen Urlaubs, Freistellung vom Dienst u.Ä. verwehrt worden sei. Der Beklagte lehnte dies ab.
Der daraufhin erhobenen Klage mit dem Antrag, ihm eine Schichtzulage hinsichtlich der urlaubs- und krankheitsbedingten Unterbrechungen der zulageberechtigenden Tätigkeit für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis einschließlich 13. April 2014 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu gewähren, hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe gemäß der in seinem Fall maßgeblichen Vorschrift der Erschwerniszulagenverordnung einen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Schichtzulage, der sich aus der Berücksichtigung von Unterbrechungen seiner zulageberechtigenden Tätigkeit wegen Urlaubs oder Krankheit im streitgegenständlichen Zeitraum ergebe. Dies folge auf der Grundlage des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2011 - 2 C 73.10 - (Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 13) aus einer am Wortlaut, der Systematik sowie am Sinn und Zweck orientierten Auslegung des Gesetzes.
2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.
a) Der Rechtssache kommt weder die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung zu noch liegt der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der Divergenz vor.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann. Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) Rechtsfragen beschränkt (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9).
Eine Divergenz i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht oder ein anderes divergenzfähiges Gericht i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
b) Hieran gemessen führen weder die Grundsatz- noch die Divergenzrüge zur Zulassung der Revision.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für das Klagebegehren sind § 20 Abs. 5 Satz 1 und 2 der Erschwerniszulagenverordnung in der im Streitfall noch anwendbaren, bis zum 30. September 2013 geltenden Fassung von Art. 3 Nr. 9 Buchst. d) der Verordnung zur Umstellung dienstrechtlicher Vorschriften auf Euro vom 8. August 2002, BGBl. I S. 3177, sowie § 19 der Erschwerniszulagenverordnung in der hier einschlägigen, ebenfalls bis zum 30. September 2013 geltenden Fassung von Art. 17 Nr. 3 des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001, BGBl. I S. 3926 (im Folgenden: EZulV a.F.).
aa) Die hierzu von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,
ob die Zulage nach § 20 Abs. 5 Satz 1 und 2 EZulV a.F. während der Zeit einer Unterbrechung des den Anspruch auf die Zulage begründenden Dienstes durch Urlaub oder Krankheit nach Maßgabe von § 19 Abs. 1 EZulV a.F. weiter zu gewähren ist,
lässt sich auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens im Sinne des Berufungsurteils beantworten.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV a.F. wird die Zulage bei einer Unterbrechung der zulagenberechtigenden Tätigkeit unter anderem weitergewährt im Falle eines Erholungsurlaubs (Nr. 1), einer Erkrankung (Nr. 3) oder einer Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen (Nr. 5), soweit in den §§ 20 bis 26 nichts anderes bestimmt ist. Nach Satz 2 wird die Zulage in den Fällen der Nummern 2 bis 6 nur bis zum Ende des Monats weitergewährt, der auf den Eintritt der Unterbrechung folgt. Die in Satz 1 gebrauchte Formulierung, die Zulage werde bei einer Unterbrechung "weitergewährt", kann nur im Sinne von Weiterzahlen verstanden werden. Ansonsten käme der Unterbrechungsregelung des § 19 Abs. 1 EZulV a.F. neben den einzelnen Zulagentatbeständen der §§ 20 bis 26 EZulV a.F. keine Bedeutung zu. Diese Regelung soll verhindern, dass das berechtigte Fernbleiben vom Dienst aus einem der in § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV a.F. genannten Gründe Nachteile für die Gewährung der Zulage zur Folge hat. Der Beamte soll die Zulage trotz der Unterbrechung der dienstlichen Tätigkeit erhalten. Diesem Verschlechterungsverbot kann nur Rechnung getragen werden, wenn er in Bezug auf die Zulage so gestellt wird, als habe er während der Unterbrechungszeiten Dienst geleistet. Diese Zeiten müssen nach dem Sinn und Zweck der Regelung in den Grenzen des § 19 Abs. 1 Satz 2 EZulV a.F. wie absolvierte Dienstzeiten behandelt werden (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 2 C 73.10 - Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 13 Rn. 16).
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage ist daher der Sache nach durch das vorbezeichnete Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2011 bereits beantwortet. Zwar ist - worauf die Beschwerde abhebt - das besagte Urteil zu einer Zulage nach § 20 Abs. 1 EZulV a.F. ergangen und nicht zu einer hier streitgegenständlichen Zulage nach Abs. 5 der Vorschrift. Richtig ist auch, dass Letztgenannte sich von der erstgenannten Zulage dadurch unterscheidet, dass sie nicht in festen Monatsbeträgen gezahlt wird; vielmehr hängt ihre Höhe allein von der Zahl der zwischen 20 Uhr und 6 Uhr sowie zwischen 0 Uhr und 4 Uhr in einem Monat geleisteten Stunden ab. Ungeachtet dessen enthält das vorbezeichnete Urteil - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - grundsätzliche Aussagen, die über die seinerzeit streitgegenständliche Zulage hinaus Geltung für alle Zulagentatbestände der §§ 20 bis 26 EZulV a.F. beanspruchen. So hat das Bundesverwaltungsgericht in gesetzessystematischer Hinsicht darauf hingewiesen, dass sich die Bedeutung der Vorschrift als allgemeine Regelung u.a. aus ihrer Stellung am Beginn des 3. Abschnitts der Erschwerniszulagenverordnung (a.F.) ergibt; sie ist den einzelnen Zulagetatbeständen dieses Abschnitts (§§ 20 bis 26 EZulV a.F.) vorangestellt und bezieht sich inhaltlich auf diese, indem sie deren jeweilige Tatbestandsvoraussetzungen um eine Regelung für Zeiten der Unterbrechung der zulageberechtigenden dienstlichen Tätigkeit ergänzt. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass § 19 EZulV a.F. für die anderen, nicht im 3. Abschnitt aufgeführten Erschwerniszulagen nicht gilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 2 C 73.10 - Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 13 Rn. 18). Der von der Beschwerde hervorgehobene Unterschied zwischen den Zulagen nach § 20 Abs. 1 EZulV a.F. einerseits und Abs. 5 andererseits ändert nichts daran, dass der Verordnungsgeber die letztgenannte Zulage gleichwohl unter die im 3. Abschnitt der Verordnung (a.F.) geregelten Zulagen in festen Monatsbeträgen aufgenommen hat.
Der umfassende Geltungsanspruch des § 19 Abs. 1 EZulV a.F. für die Zulagentatbestände der §§ 20 bis 26 EZulV a.F. wird ferner durch § 22a Abs. 3 Satz 3 sowie § 23f Abs. 3 Satz 3 EZulV a.F. belegt: Danach findet § 19 EZulV a.F. auf die Erschwerniszulage für den in diesen Vorschriften bezeichneten Personenkreis (Polizeivollzugsbeamte als fliegendes Personal und fliegendes Personal der Bundeswehr und anderer Einrichtungen des Bundes) keine Anwendung. Daraus kann geschlossen werden, dass es einer ausdrücklichen Anordnung - wie dort ("§ 19 ist nicht anzuwenden") - bedarf, um die Anwendung des § 19 EZulV a.F. auf einen Zulagentatbestand der §§ 20 bis 26 EZulV a.F. auszuschließen (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 2 C 73.10 - Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 13 Rn. 19).
bb) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass eine Zulassung der Revision wegen einer von der Beschwerde geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ebenfalls ausscheidet. Eine Divergenz in diesem Sinne ist u.a. dann zu verneinen, wenn das Bundesverwaltungsgericht an der in Bezug genommenen Rechtsprechung in späteren Entscheidungen selbst nicht mehr festhält (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 2. Februar 1994 - 1 B 208.93 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 1 S. 1, vom 6. Mai 2014 - 2 B 90.13 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 22 Rn. 15 und vom 7. Dezember 2015 - 2 B 79.14 - Buchholz 239.1 § 4 BeamtVG Nr. 3 Rn. 13). So verhält es sich hier: Der von der Beschwerde angeführte Beschluss des Senats vom 3. August 2006 - 2 B 22.06 - mit seiner nicht weiter begründeten Aussage, dass eine Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit zum Verlust der Zulage führe (ebenda juris Rn. 1), ist durch das spätere Revisionsurteil vom 27. Oktober 2011 mit seinen grundsätzlichen Aussagen zur Bedeutung des § 19 Abs. 1 EZulV a.F. überholt (vgl. auch den Beschluss vom 12. Dezember 2011 - 2 B 9.11 - NVwZ-RR 2012, 245 Rn. 6). Dem entsprechend hat der Senat jüngst in gleich gelagerten Fällen Nichtzulassungsbeschwerden des Beklagten zu (vom Berufungsgericht zitierten) Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zurückgewiesen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. April 2017 - 2 B 14.16 - Rn. 8 ff.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese keinen Antrag gestellt und damit auch kein Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.