Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 27.12.2017


BVerwG 27.12.2017 - 2 B 41/17

Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
27.12.2017
Aktenzeichen:
2 B 41/17
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:271217B2B41.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 30. März 2017, Az: 3d A 1512/13.O, Urteilvorgehend VG Düsseldorf, 3. April 2013, Az: 31 K 2995/12.O, Urteil

Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe (§ 67 Satz 1 LDG NRW und § 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

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1. Der 1966 geborene Beklagte steht als Lehrer im Dienst des klagenden Landes. Durch bestandskräftig gewordene Disziplinarverfügung vom 7. August 2008 ahndete der Kläger durch Auferlegung einer Geldbuße in Höhe von 300 €, dass der Beklagte den Vater einer Schülerin über die Versetzung seiner Tochter belogen und sich unter falschem Namen bei der Mutter dieser Schülerin gemeldet hatte, um diese zu beruhigen und davon abzuhalten, in die Schule zu kommen. Der in der Einleitungsverfügung noch erhobene Vorwurf, der Beklagte habe mit zwei Schülerinnen einen Vertrag abgeschlossen, wonach er als Gegenleistung für Informationen über Tests oder Arbeiten die beiden Mädchen habe anfassen oder zumindest dabei zusehen dürfen, wie ein Mädchen dem anderen mehrere "Klapse" auf den Hintern gebe, habe sich nicht beweisen lassen. Die gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe im Hinblick auf Vorfälle an anderen Schulen würden nicht zum Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens gemacht, weil die hierauf bezogenen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Wegen des drohenden Disziplinarmaßnahmeverbots wegen Zeitablaufs werde das Ermessen dahin ausgeübt, das entscheidungsreife Verfahren nicht durch eine Erweiterung um die anderen ungeklärten Vorwürfe weiter zu verzögern.

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Ende April 2009 leitete der Kläger ein weiteres Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. Im März 2012 hat er mit dem Ziel Disziplinarklage erhoben, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. In der Disziplinarklageschrift hat er dem Beklagten zur Last gelegt, im Zeitraum von September 2000 bis Januar 2009 an verschiedenen staatlichen Schulen acht Schülerinnen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren körperlich berührt und teilweise mehrfach auf das Gesäß geschlagen zu haben. Das Verwaltungsgericht hat vier dieser Vorwürfe ausgeschieden und dem Beklagten wegen der verbliebenen vier Vorwürfe die monatlichen Dienstbezüge für die Dauer von drei Jahren um zehn von Hundert gekürzt. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil geändert und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

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Die Vorwürfe Ziff. 2 und 4 der Disziplinarklageschrift seien nicht durch die bestandskräftige Disziplinarverfügung vom 7. August 2008 verbraucht. Die nicht zeitnahe Einleitung eines weiteren Disziplinarverfahrens oder die unterbliebene Einbeziehung dieser Sachverhalte in das damals gegen den Beklagten geführte Disziplinarverfahren verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens. Die dem Dienstherrn demgegenüber vorzuwerfende verzögerte Einleitung eines Disziplinarverfahrens sei als mildernder Umstand bei der Bemessung der jetzigen Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen. Die tatsächlichen Feststellungen zu den vier verbliebenen Vorwürfen beruhten auf den durch das Verwaltungsgericht erhobenen Beweisen, die das Berufungsgericht ohne weitere Beweisaufnahme zugrunde lege. Durch das festgestellte Verhalten habe der Beklagte ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Er habe jeweils gegen die ihm obliegende Wohlverhaltenspflicht verstoßen. Denn er habe nicht die strikt einzuhaltende körperliche Distanz zu minderjährigen Schülerinnen gewahrt. Hinsichtlich eines Vorwurfs habe sich der Beklagte eines sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne von § 176 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht. Nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Umstände sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch das einheitliche Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wäre auch dann die angemessene Disziplinarmaßnahme, wenn die festgestellte Handlung zum Nachteil einer der Zeuginnen nicht als strafbare Handlung zu bewerten wäre.

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2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst (§ 67 Satz 1 LDG NRW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

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Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

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Der Beklagte sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in folgender Fragestellung:

"Steht es mit dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens in Einklang, wenn der Dienstherr in Kenntnis weiterer (vorgeblicher) Dienstvergehen eine Disziplinarmaßnahme durch Disziplinarverfügung verhängt, diese Disziplinarverfügung bestandskräftig wird und wegen des bekannten weiteren (vorgeblichen) Dienstvergehens erst mehrere Jahre später Disziplinarklage erhebt? Oder hat der Dienstherr dann - entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts - seine Disziplinarbefugnis durch die bestandskräftige Disziplinarverfügung verbraucht?"

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Diese Fragestellung vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Urteils des Oberverwaltungsgerichts bereits geklärt ist. Ein darüber hinausgehender Klärungsbedarf wird in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt.

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Unter der Geltung der Bundesdisziplinarordnung hatte die disziplinarrechtliche Rechtsprechung aus dem Wortlaut von § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. "ein Dienstvergehen" den verfahrensrechtlichen Grundsatz der gleichzeitigen Entscheidung über mehrere Pflichtverstöße eines Beamten abgeleitet. Nur in Ausnahmefällen hatte die Rechtsprechung in materiell-rechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht eine Durchbrechung dieses Einheitsgrundsatzes und damit eine gesonderte Verfolgung von Pflichtverletzungen eines Beamten zugelassen (BVerwG, Urteil vom 11. Februar 2000 - 1 DB 20.99 - BVerwGE 111, 54 <56 ff.>).

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Angesichts der Regelungen des Bundesdisziplinargesetzes und der insoweit gleichlautenden Bestimmungen des Landesdisziplinargesetzes lässt sich aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG und § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG das verfahrensrechtliche Gebot der gleichzeitigen Entscheidung über mehrere Pflichtverstöße eines Beamten nicht mehr herleiten. Die Gesetzgeber haben die verfahrensrechtlichen Notwendigkeiten und Voraussetzungen der grundsätzlich einheitlichen Würdigung einer Mehrzahl von Pflichtverletzungen durch die Aufnahme von Ausnahmetatbeständen in § 19 Abs. 2 sowie §§ 53 und 56 BDG und § 19 Abs. 2 sowie §§ 53 und 55 LDG NRW kodifiziert und damit die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ausdrücklich im Sinne einer weiteren Einschränkung des Einheitsgrundsatzes modifiziert. Dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens ist nicht mehr vorwiegend durch bestimmte Verfahrensweisen, sondern materiell-rechtlich durch die abschließende Würdigung der Dienstpflichtverletzungen des Beamten Rechnung zu tragen. Der Entscheidung im letzten von mehreren aufeinanderfolgenden Verfahren hat bei der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme eine einheitliche Würdigung des gesamten Dienstvergehens vorauszugehen (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2007 - 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 Rn. 21 ff.). Ist bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet und ergibt sich der Verdacht weiterer Dienstpflichtverletzungen des Beklagten aufgrund eines anderen Sachverhalts, so ist die zuständige Stelle verpflichtet, entweder ein weiteres Disziplinarverfahren einzuleiten oder das bereits laufende Verfahren nach § 19 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW auf die neuen Handlungen auszudehnen (BVerwG, Beschluss vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 10). Insoweit ist dem Dienstherrn ein Ermessen eröffnet (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2007 - 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 Rn. 24 unter Hinweis auf § 53 Abs. 2 Satz 1 BDG).

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Für die dienstvorgesetzte Stelle folgt aus § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW die Pflicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Zwar darf der Dienstherr auch Verwaltungsermittlungen durchführen, weil ein Disziplinarverfahren wegen seiner stigmatisierenden Wirkung nicht vorschnell eingeleitet werden darf (Weiß, in: GKÖD, Bd. II, Stand November 2017, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Teil 4 BDG, M § 17 Rn. 32). Verwaltungsermittlungen müssen aber wegen der Schutzwirkung der Verfahrensvorschriften in disziplinarrechtlich geführte Ermittlungen umschlagen, wenn der Dienstvorgesetzte Kenntnis von Tatsachen erlangt, aufgrund derer die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beamte schuldhaft seine Dienstpflichten in disziplinarrechtlich relevanter Weise verletzt hat (BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - DokBer 2012, 260 Rn. 21). Ein Verstoß der dienstvorgesetzten Stelle gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW kann bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 LDG NRW als mildernder Umstand berücksichtigt werden, wenn der Verstoß für das weitere Fehlverhalten des Beamten ursächlich war (BVerwG, Beschluss vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 16 und 26 ff.).

12

Als generell-abstrakte Regelungen gelten diese gesetzlichen Vorgaben, die das Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegt hat (Berufungsurteil, UA S. 17 und 41 f.), auch für die im konkreten Fall vorliegende Konstellation. Die der Beschwerde zugrunde liegende Annahme eines "Verstoßes gegen den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens" mit der Folge des "Verbrauchs der Disziplinarbefugnis" des Klägers im Hinblick auf die Vorwürfe Ziff. 2 und 4 ist angesichts der gesetzlichen Regelungen ausgeschlossen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich die Bezirksregierung in der bestandskräftig gewordenen Disziplinarverfügung vom 7. August 2008 auch ausdrücklich auf das ihr eröffnete - nach den vorstehenden Ausführungen tatsächlich bestehende - Ermessen berufen, nicht entscheidungsreife Pflichtverletzungen (Vorfälle an den Schulen in R. und L.) in das entscheidungsreife Disziplinarverfahren einzubeziehen oder diese Vorwürfe im Hinblick auf ein drohendes Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs zum Gegenstand eines weiteren Disziplinarverfahrens zu machen.

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3. Die Revision ist auch nicht wegen der in der Beschwerde geltend gemachten Divergenz zuzulassen (§ 67 Satz 1 LDG NRW und § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

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Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 67 Satz 1 LDG NRW und § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 1995 - 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 18).

15

Der Beklagte macht in der Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe gegen den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts verstoßen, wonach eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung entsprechend dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit voraussetze, dass die sich aus § 13 Abs. 2 LDG NRW ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung einzustellen seien (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 20 ff. und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 13 ff.). Zwar habe das Oberverwaltungsgericht die sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergebenden Maßstäbe zugrunde gelegt, tatsächlich habe es jedoch verkannt, dass alle entlastenden Umstände in die Abwägung der be- und entlastenden Zumessungsgesichtspunkte einzustellen seien.

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Mit diesen Ausführungen wird eine Divergenz gerade nicht dargelegt, sondern allenfalls deutlich gemacht, das Berufungsgericht habe die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Bemessungskriterien nicht fehlerfrei angewandt. In Disziplinarverfahren kann eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO grundsätzlich nicht damit begründet werden, das Tatsachengericht habe die be- und entlastenden Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung fehlerhaft gewürdigt und gewichtet (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. Juli 2007 - 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 Rn. 4 ff., vom 5. Februar 2008 - 2 B 127.07 - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2012 - 2 B 28.12 - DokBer 2012, 305 Rn. 15). In der Sache bemängelt der Beklagte, das Oberverwaltungsgericht habe den Aspekt der verspäteten Einleitung des zweiten Disziplinarverfahrens oder den Umstand der nicht verfügten Ausdehnung des ersten Verfahrens nicht als entlastenden Umstand in die Ermessensentscheidung mit einbezogen. Damit beanstandet der Beklagte die tatrichterliche Würdigung des Dienstvergehens durch das Oberverwaltungsgericht, legt jedoch nicht, wie für den Zulassungsgrund der Divergenz erforderlich, dar, dass sich das Berufungsgericht dabei von einem Maßstab habe leiten lassen, der mit dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten unvereinbar ist.

17

4. Das Berufungsurteil leidet schließlich auch nicht an dem von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 67 Satz 1 LDG NRW und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

18

Das Oberverwaltungsgericht hat dem Beklagten nicht dadurch das rechtliche Gehör versagt, dass es diesem zum Schluss der Berufungsverhandlung nicht förmlich das "letzte Wort" eingeräumt hat. Denn das Oberverwaltungsgericht war aufgrund der für das Berufungsverfahren maßgeblichen Vorschriften nicht verpflichtet, dem Beklagten - vergleichbar § 258 Abs. 2 StPO - das "letzte Wort" zu erteilen.

19

Während sich das Disziplinarverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung gemäß § 25 Satz 1 BDO maßgeblich an der Strafprozessordnung orientierte, die dem Angeklagten im § 258 Abs. 2 StPO das "letzte Wort" einräumt (BVerwG, Urteil vom 3. Mai 1988 - 1 D 144.87 - juris Rn. 18), richtet sich das Verfahren nach dem Disziplinargesetz für das Land Nordrhein-Westfalen nach seinem § 3 Abs. 1 LDG NRW ergänzend nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung, soweit diese Regelungen nicht zu den Bestimmungen des Disziplinargesetzes in Widerspruch stehen oder soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Weder dem Disziplinargesetz noch dem Verwaltungsverfahrensgesetz und auch nicht der Verwaltungsgerichtsordnung kann die Verpflichtung entnommen werden, dass das Gericht - vergleichbar § 258 Abs. 2 StPO - dem betroffenen Beamten das "letzte Wort" zu erteilen hat. Dem Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht ist dadurch Rechnung getragen worden, dass ausweislich des Protokolls die Beteiligten das Wort erhielten, um ihre Anträge zu stellen und zu begründen.

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Etwas anderes folgt auch nicht aus dem in der Beschwerdebegründung angeführten Beschluss des Senats vom 29. Juni 2016 - 2 B 18.15 - (Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 77 Rn. 33). Denn es wird lediglich darauf hingewiesen, dass der Betreuer des dort beklagten Beamten in der mündlichen Verhandlung das "letzte Wort" erhalten hat. Es wird jedoch nicht die Rechtsansicht vertreten, das Gericht sei im Disziplinarverfahren zu einer solchen Verfahrensweise verpflichtet.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NRW erhoben werden.