Entscheidungsdatum: 08.07.2016
Die zulässige, auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
1. Die Klägerin war seit 1991 als Lehrerin zunächst im Angestelltenverhältnis im Schuldienst des Beklagten tätig. 1999 wurde sie zur Beamtin auf Probe und im Jahr 2001 zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt. Nach dem Wortlaut der Ernennungsurkunden erfolgten die Ernennungen jeweils "in Teilzeitbeschäftigung bei einem Umfang von zwei Dritteln der regelmäßigen Arbeitszeit". Zum Schuljahr 2008/2009 überführte der Beklagte das Beamtenverhältnis der Klägerin in eines in Vollzeitbeschäftigung.
Den im Jahr 2000 gestellten Antrag der Klägerin auf "Vollzeitbeschäftigung als verbeamtete Lehrkraft" lehnte der Beklagte im Juni 2000 ohne Rechtsmittelbelehrung ab. Im Dezember 2006 beantragte die Klägerin ihre Vollzeitverbeamtung und erhob Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid aus dem Jahr 2000.
Im Oktober 2008 beantragte die Klägerin ihre besoldungs- und versorgungsrechtliche Gleichstellung mit Vollzeitbeamten. Aufgrund einer im September 2009 geschlossenen Vereinbarung mit dem Beklagten nahm die Klägerin ihre im Dezember 2006 und im Oktober 2008 gestellten Anträge zurück. Der Beklagte sicherte im Gegenzug zu, mit der Klägerin umgehend ein neues Beamtenverhältnis zu begründen, falls ihre bisherige Ernennung gerichtlich als nicht wirksam erkannt würde.
Die im Jahr 2011 erneut durch die Klägerin gestellten Anträge auf rückwirkende besoldungs- und versorgungsrechtliche Gleichstellung mit vollzeitbeschäftigten Beamten lehnte der Beklagte ab. Widerspruch, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei schon unzulässig. Die Klageerhebung stelle sich als unzulässige Rechtsausübung dar. Das Verhalten der Klägerin sei treuwidrig, weil der Beklagte nach dem Abschluss der Vereinbarung im September 2009 und der daraufhin erfolgten Rücknahme der Anträge darauf habe vertrauen dürfen, dass die Klägerin keinen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens stellen und keinen Leistungsanspruch geltend machen werde. Das tatsächliche Vertrauen des Beklagten sei auch schutzwürdig. Die getroffene rechtliche Vereinbarung unterliege keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere verstoße die Vereinbarung nicht gegen § 2 Abs. 3 BBesG und § 3 Abs. 3 BeamtVG oder gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Der Beklagte habe die Klägerin mit dem Angebot der Vereinbarung nicht unsachgemäß unter Druck setzen wollen. Die seinerzeit bestehende Situation habe er nicht gezielt herbeigeführt. Sie sei vielmehr Folge der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts gewesen. Der Beklagte habe die Klägerin schließlich nicht arglistig getäuscht oder sich sonst in anstößiger Weise verhalten. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor.
Die Klage sei darüber hinaus unbegründet. Den geltend gemachten Ansprüchen der Klägerin stehe die in Bestandskraft erwachsene Teilzeitanordnung entgegen. Einem etwaigen Anspruch auf Neubescheidung der Anträge aus dem Jahr 2011 stünde ebenfalls der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Im Übrigen habe die Klägerin im Verwaltungsverfahren keinen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gestellt.
Auch die Leistungsklage der Klägerin sei unbegründet. Die Teilzeitanordnung sei zwar wegen eines Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG und in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage rechtswidrig gewesen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses sei sie jedoch nicht nichtig gewesen. Es liege zunächst kein besonders schwerwiegender Fehler im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG BB vor. Dieser ergebe sich nicht daraus, dass eine Ermächtigungsgrundlage für die unfreiwillige antragslose Teilzeitbeschäftigung gefehlt habe. Nur Fälle "absoluter Gesetzlosigkeit" führten bei dem Fehlen einer gesetzlichen Grundlage zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts. Dies sei aber nur der Fall, wenn das Verhalten einer Behörde jeder gesetzlichen Grundlage entbehre und damit als willkürlich einzustufen sei. Teilzeitanordnungen seien hingegen unter bestimmten Voraussetzungen zulässiges Verwaltungshandeln. Die erforderliche besondere Schwere sei nicht gegeben, weil nicht erkennbar sei, dass der Beklagte wider besseren Wissens oder mit dem Ziel der Rechtsverletzung und somit willkürlich gehandelt habe. Auch der Umstand des Verstoßes gegen das Grundgesetz begründe aus sich heraus nicht die besondere Schwere.
Die zu beurteilenden Fehler seien bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Teilzeitanordnung auch nicht offensichtlich gewesen. Das ergebe sich schon daraus, dass eine Vielzahl betroffener Beamter darauf verzichtet habe, gegen die Teilzeitanordnung vorzugehen. Dem stehe auch nicht der Einwand entgegen, die Beamten hätten um die Wirksamkeit ihrer Ernennung zu Beamten gefürchtet, weil eine solche Auffassung in der brandenburgischen Rechtsprechung erst viel später, nämlich im Jahr 2006, vertreten worden sei. An der Offensichtlichkeit mangele es auch deswegen, weil sich die Rechtswidrigkeit der Teilzeitanordnungen auch den damit befassten Verwaltungsgerichten nicht erschlossen habe. Klarheit bestehe insoweit erst seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2010 - 2 C 86.08 - (BVerwGE 137, 138). Auch das Bundesverfassungsgericht habe erst mit Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - (BVerfGE 119, 247) die Verfassungswidrigkeit einer entsprechenden niedersächsischen Regelung festgestellt. Entsprechende Regelungen habe es zudem in zahlreichen Ländern gegeben; in der Literatur sei die Rechtmäßigkeit solcher Regelungen kontrovers diskutiert worden. Ältere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juli 1989 etwa - 2 C 52.87 - (BVerwGE 82, 196) seien nicht zu berücksichtigen, weil es dort um die fehlerhafte Anwendung der jeweiligen Rechtsgrundlage gegangen sei, nicht aber deren Verfassungsmäßigkeit im Mittelpunkt gestanden habe.
2. Die Beschwerde zeigt zunächst keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.
a) Der aufgeworfenen Frage,
"ob ein Handeln eines Beamten aufgrund einer Zusicherung des Dienstherrn, die dieser aus Rechtsgründen nicht erfüllen darf, den Vertrauensschutz des Dienstherrn und damit die Verwirkung von Rechten auf Weiterverfolgung von Alimentations- und Versorgungsansprüchen des Beamten begründet",
kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Entscheidungserheblich sind solche Rechtsfragen, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts tragend gewesen sind und die im Rahmen des Revisionsverfahrens vom Bundesverwaltungsgericht zu beantworten wären.
Der aufgeworfenen Frage kommt keine solche Entscheidungserheblichkeit zu. Denn die Frage setzt voraus, das Berufungsgericht habe tragend angenommen, dass die in Rede stehende Zusicherung vom Dienstherrn nicht erfüllt werden durfte. Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts war die zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung, die u.a. die Abgabe der Zusicherung zum Gegenstand hatte, aber rechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht ging damit gerade nicht davon aus, dass eine Zusicherung gegeben sei, die der Dienstherr nicht erfüllen durfte.
Die Revision wäre in diesem Zusammenhang auch aus einem weiteren Grunde nicht zuzulassen. Ist eine Berufungsentscheidung selbstständig tragend auf mehrere Gründe gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein durchgreifender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 15. Juni 1990 - 1 B 92.90 - Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 20 S. 11 f. und vom 2. März 2016 - 2 B 66.15 - Rn. 6
b) Die Beschwerde zeigt auch mit der Frage,
"ob die Tatsache, dass die Behörde bei Erlass eines Verwaltungsakts nicht nur rechtswidrig in verfassungsrechtliche Grundsätze des Beamtenrechts eingreift und ohne gesetzliche Grundlage oder Ermächtigung handelt, sondern hierbei regelmäßig in einer Vielzahl von Fällen über Jahre hinweg eine gesetzlose Verwaltungspraxis begründet und damit legislative Funktionen unter Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG faktisch ausübt, für die Evidenz der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes spricht",
keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auf.
Auf die Beantwortung dieser Frage kommt es nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht an. Die Bejahung der Frage könnte allenfalls dazu beitragen, den auch vom Berufungsgericht angenommenen Rechtsverstoß als offensichtlich im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG BB anzusehen. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus aber auch die Schwere des Rechtsverstoßes im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG BB verneint, was nach seiner Rechtsauffassung allein tragend zur Anspruchsverneinung führt. Insoweit greift kein Zulassungsgrund ein.
3. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der von der Klägerin im Zusammenhang vorgetragene Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und gegen das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist schon nicht hinreichend dargelegt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO die substanziierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Die Aufklärungsrüge stellt zudem kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen. Deshalb muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1969 - 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212 <217 f.> und Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gewährleistet jedem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, zu dem gesamten Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nur solche Teile des Prozessstoffes berücksichtigen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Dies setzt deren Kenntnis vom Prozessstoff voraus (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765, 766/89 - BVerfGE 89, 381<392> und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <129>). Darüber hinaus darf das Gericht seine Entscheidung nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützen, mit dem auch ein sorgfältiger Verfahrensbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>).
Die Beschwerde legt die geschilderten Voraussetzungen eines Aufklärungsmangels oder eines Gehörsverstoßes nicht hinreichend dar (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Beschwerde zitiert aus anderen Entscheidungen des Berufungsgerichts in Verfahren zu vergleichbaren Sachverhalten und beanstandet, dass die jeweiligen Verfahrensakten nicht beigezogen worden seien. Dadurch habe die Klägerin auch keine Gelegenheit gehabt, hierzu Stellung zu nehmen. Die Beschwerde geht davon aus, dass der Klägerin durch dieses Vorgehen gerichtsbekannte Tatsachen vorenthalten worden seien. Aus der Beschwerdebegründung wird aber nicht hinreichend deutlich, um welche Tatsachen es sich hierbei handeln soll. Bei den zitierten Passagen aus weiteren Entscheidungen des Berufungsgerichts handelt es sich vor allem um solche, die die Rechtsauffassung des Beklagten wiedergeben, die er in diesen anderen vor dem Berufungsgericht und Gerichten der ersten Instanz geführten Verfahren geäußert habe. Welche konkreten Tatsachen mit Entscheidungsrelevanz der Klägerin unbekannt geblieben sein sollen, geht aus der Beschwerdebegründung nicht hervor.
Sollte mit den vorenthaltenen Tatsachen die gesamte Argumentation des Beklagten in den anderen Verfahren an sich gemeint sein, liegt ein Verfahrensfehler auch der Sache nach nicht vor.
Denn nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts waren die beiden Tatbestandsmerkmale des § 44 Abs. 1 VwVfG BB "schwerwiegender Fehler" und "Offensichtlichkeit", welche zur Annahme der Nichtigkeit des Verwaltungsakts kumulativ vorliegen müssen, nicht erfüllt. Die von der Klägerin angeführten Umstände beziehen sich aber allenfalls auf die Frage der Offensichtlichkeit des Fehlers, nicht aber auf seine Schwere. Damit konnte sich die Beiziehung der genannten Akten nicht auf das Ergebnis der Entscheidung des Berufungsgerichts auswirken.
Ohne dass es demnach noch darauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass den von der Klägerin zitierten Passagen der Entscheidungen des Berufungsgerichts nicht zu entnehmen ist, dass der Beklagte schon zu einem früheren Zeitpunkt von der Rechtswidrigkeit der Teilzeitanordnung ausging oder "offensichtlich“ hätte ausgehen müssen. Der Argumentation des Beklagten ist insbesondere zu entnehmen, dass er von einer Rechtfertigung für sein Vorgehen ausging, welche er, verkürzt dargestellt, in den besonderen Umständen nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit sah. Daraus ergibt sich auch, dass der Beklagte entgegen der Einschätzung der Klägerin nicht allein fiskalische Interessen verfolgte. Er führte nämlich aus, dass nach seiner Auffassung nur so die Einführung des Berufsbeamtentums in den neuen Ländern zur Erfüllung entsprechender Vorgaben des Einigungsvertrages möglich gewesen sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes folgt aus § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 3 GKG.