Entscheidungsdatum: 08.02.2018
Die allein auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist unbegründet.
1. Die Klägerin steht als Zollamtfrau (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) im Dienst der Beklagten und ist im Sachgebiet E, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, Organisierte Formen der Schwarzarbeit, tätig. Ihren im März 2015 gestellten Antrag, ihr die sog. Polizeizulage zu zahlen, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle nicht die persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Befugnis zum Gebrauch von Schusswaffen bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs. Damit werde sie nicht vollumfänglich vollzugspolizeilich tätig und erfülle somit nicht die Voraussetzungen der maßgeblichen Verwaltungsvorschrift.
Die nach dem erfolglosen Vorverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide - entsprechend dem bereits beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag - verpflichtet, der Klägerin die Stellenzulage nach Nr. 9 Abs. 1 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B der Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz (Polizeizulage) ab dem 22. März 2012 zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen der Zulage, weil sie in einem Bereich verwendet werde, in dem gemäß Bestimmung des Bundesministers der Finanzen typischerweise vollzugspolizeilich geprägte Tätigkeiten wahrgenommen würden. Ein individuell-konkreter Funktionsbezug durch das Erfordernis des Betrautseins mit vollzugspolizeilichen Aufgaben, d.h. der konkreten vollzugspolizeilichen Verwendung, sei nicht notwendig. Das Bundesministerium der Finanzen habe auch bestimmt, dass in dem Bereich, in dem die Klägerin verwendet werde, typischerweise vollzugspolizeilich geprägte Tätigkeiten wahrgenommen werden. Unerheblich sei, dass das Bundesministerium die Gewährung der Zulage für die von ihm bestimmten Bereiche der Zollverwaltung an weitere Bedingungen geknüpft habe. Da sich der Anspruch auf die Gewährung der Zulage unmittelbar aus dem Gesetz ergebe, habe es eines dahingehenden Antrags der Klägerin nicht bedurft. Dementsprechend habe die Klägerin einen Anspruch seit dem 22. März 2012, weil zu diesem Zeitpunkt die Bereichsfestsetzung des Bundesministeriums wirksam geworden sei.
2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil die von der Beklagten als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage,
"ob die Gewährung der Stellenzulage gemäß § 42 BBesG i.V.m. Vorbem. Nr. 9 Abs. 1 der Anlage I des BBesG (BBesO A/B) - sog. Polizeizulage - an Zollbeamte in typisiert bestimmten Bereichen der Zollverwaltung neben der Verwendung in einem solchen zulageberechtigten Bereich hinaus von weiteren Anforderungen an die Beamtin oder den Beamten, nämlich besonderen körperlichen, gesundheitlichen und fachlichen Voraussetzungen, abhängt, die nach den maßgeblichen Dienstvorschriften für die Tätigkeit von Beamtinnen oder den Beamten in diesem Bereich allgemein vorausgesetzt werden",
ausgehend von der gesetzlichen Regelung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln im Sinne des Urteils des Oberverwaltungsgerichts beantwortet werden kann.
Die Klägerin ist Beamtin der Zollverwaltung, wird aber nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts weder in der Grenzabfertigung verwendet noch ist sie mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut. Für die Gewährung der hier in Rede stehenden Stellenzulage nach Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 Var. 2 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B kommt es allein darauf an, dass die Beamtin der Zollverwaltung in einem Bereich verwendet wird, in dem gemäß Bestimmung des Bundesministeriums der Finanzen typischerweise vollzugspolizeilich geprägte Tätigkeiten wahrgenommen werden; weitere vom Bundesministerium der Finanzen für die Gewährung der Zulage aufgestellte Anforderungen an die Beamtin sind unerheblich (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 28. November 2017 - 2 B 53.17 -).
Nach den wiederum von der Beklagten nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gehört der Bereich, in dem die Klägerin verwendet wird, zu denjenigen, in denen gemäß Bestimmung des Bundesministeriums der Finanzen typischerweise vollzugspolizeilich geprägte Tätigkeiten wahrgenommen werden. Denjenigen Beamtinnen der Zollverwaltung der Bundesbesoldungsordnung A, die nicht in solchen vom Bundesministerium der Finanzen bestimmten Bereichen tätig sind und nicht bei der Grenzabfertigung verwendet werden, ist die Stellenzulage nach Anlage IX zu zahlen, sofern sie konkret mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut sind. Nach Wortlaut und Systematik der gesetzlichen Regelung ist eine Einzelfallprüfung lediglich bei dieser Gruppe von Beamtinnen der Zollverwaltung der Bundesbesoldungsordnung A geboten, nicht aber bei denjenigen, die in solchen Bereichen verwendet werden, in denen gemäß Bestimmung des Bundesministeriums der Finanzen typischerweise vollzugspolizeilich geprägte Tätigkeiten wahrgenommen werden. Bei dieser Gruppe von Zollbeamtinnen, denen Dienstbezüge nach der Bundesbesoldungsordnung A zustehen, ist es wie bei den Beamtinnen der Zollverwaltung im Bereich der Grenzabfertigung unerheblich, ob die Beamtin tatsächlich mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut ist. Denn Anknüpfungspunkt für die Gewährung der sog. Polizeizulage ist hier nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung ein generell-typisierender Funktionsbezug, der sich allein aus der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verwaltungsbereich ergibt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Beamtin, wie im vorliegenden Fall, einen dort eingerichteten Dienstposten wahrnimmt. Der Gesetzgeber geht hier typisierend und pauschalierend davon aus, dass diese Dienstposten eine vollzugspolizeiliche Prägung aufweisen (BVerwG, Urteile vom 26. März 2009 - 2 C 1.08 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 32 Rn. 11 und vom 25. April 2013 - 2 C 39.11 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 38 Rn. 10). Die von der Beamtin konkret ausgeübte Tätigkeit ist für die Gewährung der Zulage ebenso unerheblich wie etwaige gesundheitliche Einschränkungen, die die Wahrnehmung vollzugspolizeilicher Aufgaben tatsächlich ausschließen.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerde hat § 42 Abs. 3 Satz 1 BBesG, wonach eine Stellenzulage nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktion gewährt werden darf, nicht die Funktion, typisierende Regelungen, die der Gesetzgeber im Bereich der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B getroffen hat, durch das Erfordernis der tatsächlichen Wahrnehmung der herausgehobenen Funktion in jedem Einzelfall, hier die Wahrnehmung der Eingriffsbefugnisse bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs, wieder zu überspielen. Denn auch bei der Bestimmung im Rahmen der Vorbemerkungen handelt es sich um eine gesetzliche Regelung. Diese Vorschrift entspricht im Hinblick auf ihren Rang § 42 Abs. 3 Satz 1 BBesG, geht aber dieser Bestimmung als speziellere Regelung vor. Denn der Gesetzgeber hat hier normativ entschieden, was eine herausgehobene Funktion im Sinne des § 42 BBesG ist (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 1.08 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 32 Rn. 11).
Die von der Beschwerde vertretene Auslegung von Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 Var. 2 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B folgt insbesondere auch nicht aus der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung eines Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften (BT-Drs. 17/7142, S. 28 f.). Der Gesetzgeber hat das Funktionalprinzip, das unverändert für solche Beamte der Zollverwaltung gilt, die mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut sind, durch eine Erweiterung der bereichsbezogenen Bestimmung der Zulagenberechtigung ergänzt. Denn die Bestimmung der Zulagenberechtigung nach Bereichen erstreckt sich nicht mehr lediglich auf Beamte der Zollverwaltung, die in der Grenzabfertigung verwendet werden, sondern soll auch für solche Beamte der Zollverwaltung gelten, die in weiteren Bereichen tätig sind, für die nach der Einschätzung des Bundesministeriums der Finanzen ebenfalls eine vollzugspolizeiliche Prägung typisch ist (BVerwG, Beschluss vom 28. November 2017 - 2 B 53.17 - Rn. 14 ff.).
Grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtssache auch nicht im Hinblick auf die Frage der Anwendbarkeit der aufgrund von § 139 BGB entwickelten Grundsätze zur Teilnichtigkeit von Rechtsnormen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Mai 1993 - 2 BvF 2/90 u.a. - BVerfGE 88, 203 <333>) auf die Verwaltungsvorschrift (VV-BMF-PolZul), mit der das Bundesministerium der Finanzen - auch - die Bereiche der Zollverwaltung festgelegt hat, in denen typischerweise vollzugspolizeilich geprägte Tätigkeiten wahrgenommen werden. Die Anwendung der für Rechtsnormen entwickelten Grundsätze ist hier allein deshalb geboten, weil der Gesetzgeber durch Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 Var. 2 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B eine Behörde ermächtigt hat, den personellen Geltungsbereich einer gesetzlichen (Zulagen-)Regelung verbindlich zu bestimmen, ohne dem Ministerium die Form der Rechtsverordnung vorzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 42 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG.