Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 12.12.2011


BVerwG 12.12.2011 - 2 B 41/11

Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
12.12.2011
Aktenzeichen:
2 B 41/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 9. Dezember 2010, Az: 4 B 21.09, Urteil

Gründe

1

Gegenstand des im Berufungsverfahren erfolglosen Klageverfahrens ist die Bürokostenentschädigung für Gerichtsvollzieher im Land Berlin für das Jahr 2001 nach der 26. Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 1. März 2004 (GVBl S. 103). Die hiergegen erhobene und auf alle Zulassungsgründe gestützte Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

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1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, ob

der Berliner Verordnungsgeber seiner sich aus § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG ergebenden Verpflichtung zur aktuellen und realitätsnahen Ermittlung des jährlichen Sach- und Personalkostenaufwands dadurch genügt, dass er, ohne eigene landesweite Erhebungen im Land Berlin durchzuführen oder sich an einer bundesweiten Erhebung zu beteiligen, die in der Erhebung in allen Bundesländern außer Berlin und Hamburg empirisch ermittelten tatsächlich angefallenen Kosten auf das Land Berlin überträgt.

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Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (stRspr, vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen bereits geklärt sind oder sich anhand der bisherigen Rechtsprechung unter Zuhilfenahme des Gesetzestextes ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantworten lassen. So verhält es sich hier.

4

Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG nicht nur eine Ermächtigung zum Verordnungserlass enthält, sondern den Dienstherrn zur regelmäßigen Entschädigung der angefallenen notwendigen Kosten eines Gerichtsvollziehers verpflichtet. Die Entschädigung ist realitätsnah an den tatsächlich anfallenden notwendigen Sach- und Personalkosten auszurichten sowie aktuell festzusetzen. Dabei legt die Vorschrift den Normgeber nicht auf ein bestimmtes Entschädigungsmodell fest und erlaubt Typisierungen und Pauschalierungen, solange das Gebot der Realitätsnähe nicht verletzt wird. Für die Ermittlung der jeweils festzusetzenden Werte muss sich der Normgeber auf eine hinreichend breite empirische Basis stützen (Urteile vom 4. Juli 2002 - BVerwG 2 C 13.01 - Buchholz 240 § 49 BBesG Nr. 2 S. 4, vom 19. August 2004 - BVerwG 2 C 41.03 - NVwZ-RR 2005, 214 und vom 26. Januar 2010 - BVerwG 2 C 7.08 - Buchholz 237.21 § 55 BrbgLBG Nr. 1; Beschlüsse vom 10. April 1996 - BVerwG 2 B 48.96 -, vom 18. April 2006 - BVerwG 2 BN 1.05 - juris, vom 23. August 2007 - BVerwG 2 BN 2.07 - juris Rn. 2 und vom 28. August 2007 - BVerwG 2 BN 3.07 - juris Rn. 2)

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Der Dienstherr ist nach § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG verpflichtet, den jährlichen Sach- und Personalkostenaufwand aktuell und realitätsnah zu ermitteln. Typisiert und pauschaliert er anhand eines landesweit oder gar bundesweit einheitlich ermittelten Aufwandes, wird er dieser Verpflichtung nur gerecht, wenn keine wesentlichen regionalen Unterschiede zur Differenzierung zwingen (Urteil vom 19. August 2004 a.a.O.). Danach ist der Verordnungsgeber nicht verpflichtet eine eigene landesweite Erhebung durchzuführen, solange die Entschädigung realitätsnah an den tatsächlich anfallenden Sach- und Personalkosten ausgerichtet ist und aktuell festgesetzt wird.

6

Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Berliner Verordnungsgeber die durch eine empirische Untersuchung in 14 Bundesländern ermittelten tatsächlich angefallenen Kosten übernommen hat, wobei er der Empfehlung der Arbeitsgruppe gefolgt ist, keine sofortige Absenkung auf den sich hiernach ergebenden Betrag vorzusehen. Landesspezifische Besonderheiten hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Es gebe keine außergewöhnlichen Kostenfaktoren für Personal, Miete oder Sachkosten in Berlin, die bei der Erhebung in den 14 Bundesländern nicht hinreichend berücksichtigt worden seien.

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2. Damit liegt auch die von der Beschwerde gerügte Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zum Urteil vom 19. August 2004 a.a.O. nicht vor, denn das Berufungsgericht hat die tragenden Rechtssätze dieser Entscheidung seinem Urteil zugrunde gelegt.

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3. Schließlich rügt die Beschwerde einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Berufungsgericht habe durch die Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge gegen seine sich aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebende Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen verstoßen. Das beantragte Sachverständigengutachten hätte ergeben, dass in Berlin im Vergleich zu den von der Erhebung erfassten 14 Bundesländern deutlich höhere Miet- und Personalkosten angefallen seien, die zu einer für die Klägerin günstigeren Festsetzung geführt hätten. Hiermit wird kein Verfahrensfehler dargelegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann.

9

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Berliner Verordnungsgeber nicht die Einzelergebnisse der empirischen Untersuchung übernommen, sondern zu Gunsten der Gerichtsvollzieher für 2001 einen deutlich höheren Jahreskostenbetrag, nämlich den um 8 000 DM verminderten Wert für das Jahr 2000, zugrunde gelegt hat. Dass auch diese höheren Kosten in Berlin nicht realitätsnah gewesen sein sollen, behauptet die Beschwerde nicht. Es fehlt deshalb an der Darlegung, dass das angegriffene Urteil auf der nach Ansicht der Beschwerde rechtsfehlerhaften Ablehnung der Beweisanträge beruhen kann. Mit dem Vorbringen der Beschwerde, das Sachverständigengutachten hätte ergeben, dass in Berlin im Vergleich zu den von der Erhebung erfassten 14 Bundesländern deutlich höhere Miet- und Personalkosten angefallen seien und die Erhebung in den 14 Bundesländern mangels Stadt-Land-Gefälle auf Berlin nicht übertragbar sei, wird nicht dargelegt, dass das Beweisergebnis zu einer höheren Entschädigung als den Betrag geführt hätte, der sich aus dem zu Gunsten der Gerichtsvollzieher vom Verordnungsgeber zugrunde gelegten, um 8 000 DM verminderten Jahreskostenbetrag für das Jahr 2000 (39 652 DM) ergab.