Entscheidungsdatum: 20.04.2017
1. Die Beklagte steht als Justizoberwachtmeisterin (Besoldungsgruppe A 5) im Dienst des Klägers. Sie ist zwischen Dezember 2010 und März 2014 dreimal durch strafrichterliches Urteil zu Geldstrafen verurteilt worden, und zwar wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort, Beleidigung und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis. Im März 2015 wurde sie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens im Jahre 2009 gegen die Beklagte - die zuvor gegen einen Dritten Strafanzeige wegen Vergewaltigung erstattet, dann aber wieder fallen gelassen hatte - wurde der Vorwurf erhoben, dass sie der Prostitution nachgehe.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nahm die Beklagte im Mai 2009 an einer sogenannten "Gang-Bang-Party" teil. Mit der Anfertigung von Fotos war sie dabei einverstanden. Diese Fotos wurden später im Internet auf einer kostenpflichtigen Website veröffentlicht. Sie zeigten die Beklagte nackt und halbnackt sowie beim Geschlechtsverkehr. Außerdem ging sie zwischen Juni und Dezember 2011 gewerbsmäßig in Leipzig und Trier der Prostitution nach, ohne dass sie dies ihrem Dienstherrn als Nebentätigkeit angezeigt hatte.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte auf die im Jahre 2011 erhobene und später erweiterte Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt, die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung insbesondere ausgeführt, dass die Beklagte durch die bei ihrer Teilnahme an der sogenannten "Gang-Bang-Party" gefertigten und im Internet veröffentlichten Bilder sowie durch ihre Prostitutionstätigkeit gegen ihre beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht verstoßen habe. Zwar müsse der Beamte sich außerdienstlich nicht vorbildlich verhalten, aber trotz der Liberalisierung im Bereich der Prostitution werde diese von weiten Teilen der Bevölkerung als anstößig betrachtet. Denn sie könne wegen des Gesichtspunkts der Käuflichkeit zu der Vorstellung führen, dass die Beamtin auch im Dienst bereit sein könne, Amtshandlungen gegen Bezahlung zu erbringen bzw. zu unterlassen. Auch spiele sich Prostitution häufig in einem kriminellen Milieu ab. An dieser Betrachtungsweise ändere auch nichts, dass die von der Beklagten ausgeübte Prostitution offenbar nicht strafbar oder ordnungswidrig gewesen sei. Außerdem habe die Beklagte auch innerdienstliche Pflichten verletzt, indem sie eine Nebentätigkeit ohne die erforderliche Nebentätigkeitserlaubnis ausgeübt habe.
Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände sei die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Dienstpflichtverletzungen wögen schwer, weil die Beklagte diese über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten wiederholt begangen habe. Auch die Anzahl der einzelnen Pflichtverstöße sei erheblich. Hinzu kämen die im Rahmen der diversen Strafverfahren, strafrechtlichen Verurteilungen und im Disziplinarverfahren zu Tage getretenen Persönlichkeitsmängel der Beklagten. Dies gelte für die Falschbezichtigung wegen Vergewaltigung und Diebstahls im Rahmen einer Strafanzeige, was den Tatbestand einer falschen Verdächtigung im Sinne von § 164 StGB verwirkliche. Die drei rechtskräftigen Verurteilungen wegen vorsätzlicher Straftaten vorwiegend wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, aber auch wegen Beleidigung, zeigten ebenfalls Persönlichkeitsmängel der Beklagten. Auch dass die Beklagte Drogenkonsumentin sei, zeige, dass sie sich von einem rechtstreuen Leben bereits so weit entfernt habe, dass sie als Beamtin untragbar erscheine, erst recht als Beamtin im Justizdienst. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass sie selbst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils noch als Prostituierte tätig geworden sei.
2. Die Beschwerde hat keinen Verfahrensmangel aufgezeigt, auf dem die angegriffene Entscheidung des Berufungsgerichts beruhen kann (§ 3 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) In der Ablehnung des Vertagungsantrags und des damit in Zusammenhang stehenden Antrags auf Beauftragung einer amtsärztlichen Untersuchung der Beklagten liegt kein Gehörsverstoß.
Nach § 227 ZPO, der gemäß § 173 Satz 1 VwGO auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gilt, kann eine mündliche Verhandlung "aus erheblichen Gründen" verlegt oder vertagt werden. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "erheblichen Gründe" ist einerseits dem im Verwaltungsprozess geltenden Gebot der Beschleunigung des Verfahrens (vgl. etwa § 87b VwGO) und der Intention des Gesetzes, die gerichtliche Entscheidung möglichst aufgrund einer einzigen mündlichen Verhandlung herbeizuführen (Konzentrationsgebot, vgl. § 87 Abs. 1 VwGO), andererseits dem verfassungsrechtlichen Erfordernis des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) Rechnung zu tragen. Letzteres verlangt, dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und tatsächliche und rechtliche Argumente im Prozess vortragen zu können (BVerwG, Urteil vom 11. April 1989 - 9 C 55.88 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 23 S. 4 m.w.N.). Allerdings ist der Beteiligte gehalten, sich im Rahmen des Zumutbaren das rechtliche Gehör zu verschaffen, sodass letztlich nur eine ihm trotz zumutbaren eigenen Bemühens um die Erlangung rechtlichen Gehörs versagte Möglichkeit zur Äußerung eine Gehörsverletzung darstellt. Deshalb sind eine Vertagung rechtfertigende "erhebliche" Gründe im Sinne des § 227 ZPO nur solche Umstände, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebotes erfordern (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2004 - 3 B 119.03 - juris Rn. 3).
§ 102 Abs. 2 VwGO gestattet die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Entscheidung des Gerichts trotz Abwesenheit eines Beteiligten, wenn in der Ladung - wie im vorliegenden Fall geschehen - auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Gleichwohl kann die Ablehnung eines Vertagungsantrages den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen, wenn die Terminverlegung aus erheblichen Gründen geboten ist (§ 227 Abs. 1 ZPO, vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Januar 1989 - 6 C 66.86 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 212 S. 46 <49 f.>, vom 3. Juli 1987 - 8 C 39.85 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 186 S. 12 <13 f.> und vom 27. März 1985 - 4 C 79.84 - Buchholz 303 § 227 ZPO Nr. 3 S. 2 sowie Beschluss vom 28. August 1992 - 5 B 159.91 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 252 S. 103 <104>). Allerdings erfordert die prozessuale Mitwirkungspflicht jedes Beteiligten, dass ein Antrag auf Terminverlegung unverzüglich gestellt wird, nachdem die Verhinderung bekannt wird (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. April 2004 - 3 B 119.03 - juris Rn. 4 m.w.N. und - 1 B 203.03 - Buchholz 303 § 227 ZPO Nr. 32 = juris Rn. 4).
Ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung ist beispielsweise das Fehlen einer ordnungsgemäßen Vertretung in der mündlichen Verhandlung, insbesondere wegen vorübergehender Verhandlungsunfähigkeit infolge einer Erkrankung (BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 75 Rn. 21). Das Ermessen des Gerichts verdichtet sich in diesem Fall angesichts des hohen Rangs des Anspruchs auf rechtliches Gehör regelmäßig auf eine Verpflichtung zur Terminsaufhebung. Allerdings ist für eine wegen Verhinderung des Rechtsanwalts beantragte Terminsaufhebung zu verlangen, dass die Abwesenheit des Rechtsanwalts nicht verschuldet ist. Ferner besteht keine Verpflichtung zur Terminverlegung, wenn der Antrag durch die Absicht der Prozessverschleppung getragen wird oder ansonsten gegen die prozessuale Mitwirkungspflicht eines Beteiligten verstößt. Im Übrigen muss die Erkrankung oder sonstige Verhinderung des Prozessbevollmächtigten schlüssig aus dem beim Verwaltungsgericht vorgelegten Attest hervorgehen; die Bescheinigung muss so substantiiert sein, dass das Gericht auf ihrer Grundlage in der Lage ist, die Frage der behaupteten Verhandlungsunfähigkeit selbst zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 8 B 69.01 - Buchholz 303 § 227 ZPO Nr. 30 S. 6).
Es kann dahinstehen, ob dies in gleicher Weise für den Beamten als Beklagten im gerichtlichen Disziplinarverfahren gilt, wenn - wie hier - sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet ist. Denn die Beschwerde legt nicht dar, dass die Beklagte alles Erforderliche getan hat, um ihre Verhandlungsunfähigkeit dem Berufungsgericht nachzuweisen.
Mit Schreiben vom 12. Mai 2016 ist die Beklagte zur mündlichen Verhandlung am 13. Juli 2016 geladen worden; die Ladung ist ihren Prozessbevollmächtigten und ihr persönlich zugestellt worden. Die Ladung enthielt die Hinweise, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt werden könne und dass eine etwaige Verhandlungsunfähigkeit der Beklagten durch Vorlage eines amtsärztlichen Attestes glaubhaft zu machen sei. Am Vortag der mündlichen Verhandlung, am 12. Juli 2016, teilte der Prozessbevollmächtigte dem Berufungsgericht gegen 15:50 Uhr telefonisch mit, dass die Beklagte kein amtsärztliches Attest beibringen könne. Mit per Telefax um 18:01 Uhr beim Berufungsgericht eingegangenem Schreiben beantragte er, den Verhandlungstermin am Folgetag aufzuheben und einen Auftrag zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit der Beklagten zu erteilen. Die beigefügte Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung vom 28. Juni 2016 eines Praktischen Arztes bescheinigte der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeit seit dem 7. April 2016 bis zum 31. Juli 2016 wegen einer "somatoformen Störung". Die Beklagte habe versucht, die Krankheit amtsärztlich bestätigen zu lassen. Dies sei jedoch nicht möglich gewesen, weil das Gesundheitsamt sich nicht in der Lage gesehen habe, ohne Auftrag des Gerichts tätig zu werden. Nach der zur Glaubhaftmachung übermittelten "eidesstattlichen Versicherung", die weder ein Datum noch einen Adressaten enthielt, versicherte die Beklagte, dass sie mit dem Gesundheitsamt telefonisch Kontakt aufgenommen habe, um die aus ihrer Sicht vorliegende Verhandlungsunfähigkeit bescheinigen zulassen, aber dort die Information erhalten habe, dass das Gesundheitsamt nur auf Antrag des Gerichts hin tätig werden könne. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 13. Juli 2016 hat der Prozessbevollmächtigte angegeben, in einem Telefonat am Ende der Vorwoche, wohl am 7. Juli 2016, von der Beklagten erfahren zu haben, dass sie krank sei. Er habe sie auf die mit der Ladung bekannt gegebenen Anforderungen aufmerksam gemacht. Das Telefonat der Beklagten mit dem Gesundheitsamt müsse zwischen dem 7. und dem 12. Juli gewesen sein.
Damit hat die Beschwerde nicht dargelegt, dass sie dem Berufungsgericht einen erheblichen Grund für eine Vertagung unterbreitet hat. Die Beklagte hat nach dem Beschwerdevortrag nicht alles Erforderliche getan, um sich im Berufungsverfahren rechtliches Gehör zu verschaffen. Unabhängig davon, dass auch die Glaubhaftmachung defizitär ist, hätte die Beklagte, die bereits in der 1. Instanz krankheitsbedingt nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen konnte und auch vor der Berufungsverhandlung schon seit Monaten arbeitsunfähig war, sich rechtzeitig Kenntnis über die Modalitäten einer amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung einer Verhandlungsunfähigkeit verschaffen müssen und ggf. rechtzeitig vor dem Verhandlungstermin beim Berufungsgericht um einen entsprechenden Auftrag an das Gesundheitsamt bitten müssen. Dass sie hierzu gesundheitlich nicht in der Lage gewesen wäre, ggf. mit Hilfe ihres Prozessbevollmächtigten, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
b) Die Einbeziehung der Teilnahme der Beklagten an der sogenannten "Gang-Bang-Party" in die Prüfung des Dienstvergehens durch das Berufungsgericht ist nicht verfahrensfehlerhaft.
aa) Hierin liegt entgegen der Ansicht der Beschwerde kein Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW. Nach dieser Bestimmung ist der Beamte nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Wie das Berufungsgericht (UA S. 19) zutreffend ausführt, hat der Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 20 Abs. 3 LDG NRW nur die Unverwertbarkeit einer ohne solche Belehrung gemachten Aussage des Beamten, nicht aber das Entfallen des disziplinarrechtlichen Vorwurfs zur Folge. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte durch den entsprechenden Vorhalt über den disziplinarrechtlichen Vorwurf unterrichtet worden ist und dieser Vorwurf der Beklagten von Anfang an bekannt war.
bb) Die Einbeziehung der Teilnahme der Beklagten an der sogenannten "Gang-Bang-Party" verstößt auch nicht gegen die Begrenzung der Urteilsfindung auf die in der Klage oder Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegten Handlungen.
Nach § 59 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW dürfen bei einer Disziplinarklage nur diejenigen Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW muss die Klageschrift - und ggf. die Nachtragsdisziplinarklageschrift - die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen (ebenso § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG und die entsprechenden Bestimmungen der anderen Landesdisziplinargesetze). Die Vorschrift knüpft an die weitgehend wortgleiche Vorgängerregelung des § 65 Halbs. 2 BDO an. Sie überträgt die Anforderungen, die § 65 Halbs. 2 BDO für die Anschuldigungsschrift festgelegt hat, inhaltlich unverändert auf die Klageschrift. Daher kann die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts zum Bedeutungsgehalt des § 65 Halbs. 2 BDO für die Auslegung des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG herangezogen werden. Ebenso wie früher die Anschuldigungsschrift muss die Klageschrift die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, aus sich heraus verständlich darstellen (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2007 - 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27 m.w.N.).
Die Klageschrift muss Ort und Zeit der einzelnen Handlungen möglichst genau angeben und die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschreiben. Dadurch wird sichergestellt, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Außerdem tragen die gesetzlichen Anforderungen an die Klageschrift dem Umstand Rechnung, dass sie Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festlegt. Denn gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder der Nachtragsklage als Dienstvergehen zur Last gelegt worden sind. Aus der Klageschrift muss bei verständiger Lektüre deshalb eindeutig hervorgehen, welche konkreten Handlungen dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2007 - 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27 f., Beschlüsse vom 20. Dezember 2011 - 2 B 59.11 - juris Rn. 5 m.w.N., vom 17. Juli 2013 - 2 B 27.12 - juris Rn. 14 und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 17).
In der im Oktober 2011 erhobenen Disziplinarklage wurde der Beklagten neben der Ausübung der Prostitution zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten sowie der Ausübung dieser Tätigkeiten als ungenehmigte Nebentätigkeiten u.a. zur Last gelegt, in der Zeit vor September 2009, wahrscheinlich am 21. Mai 2009, im Rahmen einer "Gang-Bang-Party" in Hamburg an der Erstellung von Fotoreihen mit eindeutig pornographischen Szenen mitgewirkt und ermöglicht zu haben, dass diese auf kostenpflichtigen Internetseiten veröffentlicht und somit für jedermann einsehbar geworden seien. Dies kann nur so verstanden werden - und wurde von der Beklagten im Verfahren auch so verstanden -, dass sich der disziplinarrechtliche Vorwurf bezüglich des Geschehens bei der "Gang-Bang-Party" in Hamburg sowohl auf die Teilnahme als solche als auch darauf erstreckte, dass die Beklagte an der Erstellung der bei dieser Gelegenheit angefertigten Fotoreihen mitgewirkt und deren spätere Veröffentlichung ermöglicht hat. Denn es handelt sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt, bei dem das Ermöglichen der Fotos und ihrer Veröffentlichung notwendigerweise das fotografierte Geschehen - und damit die Teilnahme an der sogenannten "Gang-Bang-Party" - einschloss.
c) Ein Verstoß gegen die Gebote des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) und der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 57 Abs. 1 LDG NRW) dadurch, dass das Berufungsgericht die Angaben der Beklagten im Strafverfahren zur Freiwilligkeit der Ausübung der Prostitution in einem bestimmten Zeitraum - zudem ohne persönliche Anhörung der Beklagten - für glaubhaft und ihre dem widersprechenden Angaben im Disziplinarverfahren für unglaubhaft gehalten hat, liegt nicht vor.
Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also beispielsweise entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 2 B 110.15 - juris Rn. 8 m.w.N.). Die Einhaltung der verfahrensmäßigen Verpflichtungen des Tatsachengerichts ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. Januar 1995 - 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4, vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. und vom 8. April 2008 - 9 B 13.08 - Buchholz 451.29 Schornsteinfeger Nr. 44 Rn. 10). Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz hat jedoch dann den Charakter eines Verfahrensfehlers, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2017 - 2 B 2.16 - juris Rn. 15).
Die Frage, wie sich widersprechende Äußerungen zu bewerten sind, insbesondere ob eine davon für glaubhaft gehalten wird, gehört zu der dem Tatsachengericht zukommenden Beweiswürdigung. Die Ausführungen des Berufungsgerichts (UA S. 22) lassen Rechtsfehler, insbesondere eine Verletzung allgemeiner Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, nicht erkennen.
d) Ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO), das Schuldprinzip im Disziplinarrecht und die Begrenzung der Urteilsfindung im Disziplinarklageverfahren auf die dem Beamten in der Disziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegten Handlungen (§ 59 Abs. 2 LDG NRW) durch die Heranziehung von nicht zum Gegenstand der Disziplinarklage gemachten Straftaten der Beklagten im Rahmen der Erörterung ihrer Persönlichkeit liegt nicht vor.
Zwar dürfen gemäß § 59 Abs. 2 LDG NRW bei einer Disziplinarklage nur diejenigen Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder in der Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Allerdings ist bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW nicht nur die Schwere des Dienstvergehens, sondern auch das Persönlichkeitsbild des Beamten und der Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung beim Dienstherr oder der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Somit ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist. Deshalb dürfen die nach der Schwere des Dienstvergehens angezeigten Regeleinstufungen nicht schematisch angewandt werden. Je schwerwiegender das Dienstvergehen oder die mit ihm einhergehende Vertrauensbeeinträchtigung ist, umso gewichtiger müssen die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergebenden mildernden Umstände sein, um gleichwohl eine andere Maßnahme zu rechtfertigen. Umgekehrt können Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere Vertrauensbeeinträchtigung auch die Maßnahmeschärfung rechtfertigen. Maßstab ist hierbei, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen könnte, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 13 ff. <19> m.w.N.).
Entgegen der Ansicht der Beschwerde können damit auch Umstände, die nicht Gegenstand des Disziplinarvorwurfs sind, aber zum Persönlichkeitsbild des Beamten gehören, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme herangezogen werden. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht im Hinblick auf die Schwere der Dienstpflichtverletzungen die Höchstmaßnahme für geboten gehalten und diese Einschätzung im Hinblick auf die Persönlichkeit der Beklagten bestätigt gesehen. Dies ist nicht verfahrensfehlerhaft und insbesondere auch deshalb kein Gehörsverstoß, weil ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht "auch die strafrechtlichen Auffälligkeiten der Beklagten während des Disziplinarverfahrens u.a. mit Blick auf ihr Persönlichkeitsbild thematisiert" worden sind (S. 5 der Niederschrift).
d) Schließlich liegt in der Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens zur Schuldfähigkeit der Beklagten im Zeitraum von Juni bis Dezember 2011 auch kein Verstoß gegen die gerichtliche Sachaufklärungspflicht nach § 57 Abs. 1 LDG NRW.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 57 Abs. 1 LDG NRW, § 58 Abs. 1 BDG und § 86 Abs. 1 VwGO nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Die Aufklärungsrüge stellt zudem kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen. Deshalb muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1969 - 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212 <217 f.>; Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Die Beschwerde legt nicht in einer den beschriebenen Anforderungen genügenden Weise dar, warum sich dem Berufungsgericht die nunmehr für erforderlich gehaltene Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, zumal der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen entsprechenden Beweisantrag nicht gestellt hat.
3. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren streitwertunabhängig Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NRW erhoben werden.