Entscheidungsdatum: 02.04.2019
1. Der Kläger ist Polizeihauptkommissar bei der Bundespolizei. Sein Schichtdienst während der Seestreifen ist u.a. als sogenannte "106-Stunden-Streife" organisiert. Die Diensteinteilung erfolgt im Wechsel zwischen einer sechsstündigen Seewache und einer sich anschließenden sechsstündigen Freiwache rund um die Uhr. Maßgebliche Grundlage der Arbeitszeitberechnung war die Arbeitszeitregelung des Bundesministeriums des Innern gemäß Erlass BGS I 1 630 215 - 3/4 vom 21. Dezember 1995. Der vom Kläger während der Seestreifen geleistete Dienst wurde nach Nr. 4 dieses Erlasses ausgeglichen. Danach wurden für jeweils 24 Stunden Streifenfahrt auf See pauschal 17 Stunden Arbeitszeit angerechnet, die sich wie folgt zusammensetzten: zwölf Stunden regelmäßige Arbeitszeit (2 x 6 Stunden Seewache), drei Stunden pauschalierter Ausgleich für anlassbezogene Mehrarbeit und zwei Stunden pauschalierter Dienstausgleich aus Fürsorgegründen (insbesondere aufgrund eingeschränkter Bewegungsfreiheit während der Freiwache). Zugleich war geregelt, dass mit diesem pauschalierten Dienstausgleich, der im unmittelbaren Anschluss an den Einsatz gewährt wurde, sämtliche Mehrarbeit abgegolten war, auch soweit sie im Einzelfall drei Stunden überstieg. Soweit in besonderen Ausnahmefällen ein unverhältnismäßig hoher Anteil an Mehrarbeit zu leisten war, war dieser gesondert auszugleichen.
Im Dezember 2014 beantragte der Kläger, die seit 2011 geleisteten Bereitschaftszeiten im Rahmen von mehrtägigen Seestreifen auf Einsatzschiffen der Bundespolizei zu 100 % als Arbeitszeit auszugleichen. Sein Begehren war bezüglich des Jahres 2011 teilweise erfolgreich und ist im Übrigen auch im gerichtlichen Verfahren ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung insbesondere ausgeführt:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf weiteren Freizeitausgleich. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus § 88 Satz 2 BBG. Die geltend gemachten, noch nicht ausgeglichenen Zeiten der Freiwachen seien keine angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit, sondern Bestandteil der regulären bzw. regelmäßigen Arbeitszeit. Es könne dahinstehen, ob der Kläger Mehrarbeit geleistet habe. Jedenfalls fehle es an der Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit durch den Dienstherrn. Der Dienstherr entscheide über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. Dabei habe er insbesondere zu prüfen, ob nach dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt Mehrarbeit erforderlich sei und welchen Beamten sie übertragen werden solle. Gemessen hieran habe die Beklagte bei den Seestreifen lediglich drei Stunden Mehrarbeit pro 24-Stunden-Dienst angeordnet. Die (möglicherweise rechtswidrige) Festsetzung von Dienstzeiten in Dienstplänen sei keine Anordnung von Mehrarbeit, sondern die Festsetzung der regulären Arbeitszeit. Es fehle zudem an einer für die Annahme von Mehrarbeit erforderlichen Ermessensentscheidung der Beklagten über die dienstliche Notwendigkeit der Anordnung von über die reguläre Arbeitszeit hinausgehender Mehrarbeit im Einzelfall sowie an einer Entscheidung darüber, welchem Beamten die Mehrarbeit übertragen werden solle.
Ein Anspruch auf weiteren Freizeitausgleich ergebe sich zudem nicht als beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Voraussetzung hierfür sei eine rechtswidrige Inanspruchnahme des Beamten über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus. Der Anspruch setze aber voraus, dass er vom Beamten zuvor geltend gemacht worden sei. Auszugleichen sei nur die rechtswidrige Zuvielarbeit, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet worden sei. An einer solchen vorherigen Geltendmachung fehle es hier.
2. Die Sache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Ein Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 28. August 2018 - 2 B 4.18 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 59 Rn. 18).
Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung in der Frage,
ob ein Ausgleich von nicht angeordneter und nicht genehmigter Mehrarbeit, die wegen einer (möglicherweise rechtswidrigen) Festsetzung von Dienstzeiten in Dienstplänen vom Beamten geleistet wird, auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Umfang dieser Mehrarbeit oberhalb der Grenze liegt, jenseits derer ein Anspruch auf Freizeitausgleich gemäß § 88 Satz 2 BBG besteht.
Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, denn sie ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 17. November 2016 - 2 C 23.15 - (BVerwGE 156, 262 Rn. 12 ff.) u.a. ausgeführt, dass Voraussetzung für einen Anspruch auf Freizeitausgleich gemäß § 88 Satz 2 BBG die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit ist. Diese unterliegt keinem Schriftformerfordernis, muss sich aber auf konkrete und zeitlich abgegrenzte Mehrarbeitstatbestände beziehen; nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Anordnung oder Genehmigung die Anzahl der zu leistenden oder bereits geleisteten Mehrarbeitsstunden bekannt ist. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll.
Der Senat hat in diesem Urteil in Anknüpfung an seine ständige Rechtsprechung auch ausgeführt, dass sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich aus dem auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützten beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch ergeben kann (BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 - 2 C 23.15 - BVerwGE 156, 262 Rn. 25). Zieht der Dienstherr einen oder den Beamten über die regelmäßige Dienstzeit hinaus zum Dienst heran, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig und hat der Beamte einen Anspruch darauf, dass sie unterbleibt. Dieser Billigkeitsanspruch kommt indes nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der Heranziehung folgenden Monat geleistet wurde; die Geltendmachung durch den Beamten dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen.
Daraus ergibt sich für die hier aufgeworfene Frage zweierlei: Der Anspruch auf Freizeitausgleich setzt gemäß § 88 Satz 2 BBG u.a. voraus, dass Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden ist. Und der Anspruch auf Freizeitausgleich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) kommt nur für (rechtswidrige) Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung durch den Beamten folgenden Monat geleistet wurde. Das Erfordernis der Geltendmachung von Zuvielarbeit gilt insbesondere unabhängig vom Umfang der Zuvielarbeit. Der Zweck dieses Erfordernisses - Ermöglichung einer Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel, die Belange des Beamten zu berücksichtigen und die Dienstpläne entsprechend anzupassen - ist bei umfangreicher Zuvielarbeit ebenso einschlägig wie bei weniger umfangreicher Zuvielarbeit.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.